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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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internationale Währungsordnung

1. Begriff: System rechtlich abgesicherter und/oder allgemein anerkannter Regeln für die Gestaltung der internationalen währungspolitischen Zusammenarbeit mit dem Ziel, den reibungslosen Ablauf des Außenwirtschaftsverkehrs zwischen einer Vielzahl von Ländern zu gewährleisten. Wesentliche Elemente der i. W. sind: (1) Wechselkurssystem; (2) Ordnung des internationalen Zahlungsverkehrs (Konvertibilität); (3) Instrumente des Ausgleichs der Zahlungsbilanz, v. a. die internationale Solidarität zur Überbrückung von Zahlungsbilanzdefiziten. – 2. Entwicklung: Ende des 19. Jahrhunderts wurde die i. W. durch den Goldstandard repräsentiert, dessen Funktionsfähigkeit in erster Linie auf seiner allgemeinen Anerkennung beruhte. Der nach dem Ersten Weltkrieg errichtete Golddevisenstandard brach in der Weltwirtschaftskrise mit dem Abwertungswettlauf und der sich daran anschließenden Devisenbewirtschaftung zusammen. Mit dem Bretton-Woods-Abkommen von 1944 sollte eine neue, institutionell abgesicherte i. W. geschaffen werden, die auf folgenden Elementen beruhte: (1) System fester Wechselkurse, (2) Konvertibilität der Währungen bei der Abwicklung laufender internationaler Zahlungen, (3) Gold und konvertible Währungen (zunächst v. a. der US-Dollar als Leitwährung) als Währungsreserven zum Ausgleich der Zahlungsbilanz, (4) System von internationalen Kreditmöglichkeiten zur Überbrückung kurzfristiger Zahlungsbilanzschwierigkeiten durch Errichtung des Internationalen Währungsfonds (IWF). – Die hierauf aufgebaute i. W. zeigte sich zunächst durchaus funktionsfähig. 1958 erklärten die wichtigsten Mitgliedstaaten des IWF die Konvertibilität ihrer Währungen. Mit der Spaltung des Goldmarktes im Jahre 1968 (Goldpool), der Aufhebung der Goldeinlösepflicht des US-Dollars durch die amerikanische Regierung 1971 und dem Realignment der Wechselkurse bei gleichzeitiger Erweiterung der Bandbreite (Smithsonian Agreement) wurden wesentliche Elemente der i. W. verändert. Darüber hinaus bieten die 1967 geschaffenen Sonderziehungsrechte (SZR) zusätzliche Möglichkeiten der Finanzierung von Zahlungsbilanzdefiziten, wodurch sich ein zahlungsbilanzkonformes Verhalten nahezu erübrigt. Die prinzipielle Freigabe der Wechselkurse im Jahre 1973 sorgte für die endgültige Auflösung der vom Bretton-Woods-Abkommen geprägten Leitideen einer i. W. und führte zu einem System flexibler Wechselkurse. Das Abkommen über den IWF wurde 1978 offiziell an die veränderten Gegebenheiten angepasst. Seit 1978 ist jedes Mitgliedsland in der Gestaltung seiner Wechselkurspolitik frei, soweit es für geordnete Wirtschafts- und Währungsverhältnisse sorgt und den Wechselkurs nicht zum eigenen Vorteil manipuliert. Die Mitgliedstaaten haben dabei u. a. die Möglichkeit, (1) einen festen Wechselkurs zu einer anderen Währung (z. B. US-Dollar) zu fixieren oder (2) den Wechselkurs an die Sonderziehungsrechte (SZR), also einen Währungskorb, zu binden oder (3) den Wechselkurs gegenüber einigen Währungen zu fixieren, gegenüber anderen jedoch schwanken zu lassen (Europäisches Währungssystem) oder (4) den Wechselkurs gegenüber allen anderen Währungen frei schwanken zu lassen. Innerhalb der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion existiert seit 1999 für elf Staaten die gemeinsame Währung Euro. Für die restlichen Staaten der Europäischen Union (Dänemark, Großbritannien, Griechenland und Schweden) gelten feste, aber anpassungsfähige Wechselkurse gegenüber dem Euro. internationales Währungssystem. System von rechtlichen und gewohnheitsmäßigen Regeln der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Währungspolitik. Die Regeln beziehen sich in erster Linie auf a) die Gestaltung der Wechselkurse (z.B. im Sinne eines Systems - freier Wechselkurse oder - fester Wechselkurse), b) die Ordnung des Zahlungsverkehrs (z.B. durch Konvertibilität oder durch Bilateralismus), c) die Technik des Zahlungsbilanzausgleichs und der temporären Defizitüberbrückung im Zusammenhang mit der Frage der internationalen Liquidität, d) die Anpassungsprozeduren zur Wahrung oder Wiedererlangung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. Mit dem Übergang von der Silberwährung zum Goldstandard entstand im 19. Jh. eine Ordnung des Geldwesens, die alle wichtigen Handelsnationen währungspolitisch integrierte und durch Nutzung der internationalen Arbeitsteilung (Spezialisierung) sowie die daraus entspringenden Außenhandelsgewinne zu rascher Entwicklung führte. Der internationale Goldstandard basierte auf einer Definition der Währungen in Gold, auf festen Wechselkursen der Währungen untereinander, die durch freie Konvertibilität und Goldeinlösegarantie gewährleistet waren, auf Zahlungsbilanzausgleich in Gold und zahlungsbilanzkonformer Anpassung der Geldmenge. Die Kehrseite dieses Systems war allerdings ein Verzicht auf eigenständige binnenwirtschaftlich orientierte Währungspolitik und ein fortwährender Wechsel von inflationistischen und deflationistischen Tendenzen. Unter Friedensbedingungen und bei liberalistischem Zeitgeist empfand man das jedoch nicht als unerträglichen Mangel der Währungsordnung. Erst der Kriegsausbruch zwang 1914 zur Revision des Währungskonzepts im Sinne einer manipulierten Währung (ohne Bindung an einen Metallwert, nach frei gewählten, fallweise modifizierbaren Zielsetzungen gestaltete Währungspolitik) und strenger - Devisenbewirtschaftung. Die Unordnung der Wirtschaftsverhältnisse nach dem Krieg, ein von Grund auf verändertes Preisniveau, verglichen mit der Vorkriegszeit, und die fehlende Golddecke bei vielen Nationen bewogen die Völkerbundkonferenz von Genua (1922) zur Befürwortung des Golddevisenstandards. Man verzichtete zumindest faktisch auf die starre Bindung an das Gold und damit auch auf absolut feste Wechselkurse. Bei der Verteidigung der Wechselkurse waren demgemäss Einschränkungen der Konvertibilität nicht mehr ausgeschlossen. Da der Zahlungsbilanzausgleich mit Hilfe von Devisen erfolgen konnte, war der Automatismus der internen Geldmengenregulierung nach den zahlungsbilanzpolitischen Erfordernissen gestört. Hinter dem Völkerbundvorschlag stand das Interesse der reservehaltenden Länder nach ertragsspendenden Anlagen und das Interesse der Reservewährungsländer, durch die Währungskonstruktion in den Genuss eines Realtransfers zu gelangen. Damit wurden politische Aspekte in den Mechanismus des Zahlungsbilanzausgleichs eingebracht, die eine zusätzliche Störungsquelle bedeuteten. Überdies wurde der Geldmengenanpassungsprozess infolge der Aufsprengung des Geldschöpfungsmonopols der Zentralbanken durch giralgeldschaffende Kreditinstitute aufgeweicht. Das Ergebnis war eine partielle Funktionsuntüchtigkeit der Zahlungsbilanzautomatismen. Die eigentliche weltwirtschaftliche Desintegration setzte jedoch erst in der Weltwirtschaftskrise ein, als viele Länder — dem englischen Beispiel (21.9.1931) folgend — sich der Goldeinlösungspflicht entzogen und vom Prinzip fester Wechselkurse abrückten: Das System frei manipulierter Währungen schien die Chance zu eröffnen, gesamtwirtschaftliche Lasten auf Handelspartner abzuwälzen (beggar-my-neighbour policy). In Wirklichkeit setzte Abwertungskonkurrenz ein, und Länder, die nicht bereit oder imstande waren, daran teilzunehmen, schirmten sich allein (z.B. Deutschland) oder in Gruppen (z.B. Sterling-Block) durch Devisenbewirtschaftung ab. Nach dieser destruktiven währungspolitischen Periode sollte 1944 das Abkommen über den Internationalen Währungsfonds (IWF) im Sinne eines reformierten Goldstandards neue Möglichkeiten weltwirtschaftlicher Kooperation eröffnen. Die konstituierenden Elemente waren Wechselkursstabilität, Konvertibilität bei der Abwicklung laufender Geschäfte, Zahlungsbilanzausgleich in Gold oder konvertiblen Devisen, Überbrückung temporärer Zahlungsbilanzschwierigkeiten durch Kreditfazilitäten des IWF. Das wirtschaftliche und politische Übergewicht der USA und die Bereitschaft des US-Schatzamtes, für »legitime« Zwecke im Verkehr mit Währungsbehörden - Gold zu kaufen und zu verkaufen, ließen von Anfang an den Dollar in die Rolle einer Leitwährung der westlichen Welt hineinwachsen: Das System von Bretton Woods stellte sich de facto als Dollarstandard dar. Wie alle anderen Länder war aber auch das Leitwährungsland nicht geneigt, analog den Spielregeln des Goldautomatismus auf binnenwirtschaftlich orientierte Geld- und Kreditpolitik zu verzichten. Knapp drei Jahre, nachdem die wichtigsten Mitgliedsländer des IWF mit einer feierlichen     Konvertibilitätserklärung (1958) den letzten Stein zum neuen Währungsgebäude gesetzt hatten, und im selben Jahr, in dem sie diesen Schritt durch die Übernahme des Artikel-VIII-Status im IWF förmlich vollzogen (1961), traten schon Risse im Wechselkursgefüge zutage. Die im Goldpool eilends vereinigten Zentralbanken mußten zur gemeinsamen Verteidigung des Dollars übergehen (1961). Damit begann die Umwandlung des Golddollarstandards in den »Papierdollarstandard«. Die Spaltung des Goldmarkts (1968), die Suspendierung der Goldkonvertibilität des Dollars (15.8.1971) und das - Smithsonian Agreement (18.12.1971) waren schließlich Stationen vom Dollarstandard zum »Sonderziehungsrechtestandard«. Die Konstruktion der Sonderziehungsrechte (SZR) gemäss der 1. Änderung des IWF-Übereinkommens stellte einen Kornpromiss zwischen den (im OSSOLAReport gesichteten) weit auseinander liegenden Vorstellungen zur Reform der internationalen Währungsordnung dar. Sie bilden kein von einer Weltzentralbank geschaffenes neues Geld (wie es der TRIFFIN-Plan vorgesehen hatte), sondern haben die Eigenschaft teils unbedingter intemationaler Liquidität (Geldcharakter), teils bedingter Liquidität (Kreditcharakter). Statt die alten Reservemedien zu ersetzen, bilden sie ein zusätzliches Reserveelement (wie bereits im - BERNSTEIN-Plan projektiert). Ohne den (z.B. französischen) Plänen einer Wiederbelebung des Goldstandards zu folgen, behielten sie zunächst den Bezug zum Gold bei und lösten sich erst 1974 davon nut der Inkraftsetzung der Standardkorb-Technik. Die Lösung der SZR vom Gold war Baustein in einem weit umfassenderen Projekt für die Reform der internationalen Währungsordnung, die sich den gewandelten Strukturen wirtschaftlicher Potenz bei den Industrienationen und der entstandenen Diskrepanz zwischen politischem Einfluss und wirtschaftlicher Ohnmacht bei den Entwicklungsländern seit den 60er Jahren zunehmend weniger gewachsen zeigte. Die Pläne reiften in den Beratungen des Zwanziger-Ausschusses, der 1972 eingesetzt worden war, nachdem erneut Risse im alten Gebäude von Bretton Woods aufbrachen, die man im Smithsonian Agreement eben verkittet zu haben glaubte. Die verbreitete und (im Gegensatz zu früher) nicht nur zur Interimlösung deklarierte Freigabe der Wechselkurse im März 1973 schien sowohl die Notwendigkeit als auch die Chance einer umfassenden Reform zu bestätigen. In derartige, vom ersten Entwurf des Zwanziger-Ausschusses (Outline of Reform vom 11.9.1973) skizzierte Blütenträume fiel allerdings im Oktober 1973 der Reif der Ölkrise: Fortan dominierte kurzfristiges Krisenmanagement über langfristige Reformkonzepte. Dem Abschlußbericht des Zwanziger-Ausschusses (1974) gelang deshalb im wesentlichen nur mehr eine Problemsanunlung als Resümee der Verhandlungen: a) Schaffung einer reformierten Wechselkursordnung mit dem Prinzip der Stabilität, aber bei verbesserter Anpassungsfähigkeit auf der Grundlage objektiver Kriterien für ein fundamentales Zahlungsbilanzungleichgewicht (v.a. von den USA betonter Reformaspekt); b) Wiederherstellung der Währungskonvertibilität bei strenger Konversionsauflage für die Devisenzuflüsse, welche die Reserven über die working balances hinaus aufstocken (v.a. von europäischen Ländern hervorgehobener Reformaspekt); c) Kontrolle der Globalliquidität und Zurückdrängung von Gold und - Reservewährungen zugunsten der SZR. d) Verbindung (link) zwischen Reserveschaffung und Entwicklungshilfe (v.a. von den Entwicklungsländern avisiertes Ziel). Das Erbe des in seinen ursprünglich weit-gesteckten Zielen gescheiterten Zwanziger-Ausschusses trat der Interim-Ausschuss an. Ihm gelang unter den obwaltenden Restriktionen der Durchbruch, der zur 2. Änderung des IWF-Übereinkommens führte, die am 1.4.1978 in Kraft trat. Die Hauptkonturen sind: a) Freie Wahl des Wechselkursregimes durch die Mitgliedsländer, insbes. aus folgenden Systemen: · Feste Wechselkurse ausgedrückt in SZR (oder in einer anderen Bezugsgröße außer Gold); · Multiwährungs-Interventionssystem (z.B. Währungsschlange); · Freie Wechselkurse. b) Überwachung (surveillance) der Beachtung von allgemeinen Verhaltensregeln durch den IWF. Minimalerfordemisse sind: · Beschränkung auf Interventionen zur Glättung erratischer Schwankungen; · Verzicht auf aggressive Interventionen. c) Demonetisierung des Goldes: · Aufgabe des offiziellen Goldpreises; · Aufhebung der Recheneinheitsfunktion; · Aufhebung der Verpflichtung von Goldtransaktionen im Rahmen der Statuten des IWF: · Abbau der IWF-Goldbestände. d) Aufwertung der Sonderziehungsrechte als ·Recheneinheit und Wertausdrucksmittel, ·Hauptreservemedium, ·Instrument des Saldenausgleichs. Die neu geschaffene Ordnung verdient freilich den Namen Währungs-»System« nicht. Entscheidende systemkonstituierende Bauelemente sind ambivalent oder fehlen ganz: a) Die Wechselkursregelung läßt jedes einigende Band vermissen. b) Gold ist faktisches Reserveelement geblieben und in dieser Rolle durch die Freiheit der Mitglieder, zu Marktpreisen Transaktionen aller Art durchzuführen, eher bestärkt worden. c) Die SZR blieben als Reservemedium Stiefkind der Mitgliedsländer. d) Die internationale Liquidität expandiert (entgegen dem Systemgedanken) auf Basis der Devisenkomponente, die ihrerseits nach wie vor hauptsächlich aus US-Dollar besteht, der wiederum in alter Weise durch Zahlungsbilanzdefizite in die Währungsreserven eingeschleust wird. e) Es gibt keine substantielle Verpflichtung mehr zu einer offiziellen Konverti- bilität, sondern statt dessen nur eine Auflage, die Transaktionen des IWF zu unterstützen. f) Der Anpassungsprozess zur Bewahrung oder Erreichung des außenwirtschaftli- chen Gleichgewichts ist indeterminiert und durch einen Wildwuchs an bi- und multilateralen Kreditfazilitäten überwuchert. Literatur: Jarchow, H.J., Rühmann, P. (1993). Dieckheuer, G. (1995). Llewellyn, D.T. (1990). Black, S.W. (1985)



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