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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Betriebswirtschaftslehre

(engl. business administration, business economics) Die Betriebswirtschaftslehre ist die Lehre von dem Betrieb und dem betrieblichen Handeln. Betrieb ist hier eine wirtschaftliche, technische, soziale und umweltbezogene Einheit (Einzelwirtschaft), welche die Aufgabe hat, der Bedarfsdeckung (p Bedarf) zu dienen. Dabei geht es nicht so sehr um die Bedarfsdeckung der Betriebsangehörigen als vielmehr um die Bedarfsdeckung Betriebsexterner (Fremdbedarf) über die Märkte (p Markt). Der Betrieb ist ein Realgebilde; in ihm werden menschliche Leistungen und materielle wie auch immaterielle Güter zur Leistungserstellung und verwertung kombiniert. Dieser Kombinationsprozess wird im Hinblick auf die + Wirtschaftlichkeit und auf die Zahlungsfähigkeit ( Liquidität) von der Betriebswirtschaftslehre wissenschaftlich durchdrungen, um einerseits Erklärungen für verschiedene Prozesssituationen zu gewinnen sowie andererseits den Betrieben Entscheidungshilfen zu bieten. Die Leitideen, die hierbei den Untersuchungen vorangestellt werden, heißen betriebswirtschaftliche Ansätze (Betriebswirtschaftslehre, Ansätze der). Die Zusammenfassung und das Zusammenwirken bzw. die Aggregation betrieblicher oder einzelwirtschaftlicher Tatbestände und Handlungen führen zur Makroökonomik und gehören in den Aufgabenbereich der 4 Volkswirtschaftslehre.

Einzelwirtschaftliche Erkenntnisse wurden von der Volkswirtschaftslehre im 19. Jahrhundert abgetrennt. Die Gründung von Handelshochschulen (1898 Aachen, Leipzig, Wien, 1901 Köln, Frankfurt, 1906 Berlin, 1908 Mannheim, 1910 München, 1915 Königsberg und 1919 Nürnberg) führte zu einem starken Ausbau der Betriebswirtschaftslehre. Die moderne Betriebswirtschaftslehre weist eine Reihe von Wissenschaftsprogrammen oder wissenschaftlichen Leitideen auf: Die Aussagen der Betriebswirtschaftslehre müssen empirische Geltung haben; ihre theoretischen Aussagen müssen sich gleich und zukünftig bewähren. Solche theoretischen Aussagen lassen sich auch als Realtheorien bezeichnen; sie müssen widerspruchsfrei, allgemein gültig, überprüfbar, empirisch gehaltvoll und axiomatisiert sein. Letzteres heißt: Es müssen einsichtige und unbestreitbare Grundsätze, also vorgegebene Sätze, vorhanden sein, die in einen Begründungszusammenhang zu bringen sind. Die Betriebswirtschaftslehre beschreibt, erklärt betriebliche Vorgänge und will diese gestalten. Mit der Gestaltung von Betriebsprozessen wirkt die Betriebswirtschaftslehre auf Entscheidungen im Betrieb ein. Die instrumentalen Aussagesysteme streben Vorgangsoptimierungen an, z. B. die Minimierung von 4 Kosten oder Zeit und die Maximierung von absoluten oder relativen + Gewinnen. Zur Betriebswirtschaftslehre gehören die Entwicklung eines Begriffsapparates, die Schaffung von Analysesystemen, die Entwicklung von Werturteilsaussagen und die Wahrheitswertprüfung. Die Betriebswirtschaftslehre als Realwissenschaft muss eng an die Empiric gebunden sein. Mathematische Kalküle sind in zunehmendem Maß zur Erkenntnisgewinnung im Einsatz. Einzelbeobachtungen sind zu Gesetzmäßigkeiten oder Regeln zu verdichten, in die dann weitere Einzelbeobachtungen eingepasst werden sollen. Unter Umständen ergeben sich auch Auswirkungen auf die Regeln. Die Betriebswirtschaftslehre bemüht sich, bei der Schaffung eines eigenen Begriffssystems das Instrument der Analogie zu benutzen. Dies kann beispielsweise anhand des Begriffs + Leistung erläutert werden: Der physikalische Begriff Leistung ist physikalische Arbeit in der Zeiteinheit; die Betriebswirtschaftslehre empfiehlt eine analoge Anwendung, nur der Begriff physikalische Arbeit wird betriebswirtschaftlich z. B. in Produktionsmenge Ausbringung) uminterpretiert. Beispielsweise wird die Leistung einer Tapetendruckmaschine in Meter Tapete pro Minute gemessen. Die ältere Betriebswirtschaftslehre behandelt im besonderen Maße Fragen des Rechnungswesens und der Buchhaltungslehre (Buchführung). Als Kameralwissenschaft befasste sich die Betriebswirtschaftslehre mit den Handlungen staatlicher Verwaltungen und mit der Administration. Der industrielle Kapitalismus am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts bringt das eigentliche Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre: den Produktions und Dienstleistungsbetrieb (Dienstleistung) als Klein , Mittel oder Großbetrieb.

Die Vielfältigkeit der Betriebe bzw. der Einzelwirtschaften zeigt sich in der inhaltlichen Aufteilung der Betriebswirtschaftslehre. So kann die Betriebswirtschaftslehre nach Wirtschaftszweigen unterteilt werden in beispielsweise Betriebswirtschaftslehre der + Industrie ( Industriebetriebslehre), des Handwerks, des Handels (Handelsbetriebslehre), der Banken ( Bankbetriebslehre), der Versicherungen, der Verkehrsbetriebe, der Krankenhäuser, der öffentlichen Verwaltung, der Land und Forstwirtschaft sowie der privaten und öffentlichen Haushalte.

Werden die betrieblichen Funktionen als Gliederungskriterien gewählt, dann kann unterschieden werden unter anderem in Betriebswirtschaftslehre des Einkaufs und der + Beschaffung, der Logistik, der + Finanzierung, der + Produktion, der Organisation, der Unternehmensführung (Führung, + Management), des Absatzes, des Abrechnungswesens und der Rechnungslegung. Die Betriebswirtschaftslehre der «abgeleiteten Betriebe» gliedert sich in die Betriebswirtschaftslehre der Konsumbetriebe und der Gewerbebetriebe. Letztere spaltet sich in die Betriebswirtschaftslehre der Produktions und der Dienstleistungsbetriebe. Neben der Betriebswirtschaftslehre der abgeleiteten Betriebe könnte auch eine solche der ursprünglichen Betriebe genannt werden, die den Urtyp der Einzelwirtschaft ausmachen; hierzu zählen z. B. der Bauernhof und die Klosterwirtschaft.

Als spezielle Betriebswirtschaftslehre werden auch die Lehren von der Informatik (Wirtschaftsinformatik) und Datenverarbeitung, die Betriebswirtschaftslehre des Revisions und Treuhandwesens (Revision) und die betriebliche Steuerlehre sowie das + Operations Research (Unternehmensforschung) genannt. In allen diesen Betriebswirtschaftslehren kommen viele gleichartige Tatbestände und viele gleich lautende Begriffe vor. Diese werden aus diesen Teilbetriebswirtschaftslehren herausgezogen und in der «Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre» aggregiert.

Die Betriebswirtschaftslehre hat wie alle Wissenschaften Nachbarwissenschaften, mit denen sie in enger Verbindung steht. Nachbarwissenschaften sind z. B. die Volkswirtschaftslehre, die Rechtswissenschaften, die Psychologie, die Arbeitswissenschaft, die Soziologie, die Mathematik und die technischen Wissenschaften. Die folgende Abbildung soll das Mitwirken der Volkswirtschaftslehre und der Rechtswissenschaften veranschaulichen. Alle Tatbestände, welche die Betriebswirtschaftslehre betreffen, sind in einem Mengendiagramm zusammengefasst, das mit BWL gekennzeichnet ist. Entsprechendes gilt für alle rechtswissenschaftlichen und alle volkswirtschaftlichen Tatbestände, deren Mengendiagramme mit RW und VWL markiert sind. Die Schnittmengen ABCDA zeigen die Überschneidung von Tatbeständen zwischen BWL und RW, die Schnittmengen BECDB die Überlappung zwischen BWL und VWL, die Schnittmengen BCFDB die Überlappung zwischen RW und VWL. Die Schnittmenge DBCD gibt die Überlappung der Tatbestände aller drei Wissenschaftszweige an. Ein Beispiel für den Inhalt von ABCDA wären alle Fragen zum handelsrechtlichen Jahresabschluss. Im Bereich BECDB könnten Wechselkursprobleme (Wechselkurs) angesiedelt sein. In DBCD wären beispielsweise Außenhandelsphänomene oder Steuerprobleme (Steuern) vorzufinden. Diese Überlappungen sind teilweise gewollt, weil damit wirtschaftliche Probleme aus verschiedenen Sichten angegangen werden können.



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