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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Genehmigungsverfahren

1. Begriff und Wesen Mit dem Begriff der „Genehmigungsverfahren“ werden hoheitliche Verwaltungsprozeduren beschrieben, die die Übereinstimmung privatwirtschaftlicher Aktivität mit gewissen materiellen rechtlichen Anforderungen auf dem Wege der präventiven Kontrolle sicherstellen wollen. Sie sind damit Mittel des Rechtsvollzuges. Die Erfüllung der gestellten materiellen Anforderungen, etwa die Einhaltung von -Emissionsgrenzwerten, wird dabei nicht erst aktivitätsbegleitend einer Überwachung unterworfen, sondern bereits vor Aufnahme der zu regulierenden Tätigkeit im Rahmen einer Eröffnungskontrolle geprüft. Der Modus der Präventivkontrolle geht daher grundsätzlich von einem (formellen) Verbot aus, das erst durch einen förmlichen Verwaltungsakt (hier: den Genehmigungsbescheid) punktuell aufgehoben wird. Während bei ökonomischen Instrumenten (Abgaben, Lizenzen) die Umweltinanspruchnahme nur von der Zahlung eines entsprechenden Entgelts (Abgabesatz) bzw. der Haltung entgeltpflichtiger Erlaubnisscheine (Lizenzen) abhängig gemacht wird und die Einhaltung dieser Vollzugsregeln nur laufend zu überwachen ist, wird ein Genehmigungsverfahren erforderlich, wo die materielle Übereinstimmung von Privataktivitäten mit hoheitlich vorbestimmten Allokationsergebnissen (Standards, Technikeinsatz) bereits vorab sichergestellt werden soll. Genehmigungen als punktuelle Verbotsausnahme mit materieller Kontrollfunktion sind damit Ausdruck ordnungsrechtlicher Regulierung. 2. Verwaltungsrechtliche Aspekte von Genehmigungsverfahren Rechtswissenschaftlich stellen „Genehmigungen“ jedoch nur eine spezielle Untergruppe hoheitlicher „Zulassungen“ dar. Insbesondere im Umweltrecht werden unterschieden die immissionsschutzrechtliche und atomrechtliche Genehmigung (§ 6 BImSchG, § 7 AtomG), die wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung (§ 6 WHG) sowie die gentechnischen Genehmigungen (§§ 13, 16 GenTG). Die einzelnen Zulassungsarten unterscheiden sich verwaltungsrechtlich insbesondere nach ihrer Rechtswirkung (rechtliche Ausgestaltung der Gestattungswirkung) und dem jeweils zugrunde liegenden Rechtsanspruch des Genehmigungsnachfragers: Beim lediglich formellen (d. h. allein zu Kontrollzwecken statuierten) „präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Zulassung bei Vorliegen der Voraussetzungen („gebundene Erlaubnis“); beim auch materiell mißbilligenden „repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt“ hingegen wächst der Behörde ein Entscheidungsermessen zu, inwieweit als sozialschädlich qualifizierten Aktivitäten im Einzelfall Raum gegeben werden kann (z. B. in § 6 WHG). Auch im Rahmen eines bestimmten Zulassungszweiges, z. B. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, werden wiederum verschiedene Verfahrensarten mit unterschiedlichen Anforderungen und Rechtswirkungen unterschieden (förmliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach §§ 10 ff. BImSchG, vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach § 19, daneben existieren nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22) und Vorgänge (z. B. nach § 15) mit je eigenen Zulassungsregeln). Im folgenden sei jedoch vereinfachend weiter allgemein von „Genehmigungen“ gesprochen. Bei den Rechtswirkungen einer Zulassung unterscheidet man insbesondere die Feststellungs-, Gestattungs- und Stabilisierungswirkung: Eine Erlaubnis spricht verbindlich aus, daß dem beantragten Verhalten oder Vorhaben Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (Feststellungswirkung), und hebt insoweit die Verbotsschranke punktuell auf (Gestattungswirkung). Daneben schirmt sie die präventiv geprüfte Aktivität in bestimmten Grenzen vor späteren Zugriffen ab (Stabilisierungs-, auch: Legalisierungswirkung). 3. Effiziente Genehmigungsverfahren und Verfahrensökonomie Die umweltökonomische Diskussion hat sich bei der Betrachtung umweltverwaltungsrechtlichen Handelns lange Zeit am materiellen Recht regulativer Steuerung ausgerichtet und über die Verfahren zu dessen Durchsetzung im wesentlichen hinweggesehen. Das Zustandekommen von „Genehmigungen“, deren genaue Regulierungswirkung, ja die bloße Existenz einzelwirtschaftlicher Genehmigungsprozesse wurden dabei ausgeblendet. Verfahren zur regulativen Durchsetzung materiellen Umweltrechts werden aber gegenwärtig unter vielfältigen Gesichtspunkten der Effektivierung, der Risikobewältigung, nicht zuletzt der Beschleunigung intensiv diskutiert. Zudem erscheinen Verfahrensregeln der Steuerung auch institutionenökonomisch überaus relevant: Nicht mehr eine absolute, anonym generierte Regulierungsnorm steht im Mittelpunkt der Betrachtung, bei der die Behörde zu einem unpersönlichen und ohne Eigeninteresse agierenden Norm-Exekutor gerät, sondern vielmehr eine komplexe Interaktionsform mit zahlreichen gestaltbaren Regeln, die über Anreizstruktur, Handlungsressourcen und damit den zu erwartenden Regulierungsoutput maßgeblich mitentscheiden. Unabhängig von den jeweils materiell zu erzielenden Allokationsergebnissen hat sich ein Steuerungsverfahren ökonomisch in der Hauptsache auf drei Feldern zu bewähren: Spezifizierung von Verfügungsrechten: Dem individuellen Umweltnutzer sind zunächst spezifizierte Verfügungsrechte über privat genutzte Umweltressourcen zu überbringen; diese zeigen an, welchen Teilausschnitt aus dem gesellschaftlich für zulässig gehaltenen Umweltgebrauch auf das betreffende Individuum entfällt. Ein Zulassungsverfahren konkretisiert dazu die individuell gestattete Umweltnutzung aus abstrakten Allokationsgeboten und überbringt diese in einem förmlichen Verwaltungsakt (Bescheid). Produktion und Ausgestaltung dieser Verfügungsrechtebündel sollen effizient sein, d. h. insbesondere keine Zeit verschwenden („Beschleunigung“) und zwischen Geschwindigkeit der Erteilung und Qualität der Zulassung (Bestandskraft, Interessenausgleich, Risikoallokation) kostenminimierend vermitteln. Revisionsfähigkeit: Bei Änderungen im gesamtwirtschaftlich-ökologischen Datenkranz (neue Umweltnutzer, Verschärfung der ökologischen Restriktionen, etc.) ergibt sich die Notwendigkeit, die einmal überbrachte Verfügungsrechteposition zu revidieren, um sie mit den aktuellen Notwendigkeiten der jeweils angestrebten Allokationsleistung der Steuerung erneut in Deckung zu bringen. Die Aufdeckung solcher Änderungs- und Anpassungserfordernisse sowie ihre reibungslose Vornahme kennzeichnet die „Revisionsleistung“ eines Allokationsverfahrens. Durchsetzung: Durch Verfahren ist schließlich auch sicherzustellen, daß zugestandene und tatsächlich in Anspruch genommene Umweltnutzung in Übereinstimmung bleiben (Vollzug i. e. S.), das Regelsystem der Steuerung mithin nicht durch regelwidrige Ausweichung unterlaufen wird. Dies kann durch Maßnahmen von Kontrolle und Überwachung geschehen, jedoch auch durch Konstituierung eines Eigeninteresses des Normdestinatars an der Normerfüllung selbst bzw. der Erfüllung des Regelungszwecks. In allen drei Kategorien ist eine Betrachtung der jeweiligen Effektivitäts- und Effizienzleistung von Verfahren erforderlich. Von einem ökonomisch rationalen Allokationshebel wird man erwarten, daß er die gestellten Verfahrensaufgaben zuverlässig und mit minimalem Aufwand an Zeit und Gütereinsatz bewerkstelligt. Die Genehmigungserteilung als Produktion von Verfügungsrechtebündeln Vor diesem Hintergrund können verwaltungsrechtliche Verfahren der Vorabkontrolle risikobehafteter privater Aktivität institutionenökonomisch als Regelsystem zur Generierung und Anpassung von Verfügungsrechtepositionen über sozialerhebliche Ressourcen gelten. Sie können unter Beachtung der jeweils ausgelösten Transaktionskosten nach ihren Leistungen hinsichtlich der Informationsverarbeitung, des Interessenausgleichs und der Risikobewältigung evaluiert (und entsprechend optimiert) werden. Wichtige Parameter sind dabei der Eingriffsmodus (präventiv/reaktiv), die in die Entscheidungsfindung eingebundenen administrativen und außeradministrativen Akteure und Interessen, die Prüftiefe sowie die allokative Reichweite des Genehmigungsspruchs (Qualität der generierten Verfügungsrechte-position und ihrer Verdünnungsrisiken-Befristungen, Drittansprüche, etc.). Theoretisch gesucht ist grundsätzlich eine transaktionskostenoptimale Lösung des Interessenausgleichsproblems zwischen Schutzinteressen der Allgemeinheit und Drittbetroffener (Kontroll- und Schutzfunktion der Genehmigung) sowie Aktivitäts- und Sicherheitsinteressen der Genehmigungsnachfrager (Regelungsgehalt und Stabilisierungswirkung der Genehmigung). Das institutionelle „Design“ von Genehmigungsverfahren erscheint dann als ein durch Abwägen der verschiedenen Funktionen und Wirkungen zu lösendes Optimierungsproblem. Das Ergebnis eines Genehmigungsverfahrens ist eine förmliche Verfügungsrechteposition des Antragstellers in den Hauptdimensionen „Dauerhaftigkeit“ (Bestandschutz), „materielle Einwirkungsmöglichkeit auf Ressourcen“ (Reichweite oder Regelungsgehalt) sowie „Abwehr späterer Einreden“ (Stabilität). Diese bestimmen zugleich über den wirtschaftlichen Wert des Gestattungstitels für den Inhaber: Eine Genehmigung kann als um so wertvoller für den Adressaten gelten, je bestandskräftiger und „stabiler“ der Titel ausgestattet ist und je mehr private Ressourcenkontrolle dessen Regelungsgehalt zuläßt. Neben der materiellen Qualität eines Genehmigungstitels ist naturgemäß auch dessen „Produktionsdauer“ als Zeitspanne bis zur behördlichen Genehmigungserteilung wirtschaftlich relevant. Während aus verwaltungsrechtlicher Sicht Genehmigungen in erster Linie die amtliche Bestätigung verkörpern, daß alle relevanten Normen eingehalten und die Interessen aller möglicherweise Betroffenen Berücksichtigung gefunden haben, betrachtet die ökonomische Theorie die Zulassung als eigenständiges „Verfügungs-“ oder „Eigentumsrecht“, genauer: als Bündel an Verfügungsrechten, welche die einzelnen Aspekte einer Genehmigung näher umschreiben. Während das Verwaltungsverfahrensrecht ferner nur wenige standardisierte und stark typisierte „Bündel“ vorsieht, die nicht den Bedürfnissen des Destinatars der Genehmigung entsprechen, weil z. B. wichtige Merkmale fehlen (z. B. Veräußerbarkeit) oder aber umgekehrt „Rechte“ enthalten, derer es aus Sicht des Investors gar nicht bedarf (z. B. unbefristete Geltung), zielt eine ökonomische Flexibilisierung von Genehmigungsentscheidungen auf eine Separation dieser Bündelung und eine fallweise, bedarfsorientierte Synthese einzelner Verfügungsrechte nach den Anforderungen der Rechteempfänger - soweit dies die Sicherstellung der übrigen Verfahrensziele zuläßt. Der institutionenökonomische Ansatz fordert daher, Teilungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Genehmigungserteilung verstärkt zu berücksichtigen, z. B. durch Ausdifferenzierung von Verfahrenszweigen und Verfahrensoptionen. Dies entspricht dem institutionenökonomischen Programm einer Optimierung der Ausgestaltung von Verfügungs- und Eigentumsrechten, dem verbesserten Zuschnitt von Institutionen und der Verringerung von Transaktionskosten. Dabei geht es nicht darum, die behördliche Genehmigungsaktivität ausschließlich an den Wünschen privater Vorhabenträger auszurichten; vielmehr wird durch die Verfehlung optimierter „Bündel an Handlungsrechten“ die Auferlegung einer Beschwer aufgezeigt, deren Wohlfahrtseinbuße sich gegenüber dem Schutzzweck des Verfahrens jeweils legitimieren muß. Wenn und soweit die Sicherstellung dieses Schutzzweckes keinen (aus der Sicht des Investors) suboptimalen Zuschnitt von Verfügungsrechten gebietet, besteht offensichtlich ein bisher unausgenutzter Optimierungsspielraum - dies allein ist die allokative Logik „nachfragegerechter Genehmigungserteilung“. 5. Optimale Genehmigungsverfahren Die Überbringung einer spezifizierten Verfügungsrechteposition im Dienste eines umfassenden Interessenausgleichs durch den Verwaltungsakt der „Genehmigung“ zehrt in erheblichem Umfange Kosten, vermeidet zugleich aber Wohlfahrtseinbußen, die der Allgemeinheit durch die unregulierte Verfolgung risikoreicher Privataktivitäten drohen. Ziel einer ökonomischen Optimierung von Verwaltungsverfahren muß stets die Minimierung der Gesamtkosten (bzw. gewisser wohldefinierter Teilausschnitte hiervon) bei gegebenem verfahrensbezogenem Zielerreichungsgrad sein (ggf. auch der optimierende Ausgleich von Schutzzielen und dazu erforderlichen Verzichtskosten). Bei dieser Betrachtung erscheinen die Nutzen des Verfahrens in Gestalt der hierdurch verhinderten externen Schäden (als sozialen Kosten). Auch juristisch müssen sich Genehmigungsverfahren aufgrund ihrer Einschränkungsund Kostenwirkung vor dem jeweils zu realisierenden Schutzzweck nach dem Verhältnismäßigkeitsgebot legitimieren. Gefordert ist also eine verfassungsrechtliche Abwägung, die mit der kostentheoretischen Optimierung korrespondiert. Eine „effiziente“ Verfahrensgestaltung liegt dann vor, wenn der gesamtwirtschaftliche Werte-verzehr bei gegebener Schutzwirkung vermindert werden kann; die Optimallösung ist erreicht, sofern eine weitere Wohlfahrtsverbesserung durch Variation der Verfahrensregeln nicht mehr möglich ist. Die Vorstellung, man könne die Verfahren präventiver Kontrolle vereinfachen, ihre zeitliche Dauer verkürzen und bei unverminderter materieller Schutzwirkung zugleich die Verfahrenskosten für alle Beteiligten senken, erscheint naturgemäß illusorisch; der realistischere Fall besteht darin, daß einzelne Komponenten der „Genehmigungspro-duktion“ neu justiert werden - mit der Folge von Kostenverschiebungen, aber einer (idealiter) insgesamt niedrigeren Kostenlast. Erschwert werden Optimierungsüberlegungen in der Praxis durch die fehlende Meßbarkeit von Kostenlasten, aber auch den Umstand, daß einzelne Kostenkategorien gänzlich „unsichtbar“ bleiben (z. B. administrative Kosten hochausdifferenzierter Verfahrenslandschaften oder auf die Allgemeinheit externalisierte Verfahrenslasten bei nachlassender präventiver Kontrolldichte). Besteht das ökonomische Ziel in der kostenminimalen Erreichung des Regulierungszweckes, so müssen zunächst die jeweils relevanten Kostengrößen und ihre Determinanten betrachtet werden: Die zeitliche Erstreckung („Dauer“) des Verfahrens von der Artikulation eines Genehmigungsbedarfs bis zur rechtskräftigen Erteilung des Bescheides (Zuweisung von Verfügungsrechten), der materielle Verfahrensaufwand (Umfang beizubringender Unterlagen und zu generierender Informationen-Meßdaten, Gutachten etc.), sowie Anzahl und Interaktionsform involvierter Verfahrensakteure bestimmen als wesentliche Kostendeterminanten den Werteverzehr einer präventiven Eröffnungskontrolle: Als „Kostenarten“ ergeben sich zunächst: Zeitkosten, insbesondere als Wartekosten, ferner Verfahrenskosten (Transaktionskosten des Verfahrens) und schließlich Folgekosten als Gesamtheit des Aufwandes, der als Ergebnis nicht gehinderter Privataktivität anfallt: So entstehen Folgekosten zunächst als private Anpassungskosten (= Kosten des Investitionsrisikos), da nicht gehinderte Aktivität die Option auf nachträgliche Einreden (z. B. als nachträgliche behördliche Anordnung, nachbarrechtliche Abwehransprüche, zivilrechtliche Haftung) beinhaltet, ferner als Interventionskosten, die den Behörden bei aktivitätsbegleitender Regulierung entstehen, sowie schließlich in Gestalt sozialer Folgekosten (= Kosten des Schadensrisikos), die als Ergebnis einzelwirtschaftlichen ökonomischen Handelns bei der Allgemeinheit inzidieren. 6. Präventive oder reaktive Kontrolle? Bei der Suche nach „optimalen“ Genehmigungsprozessen kann ein aus Nachfragersicht optimiertes Genehmigungsprodukt, aber auch ein gesellschaftlich optimales Regulierungsverfahren oder bloß ein von produktionstechnischen Ineffizienzen freies Procedere gefragt sein. Der undifferenzierte Ruf nach „Beschleunigung“ bzw. „Optimierung“ muß daher zunächst die zu optimierende Variable sowie das relevante Kostenspektrum des jeweiligen Optimierungskalküls explizieren. Zunächst kann ganz grundsätzlich die „Regimefrage“ gestellt werden, d. h. gesucht ist das optimale Regulierungsverfahren selbst: In welchen Bereichen ist mit präventiven, wo mit nachträglichen Kontrollverfahren zu regulieren? Es liegt auf der Hand, daß bei geringer Sozialerheblichkeit aufwendige Verfahren der Eröffnungskontrolle ökonomisch kontraindiziert sind und zugunsten fallweiser nachträglicher Eingriffsmöglichkeiten zurückzustellen sind. Die genaue Grenzziehung der Problembereiche allerdings sowie der im Einzelfall zu realisierende Umfang präventiver Befugnisse (z. B. auch als Zwischenlösung) bzw. die konkrete Balance zwischen präventiven und reaktiven Befugnissen der Behörde bleiben zunächst offen und sind ökonomischen Effizienzüberlegungen zugänglich. Der staatliche Genehmigungsvorbehalt ist als Mittel des Rechtsvollzuges ein Instrument des Interessenausgleichs zwischen gesellschaftlichen und privaten Ressourcenansprüchen. Als eigentliches Problem stellt sich dabei der Umstand, daß das Verfahren des gesellschaftlichen Interessenausgleichs grundsätzlich mit Ressourcen- und Zeitzehrung einhergeht, welche in Bezug auf den gewählten Modus der Regulierung (präventiv durch Eröffnungskontrolle oder reaktiv durch nachträgliche Anordnungen) nicht als invariant gelten können. Denn in einer Welt ohne Transaktionskosten wäre es unerheblich, ob Präventivkontrollen die Regulierung privater Aktivität auf das gesellschaftlich akzeptable Maß sicherstellen oder ob diese Aufgabe von nachträglichen Vollzugsmaßnahmen wahrgenommen würde: In einer neoklassischen Idealwelt mit vollständiger, symmetrisch verteilter Information, kostenloser regulativer Intervention und unter Abwesenheit von Zeitverzögerungen in den Anpassungsreaktionen wären beide Lösungen vielmehr sogar notwendig identisch. In der realen Welt hingegen entsteht Ressourcenzehrung durch aufwendige Verfahren des gesellschaftlichen Interessenausgleichs: Zwischen den Extremen eines völligen Verbotes riskanter Privataktivitäten und deren ungehinderter Entfaltung hat staatliche Regulierung das jeweilige gesellschaftliche „Optimum“ sozialerheblicher privater Aktivität entsprechend den materiell-rechtlichen Festlegungen im Umwelt- und Technikrecht - als Ausdruck der gesellschaftlichen Zielvorgabe - Zur Bewältigung dieses Interessenausgleichs im konkreten Einzelfall stehen unterschiedliche Verfahren bereit, die stark vereinfacht in der Dualität von Präventivkontrolle und antragsunabhängigem, aktivitätsbegleitendem Vollzug abgebildet werden können - von Mischformen einmal abgesehen. Beide Regime repräsentieren je spezifische Verfahrensmodi mit unterschiedlichen Anreizstrukturen der Vollzugsakteure und Transaktionskosten der Vollzugsdurchsetzung. In der Realität werden deren Allokationsergebnisse als Folge abweichender institutioneller Rahmenbedingungen der Vollzugssituation, insbesondere der Anreiz-und Beweislastumkehr, nicht äquivalent sein; präventive Kontrolle kann daher auch ökonomisch als potentiell überlegener Vollzugshebel zur Sicherstellung des materiellen Rechts gelten. Grundsätzlich muß jedoch eine Partei warten, bis das Ergebnis der Regulierung festgestellt ist. Welche Partei dies ist (Regime-Frage), wie lange die Ergebnisermittlung in Anspruch nehmen darf (Zeitfrage), mit welchen verfahrensspezifischen Kosten jeweils zu rechnen ist (Effizienzfrage) und wer verbleibende Risiken einmal genehmigter Aktivitäten jeweils zu tragen hat (Risikofrage), diese Fragen sind Gegenstand eines spezifisch ökonomischen Verfahrenskalküls. 7. Optimierung präventiver Kontrollen Die Optimierung bereits gegebener präventiver Kontrollverfahren kann sich demgegenüber grundsätzlich auf drei Feldern bewegen: Optimierung der „Produktionstechnik“ zur Erstellung von Gestattungen: Hierdurch sollen Verfahren von produktionsbedingten Ineffizienzen (z. B. Verschwendung von Zeit ohne materielle Schutzwirkung) freigehalten und Effizienzreserven im Produktionsprozeß der Genehmigungserteilung aufgespürt werden. Ineffizienzen bei der Faktorkombination können sich etwa infolge unzureichender Koordination zwischen verfahrensbeteiligten Behörden ergeben, wodurch unnötig viel Zeit zur Genehmigungsproduktion verbraucht wird. Optimierung der Genehmigungsausstattung („einzelwirtschaftliche Optimierung“): Aus der Sicht des Regulierungsnachfragers kann das Genehmigungsverfahren durch Gestaltung des Ausstattungstupels „Zeitdauer” und „Mächtigkeit“ optimiert werden: Der verfahrensbedingt erlittene Ressourcenverzehr (Zeitbedarf der Genehmigung, Aufwand der Antragstellung) ist gegen den einzelwirtschaftliche Wert der Genehmigung (deren Mächtigkeit) abzuwägen. Eine Beschleunigung oder Vereinfachung des Verfahrens ist für den Nachfrager sinnvoll, wenn unter Beachtung des dann nachlassenden Wertes des Genehmigungstitels (durch Rückverlagerung von Risiken) insgesamt ein Netto-Vorteil verbleibt. Bundesdeutsche Genehmigungsverfahren, die ihres Umfanges und ihrer Zeitzehrung wegen seit langem besonders hef- tiger Kritik ausgesetzt sind, bringen eine Gestattung hervor, die einen hohen Bestandsschutz genießt, grundsätzlich unbefristet gilt und von einer weitreichenden Übernahme von (Mit-) Verantwortung für die betreffende Anlage bzw. das zu genehmigende Vorhaben durch den Staat begleitet wird. Die daraus folgende Investitions- und Planungssicherheit für den Antragsteller korrespondiert dabei in gewisser Weise mit dem Umfang und der Intensität der Überprüfung der von dem Vorhaben ausgehenden Risiken im Genehmigungsverfahren bzw. dem Ausmaß antizipierter Interessenverarbeitung durch unterschiedliche Formen der Verfahrensteilhabe (z. B. der Öffentlichkeitsbeteiligung). Von „beschleunigten“ Genehmigungsverfahren kann daher kaum eine Generierung identischer Verfügungsrechtepositionen erwartet werden; die damit einhergehende Reduzierung des Wertes einer Genehmigung ist gegen den Zeitgewinn aufzurechnen; „Beschleunigungen“ können daher auch zu einer Erhöhung von Kosten der Antragsteller führen. Daher sind Aussagen darüber anzustreben, inwieweit der Aufwand des Genehmigungsverfahrens den Wert der Genehmigung ökonomisch angemessen ausdrückt. (c) Optimierung der Genehmigungsentscheidung insgesamt („gesamtwirtschaftliche Optimierung“): Hierbei wird der gesamte volkswirtschaftliche Ressourcenverzehr des Verfahrens zum erzielten Nutzen aus der erstellten Verftigungsrechteposition in Beziehung gesetzt. Dies führt auf einen gesamtwirtschaftlichen Interessenausgleich in der Zeitdimension unter Berücksichtigung von verfahrensspezifischen Transaktionskosten. Im Gegensatz zum Modell optimaler einzelwirtschaftlicher Regulierungsnachfrage werden hier die bei der Behörde anfallenden Verfahrenskosten sowie die Auswirkungen auf die Allgemeinheit in das Kalkül mit einbezogen. Als Aktionsparameter einer Optimierung kommen grundsätzlich in Frage: materielle Anforderungen an risikobehaftete Privataktivitäten, d. h. das Ausmaß des hierdurch sicherzustellenden Schutzniveaus, formelle Zulassungserfordernisse zur Gewährleistung des materiellen Schutzniveaus im Modus der Präventivkontrolle, die konkrete „Produktionstechnik“ der Genehmigungserteilung sowie das „Verfahrensverständnis” im Sinne einer tradierten hoheitlichen oder aber institutionenökonomisch flexiblen Genehmigungserteilung. Als Voraussetzung einer ökonomischen Optimierungsbetrachtung gilt jedoch im Rahmen der Beschleunigungsdiskussion einvernehmlich ein unverändertes Schutzniveau: Die materiellen Anforderungen an die Schutzwirkung von Verfahrensänderungen scheiden daher zwar nicht theoretisch, wohl aber in der hier relevanten Diskussion von vorneherein aus; die c.-p.-Bedingung der Sicherung identischer Schutzwirkung mit Blick auf die resultierende Umweltqualität und die Interessen Drittbetroffener liegt allen Überlegungen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren in der Regel auch explizit zugrunde. Fraglich allerdings bleibt, ob der jeweils verwendete Modellrahmen dies stets zu garantieren vermag. Der eigentliche Vorgang der Optimierung beschreibt methodisch den Prozeß der möglichst umfassend informationsverarbeitenden Güterabwägung und eine hierauf gestützte „rationale“ Entscheidung über die Gestaltung der zu optimierenden Variablen, z. B. die „richtige“ Verfahrensdauer, den Grad präventiver Kontrolle etc. Die Informationsanforderungen an eine „rationale“ behördliche Entscheidungsfindung sind dabei ganz erheblich (Interessenausgleich, Risikoprävention sowie Rechtsauslegung und -subsumtion). Sowohl für den intratemporalen Interessenausgleich als auch hinsichtlich der Abschätzung künftiger Risiko-Nutzen-Potentiale bieten daher solche Verfahrensausgestaltungen einen Effizienzvorsprung, die die informationelle Prätention der administrativen Steuerung durch Verwertung externen Kosten- und Risiko -Wissens zu vermindern verstehen. Eine solche effiziente Wissensnutzung bzw. Informationsverarbeitung wird durch eine institutionenökonomische Prozeßgestaltung angestrebt. 8. „Hoheitliche“ versus „flexible“ Genehmigung Das zuvor skizzierte Programm einer „optimalen“ Verfahrensgestaltung kann grundsätzlich auf zwei Wegen umgesetzt werden: Die materiellen Optimierungsanliegen der ökonomischen Theorie lassen sich zunächst dadurch ansteuern, daß die Kriterien für eine ökonomisch „optimale“ Lösung antizipiert und in das förmliche Zulassungsrecht ohne Freiheitsgrade für die Vollzugsakteure implementiert werden: Das Auffinden der Optimallösung wird so im Verordnungswege verbindlich vorgezeichnet. Man könnte dieses Verfahrensverständnis als „hoheitliche Optimierung“ bezeichnen, weil sich „optimierte“ Verfahrensergebnisse hier nicht ergebnisoffen als Resultat einer Vollzugsinteraktion sondern im unmittelbaren Vollzug bereits „optimierter“ Verfahrensnormen ergeben sollen. Hierzu dienen im wesentlichen optimierte Differenzierungen bei den jeweiligen Zulassungserfordernissen bzw. bei der Ausstattung von Genehmigungstiteln, sowie eine optimierte Produktionstechnik bei der behördeninternen Genehmigungserteilung. Ansätze „hoheitlicher Beschleunigung“ können, speziell im deutschen Zulassungsrecht, bereits auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Tatsache, daß beschleunigend konzipierte Maßnahmen faktisch, ja u. U. sogar strukturell im Ergebnis oftmals „entschleunigend“ wirken, haben ihnen nicht nur in der verwaltungsrechtlichen Evaluationsforschung sondern gerade auch aus ökonomischer Sicht Kritik eingebracht. Demgegenüber steht institutionenökonomische Ansatz, die jeweiligen Optimallösungen im Zulassungsrecht dezentral durch regulierte „Märkte für Genehmigungen“ zwischen Behörden und Investoren auszuhandeln und „vertraglich“ zu besiegeln („Verträge“ repräsentieren hierbei Vereinbarungssysteme, die ökonomische Austauschbeziehungen regeln - gleichsam als „regelhaftes Verhältnis“; dies ist nicht zu verwechseln mit dem rechtlichen Vertragsinstitut). Aus dem hoheitlichen Testat des bloßen Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen (und damit des punktuellen Fortfalls eines generellen staatlichen Verbots) wird so tendenziell eine verhandelnde Interaktion über ein flexibel zu gestaltendes Bündel an Verfügungsrechten insbesondere über Umweltressourcen. Eine solche „marktnahe Optimierung“ gestattet die Einbeziehung bislang entscheidungsexterner Informationen über Kosten und Nutzen der zu gestattenden Aktivität. Diese „Optimierung“ äußert sich prozedural in Wahlrechten der Vollzugsakteure und gesetzlich programmierten Norm-Flexibilisierungen. Ziel ist die verhandelnde Interaktion über eine differenzierte „Produktpalette“ an Verfügungsrechtebündeln unter Ausnutzung von Freiheitsgraden sowohl auf der Anbieter - als auch auf der Nachfragerseite. Das starre, hoheitlich typisierte Bündel an Verfügungsrechten soll aufgelöst und im Einzelfall bedarfsgerecht neu geschnürt werden. Ein solches institutionenökonomisches Verständnis von Kontrollerlaubnissen hat gegenüber der herrschenden Lehre von der Genehmigung vor allem zwei wichtige Konsequenzen: Der hoheitliche Charakter des Genehmigungsverfahrens wird zunächst grundsätzlich „überformt“ durch kooperative Interaktionsstrukturen, bei denen die Verfahrensherrschaft der Behörde prozedural zwar rückläufig ist, dies jedoch idealiter am materiellen Regulierungserfolg nichts ändern soll; die im Rahmen einer solchen „kooperativen Genehmigung“ flexibilisierte Zulassung führt ferner insbesondere dazu, daß der Investor - gleichsam als Preis für die Verkürzung von Genehmigungsverfahren - gewisse Risiken, die zuvor von Schutznormen pauschal verhindert wurden, nun selbst übernimmt („Reallokation von Risiken“). Der zentrale Beschleunigungs- und Flexibilisierungshebel betrifft damit die Freisetzung von Wartezeit, die bisher zum Zwecke des präventiven Ausschlusses von Risiken durch Normsetzung erforderlich war, um den Preis einer verstärkten Rückverlagerung von Risiken auf den Anlagenbetreiber (z. B. das Risiko späterer Einreden). Eine solche Reallokation von Risiken ist ökonomisch sinnvoll, soweit die pauschale Risikoverhinderung durch Normen ineffizient ist und durch private Risikohaftung ein äquivalentes Schutzniveau sichergestellt werden kann. Offensichtlich endet ein solches Kalkül dort, wo eine wertäquivalente Entschädigung nicht sichergestellt werden kann, etwa wegen irreparabler Schäden, Beweislastproblemen, mangels Entschädigungsmasse des Urhebers oder aus anderen Gründen einer „Schadensdiskontierung“ im präventiven Kalkül des Verursachers. Damit kann Ziel einer solchen Konzeption nicht schrankenlose Privatisierung von Umwelt- und Technikrisiken sein, sondern nur die fallweise Überprüfung der starren normgestützten Risikoprävention. Es liegt auf der Hand, daß die beiden skizzierten Verfahrenswege („hoheitliche“ versus „flexible“ Genehmigungen) lediglich idealtypische Konstruktionen darstellen, die sich weder gegenseitig ausschließen noch je in reiner Form realisiert werden können. Sie geben informationsökonomisch jeweils unterschiedliche Antworten auf die Frage, an welcher Stelle des Vollzuges die erforderlichen Informationsinputs (über Kosten und Nutzen der Regulierung) für einen rationale Gestaltung von Zulassungen zweckmäßiger-weise erfolgen sollen - im überindividuellen Programmbereich ohne Freiheitsgrade der Vollzugsakteure oder aber im Vollzugsprozeß selbst unter Beteiligung der Betroffenen. Im Gegensatz zur informellen Kooperation der Praxis wird hier aber eine regelgebundene Interaktion mit klarem Zielauftrag angestrebt, d. h. eine regelhafte Struktur für die derzeit eher notleidend verhandelnde Verwaltung. Die unbestreitbaren Modifikation im Staatsverständnis als Folge eines solchen Ansatzes sind daher weniger „Anschlag“ auf vorsorgende und schützende Staatlichkeit als vielmehr Reflex einer krisenhaften Erschütterung hoheitlicher Gestaltungs- und Präventionsansprüche durch regulatives Recht. Ziel ist damit eine institutionen- und anreizökonomisch „geordnete“ Kooperation durch Vorgabe zielführender Regeln für das durch Informationsasymmetrien belastete „Kooperationsspiel“, das derartige „Genehmigungsmärkte“ in der Praxis längst etabliert hat: Diese betreffen die verhandelbaren Ressourcen „Zeit“ (z. B. Sanierungsfristen), „Wissen“ (Informationsoffenbarung und -generierung), „Vollzugsklima“ und „Kooperationsbereitschaft“, aber auch materielle Anforderungen (Auslegungs- und Subsumtionsarbeit der Behörde, deren Prüftiefe etc.). 9. Aktuelle Entwicklungen und rechtspolitische Aspekte Das verwaltungsrechtliche Institut der Genehmigung ist unverkennbar bereits seit längerem - nicht zuletzt unter den Anforderungen des Umweltschutzes - einem deutlichen Wandel unterworfen. Dabei sind die umweltrechtlichen Eröffnungskontrollen gegenwärtig tendenziell durch einen schwindenden Stabilisierungsgehalt charakterisiert, d. h. die Abschirmwirkung einmal erteilter Genehmigungen gegenüber späteren Ansprüchen der Behörde oder Dritter läßt generell nach. In diesem Zusammenhang sind vor allem erweiterte Anzeige-, Untersuchungs-, Dokumentations- und Beobachtungspflichten im Rahmen des Überwachungsverhältnisses, aber auch zunehmend erleichterte Möglichkeiten zum Erlaß nachträglicher Anordnungen zu nennen. Die abnehmende Stabilisierungswirkung der Genehmigung und die Akzentuierung der laufenden Betriebsüberwachung können als institutionelle Reaktion auf die Einsicht verstanden werden, daß die präventive Kontrolle in starkem Maße mit neuartigen Ungewißheitsproblemen zu kämpfen hat („Erfahrungs-“ statt „Inspektionsrisiken“), die eine Modifizierung im Regelsystem erforderlich machen. Wirtschaftliche Beschleunigungskritik, verwaltungsrechtliche Risikokritik und ökonomische Allokationskritik zielen gleichermaßen auf einen Ausbau aktivitätsbegleitender Regulierung, die mit dem Offenbarwerden von Risiken im Zeitablauf jeweils Schritt zu halten vermag. Unter dem allseits postulierten Erfordernis, das Genehmigte an veränderte Anforderungen und Erkenntnisse anzupassen, wird sich daher die Mächtigkeit von Genehmigungstiteln in der Risikogesellschaft tendenziell rückläufig entwickeln müssen. Ob dies freilich Veranlassung gibt, im Gegenzug die Regulierungsintensität der Eröffnungskontrolle zu reduzieren, präventive und reaktive Kontrolle mithin eher substitutiv denn komplementär einzuordnen, bleibt als entscheidende Streitfrage zunächst umstritten. Als spezieller Problemausschnitt sind hier insbesondere Beschleunigung und Deregulierung im Umweltverfahrensrecht seit geraumer Zeit in der Diskussion. In den neunziger Jahren hat der Gesetzgeber vor allem unter Berufung auf standortpolitische Argumente eine Fülle an beschleunigenden und vereinfachenden Maßnahmen beschlossen. Speziell die Eröffnungskontrollen im besonderen Verwaltungsrecht, etwa das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren, wurden durch vereinfachende und beschleunigende Eingriffe z. T. mehrfach erfaßt. Hierbei wird tendenziell auf einen „Regimewechsel“ gesetzt, d. h. die Eröffnungskontrolle soll - unter Wahrung der vorgegebenen Qualitätsstandards - fallweise nach den Bedürfnissen der Genehmigungsnachfrager zugunsten aktivitätsbegleitender Kontrollen abgebaut und damit (Warte-) Zeit freigesetzt werden. Aus der ökonomischen Theorie des Vollzuges ergeben sich allerdings gute Gründe für die Annahme, daß die c.-p.-Bedingung hinsichtlich der Vollzugswirkungen des materiellen Rechts verletzt ist: Die als „Kosten der Durchführung“ bezeichneten Transaktionskosten des Verfahrens müßten bei einem Regimewechsel den dann erforderlichen „Interventionskosten“ eines antragsunabhängigen, aktivitätsbegleitenden Vollzuges gleichkommen. Dies aber ist wohl ersichtlich nicht der Fall: Durch Umkehr der Anreizstruktur nach Zulassung einer Risikoaktivität wird der Vollzug materieller Normen erheblich erschwert - anders gewendet: die Behörde muß für gleiche Vollzugsergebnisse höhere Vollzugsaufwendungen tragen. Bei stärkerer Budgetanspannung lassen jedoch die Anreize für normtreues Verhalten bei den Verwaltungsunterworfenen nach mit der Folge sich tendenziell verschlechternder Umweltqualität. Der einzelwirtschaftlich möglicherweise angezeigte Übergang zu verstärkter Nachkontrolle bei gleichzeitig nachlassender Strenge der Eröffnungskontrolle (Beschleunigung im Zulassungsrecht) gerät somit aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive suboptimal, sofern verfahrensspezifische Durchsetzungskosten nicht ins Kalkül einbezogen werden. Mit Blick auf die Beschleunigungsdebatte gilt zudem, daß das Verhältnis von „effizienter Genehmigung“ und „Zeitdauer des Zulassungsverfahrens“ aus theoretischer Sicht a priori unbestimmt ist: Hier ist sowohl die Möglichkeit „ineffizienter“, weil insgesamt kostenvermehrender Beschleunigung zu nennen, als auch die - spiegelbildliche - Option, das Optimum im Einzelfall gerade durch „Entschleunigung“ (und entsprechend gesteigerte Mächtigkeit der Genehmigung) zu erzielen. Daneben sehen sich Genehmigungsverfahren auch durch aktuelle rechtspolitische Vorhaben unter Veränderungsdruck: Im Zuge der Kodifizierung des Umweltrechts in einem “Umweltgesetzbuch“ sind insbesondere vereinheitlichende Zulassungsverfahren geplant. Im „Professoren-Entwurf\' ist in den §§ 52 ff UBG-ProfE eine der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nachempfundene „Umweltbewilligung“ als Regeltypus der Eröffnungskontrolle vorgesehen. Insbesondere auch vor dem Hintergrund der in deutsches Recht umzusetzenden europäischen IVU-Richtlinie schlägt der Kommissionsentwurf zum UGB hingegen den neuartigen Typus der „Vorhabengenehmigung“ vor (§§ 80 ff. UGB-KomE), die nicht nur eine vereinheitlichende sondern zugleich auch medienübergreifende Zulassungsentscheidung formt. Weiterführende Literatur: Gawel, E.: Ökonomische Analyse des Genehmigungsrechts, in: ders. (Hrsg.): Institutionelle Probleme der Umweltpolitik, Berlin 1996; Gawel, E.: Der Abbau präventiver Kontrollen. Beschleunigung um welchen Preis? in: Koch, H.- J. (Hrsg.): Aktuelle Probleme des Immissionsschutzrechts, Baden-Baden 1998; Lübbe-Wob G.: Die Beschleunigungsgesetze, in: Dally, A. (Hrsg.): Wirtschaftsförderung per Umweltrecht?, Loccumer Protokolle, 5/ 97 o. 0 o. J.; Maurer, H.: Allgemeines Verwaltungsrecht, B. Aufl., München 1992; Schatz, K.-W.: Reform von Planungs- und Genehmigungsverfahren, in: Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie, Bd. 15, o. O. 1996; Wahl, R.: Erlaubnis, in: Handwörterbuch des Umweltrechts, 2. Aufl., Berlin 1986.



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