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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Vorstand

Jeder Verein, jede Aktiengesellschaft und Genossenschaft muss einen Vorstand haben, der als ihr gesetzlicher Vertreter auftreten kann. Das gilt auch für nichtrechtsfähige Vereine. Rechte und Pflichten des Vorstands sowie deren Bestellung regelt das Gesetz oder die jeweilige Satzung der Körperschaft. Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Es muss unterschieden werden zwischen dem Vorstand im Sinne des Gesetzes und dem so genannten Titularvorstand.

Bei einem Verein wird die Berufung (Wahl) und Zusammensetzung (Zahl) des Vorstandes durch die Satzung bestimmt. Liegt keine Satzung vor, wird der Vorstand nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch die Mitgliederversammlung bestellt, beziehungsweise gewählt. Bei Aktiengesellschaften und Genossenschaften ist es die Aufgabe des Aufsichtsrates, den Vorstand zu berufen. Dieser leitet die Aktiengesellschaft (AG) in eigener Verantwortung und vertritt sie nach innen und außen, gerichtlich und außergerichtlich. Das Nähere regelt die Satzung. Wenn dort keine entsprechenden Bestimmungen zu finden sind, können die Vorstandsmitglieder nur gemeinsam handeln. Für bestimmte Entscheidungen - wie zum Beispiel umfangreiche Investitionen oder die Übernahme anderer Unternehmen - ist in der Regel die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich. Auch hier kann jede Gesellschaft in ihrer Satzung festlegen, welche Geschäfte der Vorstand nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates vornehmen darf. Da nach den Vorschriften des Aktiengesetzes der Vorstand ein Organ der Gesellschaft und nicht Arbeitnehmer des Unternehmens ist, genießt er keinen Kündigungsschutz und andere spezifische Arbeitnehmerrechte. Gleichzeitig sind Vorstandsmitglieder aber rechtlich und faktisch auch keine Unternehmer, da sie außer bei strafrechtlichen Verstößen nicht mit ihrem persönlichen Vermögen haften.

Gesetzlich ist die Amtszeit von Vorstandsmitgliedern auf fünf Jahre begrenzt, eine Wiederwahl aber solange zulässig, wie die in der Satzung festgelegten Altersgrenzen nicht überschritten werden. Bei Aktiengesellschaften kann der Vorstand ebenso wie bei Vereinen oder Genossenschaften aus einer oder mehreren Personen bestehen. Im zweiten Fall kann der Aufsichtsrat ein Mitglied des Vorstandes zum Vorsitzenden bestimmen. Sofern die Satzung oder Geschäftsordnung der AG nichts anderes bestimmt, ist dieser aber dennoch nur gleichberechtigtes Mitglied der Geschäftsführung. Sonderregelungen gelten für solche Gesellschaften, die der Montan-Mitbestimmung unterliegen, weil dann ein Arbeitsdirektor als gleichberechtigtes Vorstandsmitglied bestellt werden muss.

Der Vorstand muss mindestens vierteljährlich dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates oder dessen Stellvertreter über den Gang der Geschäfte berichten. Zu seinen unabdingbaren Pflichten gehört es, für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen und bei allen seinen Handlungen im Namen der Gesellschaft die "Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" (Paragraph 93 Aktiengesetz) zu beachten. Wenn als Folge verlustbringender Aktivitäten das halbe Aktienkapital aufgezehrt ist, muss der Vorstand die Hauptversammlung einberufen und dieser berichten. Wenn Vorstandsmitglieder gegen ihre aktienrechtlichen Pflichten verstoßen, sind sie der Gesellschaft gegenüber zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Ohne Zustimmung des Aufsichtsrates darf die Gesellschaft weder ihnen noch ihren Familienmitgliedern Kredite einräumen, deren Summe ein Monatsgehalt übersteigt.

Die rechtliche Stellung von ordentlichen Vorstandsmitgliedern unterscheidet sich stark von denen der "Titularvorstände", die zwar diese Bezeichnung firmenintern haben und damit auch nach außen in Erscheinung treten, aber dennoch nicht die vom Aktienrecht zwingend vorgeschriebenen Rechte und Pflichten besitzen. Dazu gehören die so genannten "Bereichsvorstände" oder auch die "Markenvorstände", die zwar für bestimmte Abteilungen oder Unternehmensbereiche verantwortlich sind, aber die Gesellschaft nicht im Sinne des Aktiengesetzes juristisch vertreten. Sie tragen nur die ungeschützte Bezeichnung "Vorstand" mit einem Zusatz in ihrem Titel. Titular- oder Bereichsvorstände sind rechtlich weiterhin Prokuristen oder Generalbevollmächtigte und damit Angestellte des Unternehmens, die daher - anders als Vorstandsmitglieder auch Kündigungsschutzrechte genießen.

Daher dürfen Titularvorstände nach außen auch nicht als voll vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder auftreten. In Zweifelsfällen müssen Geschäftspartner sich durch einen Blick ins Handelsregister, in den Geschäftsbericht oder auf den Briefbogen des Unternehmens davon überzeugen, ob sie es mit einem ordentlichen Vorstandsmitglied oder nur einem leitenden Angestellten zu tun haben. Denn sowohl auf den Briefbögen als auch im Geschäftsbericht und im Handelsregister dürfen nur die vom Aufsichtsrat berufenen und voll vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder genannt werden.

Die Leitung einer Aktiengesellschaft obliegt dem Vorstand, der sich im Regelfall aus mehreren Personen zusammensetzt. Der Vorstand ist im Einzelfall nicht weisungsgebunden, wird aber in der grundsätzlichen Ausrichtung seiner Arbeit durch die Aktionäre über Aufsichtsrat bzw. AG-Aufsichtsrat und Hauptversammlung bzw. AG-Hauptversammlung kontrolliert. Einer der Vorstände wird vom Aufsichtsrat zum Vorstandsvorsitzenden oder Vorstandssprecher ernannt.



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