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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Umweltpolitik als strategische Handelspolitik

1. Problemstellung In den vergangenen Dekaden fand eine zunehmende Integration der Weltmärkte statt. Im Zuge verschiedener internationaler Abkommen (GATT/WTO) wurden Hemmnisse für den Austausch von Waren und Dienstleistungen im großem Umfang abgebaut. Die Mehrheit der Staaten unterzeichnete diese Verträge. Damit ist der Einsatz traditioneller handelspolitischer Instrumente wie Importzölle und -quoten nur noch eingeschränkt zulässig. Diese Vereinbarungen gestatten den nationalen Regierungen jedoch weiterhin regulierend in den freien Handel einzugreifen, um die Umwelt oder die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Solche Regelungen sind zwar im Prinzip auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll, bergen jedoch die Gefahr eines potentiellen Mißbrauchs in sich. Für die Regierungen kann ein Anreiz bestehen, die Umweltpolitik nicht nur im Sinne ihres originären Ziels einzusetzen, sondern darüber hinaus mit ihr auch weitergehende handelspolitische Absichten zu verfolgen. Diese Handelspolitik durch die Hintertür kann nicht immer erfolgreich unterbunden werden. Es bestehen zwar internationale Kontrollmechanismen (z. B. das Streit-Schlichtungsverfahren im Rahmen der WTO), aber selbst wenn auf dem Klageweg erreicht wird, daß eine unzulässige handelspolitische Maßnahme wieder zurückgenommen werden muß, so hat sie doch zumindest durch ihren zeitweiligen Einsatz ihrem Initiator Vorteile verschafft. Die Verwendung der Umweltpolitik als strategische Handelspolitik (im folgenden strategische Umweltpolitik genannt) wurde in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend in der ökonomischen Literatur diskutiert. Der Begriff strategisch kennzeichnet in diesem Zusammenhang die wechselseitige Abhängigkeit der Länder näher. Die Politik eines Landes wird als strategisch bezeichnet, wenn sie die internationalen Märkte beeinflussen kann, diese Abhängigkeit von der Regierung erkannt und in ihren Entscheidungen berücksichtigt wird. Im Mittelpunkt steht die Frage, in welche Richtung die Umweltpolitik durch die Einbeziehung handelspolitischer Motive verzerrt wird. Treibt der freie Handel die Länder in einen Wettbewerb, an dessen Ende Öko-Dumping oder Öko-Protektionismus steht? 2. Umwelt- und handelspolitische Ziele Umweltpolitik soll unabhängig von handelspolitischen Fragestellungen das ökologische System als Grundlage menschlicher Existenz schützen und bewahren. Die Umwelt stellt neben ihrer lebenserhaltenden Funktion ein knappes Gut dar, dessen effizienter Einsatz im Wirtschaftsprozeß angestrebt wird. Der Marktmechanismus gewährleistet im allgemeinen nicht das Erreichen dieser Ziele. Die Emittenten von Schadstoffen berücksichtigen bei ihren ökonomischen Entscheidungen nur ihre eigenen Kosten, jedoch nicht mehr die gesellschaftlichen Schäden, die durch ihre Verschmutzung verursacht wird. Deshalb ist die unregulierte Umweltbelastung in aller Regel zu groß. Die Umweltpolitik versucht die sozialen Kosten zu internalisieren und reduziert im Idealfall die Belastung der Natur auf ihr effizientes Niveau. Das zentrale handelspolitische Ziel der strategischen Umweltpolitik liegt dagegen nicht in der Internalisierung sozialer Kosten, sondern in der Stärkung der Konkurrenzfähigkeit inländischer Industrien auf den internationalen Märkten. Mit einer verbesserten Wettbewerbsposition der heimischen Wirtschaft sind mehrere positive Effekte unter dem Schlagwort ’profit shifting’ verbunden. Die Gewinnsituation inländischer Unternehmen wird auf Kosten der ausländischen Konkurrenz verbessert und erhöht damit direkt das eigene Volkseinkommen. Zudem wird gleichzeitig die inländische Steuerbasis verbreitert, was erhöhte Steuereinnahmen des Staats nach sich zieht. Eine Ausweitung der inländischen Produktion führt zu positiven Beschäftigungseffekten und damit zu einer Entlastung des inländischen Arbeitsmarktes. Das Erreichen der handelspolitischen Ziele erfordert von den Regierungen, daß sie mit ihrer Politik die unternehmerischen Entscheidungen richtig antizipieren und sodann das Ergebnis des Marktprozesses im eigenen Interesse entscheidend beeinflussen. Diese Fähigkeit, das internationale ökonomische Gleichgewicht strategisch zu verändern, setzt natürlich auf Seiten der Staaten voraus, daß sie eine ausreichende ,Marktmacht’ besitzen. Diese Marktmacht ist nicht unbedingt bei kleinen Staaten, aber sicherlich bei den großen Handelspartnern wie USA, Japan und der Europäischen Union gegeben. Die Größe dieser Kontrahenten erlaubt es ihnen außerdem auch bei globalen Umweltproblemen wie der Erderwärmung, wirkungsvoll den Zustand des ökologischen Systems zu beeinflussen. Es reicht jedoch nicht aus, über eine hinreichende Marktmacht zu verfügen; Regierungen müssen auch dazu in der Lage sein, diese zielgerichtet einzusetzen. Dazu benötigen die staatlichen Entscheidungsträger wichtige Informationen, die sie besonders leicht, wenn nicht sogar ausschließlich von der betroffenen Industrie selbst erhalten können. Die betroffenen Unternehmen sollten schließlich wissen, welche Maßnahmen ihnen im internationalen Wettbewerb förderlich sind. Der notwendige Informationsfluß wird durch Lobbyisten und Verbände ermöglicht, die die Regierungen in ihrem eigenen Interesse informieren und damit auch geeignet beeinflussen können. Je homogener die Unternehmen einer Branche sind, desto leichter lassen sich auch deren Einzelinteressen bündeln und vermitteln. Besonders einfach ist diese Aufgabe aber im Fall eines eingeschränkten Wettbewerbs weniger marktbeherrschender Unternehmen. 3. Träger und Instrumente Träger der strategischen Umweltpolitik sind in der Regel zentrale staatliche Regierungsinstitutionen. Im Prinzip könnte eine strategische Umweltpolitik auch von einer untergeordneten Gebietskörperschaft wahrgenommen werden, jedoch fehlt diesen Stellen die Befugnis zur Umweltgesetzgebung wie auch die notwendige Marktmacht, um erfolgreich auf diesem Gebiet aktiv werden zu können. Dagegen würde die Verlagerung der Zuständigkeit von den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU zur Zentrale nach Brüssel einen erfolgreichen Einsatz strategischer Umweltpolitik fördern bzw. in manchen Fällen erst möglich machen. Eine einheitliche Politik innerhalb der EU vergrößert den gezielten Einfluß auf die Weltrnärkte. Alle traditionellen umweltpolitischen -’Instrumente, die bei den Unternehmern als Verursacher von ökologischen Schäden ansetzen, können auch für handelspolitische Zwecke eingesetzt werden (z. B. Auflagen, Öko-Steuern, Zertifikate). Ausschlaggebend ist, daß diese Instrumente die Produktionskosten und somit die unternehmerischen Entscheidungen sowie die Position der heimischen Industrie auf den Weltmärkten beeinflussen. Strategische Umweltpolitik unterscheidet sich von der traditionellen Umweltpolitik nicht durch spezifische Instrumente, sondern durch ihre zusätzliche handelspolitische Zielsetzung. 4. Wirkungsmechanismen Zunächst soll geklärt werden, wann es überhaupt sinnvoll sein kann, die reine Umweltpolitik durch eine strategische Komponente zu ergänzen. Ziel der eigentlichen Umweltpolitik ist die Internalisierung der sozialen Kosten, die durch den ökologischen Schaden ausgelöst werden. Wenn demnach die Unternehmen sämtliche Kosten, private und soziale, bei ihren ökonomischen Entscheidungen berücksichtigen, dann nimmt der volkswirtschaftliche Nutzen (gemessen am Volkseinkommen abzüglich der ökologischen Schäden) effiziente Ausmaße an. Liegen Außenhandelsbeziehungen vor, so würde durch die Anwendung der reinen Umweltpolitik die Summe der volkswirtschaftlichen Nutzen der beteiligten Länder maximiert. Nun hat aber jedes Land zunächst einmal hauptsächlich ein Interesse am eigenen Wohlergehen, nicht jedoch an dem seiner Handelspartner. Eine strategische Umweltpolitik zielt daher darauf ab, entweder die Gewinne der eigenen Industrie zu Lasten der ausländischen zu verbessern oder den ökologischen Schaden im Inland auf Kosten des Auslands zu reduzieren. Erstere Politik bringt man mit Öko-Dumping, letztere dagegen mit Öko-Protektionismus in Verbindung. Die Regierung verschafft ihrer heimischen Industrie einen Kostenvorteil, wenn sie eine weniger restriktive Umweltpolitik implementiert als es aus ökologischen Gründen bzw. reinen Effizienzüberlegungen sinnvoll wäre. Die verringerten Produktionskosten ermutigen die inländischen Unternehmen, ihre Angebotsmenge auf den internationalen Märkten zu erhöhen. Diese aggressivere Geschäftspolitik reduziert den Marktanteil der ausländischen Konkurrenz. Die heimische Industrie verbessert ihre Position und verzeichnet einen Zuwachs ihrer Gewinne. Ihr wird mit Hilfe einer laxen Umweltpolitik eine bessere Stellung auf den Weltmärkten verschafft, die sie ohne den strategischen Einsatz der Politik aus eigener Kraft nicht hätte erreichen können. Diesem positiven Mengeneffekt steht allerdings ein Preisverfall der im Inland hergestellten Güter gegenüber. Das vergrößerte Angebot kann nur bei reduzierten Preisen abgesetzt werden. Die Produktionsausweitung verschärft den Wettbewerb nicht nur mit der ausländischen Konkurrenz sondern auch zwischen den heimischen Unternehmen. Je stärker der Wettbewerb im Inland, d. h. mit wachsender Zahl der eigenen Unternehmen, desto geringer wird aufgrund des Preisverfalls der positive Effekt des ‚profit shifting’. Da aber im Gegenzug die Produktionsmengen steigen, nimmt der Schaden der Umwelt zu. Wenn der Gewinnzuwachs den zusätzlichen Schaden übersteigt, dann ist eine strategische Umweltpolitik als Ersatz für eine Handelspolitik erfolgreich. Es kommt zum Öko-Dumping. Dies wird eher im Fall eines eingeschränkten Wettbewerbs mit wenigen inländischen Unternehmen auftreten. Je mehr wir uns dem vollständigen Wettbewerb im Inland nähern, desto eher dreht sich diese Relation um, die zusätzlichen Schäden übersteigen den Gewinnzuwachs. Jetzt ist eine Verschärfung der Umweltpolitik sinnvoll. Durch einen ÖkoProtektionismus wird ein Teil der ökologischen Kosten auf das Ausland abgewälzt ohne das die Gewinne der heimischen Industrie im gleichen Umfang abnehmen. Allerdings besteht der Anreiz, mit einer strategischen Umweltpolitik für das eigene Land Vorteile zu realisieren nicht nur einseitig. Das Ausland wird deshalb die Maßnahmen der inländischen Regierung mit einer eigenen Politik zu konterkarieren versuchen. Da sich die beiden Länder mit ihrer Politik gegenseitig (weitgehend) neutralisieren, wird die Wettbewerbsposition jedes Unternehmens (weitgehend) unverändert bleiben. Betreiben jedoch alle Handelspartner eine Politik des Öko-Dumping, so werden die ökologischen Schäden nicht adäquat berücksichtigt. Es kommt zu einer ineffizient hohen Inanspruchnahme der Umwelt. Im Falle eines beiderseitigen Öko-Protektionismus werden dagegen Umweltbelange auf Kosten des Volkseinkommens zu stark berücksichtigt. Einen besonderen Fall stellt der vollkommene Wettbewerb dar, bei dem es solange zu Marktzutritten kommt bis das letzte Unternehmen gerade noch an der Grenze der Gewinnschwelle liegt. Wenn aber der marginale Profit des Unternehmenssektors Null ist, dann hat das Motiv der Gewinnverschiebung vom Ausland ins Inland nur geringe Bedeutung. Ein Land, das Nettoexporteur eines Guts ist, wird in dieser Situation ÖkoProtektionismus betreiben. Durch verschärfte Umweltaufiagen kommt es zu einer Verknappung des Angebots und infolgedessen zu steigenden Preisen. Somit verbessern sich die terms of trade, also der Wert der exportierten Güter in Relation zum Wert der importierten Güter, zugunsten des betrachteten Landes. Aus dem gleichen Grund wird sich ein Land bei Gütern, bei denen die Importe die Exporte übertreffen, für ÖkoDumping entscheiden. Das Angebot steigt und der Preis für diese eingeführten Güter sinkt. Die bisherige Argumentation suggeriert, daß freier Handel zumindest bei hinreichend geringer Anzahl inländischer Unternehmen zu Öko-Dumping führt. Allerdings ist diese Schlußfolgerung nur eingeschränkt richtig, da sie von der unterstellten Form des Wettbewerbs abhängt. In den bisherigen Überlegungen wurde stillschweigend angenommen, daß die Unternehmen über Produktionsmengen entscheiden. Sie könnten jedoch ebenso Preise festlegen. Sowohl für die Annahme des Mengen- als auch für die des Preiswettbewerbs gibt es gute Argumente, die hier nicht näher erläutert werden können. Im Gegensatz zum Ergebnis bei Mengenwettbewerb ist es für die Staaten bei Preiswettbewerb auf den Gütermärkten auch bei schwachen Wettbewerb sinnvoll, statt einer zu laxen eine zu restriktive Umweltpolitik zu verfolgen. Die Ursache hierfür ist einfach: Eine laxere Umweltpolitik senkt die Produktionskosten. Dies führt zu einer aggressiveren Preispolitik und damit zu hohen Absatzzahlen. Bei starkem Wettbewerb wird jedoch der Kostenvorteil fast gänzlich an die Kunden weiter gegeben. In diesem Fall wird der zusätzliche ökologische Schaden den Gewinnzuwachs übersteigen. Es wäre also eher ein Öko-Protektionismus angezeigt. Wir sehen: Bei Preiswettbewerb der Unternehmen ergeben sich politische Handlungsempfehlungen für die staatlichen Entscheidungsträger, die sich stark von denen bei Mengenwettbewerb unterscheiden. Aber auch hier gilt, daß das Ausland ebenfalls eine strategische Maßnahme treffen kann und damit wird es beiden wiederum nicht gelingen, die Marktposition ihrer Unternehmens nachhaltig zu stärken, da sich ihre Politiken erneut konterkarieren. Staaten werden von einer Umweltpolitik, die nur darauf achtet, die ökologischen Schäden zu internalisieren, abweichen, wenn sie handelsstrategische Effekte berücksichtigen. Ob diese Verzerrung eine zu laxe oder zu restriktive Umweltpolitik verursacht, hängt von der spezifischen Situation ab. Eindeutige Aussagen erfordern detaillierte Kenntnisse der betrachteten Märkte. Ausschlaggebend ist besonders die Form des Wettbewerbs (Mengen- oder Preiswettbewerb) und die Anzahl der Marktteilnehmer. 5. Fazit Obwohl eine strategische Umweltpolitik durchaus als ein geeigneter Ersatz für eine Handelspolitik angesehen werden kann, stehen den Regierungen auch noch andere, möglicherweise direktere Mittel zur Verfolgung ihrer handelspolitischen Ziele zur Verfügung. Trotz der Verbote handelsbeschränkender Maßnahmen im Rahmen von GATT/WTO bleiben zahlreiche versteckte Fördermittel für die heimische Industrie außerhalb der Umweltpolitik bestehen. Unterstützend kann der Staat z. B. bei Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen den Unternehmen zur Seite stehen. Hier lassen sich ebenfalls positive Effekte erzielen. Diesmal müssen aber keine Umweltschäden billigend in Kauf genommen werden. D. h., bevor Regierungen eine strategische Umweltpolitik betreiben, sollten sie überprüfen, ob sie nicht anderweitig bessere Erfolge erzielen können. Dies ist aber weniger eine politische als eine empirische Frage. Der gezielte Einsatz der Umweltpolitik als strategische Handelspolitik dürfte daher nur in einigen, nicht jedoch in allen Branchen sinnvoll sein. Die Umweltpolitik beeinflusst nicht nur bereits existierende Industrien, sondern auch Unternehmensansiedlungen und somit die Etablierung neuer Branchen in bestimmten Regionen. Der Aspekt des Aufbaus und der Verlagerung von Produktionskapazitäten spielt besonders für die dynamischen und starken Veränderungen unterliegenden Zukunftsbranchen eine entscheidende Rolle. Die Flexibilität der Unternehmen ist vor einer Standortentscheidung größer als nach der Tätigung umfangreicher Investitionen in neue Betriebsstätten. Deshalb kann die Umweltpolitik bei der Konkurrenz zwischen Staaten um Unternehmensansiedlungen wichtiger sein als bei der Förderung bereits existierender Industrien. Allerdings ist zu bemerken, daß auch eine Vielzahl anderer Überlegungen in die unternehmerische Standortentscheidung einfließen und umweltpolitische Regelungen nur einen Teilaspekt darstellen. Bei allen Einschränkungen und Kritikpunkten verdeutlicht die Analyse der strategischen Umweltpolitik einen Punkt. Die Befürchtung, daß freier Handel zu Öko-Dumping führt, läßt sich nicht allgemein bestätigen. Trotzdem zeigen die bisherigen Ergebnisse ein Problem auf. Mit der Liberalisierung des Welthandels wurden zwar die Ineffizienzen der alten Handelsrestriktionen abgebaut, aber es bestehen weiterhin Anreize, Restriktionen in einem neuen Gewand aufzubauen. Durch den Einsatz der Umweltpolitik als strategische Handelspolitik wird nicht nur der internationale Handel verzerrt, sondern zusätzliche Ineffizienzen entstehen bei der Nutzung der Umwelt. Die erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Handelspolitik erhöht somit den Druck, durch eine koordinierte Umweltpolitik ihre strategische Variante zu ersetzen, um diesen negativen Effekt zu vermeiden. Weiterführende Literatur: Althammer, W.: Internationale Aspekte der Umweltpolitik, Tübingen 1998; Althammer, W./ Buchholz, W.: Strategic Trade Incentives in Environmental Policy, Finanzarchiv, NF 52, o. O. 1995; Barrett, S.: Strategic Environmental Policy and International Trade, Journal of Public Economics 54, o. O. 1994; Hoel, M: International Coordination of Environmental Taxes, in Carraro, C./ Siniscalco, D. (Hrsg.): New Directions in the Economic Theory of the Environment, Cambridge 1997; Ulph, A.: Environmental Policy and International Trade, in: Carraro, C./ Siniscalco, C. (Hrsg.): New Directions in the Economic Theory of the Environment, Cambridge 1997. Umweltpolitik, europäische Die wirtschaftliche Entwicklung der europäischen Staaten ist mit vielen grenzüberschreitenden Umweltbelastungen verbunden, denen auf der Ebene nationaler Umweltpolitik nicht wirksam entgegengewirkt werden kann. Unterschiedliche Schutzniveaus in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union können außerdem Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen, die dann anderen europapolitischen Zielen, insbesondere der Schaffung und Erhaltung eines Binnenmarktes, entgegenstehen. Die Europäische Union, hervorgegangen aus den Europäischen Gemeinschaften (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Europäische Atomgemeinschaft, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft), verfügt über supranationale Gesetzgebungsmöglichkeiten durch den Erlaß von Verordnungen und Richtlinien. Dabei schaffen Verordnungen unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedstaaten, während Richtlinien zunächst in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Im Bereich des Umweltschutzes sind Richtlinien das wichtigste Instrument der europäischen Politik. Da europäisches Recht dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten übergeordnet ist, führt jede Maßnahme der europäischen Umweltpolitik zu einer Einschränkung der nationalen Politikmöglichkeiten. Da Umweltverschmutzung in den 50er Jahren nicht als vordringliches Problem angesehen wurde, sehen die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften ursprünglich kein Tätigwerden dieser supranationalen Organisationen im Bereich der Umweltpolitik vor. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre entwickelten die Mitgliedstaaten eigene umweltpolitische Programme. Diese unterschiedlichen nationalen Maßnahmen konnten zu Handelshemmnissen zwischen den Mitgliedstaaten führen und damit den Zielen des Gemeinsamen Marktes entgegenstehen. In diesen Fällen bemühte sich die Europäische Gemeinschaft um eine Harmonisierung der Maßnahmen, es entstanden die ersten verbindlichen umweltrelevanten Richtlinien auf europäischer Ebene. Ein eigenes umweltpolitisches Programm der Europäischen Gemeinschaften existierte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, es handelte sich um Einzelreaktionen auf eventuell wettbewerbsverzerrend wirkende Regelungen in den Mitgliedstaaten. Auf diese Weise wurden die Richtung und die Geschwindigkeit der europäischen Umweltpolitik durch umweltbewußte Einzelstaaten mitbestimmt, deren nationale Normen ein Tätigwerden der Gemeinschaftsebene herausfordern konnten. Das erste Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft für den Umweltschutz wurde 1973 verabschiedet und kann als Grundlage der umweltpolitischen Konzeption der EG angesehen werden. In der Präambel wird der Schutz der Umwelt als wesentliche Aufgabe der Europäischen Gemeinschaft bestätigt: Die EWG-Vertragsziele einer harmonischen Entwicklung des Wirtschaftslebens und einer beständigen und ausgewogenen Wirtschaftsausweitung der Gemeinschaft könnten nur in Verbindung mit einer Verbesserung der Lebensqualität durch den Schutz der Umwelt und die Bekämpfung von Umweltverschlechterungen erfüllt werden. Obgleich die Mitgliedstaaten zu diesem Zeitpunkt noch keine Umweltkompetenzen auf die europäische Ebene übertragen hatten, wurde von 1973 bis 1986 eine große Anzahl umweltpolitischer Maßnahmen beschlossen. Mit der am 1. Juli 1987 in Kraft getretenen Einheitlichen Europäischen Akte wurde ein neuer Titel „Umwelt“ in die EG-Verträge aufgenommen. Damit erhielt die europäische Umweltpolitik eine eindeutige Rechtsgrundlage, sofern die umweltpolitischen Ziele „besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können als auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten“ (130r Abs. 4 EWGV). Trotz der Einführung dieses umweltpolitischen Subsidiaritätsprinzips sind die umweltpolitischen Kompetenzen der Europäischen Union ausreichend, um jede einzelstaatliche Maßnahme in diesem Bereich zumindest der europäischen Überprüfung auf Gemeinschaftsverträglichkeit zu unterstellen. Die ersten Gemeinschaftsmaßnahmen, die ab 1972 im Rahmen von vier aufeinander folgenden Aktionsprogrammen eingeleitet wurden, beruhten auf einem vertikalen und bereichsspezifischen Herangehen an die Umweltprobleme. Bis 1992 hat die Gemeinschaft beinahe 200 diesbezügliche Rechtsakte verabschiedet. Sie dienten im wesentlichen der Eindämmung der Verschmutzung durch Einführung von Mindestnormen, vor allem auf den Gebieten Abfallentsorgung, Wasser- und Luftverschrnutzung. Im Hinblick auf eine höhere Effizienz hat das Fünfte Umwelt-Aktionsprogramm mit dem Titel „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“ die Grundlagen für eine neue europäische Strategie für den Zeitraum 1992-2000 gelegt. Das Ziel des Fünften Umwelt-Aktionsprogramms besteht darin, das Wachstumsmodell der Gemeinschaft so zu verändern, daß ein Weg hin zu einer dauerhaften und umweltgerechten Entwicklung beschritten wird. Das Sechste Umwelt-Aktionsprogramm der Europäischen Union startet im Januar 2001 und soll u. a. die speziellen Probleme der beitrittswilligen Länder berücksichtigen. Durch besseren Informationsfluß und stärkere Beteiligung der Bürger und vor Ort Verantwortlichen soll das -Kooperationsprinzip gestärkt werden. Weitere Informationen: www.europa.eu.int



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