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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Genossenschaft

Eine Genossenschaft ist eine Vereinigung von Personen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, sich dabei in solidarischer Eigenhilfe unterstützen und dies durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb fördern wollen. Die Zahl ihrer Mitglieder (Genossen) ist nicht begrenzt. Es können jederzeit neue Mitglieder aufgenommen werden. Die Genossenschaft muss als juristische Person im Genossenschaftsregister eingetragen werden und unterliegt im Interesse ihrer Mitglieder strengen gesetzlichen Auflagen und Kontrollen.

Gesetzliche Grundlage von Genossenschaften in Deutschland ist das Genossenschaftsgesetz (GenG). Die Genossenschaft setzt sich nach § 1 des Gesetzes, "die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes" zum Ziel. Teilnehmen können dabei beliebig viele Personen. Ganz offen ist die Zahl der Beteiligten jedoch nicht: Die Zahl der registrierten Genossen muss laut Gesetz (schon bei der Gründung) mindestens sieben betragen. Hinsichtlich der Höhe der Einlagen gibt es nach unten wie nach oben Beschränkungen. Nach unten ist der Genossenschaftsanteil durch den festgesetzten Mindestbetrag begrenzt, der eingezahlt werden muss. Nach oben wird das Limit durch die Höhe der maximal zulässigen Beteiligung festgelegt. Dem eingezahlten Betrag jedes Mitgliedes, dem so genannten Geschäftsguthaben, werden Gewinne solange zugeschrieben, bis der Geschäftsanteil erreicht ist. Verluste werden entsprechend abgezogen.

Entstanden sind die Genossenschaften in Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie sollten durch solidarisches Verhalten der Mitglieder die Not der ländlichen Bevölkerung, der Arbeiter und kleinen Gewerbetreibenden bekämpfen. Nicht Gewinnerzielung sondern solidarische Selbsthilfe der Mitglieder durch gegenseitige Förderung sind das Fundament der genossenschaftlichen Idee. In einer Marktwirtschaft muss sie sich aber in den meisten Fällen heute wie jedes andere Unternehmen im Markt verhalten. Deutliche Unterschiede gibt es aber weiterhin zu Unternehmen mit anderer Rechtsform hinsichtlich des eingebrachten Kapitals.

Die Genossenschaft ist eine Personenvereinigung zur gegenseitigen Förderung und keine Kapitalgesellschaft, bei der zwar die Eigentümer der Kapitalanteile wechseln dürfen (Beispielsweise durch Verkauf an der Börse), die einmal eingezahlten Beträge vom Unternehmen aber nicht zurückgefordert werden können. Obwohl jedes Mitglied beim Eintritt eine Geldeinlage in die Genossenschaft einbringen muss, handelt es sich um einen Verein mit gemeinsamer wirtschaftlicher Zielsetzung. Genossen erhalten beim Ausscheiden ihre eingezahlten Anteile zurück oder müssen bei Verlusten nachschießen. Da das Kapital einer Genossenschaft sich aus den Einlagen ihrer Mitglieder zusammensetzt, kann es ständigen Schwankungen unterliegen, weil die Zahl der Mitglieder sich immer wieder durch Aus- und Eintritt oder Tod verändert.

Rechtlich unterscheidet man

  • Genossenschaften, bei denen die Mitglieder mit ihrem gesamten Vermögen für die Schulden der Genossenschaft haften,
  • Genossenschaften, bei denen die Mitglieder bis zu einem bestimmten, im Gesellschaftsvertrag festgelegten, Betrag haften. Der Betrag muss mindestens so hoch wie ihr Kapitalanteil an der Genossenschaft sein.
  • Genossenschaften, bei denen die Mitglieder nur mit ihrer Kapitaleinlage haften.

Jeder Genosse muss sich mit einer bestimmten Einlage am Genossenschaftskapital beteiligen. In der Satzung der einzelnen Genossenschaft ist festgelegt, wie hoch die maximale und die minimale Kapitaleinlage ist. Das Grundkapital der Genossenschaft ist bezüglich seiner Höhe nicht festgeschrieben, da es mit der Anzahl der Mitglieder schwankt.

Genossenschaften haben drei gesetzlich vorgeschriebene Organe:

  • die Generalversammlung
  • den Vorstand
  • den Aufsichtsrat

Unter den in Deutschland vertretenen Genossenschaften sind vor allem folgende Formen zu unterscheiden:

Einkaufs- und Absatzgenossenschaften: Sie setzen sich aus selbständigen Betrieben zusammen, die sich zusammenschließen, um bestimmte Aufgaben und Funktionen gemeinsam wahrzunehmen: Einkauf von Rohstoffen oder Handelsware (wie die EDEKA- oder REWE-Genossenschaften).

Ähnlich verhalten sich Bezugsgenossenschaften von Landwirten oder die Konsumgenossenschaften von Verbrauchern.

Bei Nutzungsgenossenschaften kann es sich um die gemeinsame Nutzung von Maschinen und Gerät (z.B. Landmaschinen) oder von Rechten handeln.

Kreditgenossenschaften wie die Volksbanken oder Raiffeisenbanken nehmen für ihre Mitglieder aber auch für andere Kunden alle Bankgeschäfte wahr.

Produktionsgenossenschaften organisieren gemeinsam die Produktion und den Absatz ihrer Produkte (wie beispielsweise Winzergenossenschaften, Molkereigenossenschaften). Oft bestehen sie nicht mehr aus einzelnen Betrieben. Die Mitglieder arbeiten vielmehr gemeinsam in der Genossenschaft.

Wohnungsbaugenossenschaften haben sich als gemeinsames Ziel gesetzt, den Erwerb von Wohneigentum durch ihre Mitglieder zu fördern.

Hinsichtlich des von den Mitgliedern zu tragenden Risikos unterscheiden sich Genossenschaften in wichtigen Punkten von Kapitalgesellschaften. Hinsichtlich der Haftung der Mitglieder müssen dabei zwei Typen von Genossenschaften unterschieden werden:

  • Bei der eingetragenen Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht (eGmuH) haften die Beteiligten für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft mit ihrem Gesamtvermögen.
  • Bei der eingetragenen Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht ( eGmbH ) hingegen haften die Mitglieder nur bis zu einer festgelegten Haftungssumme. Bei Konkurs besteht bis zu dieser Summe eine so genannte Nachschlusspflicht. Diese Form der Genossenschaft ist in Deutschland am stärksten verbreitet.

Das persönliche Element findet seinen Ausdruck auch in der Gleichberechtigung der Mitglieder untereinander. Die Höhe ihrer jeweiligen Kapitalbeteiligung spielt bei der Willensbildung innerhalb der Genossenschaft keine Rolle. Bei der Mitglieder- oder Vertreterversammlung hat jeder der erschienenen Genossen eine Stimme. Im Unterschied zu einer Kapitalgesellschaft (wie z. B. der Aktiengesellschaft) müssen Vorstände und Aufsichtsräte einer Genossenschaft selber Anteile besitzen, also Genossen sein, um in diese Gremien gewählt werden zu können. Die Aufsichtsratstätigkeit ist immer ehrenamtlich und die Funktion eines Vorstandes kann ehrenamtlich ausgeübt werden. In diesem Fall wird für diese Tätigkeiten nur eine Aufwandsentschädigung gezahlt. Die ehrenamtliche Vorstandstätigkeit verliert allerdings immer mehr an Bedeutung, ist aber selbst in Kreditgnosssenschaften immer noch möglich.

Die "Genossenschaftsorgane" sind im Genossenschaftsgesetz festgelegt. Sie bestehen aus dem Vorstand, dem Aufsichtsrat, der General- oder der Vertreterversammlung. Der Vorstand muss mindestens zwei Mitglieder haben. Sie werden entweder von der Generalversammlung aller Genossen oder vom Aufsichtsrat gewählt. Dieser zweite Weg ist heute die Regel. Der Vorstand führt eigenverantwortlich die Geschäfte der Genossenschaft und vertritt sie nach außen. Er haftet solidarisch für Schäden, die durch Pflichtverletzungen entstehen. Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei Personen, die nicht zugleich Vorstände sein dürfen. Sie werden von der General- oder Vertreterversammlung gewählt und sollen die Geschäftsführung überwachen. Die Generalversammlung ist das oberste Willensbildungsorgan der Genossenschaft. Sie muss Änderungen der Satzung und den Jahresabschluss genehmigen, über die Verteilung von Gewinn oder Verlust beschließen, Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung erteilen. Sie bestimmt über eventuelle Kreditbeschränkungen, eine eventuelle Amtsenthebung von Mitgliedern des Vorstandes oder Aufsichtsrates sowie über die Auflösung der Genossenschaft oder eine Fusion mit einer anderen Genossenschaft. Bei mehr als 1500 Mitgliedern kann eine Genossenschaft statt der Generalversammlung eine Vertreterversammlung einberufen; bei mehr als 3000 Mitgliedern muss ein solches Gremium geschaffen werden. Es hat die gleichen Rechte und Pflichten wie die Generalversammlung.

Die Mitglieder- oder Vertreterversammlung kommt mindestens einmal jährlich zusammen, um die Berichte von Aufsichtsrat und Vorstand zur Geschäftsentwicklung zu hören, ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder jeweils neu zu bestellen, beiden Gremien Entlastung zu erteilen, Satzungsänderungen zu beschließen und über die Gewinnverwendung zu entscheiden.Ein Ausscheiden aus der Genossenschaft ist jedem Genossen durch schriftliche Kündigung mit Dreimonatsfrist zum Schluss des Geschäftsjahres möglich. Die Satzung kann aber auch längere Kündigungsfristen vorsehen. Als Gründe für ein Ausscheiden aus der Genossenschaft kommen Ausschließung, Übertragung des Geschäftsguthabens auf einen anderen Genossen oder Tod des Beteiligten in Frage. Auch Gläubiger eines Genossen können seinen Anteil und die Mitgliedschaft aufkündigen. In jedem Fall muss ein Ausscheiden in die Genossenschaftsliste eingetragen werden. Der Ausscheidende hat Anspruch auf Auszahlung des ihm zustehenden Geschäftsguthabens. Gegebenenfalls muss er einen Fehlbetrag anteilig einzahlen.

Auch wenn Genossenschaften keine Kapitalgesellschaften sind, werden sie dennoch steuerlich als solche behandelt und unterliegen somit der Körperschaftssteuer.

In der Bundesrepublik Deutschland sind die Genossenschaften in Genossenschaftsverbänden organisiert. Bei allen findet sich in ähnlicher Form eine dreistufige Organisation. Ob es sich um landwirtschaftliche- oder gewerbliche Genossenschaften handelt, um Konsum- oder Baugenossenschaften - immer bildet die Einzelgenossenschaft die unterste Stufe. Auf der mittleren Stufe sind sie zu regionalen Genossenschaftsverbänden, Einkaufszentralen oder Zentralkassen zusammengeschlossen. An der Spitze steht dann der Zentralverband.

Die in diesen Verbänden zusammengefassten Genossen haben Rechte und Pflichten zugleich. Neben dem Stimmrecht und dem Anspruch auf Gewinnanteil, haben sie vor allem das Recht, die satzungsgemäßen Einrichtungen zu benutzen.

Zu den Pflichten gehört zunächst die Zahlung der Pflichteinlage. Im Falle eines Konkurses kommt die Nachschlusspflicht hinzu. Je nach Genossenschaft können andere, durch Statut begründete, Pflichten vereinbart werden.

Nicht nur der Genosse kann ausscheiden, auch die Genossenschaft kann sich unter bestimmten Umständen auflösen. Dazu ist ein Beschluss der Generalversammlung notwendig, der mit einer Dreiviertelmehrheit der Stimmen der erschienenen Mitglieder gefasst werden muss. Als mögliche weitere Gründe für die Auflösung gelten unter anderem der Ablauf der Zeit, wenn das Bestehen der Genossenschaft zeitlich begrenzt war. Das Sinken der Mitgliederzahl unter 7 führt ebenfalls zur Auflösung. Gesetzwidrige Handlungen und das Verfolgen von anderen als den im Genossenschaftsgesetz vorgesehenen Zielen ziehen ebenfalls die Auflösung nach sich. Die Auflösung der Genossenschaft muss in das Genossenschaftsregister eingetragen und bekanntgemacht werden.



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