EG-Öko-Audit-Verordnung
, inklusive nationalem Umsetzungsrecht
1. Varianten wirtschaftlicher Überwachung Jede wirtschaftliche Tätigkeit unterliegt in der Bundesrepublik behördlicher Überwachung - es gibt die Überwachung von Handwerksbetrieben, Industriebetrieben sowie von Dienstleistem (z. B. Banken, Versicherungen). Die Überwachung erfolgt auf der Grundlage öffentlichen Wirtschaftsrechts; es legt den Kontrollmaßstab sowie die für die Kontrolle zuständige staatliche Institution fest. Wirtschaftsaufsicht generell und Gewerbeaufsicht speziell sind staatliche Tätigkeiten. Infolge finanzieller und damit verbunden personeller Engpässe ist die kontrollierende Tätigkeit des Staates heute weder flächendeckend noch effektiv; sie beschränkt sich auf Schwerpunkte. Da aber die Einhaltung des geltenden Rechts für ein aufgeklärten Vorstellungen entsprechendes Gemeinwesen weitgehend notwendige Bedingung ist, darf der Staat es bei einer punktuellen Kontrolle nicht bewenden lassen, sondern die staatliche Kontrolle benötigt eine Ergänzung. Diese betrifft nicht den Kontrollmaßstab - ihn setzt das geltende Recht in Gestalt von Rechtsvorschriften, die das Parlament und der Verordnungsgeber erlassen haben, sondern das Personal; an die Stelle der beim Staat (im weiteren Sinne) beschäftigten Personen treten solche, die entweder bei der zu überwachenden Einrichtung selbst oder bei Dritten angestellt oder freiberuflich tätig sind - es handelt sich um die sogenannten „Beauftragten“; diese gibt es für die unterschiedlichsten Aufgaben; hier interessieren die Umweltbeauftragten bzw. genauer die Betriebsbeauftragten für Gewässerschutz, Abfall, Immissionsschutz et cetera. Kennzeichnend für diese Personen ist, daß sie von der Geschäftsführung des Unternehmens bestellt und von ihm finanziert werden, um (u. a.) Kontrolltätigkeit zu verrichten, die sicherstellen soll, daß Verstöße gegen das geltende Recht unterbleiben. Kennzeichnend für diese Personen ist ferner, daß ihre Bestellung für bestimmte Unternehmen verpflichtend ist, und daß nur bestimmte Personen bestellt werden können; die Einhaltung beider Rechtspflichten kontrolliert wiederum der Staat. Das „System“ des Beauftragten bewirkt im Ergebnis eine Semiprivatisierung der Kontrolltätigkeit. Jenseits staatlicher Einflußmöglichkeit liegt die Überwachung der Einhaltung des Umweltrechts durch ein Unternehmen entsprechend der Öko-AuditVerordnung: Die Teilnahme am Öko-Audit ist freiwillig. Staatlichem Zugriff unterliegt lediglich die Bestellung der externen Auditoren, deren Tätigkeit staatlich kontrolliert wird.
2. Inhalt, Anlaß und Rechtsgrundlage des Öko-Audits
Umwelt-Audits sind systematische, umwelttechnische und umweltrechtliche Betriebsprüfungen; sie dienen der Feststellung, ob und mit welcher Qualität Umweltschutzorganisation, Umweltschutzmanagement und Umweltschutzeinrichtungen innerhalb einer Unternehmung, eines Betriebs oder eines Werks funktionieren; sie zielen darauf ab, leistungsfähige betriebliche Umweltschutzinstrumente einzuführen und die Öffentlichkeit auf der Grundlage von Prüfungen über die umweltorientierten Leistungen der Unternehmen zu informieren (environmental performance).
Umwelt-Audits sind ein Managementinstrument. Es entwickelte sich Ende der 70. Jahre in den USA, um die Umwelthaftungsrisiken eines Unternehmens festzustellen sowie die Einhaltung schärferer Umweltgesetze sicherzustellen. Europäische Unternehmen übernahmen dieses Management-System, um mit seiner Hilfe den gesetzlichen bzw. behördlichen Vorgaben zu genügen und um nachträglichen behördlichen Eingriffen in Betriebsabläufe zu entgehen.
Ein Umweltmanagementsystem mit diesen Funktionen spricht die am Umweltschutz interessierte Öffentlichkeit nicht an, sondern ist ausschließlich auf die Relation Unternehmen/Staat orientiert. Wenn die Öffentlichkeit in diese Relation mit einbezogen werden soll, indem beispielsweise das Unternehmen mit einem erfolgreich durchgeführten Umwelt-Audit wirbt, muß die Durchführung des Umwelt-Audits formalisiert werden, damit mit Blick auf die Werbung Wettbewerbsgleichheit herrscht. Die EG-Kommission hat Anfang der 90er Jahre den Wunsch der Unternehmen aufgegriffen, die Durchführung eines Umwelt-Audits zu formalisieren. Die in Kraft getretene Verordnung baut das Umwelt-Audit zu einem umfassenden System öffentlich kontrollierter, betrieblicher Selbstkontrolle aus, dem gemeinschaftsrechtlich geprägten „ÖkoAudit-System“. Die Durchführung eines Öko-Audits erfolgt in Deutschland auf der Grundlage einer EG-Verordnung und deutschem Recht, welches die EG-Verordnung ergänzt.
Die EG-Verordnung heißt: Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung, ABI. EG Nr. L 168 vom 10. 7. 1993 S. 1. Das nationale Recht ist das folgende: Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates vom 29. Juni 1993 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung-Umweltauditgesetz (vom 7. 12. 1995, BGBI. I S. 1591); Verordnung über das Verfahren zur Zulassung von Umweltgutachtern und Umweltgutachterorganisationen sowie zur Erteilung von Fachkenntnisbescheinigungen nach dem Umweltauditgesetz (vom 18. 12. 1995, BGBl. I S. 1841); Verordnung über die Beleihung der Zulassungsstelle nach dem Umweltauditgesetz (vom 18. 12. 1995, BGBI. I S. 2013); Verordnung über Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Zulassungsstelle und des Widerspruchsausschusses bei der Durchführung des Umweltauditgesetzes (vom 18. 12. 1995, BGBI. I S. 2014).
3. Das Öko-Audit-System
Allgemeines:
Qualitätsmanagement-Systeme haben den internen Betriebsablauf und das Produkt im Sinn. Öko-Audit-Systeme haben den internen Betriebsablauf und die Umwelt im Sinn - das Produkt ist unter dem Aspekt seiner Umweltfreundlichkeit in das System eingeschlossen. Der Ansatz des Öko-Audits ist deshalb umfassender. Noch ein weiterer Unterschied ist zu konstatieren: Das ÖkoAudit ist gesetzlich normiert. Freilich besteht zwischen beiden System insoweit Gleichheit, als die Teilnahme an ihnen durch Unternehmen oder Unternehmensteile freiwillig ist. Es gibt also keinen gesetzlichen Zwang zur Systemstabilisierung durch Teilnahme am System.
Innerhalb der Instrumente des Umweltrechts hat das Öko-Audit-System eine gesonderte Position:
Es wird auf freiwilliger Basis eine kontrollierte Selbstüberprüfung des Unternehmens ermöglicht. Ziel des Umweltschutzaudits ist die Implementierung eines Managementsystems, welches die Probleme des Betriebs in Umweltfragen durch systematische Prüfung und Kontrolle aufdeckt und dabei Lösungswege aufzeigt. Es ist damit ein Instrument der indirekten Steuerung und der Versuch, marktwirtschaftliche Mechanismen in das Umweltrecht zu integrieren. Das Auditing gilt als eine Art umweltrechtlicher Betriebsprüfung, für die entsprechende Organisations- und Mangagementstrukturen vom Betrieb geschaffen werden müssen. Die eindeutige Zugehörigkeit dieses Umweltinstruments in den betriebswirtschaftlichen Bereich des Controllings fordert die Einrichtung eines sog. Umweltcontrollings, das nicht nur auf entsprechende Energie- und Rohstoffbilanzen allein beschränkt bleiben kann, sondern ebenfalls die betriebswirtschaftlichen Bereiche Marketing, Vertrieb, Personalpolitik, -Forschung und Entwicklung berücksichtigen muß. Das Instrument des Umweltschutz-Auditing verwirklicht eine Sichtweise auf ein Unternehmen, welches dieses als Ganzes in den Blick nimmt, indem es die Kontrollmaßnahmen in den Betriebsablauf integriert. Ein aktueller Informationsaustausch mit der Unternehmensleitung ist von besonderer Bedeutung; der gesamte Bereich des Umweltschutzes sollte Chefsache werden.
Die internationale Industrie- und Handelskammer (ICC) hat ein Umweltaudit auf freiwilliger Basis anerkannt und sich zu diesem in einem Arbeitspapier geäußert. Die ICC definiert das Umweltauditing als ein „Managementinstrument, das einer systematischen, dokumentierten, periodischen und objektiven Beurteilung dient, wie gutes Umweltschutzorganisationsmanagement und -einrichtungen in einem Unternehmen funktionieren, um den Schutz der Umwelt zu fördern“. Dieser Entwurf sieht aber lediglich eine interne Bewertung und Analyse und keine Veröffentlichung der Daten vor. Ziel ist es aber auch, hierbei „umfassend und kostensparend die betrieblichen Umweltpotentiale auszuschöpfen“. Ebenfalls sollen die eigenverantwortlichen Maßnahmen der Unternehmen vertrauensbildend in der Bevölkerung und bei den Behörden wirken, um verlorengegangenes Vertrauenspotential zurückzugewinnen.
Die EG-Verordnung nimmt einleitend Bezug auf die Maastrichter Beschlüsse und hebt die Bedeutung eines umweltgerechten Wachstums hervor, welches nach Ansicht des Rates nur über den Weg der Stärkung der Eigenverantwortung der Wirtschaft möglich ist; die Industrie trage die Eigenverantwortung für die Umweltfolgen ihrer Tätigkeit und sollte daher in diesem Bereich zu einem aktiven Konzept kommen. Die Unternehmen werden aufgefordert, ihre Umweltpolitik konkret festzulegen, die auch eine Verpflichtung zur angemessenen kontinuierlichen Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes umfassen sollte.
Gegenstand und Durchführung:
Die EG-Verordnung ist weitreichender als das Modell der ICC, da sowohl die Prüfung der Umweltberichte durch externe Prüfer als auch deren Veröffentlichung vorgesehen ist.
Das neue System wird vom Rat der EG definiert als ein System „zur Bewertung und Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes im Rahmen von gewerblichen Tätigkeiten“. Es ist ein „Managementsystem, das eine systematische ... und objektive Bewertung des Managements und der Ausrüstung umfaßt“. Die Kontrolle von ökologischen Praktiken durch das Management ist zu erleichtern; Instrumente, die diese Erleichterung ermöglichen, sind:
Erarbeitung eines Umweltprogramms; dieses umfaßt: eine Festlegung der Verantwortung für die Umweltziele in jedem Aufgabenbereich und auf jeder Ebene des Betriebs;
die Festlegung der Mittel, mit denen diese Ziele erreicht werden können, insbesondere: Vorkehrungen, die gewährleisten, daß sich die Beschäftigten auf allen Ebenen bewußt sind über die Auswirkungen ihrer Arbeit auf die
Umwelt, ihre Rolle und Verantwortung bei der Einhaltung der Umweltziele des Unternehmens, die möglichen Folgen eines Abweichens von den festgelegten Arbeitsabläufen;
Ausbildung der verantwortlichen Mitarbeiter;
Führung von Verzeichnissen aller Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Entwicklung von Verfahren für die Registrierung der Vorschriften in bezug auf die umweltrelevanten Aspekte der Tätigkeiten des Betriebs, seiner Produkte und seiner Dienstleistungen.
Vorschriften in Bezug auf Umweltpolitik, -programme und -managementsysteme finden sich im Anhang I der EG-Verordnung; das gerade Vorgestellte bildet einen Ausschnitt aus diesem Katalog. Der Katalog läßt sich mit dem Begriff „Querschnittsklausel“ skizzieren, der seit der Einheitlichen Europäischen Akte für das europäische Umweltschutzrecht maßgeblich ist und der besagt, daß der Umweltschutz künftig bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftsaufgaben einzubeziehen und daß insofern ein „hohes Schutzniveau“ anzustreben ist; was für die Gemeinschaft als Ganzes gilt, soll auch für die einzelnen Unternehmen gelten.
Ein Umwelt-Audit läuft folgendermaßen ab: Es lassen sich drei aufeinander aufbauende Phasen unterscheiden:
die Vorbereitungphase,
die Informationsbeschaffungsphase und
die Berichtsphase.
In der Vorbereitungsphase, der Ist-Analyse, werden der Standort, der Gegenstandsbereich (scoping) und das sogenannte Audit-Team festgelegt. Dieses sollte direkt der Unternehmensleitung unterstellt sein, um einen direkten Informationsfluß zu gewährleisten. Arbeitsinstrumente während der Einstiegsphase sind die Einstiegscheckliste oder auch grob Checkliste genannt; diese sollte alle wesentlichen zu bearbeitenden Themenbereiche enthalten; sowie weiterhin eine Budgetaufstellung zur Kostenverifizierung und ein Zeitplan. Gleichzeitig ist die Bildung des Audit-Teams eine vorrangige Aufgabe, wobei hier die genauen Ressortbereiche und Aufgaben, Geheimhaltungsvereinbarungen und Kommunikationsmodi festgelegt werden müssen; innerhalb dieses Teams werden auch entsprechend zu ermittelnde Datenumfänge festgelegt, die innerhalb der zweiten Phase des Auditing abgearbeitet werden sollen.
Die zweite Phase des Auditing ist gekennzeichnet durch die Informationsbeschaffung vor Ort. Bei Betriebsbegehungen werden direkte Interviews mit den unmittelbar Beteiligten geführt, Messungen getätigt und Überprüfungen von Ausrüstungsbedingungen und Organisationsabläufen nachvollzogen. Die Ergebnisse werden in die in der ersten Phase erstellte Checkliste eingetragen, die im weiteren Verlauf von den Teammitgliedern ausgewertet und als Grundlage einer Detailcheckliste (Umweltdatenraster) dient. Diese sollte dann in einem übersichtlichen Raster sämtliche Umweltdaten des Betriebsstandorts wiedergeben, so daß im Endeffekt ein Soll-Ist-Vergleich, das eigentliche Audit, ermöglicht wird. Eine Aufstellung des Umweltdatenrasters enthält die Arbeitsschritte der Datensichtung und -sicherung, der Betriebsbegehung und der Durchführung von Interviews sowie der Literaturrecherchen zur Aufdeckung technischer Zusammenhänge. Die Feineinteilung sollte nach Möglichkeit übersichtlich gegliedert werden, eine Aufteilung nach den belasteten Umweltmedien, wie sie die Umweltgesetze vorgegeben, muß erfolgen. Dazu müssen die abschätzbaren Wechselwirkungen, die bei den verschiedenen Abläufen, Prozeßen und Substanzen entstehen, beachtet werden. Anhand der ermittelten Daten erfolgt die Aufstellung des betrieblichen Umweltdatenrasters mit anschließender Diskussion der Daten und des Umwelt-Ist-Zustandes am entsprechenden Betriebsstandort. Zu diesem Zeitpunkt kristallisieren sich dann auch entsprechende Datendefizite heraus, die vom UmweltAudit-Team bearbeitet und behoben werden müssen.
In der Berichtsphase, der dritten Ablaufphase des Umweltauditing, findet ein Soll-IstVergleich statt, in dem die Ergebnisse der Informationsbeschaffung mit den Vorgaben des Umweltrechts und den technischen Standards verglichen werden. Dieser Vergleich wird auch als das „eigentliche Audit“ bezeichnet. In der Ist-Analyse im Datenraster erfolgt nun eine Gegenüberstellung der aktuellen Gesetze, von Verordnungen und technischen Anleitungen mit den betrieblich vorhandenen Umweltstandards. Hier zeigen sich betriebliche Stärken und Schwächen, die im Audit-Team diskutiert werden und direkt dem Standortmanagement sowie der Unternehmensleitung mitgeteilt werden sollten. Danach wird ein Abschlußbericht verfaßt, der nochmals die zu ergreifenden Maßnahmen hervorhebt und die entsprechenden Fristen für eine Behebung eventueller Schwächen festlegt. Dieser Bericht ist die Grundlage für die Erstellung eines Reaktionspapiers, welches konkrete Änderungen in der Betriebsorganisation vorschlägt. Die geeigneten Korrekturmaßnahmen werden von der Unternehmensleitung und dem Audit-Team dem jeweiligen Standortmanagement mitgeteilt und entsprechende Korrekturen im Produktionsablauf veranlaßt. Von Vorteil ist, daß die gesamte Informationsbeschaffung und Informationsbeurteilung von unabhängigen, neutralen Bearbeitern durchgeführt wird. Das Unternehmen erstellt nach der ersten erfolgreichen Umweltprüfung eine knappe und verständliche Umwelterklärung, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
Nicht alle Daten müssen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; eine Rechtspflicht zur Publikation entfällt selbstredend bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Nach der offiziellen Anerkennung der Umwelt-Betriebsprüfung durch die vollziehende Behörde wird dem Unternehmen ein Umweltzeichen zuerkannt.
Das zuvor Dargelegte sowie die Folgeprüfung läßt sich ausdifferenzieren, und zwar in insgesamt zehn Schritte (ich zitiere im Zusammenhang dieser zehn Schritte jeweils in Klammern die einschlägigen Normen der EG-Verordnung):
erster Schritt: Festlegung einer betrieblichen Umweltpolitik (Art. 2a, 3a, Anhang I. A);
zweiter Schritt: Umweltprüfung (Art. 2b und Art. 3b, Anhang I. C) am Standort, d. h. Durchführung einer Ist-Analyse;
dritter Schritt: Schaffung eines Umweltprogramms für den Standort (Durchführungsprogramm) und eines Umweltmanagementsystems (Organisation des Umweltschutzes) für alle Tätigkeiten an diesem Standort (Art. 2c, 2e, 3c Anhang I. A, B);
vierter Schritt: Umweltbetriebsprüfung durchführen oder durchführen lassen, sog. interne und externe Audits (Art. 2 f, 3d, 4, Anhang I. C, II);
fünfter Schritt: Erstellung einer knapp und verständlich verfaßten Umwelterklärung für jeden Standort, die der Öffentlichkeit zugänglich zu machen ist und gewisse Grundinformationen beinhalten soll (Art. 2h, 3f, 5 Anhang V);
sechster Schritt: -Validierung/Gültigkeitserklärung der erstellten -Umwelterklärung durch einen zugelassenen unabhängigen Umweltgutachter (Art 21, 2m, 3g, 4 Abs. 3-7, Anhang III);
siebenter Schritt: Anerkennung der umweltorientierten Leistung und gebührenpflichtige Eintragung des Standorts in ein Verzeichnis durch die zuständigen nationalen Stellen;
achter Schritt: Veröffentlichung des Verzeichnisses durch die zuständigen nationalen Stellen (Art. 9);
neunter Schritt: Berechtigung des Unternehmens, für den eingetragenen Standort, eine Teilnahmeerklärung mit dem EG-Emblem zu verwenden (Art. 10, Anhang IV);
zehnter Schritt: regelmäßige Wiederholung der durchgeführten Prüfung.
Wie schon dargelegt, sind die Unternehmen verpflichtet, eine Umweltpolitik festzulegen. Art. 3a enthält in der Zusammenschau mit den Bestimmungen des Anhangs I inhaltliche Vorgaben für die festzulegende Umweltpolitik. Sie muß zum einen die Einhaltung aller einschlägigen Umweltvorschriften umfassen, zum anderen eine Selbstverpflichtung des Unternehmens zur kontinuierlichen Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes am Maßstab der besten verfügbaren Technik enthalten.
Die Verpflichtung zur Einhaltung des einschlägigen Umweltrechts könnte als bloße Selbstverständlichkeit aufgefaßt werden, da dieses ohnehin schon eine Pflicht der teilnehmenden Unternehmen sei. Jedoch erhält die Einhaltung des Umweltrechts erst durch die Verknüpfung mit der im Rahmen der Verordnung zu erstellenden Umweltpolitik eine eigenständige Funktion innerhalb des Systems: Es werden zwar keine neuen Pflichten für die Unternehmen begründet, deren tatsächliche Erfüllung aber zum Gegenstand des Systems einschließlich der Zertifizierung gemacht. Insofern ist das System auch dazu bestimmt und geeignet, die bestehenden Vollzugsdefizite abzubauen.
Über die Erfüllung der umweltrechtlichen Vorgaben hinaus müssen die teilnehmenden Unternehmen eine stetige Verbesserung des Umweltschutzes anstreben. Sie haben dazu in die Umweltpolitik eine Selbstverpflichtung aufzunehmen, nach der sie den betrieblichen Umweltschutz angemessen kontinuierlich zu verbessern haben. Nicht ausreichend ist die Aufnahme einer pauschalen Erklärung in die Umweltpolitik, das Unternehmen verpflichte sich zur Verbesserung. Der Wortlaut des Art. 3a spricht insofern von Verpflichtungen, die das Unternehmen einzugehen hat, was bedeutet, daß in der Umweltpolitik konkrete Bereiche festgeschrieben werden müssen, in denen Verbesserungen nötig oder möglich erscheinen. Durch diese Bestimmung soll der Prozeß des betrieblichen Umweltschutzes eine Dynamisierung erfahren, die realen Umweltauswirkungen über den durch die Umweltgesetzgebung vorgegebenen Mindeststandard hinaus vermindert werden. Die besondere Bedeutung der Verpflichtung besteht vor allem darin, daß auch der nicht gesetzlich geregelte Bereich des Umweltschutzes erfaßt wird, insbesondere durch die Aufnahme des Maßstabs der „wirtschaftlich vertretbaren Anwendung der besten verfügbaren Technik“, die das Ziel der anzustrebenden Verbesserung vorgibt, aber auch die Obergrenze der Verpflichtung zur Selbstverpflichtung setzt: Selbstverpflichtungen über das bezeichnete Niveau hinaus sind nicht erforderlich, können aber natürlich von den Unternehmen eingegangen werden. Das Niveau, das durch die beste verfügbare Technik in wirtschaftlich vertretbarer Anwendung umschrieben wird, soll niedriger sein als das durch den im deutschen Recht verwendeten Begriff „Stand der Technik“ Bezeichnete. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Bei beiden Begriffen spielt die wirtschaftliche Vertretbarkeit der Anwendung eine Rolle. Wenngleich der Schwerpunkt bei der „besten verfügbaren Technik in wirtschaftlich vertretbarer Anwendung“ eher auf einer konkreten Abwägung im Einzelall liegen mag als dies beim „Stand der Technik“ der Fall ist, so wird die Unterscheidung wegen der Auslegungsbedürftigkeit beider Begriffe in der Praxis kaum relevant werden. Auch abstrakt-begrifflich liegen keine Unterschiede vor. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht, daß der auslegungsbedürftige Begriff auf Drängen der deutschen Seite in die Verordnung gelangt ist. Auf deutscher Seite bestanden Zweifel, ob die Verordnung tatsächlich ihr Ziel, die Verbesserung der Umweltleistung, erreichen könne, da es an ausreichenden materiellen Maßstäben für die Verringerung der Umweltbelastung fehle. Die deutsche Wirtschaft befürchtete vor allem Wettbewerbsnachteile dadurch, daß bei fehlenden verbindlichen Zielbestimmungen der durch das relativ strenge deutsche Umweltrecht vergleichsweises hohe Schutzstandard nicht genügend honoriert werden würde, wenn Teilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten, die ein geringeres Niveau der Umweltleistungen aufwiesen, die Zertifizierung leichter erreichen könnten. Dieses verdeutlicht die Funktion des Maßstabs der besten verfügbaren Technik, eine einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsystems auf einem anspruchsvollen Niveau sicherzustellen - nämlich auf dem deutschen Niveau; dieses aber wird bezeichnet mit Hilfe des Begriffs „Stand der Technik“.
Vorgaben bezüglich der zu berücksichtigenden Aspekte im Rahmen der Umweltpolitik enthält Anhang I, auf den Art. 3a verweist. Für die Umweltpolitik, die für das gesamte Unternehmen festzulegen ist, sind dieses die „guten Managementpraktiken“, Anhang I D: eine Liste von elf Handlungsgrundsätzen, auf denen die Umweltpolitik zu beruhen hat und deren Berücksichtigung regelmäßig zu überprüfen ist; dazu gehören auch die Verpflichtung zur Förderung des Umweltbewußtseins der Arbeitnehmerschaft, zur Beurteilung und Vermeidung von Umweltauswirkungen gegenwärtiger und zukünftiger Unternehmensaktivitäten, zur Einrichtung von Kontrollverfahren sowie zur Kooperation mit Behörden und der Öffentlichkeit. Mit der Formulierung dieser „guten Managementpraktiken“, an denen sich die Umweltpolitik des Unternehmens zu orientieren hat, greift das Öko-Audit-System auf eine aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis stammende Regelungstechnik zurück. Von dieser Regelungstechnik hat das deutsche Recht bereits mehrfach Gebrauch gemacht: z. B. durch die Einführung der Grundsätze der „Guten Laborpraxis“ im Bereich des Chemikalienrechts und im Bereich des Lebensmittelrechts durch die Erarbeitung der „Guten Hygienepraxis“.
Gründe für die Teilnahme am System:
Es ist ein Blick zu werfen auf die Gründe, die ein Unternehmen dazu bewegen könnten, sich einem Öko-Audit zu unterziehen.
In der Literatur wird insofern in erster Linie das Recht der beteiligten Unternehmen angesprochen, das sog. Öko-Audit-Zeichen zu verwenden; dieses Zeichen hat werbenden Charakter. Freilich reichen die Vorteile weiter: Es kann eine Reduzierung der Gefahr einer zivilrechtlichen Umwelthaftung erreicht werden. Diese Reduktion ergibt sich daraus, daß eine kontinuierliche Überwachung von Gefahrenquellen dazu führt, frühzeitig Fehler zu erkennen und die Fehler zu korrigieren. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an das Umwelthaftungsgesetz, welches ein System der -Gefährdungshaftung in das deutsche Haftungsrecht eingeführt hat. Zum Teil besteht wohl schon nach deutschem Recht eine Kausalhaftung, da unabhängig von einem rechtswidrigen Verhalten und auch für den Fall bestimmungsgemäßen Betreibens einer Anlage gehaftet wird. Es kann selbst dann gehaftet werden, wenn die besonderen Betriebspflichten zum Schutz der Umwelt eingehalten wurden und ein Störfall nicht vorliegt. Es liegt auf der Hand, daß die kontinuierliche Überwachung des Betriebs dazu führt, die Häufigkeit des Eintritts dieser Haftung zu reduzieren.
Neben diesen für ein Unternehmen offensichtlichen Vorteilen gibt es aber weitere Vorteile, die hier knapp erwähnt werden sollen: Der sich etablierende Umweltschutz im Unternehmen verbessert in erster Linie die Umweltqualität; durch die Ausnutzung des unternehmerischen Gestaltungsspielraums zum präventiven Umweltschutz kommt es zu einer mittel- und langfristigen Reduktion der Betriebskosten (insbesondere können Prozeßkosten und Bußgelder eingespart werden); durch das Öko-Audit können Potentiale aufgedeckt werden, wie das Unternehmen seinen Energie-, Wasser- und Rohstoffverbrauch reduzieren, umweltgefährdende Stoffe substituieren, Abfall vermeiden und die Recyclingquote erhöhen kann, wodurch weitere Kostenvorteile entstehen; im Audit-Verfahren kommt es zu einem abteilungsübergreifenden Informationsaustausch, der Notfaliplanungen sowie die Koordinierung von Problemzusammenhängen erleichtert; durch den risikoreduzierten Betrieb verändert sich die Kalkulationsgrundlage nicht nur für die Ermittlung der Prämien zur Umwelthaftpflichtversicherung, sondern auch für die Kreditvergabe bei den Banken.
4. Das nationale Öko-Audit-Recht
Der Rat der EG hat als Handlungsform für die Einführung des Öko-Audit-Systems den Verordnungsweg gewählt. Die Verordnung hat unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten. Sie ist somit Bestandteil der nationalen Rechtsordnung. Es handelt sich bei der Audit-VO aber um eine atypische, weil sie in vielen Teilen ausfüllungsbedürftig ist und die Mitgliedstaaten sogar ausdrücklich dazu ermächtigt. Die Mitgliedstaaten waren bis zum 13. 4. 1995 dazu aufgefordert, die in ihren Art. 6 und Art. 18 Abs. 1 enthaltenen Regelungsaufträge umzusetzen. Dabei handelt es sich um:
Regelungen im Hinblick auf die Zulassung von Umweltgutachtern und Umweltgutachterorganisationen;
die Aufsicht über die gutachterliche Tätigkeit;
die Eintragung geprüfter Betriebsstandorte einschließlich der Benennung der jeweils zuständigen Stellen.
Diese Umsetzung ist durch das deutsche Recht erfolgt.
a.) Gutachterzulassung:
aa.) Die Zulassungsstelle: § 28 UAG ermächtigt das BMU, eine oder mehrere juristische Personen des Privatrechts mit den Aufgaben der Zulassungsstelle durch Rechtsverordnung zu beleihen. Von dieser Ermächtigung machte das BMU mit der UAG-Beleihungs-verordnung Gebrauch und belieh die von der Wirtschaft und den freien Berufen getragene „Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungs-gesellschaft für Umweltgutachter mbH - DAU“ mit den Aufgaben der Zulassungsstelle. Die DAU übt als beliehene juristische Person des Privatrechts hoheitliche Befugnisse aus und ist ein durch Bundesgesetz geschaffener Verwaltungsträger im weiteren Sinne. Sie gehört der mittelbaren Bundesverwaltung an und unterliegt der Aufsicht des Beleihenden, also des BMU. Die Aufsichtsbefugnisse des BMU sind in § 29 UAG geregelt. Danach führt das BMU die Rechtsaufsicht über die Zulassungsstelle; soweit diese jedoch im Rahmen der Aufsicht Ermessensentscheidungen treffen kann, steht dem BMU auch eine Aufsicht hinsichtlich der Zweckmäßigkeit dieser Entscheidungen zu. Es handelt sich um die in § 29 S. 1 UAG aufgeführten Ermessensentscheidungen im Rahmen der Beaufsichtigung zugelassener Umweltgutachter nach den §§ 16 Abs. 2, 17 Abs. 3 Nr. 2 und 18 Abs. 3 UAG.
Hauptaufgabe der Zulassungsstelle sind zum einen die Zulassungsentscheidungen, nämlich die Erteilung von Fachkenntnisbescheinigungen, die Zulassung von Umweltgutachtern und die Zulassung von Umweltgutachterorganisationen, sowie zum anderen die Aufsicht über die von ihr zugelassenen Umweltgutachter, Umweltgutachterorganisationen und Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen. Ferner hat die Zulassungsstelle folgende Aufgaben: die allgemeine Anerkennung von Lehrgängen als Nachweis von Fachkenntnissen und von sonstigen Qualitätsnachweisen, die Führung des Zulassungsregisters, die Entgegennahme der Tätigkeitsanzeige von Umweltgutachtern und Umweltgutachterorganisationen, die in anderen EU-Mitgliedsstaaten zugelassen sind, sowie die Aufsicht über sie, und schließlich die regelmäßige Berichterstattungen an den Umweltgutachterausschuß. Die Zulassungsstelle hat beim „Kernteil“ der Zulassung, nämlich bei der Feststellung der Fachkunde, nur verfahrensleitende Funktion: Sie hat die Prüfer für die einzelnen Zulassungs- und Bescheinigungsverfahren aus der Prüferliste auszuwählen und den Prüfungsvorsitzenden zu bestimmen. Die Feststellung der Fachkunde obliegt dagegen dem Prüfungsausschuß, der der Zulassungsstelle zugeordnet wird.
ab.) Der Umweltgutachterausschuß: § 21 UAG sieht die Bildung eines Umweltgutachterausschußes beim BMU vor. Der Umweltgutachterausschuß setzt sich aus 25 Mitgliedern und deren Stellvertretern zusammen, welche durch die Dachorganisationen von Umweltgutachtern, Wirtschaft, Handwerk, Gewerkschaften und Umweltverbänden sowie von Bund und Ländern benannt werden. Die entscheidende Aufgabe des mit ehrenamtlich tätigen Experten besetzten Gremiums liegt darin, „Richtlinien für die Auslegung und Anwendung der §§ 4 bis 18 und aufgrund dieser Rechtsvorschriften ergangenen Rechtsverordnungen“, also Richtlinien zu den Vorschriften über die Gutachterzulaßung, den Erwerb von Fachkenntnisbescheinigungen und die Aufsicht durch die Zulassungsstelle zu erlassen. Diese durch den Umweltgutachterausschuß zu erlassenden Richtlinien haben den Charakter von Verwaltungsvorschriften. Folgende Verwaltungsvorschriften hat der Gutachterausschuß erlassen: Richtlinie nach dem Umwelt-Audit-Gesetz für die mündliche Prüfung zur Feststellung der Fachkunde von Umweltgutachtern und Inhabern von Fachkenntnisbescheinigungen, vom 27. Juni 1996, BAnz. Nr. 211 S. 11985; Richtlinie nach dem Umwelt-Audit-Gesetz für die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen für Umweltmanagementsysteme und entsprechende Zertifizierungsverfahren, vom B. Dezember 1997, BAnz. Nr. 105 S. 7942; Richtlinie über die Voraussetzungen der Aufnahme von Bewerbern in die Prüferliste nach dem Umwelt-Audit-Gesetz, vom 18. März 1998, BAnz. Nr. 123, S. 9435.
Weitere Aufgaben des Ausschusses sind: die Führung einer Prüferliste für die Besetzung der Prüfungsausschüsse der Zulassungsstelle; die Abgabe von Empfehlungen für die Besetzung des Widerspruchausschußes mit Beisitzern; die Beratung des Umweltministeriums in allen Zulassungs- und Aufsichtsangelegenheiten und die Mitwirkung an Anerkennungsentscheidungen für Qualifikationsnachweise nach § 13 UAG.
Der Staat vergibt mit der Einrichtung des Umweltgutachterausschußes seine eigenständige und unabhängige Kompetenz zum Erlaß bindender Vorgaben für die Zulassungsstelle und überträgt diese einer Einrichtung, in der staatliche Vertreter zwar insgesamt mit neun Mitgliedern vertreten sind, sich jedoch deutlich in der Minderheit befinden. Die Mitglieder des Umweltausschusses arbeiten weisungsfrei. Der Ausschuß selbst unterliegt der Rechtsaufsicht, nicht aber der Fachaufsicht des Ministeriums. Dem Umweltgutachterausschuß kommt eine entscheidende Schnittstellenfunktion zwischen staatlicher Verwaltung und den im Umweltgutachterausschuß repräsentierten Interessen zu. Der Umweltgutachterausschuß ist rechtsfähig, soweit seine Kompetenzen nach § 21 Abs. 1 UAG reichen. Er ist damit eine teilrechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts und insoweit mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet. Rechtsfähig ist der Umweltgutachterausschuß insbesondere im Hinblick auf den Erlaß bindender Richtlinien für die Zulassungsstelle. Diese Richtlinienkompetenz des Umweltgutachterausschußes ist eine Besonderheit, die ihre Erklärung in der Auseinandersetzung über die „richtige“ Organisationsstruktur für Zulassungs- und Aufsichtsaufgaben findet.
ac.) Widerspruchsausschuß: Kommt es zu einem Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt der Zulassungsstelle so entscheidet der beim BMU eingerichtete Widerspruchsausschuß. Er besteht aus einem Volljuristen, der Beamter der Bundesumweltverwaltung sein muß, als Vorsitzendem und zwei vom Vorsitzenden zu berufenden Beisitzern.
ad.) Gutachter/Gutachterorganisation/Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen: Die EG-Verordnung kennt mit Blick auf die Validierung von Umwelterklärungen nur einen Akteur: den zugelassenen Gutachter; es kann sich nach Art. 2 bei ihm entweder um eine Einzelperson oder um eine Organisation handeln. Das UAG differenziert hingegen zwischen Umweltgutachtern, Umweltgutachterorganisationen, Inhaber von Fachkenntnisbescheinigungen und sonstigen Fachkenntnisnachweisen, § 2. Als Umweltgutachterorganisationen können eingetragene Vereine, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Kommanditgesellschaften und Partnergesellschaften zugelassen werden. Inhaber von Fachkenntnisnachweisen sind keine zugelassenen Gutachter i. S. der EG-Verordnung. Sie können daher nur im Zusammenwirken mit einem zugelassenen Umweltgutachter, der für die Gültigerklärung von Umwelterklärungen verantwortlich zeichnet, gutachterlich tätig werden.
Als Umweltgutachter ist nach § 9 Abs. 1 UAG auf Antrag zuzulassen, wer die gesetzlichen Anforderungen nach den §§ 4 Abs. 1 und 5 - 7 UAG erfüllt; er muß die erforderliche Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Fachkunde besitzen. Nach § 5 Abs. 1 UAG besitzt die erforderliche Zuverlässigkeit derjenige, der aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, seines Verhaltens und seiner Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben geeignet ist; Abs. 2 enthält Regelbeispiele, deren Vorliegen die Zuverlässigkeit als nicht vorhanden erscheinen läßt; es handelt sich im wesentlichen um die Erfüllung von Straftatbeständen. Nach § 6 Abs. 1 UAG besitzt die erforderliche Unabhängigkeit derjenige, der keinem wirtschaftlichen, finanziellem oder sonstigem Druck unterliegt, der sein Urteil beeinflussen oder das Vertrauen in die unparteiische Aufgabenwahrnehmung in Frage stellen kann; Abs. 2 enthält Regelbeispiele, deren Vorliegen die Unabhängigkeit als nicht vorhanden erscheinen läßt; es handelt sich im wesentlichen um ein Arbeitsverhältnis mit dem zu begutachtenden Unternehmen. Nach § 7 besitzt die erforderliche Fachkunde derjenige, der aufgrund seiner Ausbildung, berufliche Bildung und praktischen Erfahrung zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben geeignet ist; nach Abs. 2 erfordert die Fachkunde (1.) den Abschluß eines bestimmten Studiums an einer Hochschule, (2.) ausreichende Fachkenntnisse über Methodik und Durchführung der Umweltbetriebsprüfung, betriebliches Management, betriebsbezogene Umweltangelegenheiten, technische Zusammenhänge zu Tätigkeiten, auf die sich die Begutachtung erstreckt, und einschlägige Rechts- und veröffentliche Verwaltungsvorschriften und Normen des betrieblichen Umweltschutzes; (3.) eine mindestens dreijährige eigenverantwortliche hauptberufliche Tätigkeit als Freiberufler, in der Wirtschaft, in der Umweltverwaltung oder bei in der Umweltberatung tätigen Stellen, bei der praktische Kenntnisse erworben wurden; nach Abs. 3 kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von Anforderungen nach Abs. 2 abgesehen werden.
Die Fachkenntnisbescheinigung nach § 8 UAG ist eine Teilqualifikation für eine gutachterliche Tätigkeit im Rahmen des Umwelt-Audit-Systems. Die Audit-VO sieht sie nicht vor, der Gesetzgeber meinte aber, für sie bestünde ein praktisches Bedürfnis. Wer eine Fachkenntnisbescheinigung erwerben will, muß den zuvor dargelegten Ansprüchen genügen; Erleichterungen bestehen bei speziellen fachlichen Qualifikationen des Umweltgutachters. Der Inhaber einer Fachkenntnisbescheinigung muß nur auf einem der in § 7 Abs. 2 Nr. 2a-e UAG genannten Fachgebiete diejenigen Kenntnisse nachweisen, die für die gutachterliche Tätigkeit in einem Unternehmensbereich erforderlich sind. Das Fachgebiet, für die die erforderlichen Fachkenntnisse vorliegen, muß in der Bescheinigung bezeichnet werden. Die Fachkenntnisbescheinigung gestattet eine gutachterliche Tätigkeit nur in Zusammenarbeit mit einem Umweltgutachter oder einer Umweltgutachterorganisation, § 8 Abs. 2 Satz 2 UAG.
Aus der EG-Verordnung folgt, daß Einzelgutachter grundsätzlich nur eine auf einzelne Unternehmensbereiche, für die sie die notwendige Fachkunde besitzen, beschränkte Zulassung erhalten können. § 9 Abs. 1 Satz 2 UAG eröffnet dem Umweltgutachter die Möglichkeit, durch die Anstellung fachkundiger Personen Begutachtungen auch in solchen Unternehmensbereichen vorzunehmen, für die er selbst nicht über die erforderliche Fachkunde verfügt. Die dafür in Betracht kommenden Personen sind in § 9 Abs.1 Satz 1 Nr. la-c UAG genannt. § 9 Abs. 1 UAG regelt insgesamt 4 Varianten der Zulassung einer natürlichen Person als Umweltgutachter.
Was Umweltgutachterorganisationen anbelangt, so setzt § 10 Abs. 1 Nr. 1 UAG voraus, daß mindestens ein Drittel der persönlich haftenden Gesellschafter, Partner oder Mitglieder des Vorstandes oder der Geschäftsführer entweder als Umweltgutachter zugelassen ist oder aus Personen mit Fachkenntnisbescheinigungen und mindestens einem Umweltgutachter besteht. Die Personen, die für die Gutachterorganisation gutachterlich tätig werden sollen, müssen entweder als Umweltgutachter zugelassen sein oder die einschlägigen Fachkenntnisbescheinigungen bzw. näher spezifizierte sonstige Fachkenntnisnachweise besitzen. Weitere Zulassungsvoraussetzungen beziehen sich auf gesicherte regelmäßige Fortbildungsmöglichkeiten für die sogenannten zeichnungsberechtigten Personen, auf das Vorliegen geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse und auf die zu fordernde Unabhängigkeit der Organisation.
Kernbestandteil des durch einen schriftlichen Antrag einzuleitenden Gutachterzulassungsverfahrens ist die Feststellung der Fachkunde des Antragstellers in einer mündlichen Prüfung durch einen Prüfungsausschuß der Zulassungsstelle. Die Mitglieder der Prüfungsausschüsse werden von der Zulassungsstelle jeweils für die einzelnem Zulassungsverfahren aus einer vom Umweltgutachterausschuß zu führenden Prüferliste gewählt. Gegenstand der Prüfung sind die Fachgebiete, für die das Gesetz die Fachkunde des Gutachters verlangt und für die diese Fachkunde nicht bereits durch Lehrgangsbescheinigungen und sonstige von der Zulassungsstelle als gleichwertig anerkannte Fachkenntnisnachweise belegt ist, sowie praktische Probleme aus der Berufsarbeit eines Umweltgutachters. Die formellen, ausbildungsbezogenen Voraussetzungen der Fachkunde und alle weiteren Zulassungsvoraussetzungen prüft die Zulassungsstelle anhand von Unterlagen, die der Antragsteller mit dem Antrag vorzulegen hat. Die Zulassung von Umweltgutachterorganisationen erfolgt im schriftlichen Verfahren.
b.) Aufsicht:
Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Audit-VO haben die Mitgliedstaaten die Aufsicht über die Tätigkeit der zugelassenen Umweltgutachter zu regeln. Gegenstand der Aufsicht ist, daß der zugelassene Umweltgutachter weiterhin den Zulassungsanforderungen entspricht, ferner eine Qualitätskontrolle seiner Begutachtungen. Problematisch in diesem Zusammenhang ist, daß ein zu auditierendes Unternehmen den Umweltgutachter frei wählen kann - zugleich sind ihm jedoch durch die EG-Verordnung Aufgaben zugewiesen, die er unter Umständen nur gegen das individuelle Interesse des Auftraggebers erfüllen kann. Die von den Gutachtern somit abverlangte, im Prinzip marktwidrige Bereitschaft zum Konflikt mit dem eigenen Auftraggeber können die Umweltgutachter nur aufbringen, wenn die institutionellen, insbesondere die aufsichtlichen Rahmenbedingungen sie in den Stand versetzen, dem verständlichen Wunsch ihrer Auftraggeber nach einem möglichst unaufwendigen Erwerb des Zertifikats ihre strenge Bindung an die Maßstäbe entgegenzusetzen. Für die Verhinderung einer Dumpingkonkurrenz um den billigsten Weg zum Zertifikat muß die Abgabe sachlich nicht gerechtfertigter Gültigkeitserklärungen für den Umweltgutachter mit einem hohen Risiko verbunden sein. § 15 Abs. 1 UAG sieht vor, daß Zulassungen und Fachkenntnisbescheinigungen in regelmäßigen Abständen, höchstens 36 Monate, daraufhin zu überprüfen sind, ob die Erteilungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UAG muß auch eine Überprüfung der Qualität der vorgenommenen Begutachtungen erfolgen. Fehlt es an dieser, kann nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 die Zulassungsstelle die Fortführung der gutachterlichen Tätigkeit ganz oder teilweise vorläufig untersagen. Eine Pflicht zur Untersagung besteht freilich selbst bei wiederholten Verstößen nicht. Die Rücknahme von Fachkenntnisbescheinigungen ist zwingend nur für den Fall vorgeschrieben, daß nachträglich Tatsachen bekannt werden, bei deren Kenntnis die Zulassung oder die Erteilung der Fachkenntnisbescheinigung hätte versagt werden müssen, § 17 Abs. 1 UAG; die Bestimmung betrifft nur die von Anfang an rechtswidrige Zulassung oder Erteilung der Fachkenntnisbescheinigung. Unter den zwingenden Widerrufstatbeständen nach § 17 Abs. 2 UAG fehlt die wiederholte Erteilung von Gültigkeitserklärungen unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 6 Audit-VO. Ein Widerruf der Zulassung oder der erteilten Fachkenntnisbescheinigung kommt nach § 17 Abs. 3 UAG in Betracht; diese Vorschrift verweist auf dar VwVfG; § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG liegt vor, wenn die erforderliche Zuverlässigkeit nachträglich entfällt, wovon auszugehen ist, wenn wiederholt pflichtwidrig begutachtet wurde.
c.) Standortregistrierung:
Die Registrierung geprüfter Betriebsstandorte nach § 8 Audit-VO ist nach § 32 Abs. 1 Satz 1 UAG Aufgabe der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern. Die Eintragungsvoraussetzungen regelt Art. 8 Audit-VO. Die Registrierungsstelle hat die Eintragung eines Standorts abzulehnen oder vorübergehend aufzuheben, wenn sie von der zuständigen Vollzugsbehörde von einem Verstoß gegen einschlägige Umweltvorschriften am Standort Kenntnis erhält. Die Registrierung bzw. ihre Aufhebung stellt die Schnittstelle zwischen Ordnungsrecht und Audit-System dar. Die genannte Bestimmung ist für die Funktionsfähigkeit des Audit-Systems von wesentlicher Bedeutung: Die den Umweltbehörden eingeräumte Interventionsmöglichkeit stellt die wichtigste institutionelle Sicherung des verordnungsrechtlichen Mindeststandards dar. Im übrigen sind die Voraussetzungen der Streichung und vorübergehenden Aufhebung der Eintragung eines Standorts in Art. 8 Abs. 3,4 Audit-VO geregelt.
5. Schluß
Der umweltpolitische Nutzen eines funktionierenden Umwelt-Audits liegt auf der Hand:
Es verwirklicht das Verursacher-, Vorsorge-und Kooperationsprinzip im Umweltschutz mittels eines „marktverträglichen Instrumentariums“. Seine Wirksamkeit entfaltet sich im Wettbewerb. Entscheidend ist, in welchem Umfang sich Unternehmen dazu entschließen, am System teilzunehmen. Das ist in Deutschland häufig der Fall. Der Erfolg des Systems hat die Bundesregierung veranlaßt, es auch für andere Bereiche als Unternehmen mit gewerblichen Tätigkeiten (Art. 1 Audit-VO) einzuführen. Durch Verordnung nach dem Umweltauditgesetz über die Erweiterung des Gemeinschaftssystems für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung auf weitere Bereiche UAG- Erweiterungsverordnung ) vom 3. Februar 1998, BGBI. I S. 338, in Kraft getreten am 10. 2. 1998, sind nach § 1 in Verbindung mit dem Anhang Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie folgende Unternehmen auditierungsfähig: bestimmte Erzeuger von Strom, Gas, Dampf und Heißwasser sowie Behandler bestimmter Abfälle; Energieversorger, Wasserversorger sowie Abwasserbeseitiger, Groß- und Einzelhandel; bestimmte Verkehrsunternehmen, Unternehmen des Kredit- und Versicherungsgewerbes sowie des Gastgewerbes - für weitere Einzelheiten ist auf die Verordnung zu verweisen.
Weiterführende Literatur:
Feldhaus (Hrsg.): Umweltaudit. in: Bundesimmissionsschutzrecht (bearb. durch Waskow), Bd. 7, 1996; Janke: Öko-AuditingHandbuch, o. O. 1995; Kothe: Das neue Umweltauditrecht, o. O. 1997; Lübbe-Wolff.: Das Umwelt-Audit-Gesetz, Natur und Recht, o. O. 1996; Möggenborg: Der Prüfungsumfang des Umweltgutachters nach der Umwelt-Audit-Verordnung. Der Betrieb, o. O. 1996; Schottelius: Der zugelassene Umweltgutachter. Ein neuer Beruf. Betriebsberater, o. O. 1996; v. Werder/Nestle: Grundsätze ordnungsgemäßer Umweltschutzorganisation als Maßstab des europäischen Umwelt-Audit. Recht der internationalen Wirtschaft, o. O. 1995.
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