Integration
Als Prozess beinhaltet Integration jene Maßnahmen, deren Ziel es ist, die Behinderungen im Wirtschaftsverkehr zwischen Regionen/Ländern abzubauen, als Zustand wird Integration dagegen durch das Fehlen bestimmter Handelshemmnisse zwischen Regionen/Ländern gekennzeichnet. Nach der jeweils erreichten Integrationsstufe unterscheidet man: a) Präferenzzone: Die Mitgliedsländer vereinbaren für Produkte, die sie voneinander beziehen, niedrigere Zölle; b) Freihandelszone: Die Mitgliedsländer verzichten untereinander auf Beschränkungen der Güterströme (Zölle, Kontingente), legen jedoch gegenüber Nichtmitgliedsländern noch keinen gemeinsamen Außenzoll fest. Dies führt dazu, dass Drittländer jeweils über das Mitgliedsland mit dem niedrigsten Außenzoll in die anderen Länder der Freihandelszone importieren. Solche »Dreiecksgeschäfte« versucht man dadurch auszuschalten, dass für Güterbewegungen innerhalb der Freihandelszone ein Herkunftsnachweis gefordert wird; c) Zollunion: Neben Freihandel zwischen den Mitgliedsländern wird ein gemeinsamer Außenzoll gegenüber Drittländern festgelegt; d) Gemeinsamer Markt: Über die Zollunion hinaus werden die Beschränkungen für die Mobilität der Produktionsfaktoren aufgehoben; e) Wirtschaftsunion: Zusätzlich zum Gemeinsamen Markt wird die Harmonisierung der nationalen Wirtschaftspolitik angestrebt; f) vollständige wirtschaftliche Integration: Sie ist erreicht, wenn die Harmonisierung einer gemeinsamen Geld-, Fiskal-, Konjunktur- und Sozialpolitik vollzogen ist und supranationale Behörden mit für die Mitgliedsländer bindender Entscheidungsbefugnis errichtet sind. Seit dem
2. Weltkrieg haben die Bemühungen um eine wirtschaftliche Integration unabhängiger Nationalstaaten stark zugenommen. Das gilt nicht nur für Europa (Beneluxstaaten, Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Europäische GemeinschaftEuropäische Freihandelsassoziation, Europäischer Wirtschaftsraum), sondern auch für Lateinamerika (Lateinamerikanische Freihandelszone, LAFTA, Gemeinsamer Markt im südlichen Lateinamerika MERCOSUR) und die afrikanischen Länder (Ostafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft); jüngstes Beispiel ist die von den USA, Kanada und Mexiko in den 90er Jahren gegründete Nordamerikanische Freihandelszone NAFTA. Die ökonomische Analyse der Integration beschäftigt sich insbes. mit der Frage, welche Wirkungen sie auf die Wohlfahrt des Integrationsraumes, der einzelnen Mitgliedsländer und der Drittländer hat. Wenngleich die Wohlfahrtseffekte je nach der erreichten Integrationsstufe unterschiedlich sind, bleibt die theoretische Analyse i.d.R. auf die Diskussion der Wohlfahrtseffekte einer Zollunion beschränkt. Dabei unterscheidet man zwischen statischen und dynamischen Wohlfahrtseffekten: a) Statische Wohlfahrtseffekte · Produktionseffekt: Die innerhalb der Partnerländer durch den Abbau der Zölle zustandekommende Verbesserung der Allokation (Verlagerung der Produktionsfaktoren zur Produktionsstätte mit den niedrigsten Kosten) ermöglicht eine Realeinkommenssteigerung (handelschaffender Effekt der Zollunion). Allerdings können bestehende Lieferbeziehungen eines Mitgliedslands mit Drittländern gestört werden, falls durch den gemeinsamen Außenzoll und/oder durch den Wegfall innergemeinschaftlicher Zölle ein Partnerland trotz höherer Produktionskosten gegenüber Drittländern konkurrenzfähig wird. Da hier eine Verlagerung der Produktionsfaktoren von der Produktionsstätte mit niedrigeren Kosten zu einer mit höheren Kosten stattgefunden hat, liegt ein negativer Wohlfahrtseffekt vor. · Konsumeffekt: Durch Bildung der Zollunion ergibt sich eine Änderung der relativen Preise. Die Güter der Mitgliedsländer werden im Vergleich zu den heimischen Gütern und den Gütern aus Drittländern durch den Zollabbau billiger. Selbst wenn die Produktionsstruktur unverändert bleibt, führt dies zu einer Änderung der Allokation beim Konsum. Innerhalb der Mitgliedsländer kommt es zum Ausgleich der jeweiligen Grenzraten der Substitution mit den innergemeinschaftlichen terms of trade (vorher durch Zölle verzerrt) und damit zu einem positiven Wohlfahrtseffekt. Da der Ausgleich der Grenzraten der Substitution mit Drittländern durch den Außenzoll gestört wird, steht dem jedoch ein wohlfahrtsmindernder Effekt gegenüber (falls der gemeinsame Außenzoll nicht niedriger als der Zoll vor Bildung der Zollunion ist). · Terms of trade-Effekt: Die Festlegung eines Außenzolls bringt i.d.R. eine Verbesserung der terms of trade gegenüber Drittländern mit sich, was einem positiven Wohlfahrtseffekt gleichkommt b) Dynamische Wohlfahrtseffekte: · Skalenvorteile: Die Ausdehnung des Binnenmarkts durch Bildung einer Zollunion ermöglicht bei Industrien mit - economies of scale ein Sinken der - Stückkosten (positiver Wohlfahrtseffekt). Dieses Argument führt jedoch leicht zu einem Widerspruch. Die economies of scale müssen einerseits entsprechend gross sein, damit sich daraus ein ins Gewicht fallender Wohlfahrtseffekt ableitet, andererseits müssen sie entsprechend klein sein, so dass sie vor Bildung der Zollunion durch Zollschranken kompensiert wurden. · Wettbewerbseffekt: Die Zollunion soll eine Intensivierung des Wettbewerbs mit sich bringen. Wenngleich die Zahl der Konkurrenten nach ihrer Bildung vermutlich steigen wird, ist es jedoch fraglich, ob die Ausnutzung der Skalenvorteile nicht zu Monopolbildung führt und dann möglicherweise von einer supranationalen Kartellbehörde weniger wirksam bekämpft werden kann als es innerhalb der nationalen Wettbewerbsgesetzgebung möglich gewesen wäre. · Wachstumseffekt: Die Ausnutzung der Skalenvorteile, verschärfter Wettbewerb, höhere Forschungs- und Entwicklungsausgaben größerer Betriebseinheiten und Beseitigung von Unsicherheiten durch Schaffung binnen-marktähnlicher Verhältnisse lassen eine Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums erhoffen. Neben den bisher dargestellten Wohlfahrtseffekten für die Zollunion insgesamt ist die Verteilung der Wohlfahrtsgewinne auf die einzelnen Mitglieder von besonderem Interesse. Sollte die Bildung der Zollunion regionale Ungleichgewichte verschärfen, so müssen zusätzlich Maßnahmen getroffen werden, um die Integration nicht zu gefährden (wie Schaffung eines Regionalfonds, regionale Investitionsprogramme, regionale Entwicklungsbank). Darüber hinaus ist der Einfluss der Zollunion auf die Wohlfahrtssituation der Nichtmitgliedsländer zu beachten. Empirische Schätzungen der Wohlfahrtseffekte einer Zollunion waren, insbes. was die statischen Effekte anbetrifft, wenig ermutigend (einmaliger Wachstumseffekt von ca. 1%). Für die dynamischen Wohlfahrtseffekte läßt sich nur feststellen, dass das reale Wachstum der EG-Mitgliedsländer ohne Integrationseffekte kaum zu erklären wäre. Literatur: Molle, W. (1990). Krauss, M.B. (1973). Denton, G.R. (1969)
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