Home | Finanzlexikon | Börsenlexikon | Banklexikon | Lexikon der BWL | Überblick
Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
Suche :        
   A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   X   Y   Z   

Geldpolitik

Gesamtheit aller Maßnahmen und Verfahren, die in einer Volkswirtschaft zur Ausstattung mit Geld und zur Regelung der Geldmenge getroffen werden. Ziel der Geldpolitik ist im erster Linie die Erhaltung der Geldwertstabilität, d.h. in der Regel ein moderates Ansteigen des Preisindexes. Träger der geldpolitischen Maßnahmen ist in Deutschland die Deutsche Bundesbank. Die Geldpolitik der Bundesbank ist einerseits zinsorientiert, andererseits geldmengenorientiert. Mit ihrem geldpolitischen Instrumentarium versucht sie beiden Richtungen gerecht zu werden. Die Bundesbank steuert vorrangig die Geldmarktzinsen, da sie der Meinung ist, dass hier ein Transmissionsmechanismus auf das gesamte Zinsniveau stattfindet, d.h., daß Veränderung im Geldmarktzins - wenn auch nicht im gleichen Umfang und eventuell mit zeitlicher Verzögerung (time lag) - auf die Zinsstruktur im Einlagen- und Kreditbereich durchschlagen wird. indirekte Steuerung von makroökonomischen Ziel-Variablen sowie von gesamtwirtschaftlichen Systemzuständen mit Hilfe monetärer Maßnahmen. Bei den Variablen geht es primär um Preisniveaustabilität (Geldwertstabilität) und Inflationsrate (von annähernd Null), bei den Systemzuständen primär um Außenwirtschaft bzw. Zahlungsbilanz (-Gleichgewicht) sowie (stetiges) Wachstum. Die Durchführung erfolgt v.a. seitens der Zentralbank, die eine von der Regierung unabhängige öffentlich-rechtliche Institution oder Teil der Regierung, i.d.R. des Finanzministeriums, sein kann. Die wichtigsten Instrumente der Geldpolitik sind: Mindestreservepolitik und geldpolitische Geschäfte im Rahmen von - Offenmarktpolitik und - Ständigen Fazilitäten. Weitere Instrumente können sein die Kreditpolitik (Kreditplafond), die - Devisenmarktpolitik (Swapsatzpolitik, Devisenmarktintervention) und das debt management fur die Schulden des Staates und seiner Sondervermögen. Bei einer regierungsunabhängigen Zentralbank werden die zu verfolgenden Ziele und darüber hinaus auch der Kanon der verfügbaren geldpolitischen Instrumente per Gesetz vom Parlament festgelegt. Ihr obliegt dann die systemkonforme, marktgerechte Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Instrumente. Allerdings besitzt sie meist keine Entscheidungsgewalt in bezug auf die - Währungsordnung, d.h. zur Wahl des Wechselkurssystems sowie des Liberalisierungsgrades des Kapitalverkehrs (internationale Kapitalbewegungen). Wirksamkeit und Erfolg der Geldpolitik können daher selbst bei einer (»binnenwirtschaftlich«) unabhängigen Zentralbank behindert und konterkariert werden. Solche Gefahren drohen von seiten der Fiskalpolitik und insbes. der staatlichen Wechselkurspolitik (politisch fixierte Paritäten und Bandbreiten bei Interventionsverpflichtung der Zentralbank) sowie von seiten der staatlichen Integrationspolitik. Die Geldpolitik versucht mit ihren Instrumenten, d.h. ihren Kauf- und Verkaufsaktionen auf den Geldmärkten oder Kapitalmärkten (Offenmarktpolitik), und ihren Regulierungsmaßnahmen (Mindestreservesätze), über Reaktionen der Monetären Finanzinstitute und nichtfinanziellen Sektoren möglichst unmittelbar die Zwischenziele (indicators) zu beeinflussen. Derartige Zwischenziele können die Geldmenge, das gesamtwirtschaftliche Kreditvolumen oder Kreditpotential, das Zinsniveau oder die Zinsstruktur sein. Geht man von einer stabilen Funktion des Geldangebotes und damit von einer durch die Zentralbank wirtschaftspolitisch nutzbaren festen Beziehung zwischen der Geldbasis und der Geldmenge nach Art der multiplen Geldschöpfung aus, so dient als Zwischenziel die Geldmenge (in empirisch zu ermittelnder Abgrenzung des relevanten Aggregats, z.B. Ml, M3). Anders ist es, wenn man nicht von der Exogenität der Geldmenge (Currency-Theorie) und damit von ihrer Steuerbarkeit durch die Zentralbank ausgeht. Endogenität der Geldversorgung äußert sich beispielsweise in der Begebung von Handelswechseln (Banking Theorie) durch Private und der damit verbundenen Schaffung von Zahlungsmitteln, in Finanzinnovationen sowie in der Existenz eines zumindest kurzfristig nicht steuerbaren Kreditschöpfungspotentials des Banken-systems. In diesen Fällen wird die Geldpolitik auf die Steuerung des Zinsniveaus bzw. der Zinsstruktur oder des Umfanges und der Verwendung der Bankenliquidität und damit des Kreditschöpfungspotentials als Zwischenziel ausgerichtet. Die Wahl des Zwischenziels läßt sich nicht nur anhand der unterstellten Endogenität oder Exogenität der Geldmenge treffen, sondern auch anhand der relativen Instabilität des Güter- und Geldmarktes, beispielsweise im IS-LM-System. Ist die IS-Kurve relativ zur LM-Kurve stabiler (instabiler), so ist eine Geldpolitik in Form einer Geldmengenpolitik (Zinspolitik) die effizientere Politik zur Stabilisierung des Einkommens (William POOLE, 1970). Die Veränderungen der monetären Zwischenziele (indicator) dienen der Zentralbank zum frühzeitigen Überprüfen der Angemessenheit ihres Instrumenteneinsatzes in bezug auf die Wirkungsrichtung, die Dimensionierung und das Timing. Die Wirkung auf das Endziel (target) hängt dabei in jedem Falle von den Reaktionen der Unternehmen und Haushalte auf die veränderten Geld- und Kapitalmarktbedingungen ab. Die Transmission der geldpolitischen Impulse durch das gesamte Marktsystem erscheint strittig. Unstrittig ist zwar der Prozess der Anpassung aller (erwarteten) Ertragsraten und Preise. Kein Konsens besteht jedoch darüber, ob für die Geldpolitik - Neutralität in dem Sinne existiert (oder wegen der Allokationseffizienz gelten sollte), dass sie rein nominale Impulse beinhaltet, die ohne reale Auswirkungen auf die Beschäftigung sowie die reale Nachfrage und die Struktur der Nachfrage nach Gegenwarts- und Zukunftsgüter sind, dass also über eine Geldmengenveränderung nur eine Variation der Nominalnachfrage und damit letztlich nur eine proportionale Preisniveausteigerung induziert wird (Quantitätstheorie; Dichotomie). Immer seltener wird unterstellt, dass bei einer geldpolitisch initiierten Variation der Inflationsrate insbes. in Zeiten eines Strukturwandels ein trade-off zwischen Inflationsrate und Arbeitslosigkeit im Sinne der PHILLIPS-Kurve besteht. Die in der Geldtheorie diskutierten Probleme der - lags, der Unterscheidung zwischen transitorischen und permanenten monetären Schocks, der Erwartungsunsicherheit und Zentralbankreputation sowie stark schwankender Zinssätze lassen die Geldpolitik zu einem Mix zwischen langfristiger Verstetigung mit angekündigtem Geldmengenziel innerhalb eines Korridors und einer kurzfristigen diskretionären Zins- und Liquiditätspolitik werden. Die nationale Autonomie der Geldpolitik sinkt mit steigender internationaler Integration der Kapitalmärkte bei hoher Kapitalmobilität. Jede geldpolitische Maßnahme, ob sie die Liquidität eines Marktsegmentes reduziert (erhöht) oder die erwartete Rendite eines Finanztitels erhöht (reduziert), bedingt unabhängig vom Wechselkurssystem einen Kapitalimport (-export) vorwiegend als Portfolioinvestition. Steigende grenzüberschreitende Geld- und Kapitaltransaktionen aufgrund von Zinsarbitrage oder Spekulation verstärken den internationalen Zinszusammenhang. Dieser steht im Falle von Devisenmarktinterventionen einer autonomen nationalen Geldmengensteuerung entgegen. Er verhindert zunehmend die geldpolitisch autonome Steuerung der inländischen Zinssätze. Die Geldpolitik ist als Teil der Zentralbankpolitik in steigendem Maße gekennzeichnet durch international aufeinander abgestimmte Zinspolitiken, durch eine zunehmend marktdeterminierte Refinanzierungspolitik sowie durch eine steigende internationale Koordination und Kooperation. Literatur: Duwendag, D. u.a. (1993). Issing, G. (1993b). Jarchow, H.-J. (1995). McCallum, B.T. (1989). Bofinger, P., Reischle, Z., Schächter, A. (1996)



<< vorhergehender Fachbegriff
 
nächster Fachbegriff >>
Geldpapier
 
Geldpolitik der EZB
 
Weitere Begriffe : Kreditnehmerlimit | Kulturprovinz | bargeldlose Lohn- und Gehaltszahlung
 
Copyright © 2015 Wirtschaftslexikon.co
Banklexikon | Börsenlexikon | Nutzungsbestimmungen | Datenschutzbestimmungen | Impressum
All rights reserved.