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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Währungsreform

Wenn nach Kriegen, Wirtschaftskrisen, hoher Inflation oder einer staatlichen Schuldenkrise das Geldwesen eines Landes so zerrüttet ist, dass das Vertrauen des In- und Auslandes in diese Währung auf andere Weise nicht mehr herzustellen ist, bleibt als letzte Möglichkeit nur eine Reform des gesamten Geldwesens. Währungsreform bedeutet Abwertung nach außen und innen sowie Ersatz des bisherigen Geldes durch eine neue Währungseinheit. Dabei werden nicht nur die alten Banknoten umgetauscht. Es wird zugleich auch ein neuer Name für die Währung eingeführt. Meist müssen die Sparer mit starken Verlusten rechnen.

Währungsreformen sollen nach einer Hyperinflation, schweren Wirtschaftskrisen oder verlorenen Kriegen wieder eine neue Währungsordnung herstellen. Sie sind oft auch ein Instrument zur Sanierung des Staates und seiner Körperschaften, also der Länder, Gemeinden, öffentlich-rechtlicher Unternehmen und Träger der Sozialversicherungen. Die staatlichen Organe befreien sich dabei von ihren Schulden, indem sie entweder ganz gestrichen oder nur zu einem geringen Prozentsatz in neue Wertpapiere umgewandelt werden. Die Gesundung der Staatsfinanzen wird also vor allem auf Kosten derjenigen vorgenommen, die den staatlichen Organen durch den Kauf von Anleihen oder in anderer Form Geld geliehen haben. Weil durch solche Maßnahmen das Vertrauen in die staatliche Finanzpolitik schwer erschüttert wird und Millionen Menschen um ihre Ersparnisse betrogen werden, sind Währungsreformen dieser Art nur Instrumente für den äußersten Notfall.

Erforderlich waren derartige Währungsreformen in Deutschland nach den beiden Weltkriegen. Nachdem ein großer Teil des Volksvermögens vernichtet worden war und der Staat die alte Währung durch seine maßlose Schuldenpolitik und den hemmungslosen Missbrauch der Notenpresse zerstört hatte, musste 1923 die Reichsmark durch die Übergangswährung "Rentenmark" ersetzt werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war erneut ein Währungsschnitt unvermeidlich, weil während des nationalsozialistischen Regimes wiederum die Notenpresse zur Finanzierung des Krieges missbraucht worden war. Am 21. Juni 1948 wurde die Reichsmark durch die Deutsche Mark (DM) ersetzt, die bald zu einer der stabilsten Währungen der Welt wurde. Im Osten Deutschlands wurde eine separate Währungsreform durchgeführt. Beide Maßnahmen waren wegen der weitgehenden Zerstörung des gesamten Produktionspotenzials und der großen Geldmenge, die dem äußerst knappen Güterangebot gegenüber stand, unvermeidlich. Andernfalls wäre es - wie nach dem 1. Weltkrieg - wieder zu einer Hyperinflation gekommen.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde auch in den östlichen Bundesländern die D-Mark zur allein gültigen Währung. Seit Beginn der Währungsunion der europäischen Länder am 1. Januar 2002 ist in Deutschland der Euro Zahlungsmittel.

Eine Währungsreform kann allerdings auch nur darin bestehen, beim Geldwert einige Nullen zu streichen. Wenn eine Währung durch jahrelange Inflation aufgebläht wurde und die Preise für alle Produkte nominal sehr hoch sind, kann dies eine Maßnahme sein, die vor allem das Rechnen vereinfachen und zugleich das internationale Ansehen einer Währung stärken soll. Voraussetzung ist, dass die staatliche Finanzpolitik trotz der starken Preissteigerungen weitgehend solide ist. Es handelt sich dann eher um eine "Schönheitsoperation".

grundlegende Neugestaltung der Geldordnung eines Landes, bedingt durch schwerwiegende Funktionsstörungen des Geldwesens (und damit der gesamten Volkswirtschaft), wobei das gesetzliche Zahlungsmittel seine Funktionen als Rechengut, Zahlungs- und Schuldentilgungsmittel sowie kurzfristiges Wertaufbewahrungsmittel nicht mehr erfüllt. Unterschiedlich geartete Beispiele dafür liefert die Situation, die den beiden Währungsreformen in diesem Jahrhundert in Deutschland vorausging. In beiden Fällen hatte die Zerrüttung des Geldwesens ihre Ursache in einer kriegsbedingten Ausweitung der Geldmenge über die Produktionsmöglichkeiten, die sich aus der Finanzierung der öffentlichen Budgetdefizite und der radikalen Verminderung der Produktionskapazitäten ergab. Während jedoch in der großen offenen - Inflation nach dem 1. Weltkrieg die Mark noch Zahlungsmittel, nicht aber mehr Recheneinheit war, führte die durch Preis- und Lohnstop zurückgestaute Inflation nach dem 2. Weltkrieg dazu, dass die Mark zwar als Rechengut, jedoch nicht mehr als allg. akzeptiertes Zahlungsmittel diente. Nach der jeweiligen Situation sind unterschiedliche Einzelmaßnahmen zweckmäBig. Grundlegende Bestandteile einer Währungsreform sind: a) Schaffung einer neuen Währungseinheit und Reduktion der Geldmenge und anderer Geldvermögensbestände, so dass die neue Währung ihre Geldfunktionen wieder erfüllen und auf der Grundlage knapper Bestände an Zentralbankgeld eine wirksame Geld- und Kreditpolitik betrieben werden kann. b) Technische Durchführung der Geldmengenreduktion durch Umtausch der Altgeldbestände, Bewertung aller Geldvermögensbestände in dem neuen gesetzlichen Zahlungsmittel, Entscheidung über das - Wechselkurssystem, Änderung der bisherigen Wirtschaftspolitik als Voraussetzung für den Erfolg der Reform. c) Außerdem sind mit einer Währungsreform Verteilungswirkungen verbunden, die aus der unterschiedlichen Zusammensetzung der Vermögensbestände der Wirtschaftseinheiten (Geld- und Sachvermögen) entstehen. Die westdeutsche Währungsreform vom 21.6.1948 wurde über vier gleichlautende Gesetze der amerikanischen, britischen und französischen Militärregierungen abgewickelt. Das Währungsgesetz schuf die Deutsche Mark als neue Währungseinheit anstelle der Reichsmark, regelte die Ablieferung und Anmeldung von Altgeld sowie die Erstausstattung mit dem neuen gesetzlichen Zahlungsmittel. Das Emissionsgesetz stattete die kurz zuvor gegründete Bank deutscher Lander (Deutsche Bundesbank) mit dem alleinigen Recht zur Ausgabe von - Banknoten und - Münzgeld aus, wobei eine Obergrenze für den Bargeldumlauf festgesetzt wurde, und ordnete die Haltung von Mindestreserven durch Banken an. Einige Tage später erging das Umstellungsgesetz, das die Überführung von Altgeldguthaben und anderen Reichsmarkverbindlichkeiten in Deutsche Mark betraf und grundsätzlich eine Umstellung im Verhältnis von 10:1 anordnete. Der rekurrente Anschluss der neuen Währungseinheit an die alte im Verhältnis von 1:1 war formaler Natur und beinhaltete, dass in Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsakten oder rechtsgeschäftlichen Erklärungen anstelle der Rechnungseinheit Reichsmark, Goldmark oder Rentenmark die Recheneinheit Deutsche Mark trat. Das Festkontogesetz vom Oktober 1948 regelte die endgültige Umstellung der Altgeldbestände in Deutsche Mark. Als Erstausstattung mit dem neuen Geld wurde allen natürlichen Personen ein Kopfbetrag von zunächst 40 DM im Umtausch gegen 40 RM zugeteilt, dem im August weitere 20 DM folgten. Unternehmen und freie Berufe erhielten als Geschäftsbetrag pro Arbeitnehmer eine Erstausstattung von 60 DM. Die Erstausstattung der Gebietskörperschaften (Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände) betrug ein Sechstel der Ist-Einnahmen in der Zeit vom 1.10.1947 bis 31.3.1948, Bahn und Post wurden ein Zwölftel der Ist-Einnahmen des gleichen Zeitraums zugewiesen. Die weitere Ausstattung mit neuem Geld erfolgte durch Umwandlung von Altgeld-guthaben (Reichsmarkguthaben bei Geldinstituten im Währungsgebiet, darunter Reichsmarkguthaben, die erst durch Einzahlung von Altgeldnoten gemäss Währungsgesetz entstanden waren). Natürliche Personen und Unternehmen erhielten für je 100 RM 10 DM gutgeschrieben, wovon 5 DM auf ein Freikonto und 5 DM auf ein (gesperrtes) Festkonto gingen. Aufgrund des Festkontogesetzes vom Oktober 1948 wurden für je 100 RM 1 DM dem Freikonto zugeführt und 0,50 DM einem zunächst gesperrten Anlagekonto gutgeschrieben. Da der Restbetrag von 3,50 DM erlosch, ergab sich für Altgeld ein Umwandlungssatz von 100:6,5. Altgeldguthaben der Gebietskörperschaften, Bahn und Post wurden in Anbetracht der Erstausstattung gestrichen. Auch Altgeldguthaben der Geldinstitute bei Geldinstituten des Währungsgebiets erloschen, ebenso Altgeldguthaben des Reichs und verschiedener Organisationen und Kriegsgesellschaften. Nicht umgestellt wurden Verbindlichkeiten des Reichs, verschiedener Organisationen und bestimmter Kriegsgesellschaften; eine spätere Regelung fand durch das Kriegsfolgengesetz von 1957 statt. Alle sonstigen Reichsmark-Verbindlichkeiten wurden grundsätzlich im Verhältnis 10:1 auf Deutsche Mark umgestellt. Damit sollte eine gleiche Behandlung von Bargeld und Bankguthaben und anderen Geldvermögenstiteln (z.B. Wertpapiere, Darlehen) erreicht und die verminderte Leistungsfähigkeit der Schuldner durch Krieg und Währungsreform berücksichtigt werden. Von dieser Regelung ausgenommen waren v.a. Löhne und Gehälter, Mieten, Renten, Pensionen sowie Beiträge und Leistungen der - Sozialversicherung, deren Umstellung im Verhältnis 1:1 stattfand. Zur Sanierung der Geldinstitute, Versicherungen und Bausparkassen wurden diesen Ausgleichsforderungen zugeteilt, die der Deckung offener Verbindlichkeiten und der Schaffung eines angemessenen Eigenkapitals dienen sollten. Außerdem wurden den Geldinstituten liquide Mittel in Höhe von 15% der Sichtverbindlichkeiten und 7,5% der befristeten Verbindlichkeiten und Spareinlagen gemäss ihrer Umstellungsrechnung zur Verfügung gestellt. Die Sachvermögensverluste durch Kriegsereignisse sowie die Geldvermögensverluste infolge der Währungsreform machten eine Neuansetzung des Kapitals der Wirtschaftsunternehmen notwendig. Das DM-Bilanzgesetz vom 21.8.1949 schrieb die Aufstellung von DM-Eröffnungsbilanzen zum 21.6.1948 vor (ausgenommen Geldinstitute, Bausparkassen und Versicherungsunternehmen), womit Voraussetzungen für den Substanzerhalt der Unternehmen geschaffen wurden. Die aus der Währungsreform entstandene Bevorzugung von Sachvermögensbesitzern erhöhte die Dringlichkeit eines Lastenausgleichs zugunsten der Heimatvertriebenen und Kriegsgeschädigten. Mit Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtscharts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18.5.1990 wurde die deutsch-deutsche Währungsunion zum 1.7.1990 geschaffen. Gemäss Einigungsvertrag vom 31.8.1990 gelten die Verpflichtungen aus dem Staatsvertrag nach der - Wiedervereinigung Deutschlands fort. Literatur: Sinn, G., Sinn, H.-W. (1993). Deutsche Bundesbank (1976a). Schultz, B. (1976)



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