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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Entwicklungshilfe

Sammelbegriff für alle Maßnahmen zur Unterstützung des wirtschaftlichen Aufbaus und der sozialen Entwicklung von Entwicklungsländern. Sie zielen auch auf eine Steigerung des internationalen Handels der Entwicklungsländer untereinander (Süd-Süd-Handel) sowie des Handels mit den Industrieländern (Nord-Süd-Handel). Die Entwicklungshilfe erfolgt bilateral (von Staat zu Staat) oder multilateral (unter Einschaltung internationaler Organisationen). Neben der bilateralen Entwicklungshilfe leistet Deutschland multilaterale Kapitalhilfen über zahlreiche internationale Organisationen (zum Beispiel Weltbankgruppe) und Fonds (zum Beispiel Europäischer Entwicklungsfonds (EEF)). Darüber hinaus gewährt sie Entwicklungshilfe über Einrichtungen der Vereinten Nationen sowie durch die Beteiligung an regionalen -»Entwicklungsbanken.
Folgende Arten der Entwicklungshilfe werden unterschieden:
- Kapitalhilfe: Umfaßt Kredite und nicht rückzahlbare Zuwendungen (Grants). Auf diese Weise werden auch deutschen Exporteuren Liefermöglichkeiten in die Entwicklungsländer eröffnet. Sie ist jedoch in der Regel nicht an eine Verpflichtung des Empfängerlandes zur Abnahme deutscher Leistungen gebunden. Deutsche Exporteure müssen des wegen grundsätzlich an internationalen Ausschreibungen teilnehmen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist zuständig für die Bearbeitung bilateraler Kredite und die Ausgestaltung der Kreditverträge mit den ausländischen meist staatlichen Kreditnehmern
- Technische Hilfe: Maßnahmen der technischen Beratung, Planung von Industrieprojekten, Verwaltungs- und Ausbildungsberatung usw. Zuständig ist die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Sie erfaßt deutsche Interessenten und fordert sie bei Ausschreibungen zur Abgabe von Angeboten auf. finanzielle und »technische« Leistungen, die von öffentlichen und privaten Einrichtungen zu vergünstigten Bedingungen erbracht werden und vorrangig dem Zweck dienen, die Wirtschaftsbedingungen in Entwicklungsländern zu verbessern bzw. den Lebensstandard in diesen Ländern zu erhöhen. Finanzielle Leistungen umfassen Zuschüsse und Kredite mit namhaftem »Zuschußelement«, vorausgesetzt, dass keine militärischen Zwecke damit verfolgt werden. Das Zuschußelement drückt den Vergünstigungsgrad eines Kredits aus. Es wird ermittelt, indem der Barwert der Zahlungsreihe eines Kredits zu seinem Auszahlungsbetrag ins Verhältnis gesetzt wird. Zur Ermittlung des Barwerts wird üblicherweise ein Marktzins von 10% angenommen. Bei einer Schenkung ist das ZuschuBelement 100%, bei einem Zins von 10% ist das Zuschußelement Null (vgl. den angenommenen Marktzins). Als Entwicklungshilfe zählen nach den Definitionen des Ausschusses für Entwicklungshilfe der OECD (DAC) nur Kredite mit einem ZuschuBelement von 25% und darüber (die Norm des Ausschusses liegt für öffentliche Entwicklungshilfeleistungen bei 86%). Technische Hilfe erfolgt hauptsächlich in Form von Erziehungs-, Aus- und WeiterbildungsmaBnahmen. Bilateral findet (öffentliche) Entwicklungshilfe statt, wenn die Leistungen direkt vom Geber- an das Empfängerland fliegen, multilateral, wenn internationale Organisationen wie die - Weltbank eingeschaltet werden. Bilaterale Hilfe enthält bei mehr als der Hälfte der öffentlichen Entwicklungshilfe, doch von Land zu Land stark variierend, Lieferbindung; auch teilweise Lieferbindung kommt vor (ca. 5%): sie stellt Bezug beim Geber selbst und bei Entwicklungsländern frei. Von Lieferbindung ist Projektbindung zu unterscheiden; sie fordert Einsatz der Mittel bei genau spezifizierten Projekten. In letzter Zeit hat sich die Diskussion über Entwicklungshilfebindung zur Frage verschoben, ob die Hilfe von der Einhaltung von Menschenrechten, Beachtung demokratischer Regeln, marktwirtschaftlicher Orientierung und umweltfreundlicher Produktion abhängig gemacht werden soll. Private Entwicklungshilfe, v.a. wenn sie nicht von Organisationen ohne Erwerbszweck, sondern von Unternehmen geleistet wird (z.B. Exportkredite, Direktinvestitionen), ist nicht immer leicht von regulären Außenwirtschaftstransaktionen zu unterscheiden, da sich ihr Zuschußelement nur schwer bestimmen läßt. Die Tatsache eines beiderseitigen Vorteils von Empfänger- und Geberländem rechtfertigt allerdings per se noch nicht die Verneinung des »Hilfe«-Charakters. Die Entwicklungshilfeanstrengungen der Geberländer sind unterschiedlich groß. Der Anteil öffentlicher plus nichtamtlicher Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt lag 1991 zwischen 0,20 + 0,05% (USA) und 1,14 + 0,12% (Norwegen). Deutschland: 0,41 + 0,05%. Gründe für diese Unterschiede liegen durchaus nicht in erster Linie in der jeweiligen Wirtschaftskraft, sondern in der Einstellung der gesellschaftlich dominanten Gruppen zu globaler Solidarität, in historischen Bindungen (ehemalige Kolonialmächte wie Frankreich), in der Bedeutung der Entwicklungsländer als Rohstofflieferanten und Absatzmärkte sowie in auBenpolitischen Interessen. Eine positive Korrelation besteht ferner zwischen Staatsquote und Entwicklungshilfeleistungen. Die (öffentliche) Entwicklungshilfe der Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist von 28 Mrd. $ (1970/71) auf 42 Mrd. $ (1980/81) und 54 Mrd. $ (1990/ 91) gestiegen (Preise und Wechselkurse von 1990). Zurückgefallen sind zwischen 1980/81 und 1990/91 die arabischen Länder von 14 Mrd. $ auf 4 Mrd. $, die mittel-und osteuropäischen Länder von 4,5 Mrd. $ auf 1,6 Mrd. $, ferner die sonstigen Länder von 1 Mrd. $ auf 0,5 Mrd. $. Immerhin treten seit 1970 auch Entwicklungsländer (China, Indien) als Geber von Entwicklungshilfe an noch ärmere auf. F.G./T.Z. Literatur: OECD, Berichte des Vorsitzenden des Ausschusses für Entwicklungshilfe, Paris (jährlich). OECD, Development Assistance Manual. DAC Principles for Effective Development Assistance, Paris (1993). Todaro, M.P. (1993)



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