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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin)

Am 1. Mai 2002 wurde die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) gegründet. Unter dem Dach der neuen Anstalt sind die Aufgaben der ehemaligen Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen (BAKred), das Versicherungswesen (BAV) und den Wertpapierhandel (BAWe) zusammengeführt worden. Damit entstand in der Bundesrepublik erstmals eine gemeinsame staatliche Aufsicht über Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen - zur Stärkung des Kundenschutzes und der Solvenzaufsicht. Die BAFin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, dem Bundesministerium der Finanzen unterstellt. Sie hat ihre Dienstsitze in Bonn und Frankfurt/Main und beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter. Sie beaufsichtigt etwa 2.700 Kreditinstitute, 800 Finanzdienstleistungsinstitute und über 700 Versicherungsunternehmen.

Es gibt immer mehr Finanzprodukte, die die bislang üblichen Grenzen von Versicherungen und Banken verwischen lassen, das zeigt nicht zuletzt die Riester-Rente. Etwa ein Aktienfonds auf Aktienbasis (insoweit ein übliches Bankprodukt), dessen Auszahlung als Rente (eine übliche Versicherungsmodalität) vereinbart wurde. Es entwickelt sich eine immer stärkere Konkurrenz der verschiedenen Anbieter - noch verstärkt durch den Wegfall der Beratungsfunktion im Internet. Mögliche Verkäufer für solch ein Riester-Produkt wie den "verrenteten Aktienfonds" sind eben Versicherungen und Banken - deshalb wurde es immer schwieriger, die staatliche Aufsicht über das Finanz- und Versicherungsgewerbe in drei Händen zu belassen. Die klassische Trennung in das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel hat sich überholt. Man spricht auf der Konzernseite von Allfinanzkonzernen (unter einem Dach werden Bank- und Versicherungsprodukte angeboten) - das beste Beispiel hierfür ist das Zusammengehen der Allianz AG mit der Dresdner Bank, aber auch die Kooperation von Münchner Rück mit der HypoVereinsbank. Diese Allfinanzkonzerne ergaben sich aus zweierlei Sicht: Zum einen möchte der Kunde in einem Haus alle Produkte angeboten bekommen, die er braucht, quasi den Convenience-Berater; zum anderen spart es den Konzernen natürlich Geld, weil die Übernahme der Dresdner Bank von der Allianz z.B. natürlich in naher Zukunft dazu führen wird, dass nicht neben einem Allianz-Vertreter (in eigener Immobilie) eine Filiale der Dresdner Bank bestehen bleiben wird. Durch ein solches Zusammenlegen ist eben Geld zu sparen - durch gemeinsame Räumlichkeiten und natürlich auch durch das Einsparen von Mitarbeitern.

Zusammenführung der Aufsichtskompetenzen

Die neue deutsche Allfinanzaufsicht, BAFin, (vergleichbares gibt es in letzter Zeit auch im Ausland) wird auch Wettbewerbsverzerrungen vermeiden, die aufgrund von Regulierungsdifferenzen unter einer zersplitterten Aufsichtsstruktur entstanden. Ein einziger Ansprechpartner wird vor allem für ausländische Finanzunternehmen ein Vorteil sein, wenn man bedenkt, dass sich diese Unternehmen in der Vergangenheit an mehrere Aufsichtsämter wenden mussten. Aber auch der Informationsaustausch mit den Aufsichtsbehörden anderer Staaten wird sich leichter gestalten als bisher und ungekehrt wird die deutsche Allfinanzaufsicht im Rahmen internationaler Aussichtsgremien mehr Gewicht erhalten.

Die neue Organisationsform führt zu Synergieeffekten, ganz zu schweigen davon, dass die in der Vergangenheit häufig sehr aufwändige Koordination zwischen den einzelnen Aufsichtsämtern entfällt. Die Organisation der Finanzdienstleistungsaufsicht unter einem Dach wird allerdings nicht dazu führen, dass auch die bestehenden Gesetze vereinheitlicht werden, - also z.B. das Kreditwesengesetz (KWG), das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) - sie bleiben bestehen, - zumindest vorerst. Völlig aufgegeben wurde die alte Trennung der Behörden in einer neuen dann doch nicht: für die Bankenaufsicht, die Versicherungsaufsicht und den Bereich Wertpapieraufsicht/Asset-Management sind getrennte Organisationseinheiten, also Abteilungen in der neuen Behörde gebildet worden. Das führt auf den ersten Blick zur Befürchtung, man habe nur die Räumlichkeiten von drei Behörden zusammengelegt. Dazu gekommen sind allerdings sektorübergreifenden Tätigkeiten, die von mehreren Querschnittsabteilungen wahrgenommen werden. Zu den Aufgaben dieser Abteilungen gehört z. B. die Aufsicht über Finanzkonglomerate, die Koordinierung der Arbeit in internationalen Aufsichtsgremien, aber auch die seit den Terroranschlägen in New York am 11. September 2001 besonders wichtige sektorübergreifende Geldwäschebekämpfung. Übergeordnetes Ziel der neuen Behörde soll noch mehr als früher der Schutz der Kunden und Anleger sein.

Aufbau der Allfinanzaufsicht

BankenaufsichtZiel dieser Aufsicht ist es, im Interesse der Stabilität der Gesamtwirtschaft die Funktionsfähigkeit des Kreditgewerbes zu erhalten. Damit soll gleichzeitig der weitest mögliche Schutz der den Banken anvertrauten Kundengelder gewährleistet werden. Wesentliche Grundlage dieser Aufsicht ist das Kreditwesengesetz (KWG) und einige Spezialgesetze wie z.B. das Hypothekenbankgesetz und das Bausparkassengesetz. An der laufenden Aufsicht über Kreditinstitute wirkt wie bisher die Deutsche Bundesbank mit. Zu den Aufgaben gehört, zu prüfen, ob die Institute eine ausreichende Eigenkapitalausstattung, eine angemessene Organisation und mindestens zwei fachlich geeignete und zuverlässige Geschäftsleiter. Damit wird sichergestellt, nur solvente Unternehmen mit ordnungsgemäßer Geschäftsführung Bankleistungen erbringen. Die BAFin prüft weiterhin, ob die Institute die gesetzliche Risikobegrenzungen (z.B. Großkreditgrenzen) einhalten und für die von ihnen eingegangenen Risiken ausreichend Vorsorge bilden. Im Vordergrund der Aufsicht stehen außerdem die institutsinternen Risikocontrolling- und managementsysteme. Zu diesem risikoorientierten Aufsichtsansatz gehört, dass der Bankaufseher sich laufend über die wirtschaftliche Situation des Instituts, seine Geschäftsstrategien und Geschäftsfelder sowie über geplante Projekte informiert und beurteilt. Zu den wesentlichen Informationsquellen der BAFin gehören vor allem die von Wirtschaftsprüfern oder Prüfungsverbänden erstellten Prüfungsberichte zu den Jahresabschlüssen. Schließlich kann sich die BAFin über Sonderprüfungen einen vertieften Einblick in die wirtschaftliche Lage einer Bank verschaffen. Falls eine Gefahr für die den Banken anvertrauten Kundengelder besteht, kann die BAFin Maßnahmen zur Gefahrenabwehr erlassen, die bis zu einem Entzug der Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften reichen. Unqualifizierte Geschäftsleiter können aus ihrer Funktion entfernen.

VersicherungsaufsichtDie beiden Hauptziele der Versicherungsaufsicht nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) bestehen darin, die Belange der Versicherten ausreichend zu wahren und sicherzustellen, dass die Verpflichtungen der Konzerne jederzeit erfüllbar sind. Versicherungsunternehmen dürfen das Versicherungsgeschäft nur betreiben, wenn sie über eine "aufsichtsbehördliche Erlaubnis" verfügen. Der geht eine umfassende Prüfung in rechtlicher und finanzieller Hinsicht voraus. So muss der BAFin der Geschäftsplan vorgelegt und Eigenmittel nachgewiesen werden. Die Geschäftsleiter müssen den Nachweis der Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung erbringen. Die BAFin überwacht unter anderem, ob von den Versicherungsunternehmen in ausreichendem Umfang Rückstellungen gebildet werden, die Versicherungsunternehmen über genügend freie Finanzmittel verfügen und Rückversicherungen in angemessenem Maß nehmen. Schließlich wird überprüft, ob die Jahresabschlüsse nach einheitlichen Grundsätzen richtig aufgestellt werden und die finanzielle Lage der Versicherungsunternehmen zutreffend wiedergeben. In Abständen werden auch Prüfungen bei den Versicherungsunternehmen vor Ort durchgeführt. Die BAFin verfügt über Sanktionsmöglichkeiten, um zur Vermeidung oder Beseitigung von Missständen gegenüber Versicherungsunternehmen einzugreifen. Im schlimmsten Fall kann dies zum Untersagen der Geschäftstätigkeit führen.

WertpapieraufsichtDie Wertpapieraufsicht stellt die Funktionsfähigkeit der deutschen Börsen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sicher. Nach Gesetz ist das Ausnutzen von Insiderwissen verboten, da ansonsten das Vertrauen der Marktteilnehmer in einen chancengleichen Wertpapierhandel untergraben wird. Die Mitarbeiter dieser Säule verfolgen diese Insidergeschäfte, indem sie das Handelsgeschehen im Hinblick auf auffällige Kursbewegungen oder Umsätze auswerten. Ergeben sich Anhaltspunkte für verbotene Insidergeschäfte, erstattet die BAFin eine Strafanzeige. Insiderdelikte können mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden. Die Veröffentlichungspflichten nach dem WpHG tragen dazu bei, die Transparenz zu verbessern, denn private und institutionelle Investoren benötigen für ihre Anlageentscheidungen aktuelle und zuverlässige Informationen. Börsennotierte Unternehmen sind daher zur unverzüglichen Veröffentlichung von neuen Tatsachen verpflichtet, sofern diese Informationen den Börsenkurs erheblich beeinflussen können (Ad-hoc-Publizität). Darüber hinaus müssen die Inhaber bedeutender Beteiligungen an Aktiengesellschaften, ihren Stimmrechtsanteil veröffentlichen, wenn bestimmte Meldeschwellen tangiert werden. Bei Verstößen gegen diese Veröffentlichungspflichten kann die BAFin Bußgelder verhängen. Außerdem ist die BAFin Hinterlegungsstelle für Wertpapierverkaufsprospekte.

Schließlich müssen Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute über eine angemessene Organisation verfügen und insbesondere geeignete interne Kontrollverfahren einrichten, damit Interessenkonflikte innerhalb der Institute möglichst vermieden werden. Seit dem 1. Januar 2002 werden Unternehmensübernahmen auf der Grundlage des neuen Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes kontrolliert.

Querschnittsabteilungen

Bis hierhin konnte man den Eindruck gewinnen, dass drei Häuser ihre Aufgaben behalten haben, aber nur unter einem Dach zusammengefasst wurden. Definitiv neu hingegen sind die so genannten Querschnittsabteilungen, die sektorübergreifende Aufgaben übernehmen.

Durch die Analyse sektorübergreifender Produkt- und Kapitalmarktentwicklungen wird sichergestellt, dass relevante Neuerungen auf den Finanzmärkten zeitnah in die Aufsichtspraxis der BAFin einfließen. Zudem werden koordinierende Aufgaben im Hinblick auf die Mitarbeit der BAFin in internationalen Aufsichtsgremien wahrgenommen. Die BAFin ist in einer Vielzahl von internationalen Gremien vertreten, so z.B. im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht oder im CESR (Committee of European Securities Regulators). Darüber hinaus ist sie an der Ausarbeitung von einheitlichen Aufsichtsstandards auf EU-Ebene beteiligt. Die zweite Querschnittsabteilung befasst sich insbesondere mit Fragen der Einlagensicherung, des Anleger- und Verbraucherschutzes und der Altersvorsorge. Ein Call-Center für Kundenbeschwerden wurde eingerichtet. In dieser Abteilung werden auch sektorübergreifende Rechts- und Gesetzgebungsfragen behandelt. Die Geldwäschebekämpfung und die Verfolgung unerlaubter Finanzgeschäfte wird von der dritten Querschnittsabteilung wahrgenommen. Geldwäscheaktivitäten und das Betreiben unerlaubter Finanzgeschäfte lassen sich durch die Konzentration der mit Verfolgungsaufgaben betrauten Mitarbeiter wesentlich effizienter bekämpfen als früher.

Organisation

Der Verwaltungsrat überwacht und berät die Leitung der Anstalt. Außerdem entscheidet er über das Budget der BAFin, das die beaufsichtigten Unternehmen nunmehr vollständig finanzieren! Der Verwaltungsrat setzt sich unter anderem zusammen aus Vertretern des Bundesfinanzministeriums und anderer Ministerien, Abgeordneten des deutschen Bundestages sowie Vertretern der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute und der Versicherungsunternehmen zusammen. Der Vorsitz dieses Organs obliegt dem Bundesfinanzministerium. Im Fachbeirat ist eine umfassende Beteiligung der Wirtschaft, der Verbraucherschutzvereinigungen und der Wissenschaft im Rahmen eines institutionalisierten Rahmens gegeben.



 
Weitere Begriffe : BAC | Eigentümerrechte | Modulation
 
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