Wettbewerbspolitik
a) als Teil der Theorie von der Wirtschaftspolitik jede Handlungsweise des Staates, die geeignet ist, die Selbststeuerungsfunktion der Marktprozesse mittels des Wettbewerbs zu gewährleisten (Ordnungspolitik i.e.S.); b) als Teil der praktischen Wirtschaftspolitik jede Beeinflussung des Wettbewerbsprozesses, die geeignet ist, bei beschränktem Wettbewerb den Grad an Wettbewerb zu erhöhen und/oder eine Verringerung des Wettbewerbs zu verhindern (Wettbewerbsbeschränkung). Die theoretische Wettbewerbspolitik geht von unterschiedlichen Erklärungen des Wettbewerbs aus (Wettbewerbstheorien), die verschiedene Wertungen im Hinblick auf dessen wünschbare Ausprägungsformen beinhalten. Übergeordnete Zielsetzung ist entsprechend der freiheitlich-demokratischen Wirtschaftsverfassung die Freiheit des Wettbewerbs, die es jedem Marktteilnehmer gestattet, möglichst vorteilhafte Wahlhandlungen vorzunehmen, soweit keine unangemessen hohe Marktmacht vorliegt. Betonte noch der - Liberalismus das Leitbild des freien Wettbewerbs (statische Theorie der vollständigen Konkurrenz), indem er Staatseingriffe aufgrund seiner Harmonievorstellungen als weitgehend entbehrlich ansah (Mißbrauchsprinzip), so anerkannte der Neoliberalismus aufgrund der Erfahrung des Interventionismus der Zwischenkriegszeit und angesichts der Vermachtung der Märkte (Kartell, Preisbindung) die Notwendigkeit von staatlich festgesetzten Rahmenbedingungen der Wettbewerbsordnung (Verbotsprinzip) zur Erhaltung eines möglichst freien Ablaufs des Wirtschaftsprozesses (Wettbewerbswirtschaft). Als Reaktion auf diese liberalen Konzeptionen wurden mit dem Anspruch, pragmatischer und realistischer zu sein, die dynamischen Leitbilder des funktionsfähigen Wettbewerbs und das Prinzip der gegengewichtigen Marktmacht entwickelt (countervailing power). Letzteres beruht auf dem Gedanken, marktbeherrschende Stellungen von Unternehmen nicht aufzulösen, sondern sie durch Gegenmacht zu neutralisieren. Das Leitbild freien Wettbewerbs in der Marktwirtschaft (dezentrale Steuerung nach den Bedürfnissen, Leistungsbewertung über den Markt) wurde zunächst anhand sozialer, individualistisch motivierter Leitvorstellungen abgewandelt (Soziale Marktwirtschaft). Nach neuerer Auffassung kann eine Sicherung dieser Wirtschaftsordnung bei Wahrung der Gemeinschaftsbelange nur gelingen, wenn der Wettbewerb durch intensivere Mittel der Wettbewerbspolitik einer strafferen Ordnung unterworfen wird (dirigistischer Trend). Dies hat dazu geführt - nicht zuletzt unter dem Eindruck, dass der Wettbewerb zu sehr leistungsorientiert, jedoch zu wenig bedarfsgerecht funktioniere (Umweltschutz, Energieversorgung) -, dass v.a. infolge der Kartellnovellen 1973, 1980, 1990 und 1998 die BRD in Gestalt des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen die strengste Wettbewerbsgesetzgebung hat. Als klassische Instrumente der praktischen Wettbewerbspolitik gelten, ausgehend von den Ursachen der Wettbewerbsbeschränkung, Antikartellpolitik und Antimonopolpolitik. Die Antikartellpolitik richtet sich gegen wettbewerbsbeschränkende Kooperation in Form von vertraglichen (Kartell) und nicht vertraglichen Bindungen (abgestimmte Verhaltensweisen). Die Antimonopolpolitik ist gegen Konzentration gerichtet; Marktbeherrschung v.a. von größeren Unternehmen wird durch Fusionskontrolle und Mißbrauchsaufsicht begrenzt. Die Antikartellpolitik ist entsprechend dem Leitbild des funktionsfähigen Wettbewerbs nicht konsequent durchgeführt; im Rahmen der Mittelstandspolitik spart sie z.B. den Sektor der kleinen und mittleren Unternehmen aus, um deren Wettbewerbsfähigkeit besonders zu stärken (Kooperationserleichterungen). Weitere Instrumente der Wettbewerbspolitik dienen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (Diskriminierung) und im Rahmen der Verbraucherpolitik zur Stärkung des Wettbewerbsbewußtseins (z.B. vertikale Preisempfehlung statt vertikaler Preisbindung). Der Einwirkungsgrad beim Einsatz der Instrumente auf den Wettbewerbsprozess ist unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um moral suasion (amtliche Warnungen, Hearings, Enqueten), die Anwendung des Mißbrauchsprinzips, behördliche Kontrollen (präventive - Fusionskontrolle, - s Mißbrauchsaufsicht) oder ein Verbot handelt (z.B. Fusionsverbot). Im Zusammenhang mit der europäischen Integration muss die Wettbewerbspolitik in zunehmendem Maße die Schwerpunktverlagerung vom nationalen zu mehr internationalem Wettbewerb berucksichtigen (-) multinationale Unternehmen). Sie hat Tendenzen, dirigistischen und protektionistischen Eingriffen in den Markt entgegenzuwirken (Deregulierung, Außenwirtschaftspolitik), um die Wirtschaft für die erforderliche Anpassung an veränderte Wettbewerbsbedingungen offenzuhalten und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Literatur: Hoppmann, E. (1988). Herdzina, K. (1993). Kante, W. (1978). Schuster, H. (1973)
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