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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Umweltkennzahlen

haben die Aufgabe, Umweltauswirkungen von Unternehmen im Meßgrößen darzustellen. Mit Hilfe dieser Kennzahlen kann die Wirksamkeit des vorhandenen -Umweltmanagementsystems überprüft werden und es können geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Umwelteffizienz ergriffen werden. 1. Konventionelle Kennzahlen Das Kennzahleninstrumentarium wurde seit den 30er Jahren unseres Jahrhunderts in der Betriebswirtschaftslehre entwickelt, um Unternehmensbewertungen durchführen zu können (Mathews 1939). Der Durchbruch der Kennzahlen als zentrales Bewertungssystem erfolgte erst in den 70er Jahren, verursacht durch die amerikanisch dominierte Diskussion des Du Pont-Kennzahlensystems. Die heutige Betriebswirtschaftslehre sieht in dem Instrumentarium der Kennzahlen ein „Hilfsmittel der Analyse, welche die -Wirtschaftlichkeit bzw. die finanzielle Sicherheit des Betriebes durch fragebezogene Relativzahlen erkennen lassen sollten (Wissenbach 1967). Reichmann definiert Kennzahlen als: „(...) jene Zahlen, die quantitativ erfaßbare Sachverhalte in konzentrierter Form erfassen.“ Weber legt die Schwerpunktfunktion der Kennzahlen in die Komplexitätsreduktion betrieblicher Informationen, deren Vorkommen in Form einer Vielzahl von Einzelinformationen zu einer tendenziellen Informationsüberflutung des betrieblichen Entscheidungsträgers führen kann. Er definiert die Kennzahlen als: „(...) quantitative Daten, die als bewußte Verdichtung der komplexen Realität über zahlenmäßig erfaßbare betriebswirtschaftliche Sachverhalte informieren sollen“. Die folgenden drei Basiseigenschaften stellen die Kernelemente von Kennzahlen dar: Informationscharakter; Quantifizierbarkeit; spezifische Form der Information. Der Informationscharakter liegt auf der Hand: mit Hilfe der fragebezogenen Relativzahl soll dem Informationsempfänger spezifische Information dargestellt und aufbereitet werden. Das hat den Vorteil, Informationstatbestände und Zusammenhänge besser erkennen und diese folglich effektiver analysieren zu können. Dabei kommt der Informationseinheit der Kennzahl eine herausragende Eigenschaft zugute: ihre operationale Quantifizierbarkeit. Mit anderen Worten: Der Informationsempfänger benötigt meßbare und objektiv präzise Informationen. Dies bedeutet, daß Kennzahlen grundsätzlich quantifizierbare Variablen darstellen, die mit Hilfe metrischer Skalenniveaus meßbar sein müssen. Die spezifische Form ist eine Anforderung, die notwendig erscheint, um einen effizienten Überblick über komplexe und differenzierte Informationssachverhalte zu generieren, d. h. mit geringstem informatorischen Aufwand einen „schnellen und umfassenden Überblick - insbesondere für Führungsinstanzen - zu erlauben“ (s. Reichmann). Eine wichtige definitorische Wesensunterscheidung zwischen Kennzahlen und Indikatoren unternimrnt Weber, indem er den Kennzahlen eine „willentliche Informationsverkürzung“ unterstellt. Indikatoren hingegen unterliegen nicht einer willentlichen Informationsverkürzung, sondern einer wesensbedingten Informationsverkürzung, d. h., Indikatoren können nur ausschnittsweise bzw. stellvertretend Realitäten abbilden. Indikatoren werden von Weber wie nachfolgend definiert als: „Maßgrößen, die die Realität lediglich ausschnittsweise bzw. stellvertretend abbilden wollen. Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn sich die zu messende Realität wegen ihrer Komplexität einer umfassenden und objektiv nachprüfbaren Erfassung entzieht“. Typen der Kennzahlen In der betrieblichen Praxis werden Kennzahlen in der Regel nach der Erscheinungsform (s. Wissenbach) differenziert. Man unterteilt die Kennzahlen in relative und absolute Kennzahlen. Absolute Kennzahlen Absolute Kennzahlen sind die Grundform der Kennzahl. Sie beruhen auf den Grundzahlen (Einzelzahl, Summe, Differenz, etc.) der quantitativen Daten. Relative Kennzahlen Relative Kennzahlen werden gebildet, indem absolute Kennzahlen zueinander in ein Verhältnis gesetzt werden. Weber definiert relative Kennzahlen als „zueinander in Beziehung gesetzte betriebswirtschaftlich relevante Größen“, die eine besondere Aussagefähigkeit haben, falls ihre Relation einen inneren, sachlogischen Zusammenhang aufweist. Relative Kennzahlen treten in der Form von Beziehungs-, Gliederungs- und Indexzahlen auf. Beziehungszahlen setzen ungleichartige Grundzahlen zueinander in ein Verhältnis (z. B. Eigenkapital/ Anlagevermögen). Gliederungszahlen wiederurn setzen ungleichrangige Größen zueinander ins Verhältnis (z. B. Umlaufvermögen/ Gesamtvermögen). Kritisch wird von Seidel die Tatsache gesehen, daß Kennzahlen in der Regel nach dem Durchschnittsprinzip, anstatt nach dem Marginal-(Grenz)Prinzip gebildet werden. Er begründet dies damit, daß bei Kennzahlen, die durch häufiges Mitteln gebildet werden, sachliche Zusammenhänge verloren gehen können. Reichmann klassifiziert hingegen nach: Handlungsbezug, d. h. Kennzahlen beschreiben rein normative Größen (z. B. betriebliche Standards oder Ziele mit jeweiligen Handlungsanforderungen) oder rein deskriptive Größen (Beschreibung von Sachverhalten), die einer weiteren Erörterung bedürfen; Informationsbasis, d. h. Kennzahlen als „informativer Speicher“ (z. B. Informationsbasis Kosten- und Leistungsrechnung, Finanzbuchhaltung, Planungsrechnung und Sonderbilanzen), um interne/externe Informationsempfänger adäquat bedienen zu können; Objektbereich, d. h. Kennzahlen werden einem spezifischen Untersuchungsgegenstand zugerechnet, wie z. B. gesamtbetriebliche oder teilbetriebliche Untersuchungen (funktionale, divisionale oder organisatorische Objektbereiche); Zielorientierung, d. h. Kennzahlen dienen der Analyse eines bestimmten unternehmerischen Zielsystems (z. B. Erfolgs- oder Liquiditätsziel). Grenzen der Kennzahlen Abschließend soll nochmals die methodische Begrenztheit und der damit begrenzte Aussagewert von einzelnen Kennzahlen betont werden. Die Qualität der Kennzahlen definiert sich einerseits maßgeblich aus der Validität der Grundzahlen, ebenso jedoch durch die sinnvolle Auswahl der Komplexitätsreduktionsstrukturen (z. B. Stichproben etc.). Desweiteren weist Staehle darauf hin, daß nicht jede Relation sinngebend ist, geschweige denn den Sachverhalt beinhaltet, der ursprünglich beschrieben werden soll. 2. Umweltkennzahlen Umweltkennzahlen sind die Grundlage der Planung, Steuerung und Kontrolle und Koordination der betrieblichen Stoff- und Energieströme. Sie dienen der Unternehmensführung als wichtiges Werkzeug, um die Umweltsituation im Unternehmen zu beschreiben und zu analysieren. Gerade in der komplexen Erscheinungsweise der Umweltdaten kommt den Umweltkennzahlen ihre komplexitätsreduzierende Informationsfunktion zugute. Soll/Ist-Abgleiche lassen sich effizient durchführen, und interne/externe Benchmarkinganalysen der unternehmerischen Umweltleistung sind einfach durchzuführen. Die Generierung von Umweltkennzahlen ist abhängig von der spezifischen Unternehmenssituation, die in den verschiedenen Unternehmensbranchen häufig sehr unterschiedlich ausfallen kann. Die Systematik von Umweltkennzahlen ist noch nicht endgültig abgeschlossen, aber folgende Unterscheidungskriterien bilden sich in der Literatur als Standard heraus: Mengen- und kostenbezogene Kennzahlen: Kostenbezogene Kennzahlen übersetzen mengenbezogene Umweltkennzahlen in die kostenrechnerische Dimension; Absolute Umweltkennzahlen: geben die Umweltbelastung als eindimensionale Grundzahl wieder (z. B. 5000 kg Fe); Relative Umweltkennzahlen: stellen die Umweltleistung im Verhältnis zweier absoluter Grundzahlen in Form von Gliederungszahlen dar (Teilgröße in bezug zur Gesamtgröße, z. B. Werkverbrauch O2/Konzernverbrauch 02), Beziehungszahlen (Verhältnisse verschiedener SI-Einheiten z. B. 3000 m’ SO2/1000 kg Fe) und indexierte Meßzahlen (Anstieg CO2.Verbrauch in Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990); Unternehmens-, Standort- und Prozeßkennzahlen: eignen sich als Planungs-, Steuerungs-, Kontroll- und Koordinationsinstrument und zur Schwachstellenanalyse. Clausen hingegen unterteilt Umweltkennzahlen in folgende Kategorien: Kennzahlen der Umweltpolitik und des Umweltmanagements mit dem Ziel, das Verhalten und die Strukturen der Akteure zu beschreiben; Umweltbelastungskennzahlen, die die Umweltbelastung beschreiben; Umweltzustandskennzahlen (Synonym für Umweltindikatoren) beschreiben den Zustand der natürlichen Umwelt. Die Kennzahlen der Umweltpolitik und des Umweltmanagements dienen zur Beschreibung der umweltrelevanten Akteurswelt. Dabei bezieht Clausen nicht nur die Unternehmen mit ein, sondern auch andere umweltrelevante Marktteilnehmer (Staat, Haushalte, etc.). Die Umweltbelastungskennzahlen stellen effektiv den Umweltverbrauch der einzelnen Akteure dar. Das summierte Ergebnis der Umweltbelastungskennzahlen sieht Clausen repräsentiert in den jeweiligen Umweltzustandszahlen. Nach der Systematik nach Clausen stellen die betrieblichen Kennzahlen der Umweltpolitik und des Umweltmanagements in Verbindung mit den betrieblichen Umweltbelastungskennzahlen die Grundlage der DIN/ISO 14031 (s. Kottmann) dar. Der Begriff der Umweltbelastungskennzahlen wird aber in der ISO 14031-Sprache durch den Begriff der Umweltleistungskennzahl (environmental performance indicator) erweitert. Die deutsche Übersetzung der Umweltleistungskennzahl ist als wertneutral zu sehen - Umweltleistung kann positiv wie auch negativ besetzt sein, je nachdem wie der Wert der Kennzahl ausfällt. Eine weitere Differenzierung ist der Systematik von Loew/Hjälmarsdöttir zu entnehmen. Demnach lassen sich die Umwelt(leistungs)kennzahlen in eine dreidimensionale Matrix unterteilen, die aus: den betrieblichen Dimensionen der Leistungserstellung (z. B. Produkt, Prozeß, Betrieb); den Lebenszyklusstufen Betrieb, Umweltschutzbereiche (z. B. Produktionswirtschaft, Lagerhaltung, Verpakkung, Abfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Luftreinhaltung, Verkehr, Energiewirtschaft) und den vor- und nachgelagerten Stufen; der Perspektiven- bzw. Abbildungsebene (z. B. Stoff- und Energieflüsse, Kosten, Verursacher- und Wirkungsdimension) bestehen. Das Umweltbundesamt hingegen unterteilt die betrieblichen Umweltkennzahlen in folgende drei Kernbereiche: Umweltleistungskennzahlen (Stoffund Energiekennzahlen und Infrastruktur/ Verkehrskennzahlen); Umweltmanagementkennzahlen (System- und bereichsbewertende Kennzahlen); Umweltzustandskennzahlen (Kenn- zahlen der Umweltmedien Wasser, Boden, Luft). Seidel hat neben den vorher beschriebenen funktionalen Ansprüchen an betriebliche Umweltkennzahlen eine Reihe methodischer Ansprüche an betriebliche Umweltkennzahlen gestellt. Kennzahlen bzw. Kennzahlensysteme können die Umweltleistung (Umweltschutzziel) einer Unternehmung zu einer Spitzenkennzahl verdichten. Diese Spitzenkennzahl könnte den Namen betriebliche Stoffwechselgüte (Umweltschutzziel) besitzen, analog dem ROI (Renditeziel). Des weiteren können betriebliche Umweltkennzahlen so gestaltet sein, daß sie trotz ihrer Komplexitätsreduktionsfunktion wesentliche Zusammenhänge so wiedergeben, daß sie strukturelle Ähnlichkeiten der betrieblichen Realität wiedergeben. Zusammenfassend können nach Seidel folgende Funktionsansprüche an betriebliche Umweltkennzahlen gestellt werden: Abbildung aller wesentlichen Einflußbeziehungen (Kausalitäten und Korrelationen), wobei sich der Abbildungsanspruch auf die korrekte Wiedergabe der Relation zwischen Ursache und Wirkung bezieht (Kausal-Nexus); Die betrieblichen Umweltkennzahlen sollten auf das Umweltschutzziel als Finalziel (z. B. Nachhaltigkeit) ausgerichtet sein und gegenseitige Abhängigkeiten der unterschiedlichen Umweltkennzahlen realitätsnah wiedergeben. Die Umweltkennzahlen sollten derart gebildet werden, daß sie in der Lage sind, die notwendigen MittelZweck-Beziehungen (Final-Nexus) darzustellen. Die nach diesen Kriterien gebildeten Umweltkennzahlen können so den Grundsätzen der Gültigkeit (Validität) und der Zuverlässigkeit (Reliabilität) entsprechen und operabel werden, d. h. sie funktionieren im täglichen Einsatz. Neben diesen funktionalen Ansprüchen weist Seidel auf eine Reihe von Qualifikationsansprüchen an betriebliche Umweltkennzahlen hin: Aggregierbarkeit, Aktualität, Anreizkraft, EDV-gerecht, Einheitlichkeit, Entscheidungsrelevanz, Genauigkeit, Geschlossenheit, Hantierbarkeit, Klarheit, Organisationsangemessenheit, Unabhänigkeit, Vergleichbarkeit, Verständlichkeit, Vollständigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit. 3. Umweltkennzahlensysteme Umweltkennzahlen besitzen in ihrer jeweiligen Dimension eine eindeutige Aussagekraft. Problematisch hierbei ist aber der mögliche Mißbrauch einzelner Kennzahlen zur Analyse von ganzen Organisationseinheiten. Diese Schwierigkeiten in der eventuellen Fehldeutung kann durch die Anwendung von Kennzahlensystemen entgegnet werden, damit die Kennzahlen(systeme) ihre Lenkungs- und Abbildungsfunktion erfüllen können. Hierbei ist aber zu beachten, daß durch die Kompatibilitätsfunktion einer hoch aggregierten Umweltkennzahl (vgl. MIPS-Ansatz) das Globalziel Umweltschutz durch Weglassen wichtiger Detailinformationen nicht verloren geht. Nach Seidel stellt das Umweltkennzahlensystem mit seinen drei Dimensionen das Planungs- und Steuerungssystem des Umweltcontrolling dar. Folgende Dreiteilung ist hierbei vorgeschlagen: Operative Dimension: Konkrete Umweltschutzmaßnahmen werden durch Umweltkennzahlensysteme koordiniert, gesteuert und kontrolliert und auf ihre ökologische Wirksamkeit überprüft; Strategische Dimension: Ein ökologisches Innovationsmanagement wird maßgeblich durch ein geeignetes Umweltkennzahlensystem unterstützt - insbesondere durch proaktive und integrierte Umweltmanagementkonzepte; • Normative Dimension: Schwierig operationalisierbare umweltethische, Absichtserklärungen werden durch Umweltkennzahlen implementierbar gemacht. Anforderungen an Umweltkennzahlensysteme Eine Darstellung der ganzen betrieblichen Realität durch betriebliche Umweltkennzahlen ist, wie bereits angesprochen, nicht möglich. Um dem Problem der vereinfachten Darstellung der komplexen Realität im Kennzahlenmodell der Umweltkennzahlen zu entgehen, bietet es sich an, die typischen Fehlerquellen der Kennzahlengenerierung zu analysieren. Loew/Hjälmarsdöttir definierten insgesamt vier potentielle Fehlerquellen bei der Bildung und Auswertung von Kennzahlen. Die gravierendsten Fehler treten schon bei der Erhebung der Daten auf. Werden die Daten nicht nach einem ganzheitlichen Datengenerierungsmodell erhoben (z. B. Ökobilanz, Input-Outputbilanz, etc.) werden nur ausgesuchte Datenströme erhoben. Das Problem liegt aber gerade darin, daß oftmals vermeintlich „unrelevante“ Stoffund Energieströme später ökologische Katastrophen verursachen. Es empfiehlt sich daher, daß eine möglichst ganzheitliche Erhebung der Daten der Stoff- und Energieflüsse durchgeführt wird. Sollten anfänglich nicht genügend Zeit- und Kapitalressourcen vorhanden sein, so sollte die Datenerhebung auf die ökologischen Kernprozesse im Unternehmen beschränkt werden. Nach Möglichkeit sollte die Datenerhebung durch standardisierte Frageroutinen (DV-Dateneingabemasken, Checklisten, etc.) erledigt werden, damit sich möglichst geringe Erhebungsfehler einschleichen können. Drittens ist es erforderlich, Meßfehler bei der Datengenerierung durch standardisierte bzw. automatisierte Erhebungs- und Meßprozesse auf ein Minimum zu beschränken, ebenso die nachgelagerte automatisierte Berechnung der Umweltkennzahlen. Schließlich ist die der Problematik von Auswertung und Interpretation der Kennzahlen zu nennen. Diesbezüglich soll hier noch einmal an die vorher erwähnten methodisch-konzeptionellen Restriktionen der Kennzahlenmodellproblematik erinnert werden. 4. Die Norm DIN EN ISO 14031 Zweck der Norm ISO 14031 ist es, die Ermittlung der wesentlichen Umweltauswirkungen von Organisationen zu ermitteln und zu messen, mit dem Ziel, die Effizienz und Effektivität der Organisation zu erhöhen. Dadurch kann unnötiger Ressourcenverbrauch vermindert werden und es können frühzeitig ungünstigen Entwicklungstendenzen der organisationseigenen Umweltauswirkungen entgegengewirkt und strategische Geschäftsfelder (z. B. der Umweltmarkt) erschlossen werden. Definition der Umweltleistung Der Begriff der Umweltleistung ist in der ISO 14000 Serie unterschiedlich definiert. Dies ist kein Ergebnis mangelhafter Abstimmung in den einzelnen Gremien, sondern spiegelt die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Mitgliedsländer wider. Eine Definition der Umweltleistung gibt die ISO 14031 Norm selbst: „Die Ergebnisse, die aus dem Management der Umweltaspekte einer Organisation resultieren“. Unter dem Umweltaspekt versteht die ISO 14031 Norm: „(...) diejenigen Bestandteile der Tätigkeiten, Produkte oder Dienstleistungen einer Organisation, die in Wechselwirkung mit der Umwelt treten können“. Bezüglich der Umweltleistung spezifiziert die Norm die obige Definition, daß: „(...) die Ergebnisse sowohl anhand der Umweltpolitik als auch anhand der allgemeinen und spezifischen Umweltziele gemessen und beurteilt werden. Umweltleistung wird in dieser internationalen Norm [ISO 14031 a. d. A.] anders als in der ISO 14001:1996 (Definition 3.8) und der ISO 14004:1996 (Definition 3.8) definiert.“ So definiert die ISO 14001 die Umweltleistung im Gegensatz zur ISO 14031 als: „(...) meßbare Ergebnisse des Umweltmanagements einer Organisation in bezug auf ihre Beherrschung ihrer Umweltaspekte, welche auf der Umweltpolitik und den umweltbezogenen Zielsetzungen und Einzelzielen beruhen“. Desweiteren gibt die ISO 14031 Hinweise, wie die Umweltleistung bewertet werden kann, indem sie die Umweltleistungsbewertung definiert als: „Prozeß zur Unterstützung von Entscheidungen des Managements zur Umweltleistung einer Organisation durch Auswahl von Kennzahlen, Datenerfassung und -analyse, Beurteilung von Informationen nach Umweltleistungskriterien, Berichterstattung und Kommunikation sowie regelmäßige Überprüfung und Verbesserung dieses Prozesses.“ Struktur der Norm ISO 14031 Die Norm ISO 14031 wurde in insgesamt vier Abschnitte und zwei Anhänge untergliedert. Vorwort Einleitung Anwendungsbereich Definitionen Umweltleistungsbewertung 3.1. Allgemeine Übersicht 3.2. Planung der Umweltleistungsbewertung (PLANEN) 3.3. Verwendung von Daten und Informationen(UMSETZEN) 3.4. Überprüfen und Verbesserung der Umweltleistungsbewertung (PRÜFEN UND HANDELN) Das Vorwort stellt kurz die ISO Organisation vor, berichtet über die Ratifizierungsmodalitäten der Mitgliederstaaten und weist den TC 207 als Verfasser der Norm aus. Es wird an dieser Stelle nochmals die Eigenständigkeit der ISO 14031 von der ISO 14001 und ISO 14004 herausgestellt. In der Einleitung wird der Zweck und die Motivation der Norm aufgezeigt. Zusätzlich werden Instrumente wie Audits oder Ökobilanzen zur Unterstützung der Umweltleistungsbewertung genannt. Die Norm legt großen Wert darauf, daß die Messung der Umweltleistung einen kontinuierlichen Prozeß darstellt. Das Kapitel 1 der ISO 14031 weist auf deren generelle Anwendbarkeit auf alle Organisationstypen hin. Aber auch auf die Grenzen der Norm wird hier hingewiesen: „Diese Internationale Norm [gemeint ist die ISO 14031j legt keine Beurteilungsmaßstäbe für die Umweltleistung fest.“ Mit anderen Worten: Die Norm hilft lediglich die Umweltauswirkungen von Organisationen zu erkennen - ob diese eine Leistung oder ein Versagen darstellt hängt von der jeweiligen Organisation ab. Die Norm ist nicht zertifizierbar. Cornisch kritisiert die Norm, indem er ausführt, daß: „(...) weder Umweltstandards gesetzt werden noch ein Compliance-Audit (Einhaltung normative Institutionen z. B. Gesetze, Vorschriften, Anweisungen, Richtlinien, etc.)“ in der Norm ISO 14031 vorgesehen sind. Kapitel 2 stellt den zentralen definitorischen Teil der Norm dar. Ohne urheberrechtliche Ansprüche gegenüber dem DIN zu verletzen, ist ein detaillierte Darstellung der Definitionen nicht möglich. Für das wissenschaftliche Verständnis der Norm sollen hier vollständig die Definitionsbegriffe aufgezählt werden: Interessierte Kreise; Organisation; Umwelt; Umweltaspekt; Umweltauswirkung; Umweltbezogene Zielsetzung; Umweltbezogenes Einzelziel; Umweltleistung; Umweltleistungsbewertung; Umweltleistungskennzahlen; Umweltleistungskriterium; Umweltmanagementsystem; Umweltpolitik; Umweltzustandindikatoren. In Kapitel 3 wird die Umweltleistungsbewertung nach ISO 14031 beschrieben. Die Norm geht dabei von einem speziellen Managementmodell (Planen Umsetzen Prüfen= Handeln) aus, das nachfolgend näher beschrieben werden soll. Ziel der Planungsphase ist die Ermittlung der relevanten Umweltkennzahlen. Folgende Aspekte sind bei der Aufstellung der Umweltkennzahlen zu berücksichtigen: Interessen und Wünsche potentiell interessierter Kreise (Kunden, Versicherungen, Banken, Behörden, etc.); kulturelle und soziale Faktoren; Umweltkostenbe- und Entlastungen; Umweltleistungskriterien, d. h. diejenigen Kriterien nach denen die Umweltaspekte zu bewerten sind; wesentliche Umweltauswirkungen der Organisation (Umweltaspekte) wie z. B. die Stoff- und Energieflüsse, Risiken, Umweltzustand (lokal, regional, national, global), relevante Institutionen (Gesetze, Normen, Vorschriften, Richtlinien, etc.). Zunächst wird empfohlen, alle relevanten Umweltauswirkungen der Organisation zu ermitteln. Diese erste Umweltprüfung kann anhand des Schemas der ISO 14001 bzw. dem EG-Öko-Audit entsprechen oder aber auch auf einer betrieblichen Umwelt(Öko)bilanz (Input/Outputanalyse) oder einem anderen Umweltcontrollingansatz beruhen. Empfohlen wird, die Umweltaspekte der Organisation in eine Art Prioritätenliste zu bringen und diese nach der ökologischen und ökonomischen Relevanz abzuarbeiten. Die Norm empfiehlt beispielhaft folgende Quellen, aus denen die Umweltleistungskriterien abgeleitet werden können: Anliegen interessierter Kreise; Branchenrichtwerte der Verbände (Benchmarking); Gegenüberstellung von relativen/ absoluten Umweltkennzahlen durch Zeitreihenvergleiche; institutioneller Anforderungskatalog (Gesetze, Vorschriften, Normen, Richtlinien, gute Managementpraktiken, etc.); wissenschaftliche Forschung. Die Auswahlkriterien der Umweltkennzahlen erfolgt nach den üblichen Vorgaben (z. B. Relevanz, Operationalität, Zielgerichtetheit, Überprüfbarkeit, Verständlichkeit, Widerspruchsfreiheit, etc.) der Kennzahlenbildung, ebenso die Klassifizierung der Urnweltkennzahlen (absolute, relative, indexierte). a) Umweltleistungskennzahlen (Environmental Performance Indicator) Umweltleistungskennzahlen werden in zwei Erscheinungsformen untergliedert: aa) Managementleistungskennzah-len (Management Performance Indicators); ab) Operativen Leistungskennzahlen (Operational Performance Indicator). aa) Managementleistungskennzahlen (Management Performance Indicators) Ziel der Managementleistungskennzahlen ist die zur Bereitstellung von Informationen, die das Leistungsniveau der Umweltorganisation beschreiben. Sie bewerten die Leistung der Organisation, inwieweit deren getroffene Maßnahmen in der Lage sind, die Umweltauswirkungen der Organisation positiv zu beeinflussen. Sie geben Auskunft über die Umweltziele und -maßnahmen oder über die direkten finanzielle Effekte der Umweltaspekte sowie deren Vermeidungskosten (Umweltkostenmanagement). Folgende Managementleistungkennzahlen (MPI) nennt die Norm beispielhaft: „Durchführung und Effektivität verschiedener Umweltmanagementprogramme; Managementmaßnahmen, die die Umweltleistung des operativen Bereichs der Organisation und möglicherweise den Zustand der Umwelt beeinflussen (Einkauf, Produktentwicklung, Ausbildung, Qualitätsmanagement, Umweltkostenmanagement, Rechtsabteilung, Beschwerdewesen, etc.); die Anzahl der erledigten Maßnahmen des Umweltprogramms; Aktivitäten, die von besonderer Bedeutung für das erfolgreiche Umweltmanagement der Organisation sind; Anzahl der Managementebenen mit spezifischen Aufgaben im Umweltbereich; Anzahl der Beschäftigten, die an umweltrelevanten Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen haben; die Einsparungen durch verminderten Ressourcenverbrauch, Vermeidung von Umweltverschmutzung und Abfallrecycling; das Ausmaß der Einhaltung behördlicher Bestimmungen“. ab) Operative Leistungskennzahlen (Operational Performance Indicator) Operative Leistungskennzahlen sollten dem Management die Umweltleistung des operativen Bereichs der Organisation liefern. Die operativen Leistungskennzahlen teilen sich in die Stoff- und Energiekennzahlen sowie die Infrastruktur- und Verkehrskennzahlen. b) Umweltzustandsindikatoren (Environmental Condition Indicators) Sie liefern Informationen über den lokalen, regionalen und globalen Zustand der Umwelt. Umweltzustandsindikatoren messen keine Umweltauswirkungen, sondern dienen dazu festzustellen, ob die Umweltleistungskennzahlen die richtigen Umweltaspekte operationalisieren. Kurz: Umweltzustandsindikatoren definieren den organisatorischen Handlungsbedarf. Beispiele für Umweltzustandsindikatoren: Anzahl von Tier- oder Pflanzenarten in einem räumlich abgegrenzten Gebiet; Konzentration von Schadstoffen pro Kubikmeter Luft, Wasser oder Erdreich; Umfang der Versiegelung oder Unfruchtbarkeit von Flächen in einem bestimmten räumlichen Gebiet oder Umfang von „Naturschutzräumen in einem bestimmten örtlichen Gebiet“. Umsetzungsphase An erster Stelle der Umsetzungsphase steht die Datenerfassung mit den bei der Datenerfassung üblichen Anforderungen (Verfügbarkeit, Angemessenheit, Validität, Überprüfbarkeit, etc.). Die Norm fordert, daß durch geeignete Qualitätssicherungsstrukturen die Datenerhebung methodisch sauber von statten geht. Datenquellen können interner Natur sein (z. B. Messungen, Beobachtungen, Befragungen, Daten des Rechnungswesen und der Finanzbuchhaltung, Einkaufsdaten, Umweltcontrollingdaten, etc.) oder externer Herkunft (Behördenstatistiken, Verbandsunterlagen, Lieferanten und Auftragnehmer, Kunden, wissenschaftliche Berichte, etc.). Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Datenanalyse und -aufbereitung dar. Dabei ist der oben genannte Standard (Verfügbarkeit, Angemessenheit, Validität, Überprüfbarkeit, Vollständigkeit, etc.) anzuwenden. Diese Daten (Umweltleistungskennzahlen, Umweltzustandsindikatoren) sollten mit den Umweltleistungskriterien verglichen werden, damit die Wirksamkeit der Umweltmaßnahmen überprüft werden kann. Diese Erkenntnisse sollten in Form einer geeigneten Berichterstattung zur organisationsinternen und -externen Kommunikation verwendet werden, mit dem Ziel, die Umweltleistung der Organisation nachhaltig zu verbessern. Dieser Effekt wird durch die Steigerung des Problembewußtseins und der Verbesserung der Organisationskommunikation erreicht. Zusätzlich können Informationen organisationsexterner Art generiert werden, die vorher nicht vorlagen. Folgende Beispiele nennt die Norm: Beschreibung der relevanten Umweltaspekte und der relevanten Umweltkennzahlen; Beschreibung des Organisationszwekkes; Darstellung der Umweltleistungskriterien; Ergriffene Maßnahmen zur Steigerung der Umweltleistung; Integrationsergebnis der Umweltleistung in die Gesamtleistung der Organisation; Proklamation der Organisation zur Teilnahme an der ISO 14031. Zukunftsperspektiven Die Norm DIN/ISO 14031 wurde in zahlreichen Unternehmen getestet. Ein Resultat der Praxistests war auch die Erfahrung, daß die Kennzahlensysteme nach der ISO 14031 die Managementsysteme nach ISO 14001 bzw. -EMAS nicht ersetzen können oder wollen. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, daß gerade die –÷KMU-Unternehmen einen relativ einfachen und effizienten Einstieg in die Welt des Umweltcontrollings erhielten. Weiterführende Literatur: Bundesumweltministerium (Hrsg.): Umweltbundesamt. Leitfaden betriebliche Umweltkennzahlen, Berlin/Bonn 1997; Clausen, f..: Umweltkennzahlen als Steuerungsinstrument für das nachhaltige Wirtschaften von Unternehmen, in: Seidel, E./ Clausen, J./ Seifert, E. K.: Umweltkennzahlen, München 1998; Diiffenhard, V./ Kreeb, M./ le Maire, G./ Wucherer, C.: Pretest der Norm ISO 14031. Umweltleistungsbewertung in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Pilotprojekt im Auftrag der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Kempten 1999; Kottmann, H./ Loew, T./ Clausen, J.: Umweltmanagement mit Kennzahlen, München 1999; Loew, T./ Hjälmarsdöttir, H.: Umweltkennzahlen für das betriebliche Umweltmanagement, in: IÖW Schriftenreihe 99/96, Berlin 1996; Reichmann, T.: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, München 1997; Schulz, W. F./ Kreeb, M.: Umweltkennzahlen nach ISO 14031, Stuttgart/Berlin 2000; Seidel, E.: Umweltorientierte Kennzahlen und Kennzahlensysteme. Leistungsmöglichkeiten und Leistungsgrenzen, Entwicklungstand und Entwicklungsaussichten, in: Seidel, E./ Clausen, J./ Seifert, E. K.: Umweltkennzahlen, München 1998; Staehle, W.: Kennzahlen und Kennzahlensysteme als Mittel der Organisation und Führung von Unternehmen, Wiesbaden 1969; Köpper, H.- U./ Weber, J.: Grundbegriffe des Controlling, Stuttgart 1995; Weber, J.: Einführung in das Controlling, Stuttgart 1995; Weber, J.: Soziale Indikatoren, in: Management-Enzyklopädie, Bd. 8, Landsberg a. Lech 1984; Wissenbach, H.: Betriebliche Kennzahlen und ihre Bedeutung im Rahmen der Unternehmensentscheidung. Bildung, Auswertung und Verwendungsmöglichkeiten von Betriebskennzahlen in der unternehmerischen Praxis, Berlin 1967.



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