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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Abfallwirtschaftspolitik, europäische

Nachfolgend werden die wichtigsten Eckpfeiler der Entstehung und Entwicklung des Abfallrechts und der Abfallpolitik in der Europäischen Union (EU) nachgezeichnet, um dann auf die aktuelle Abfallpolitik bei den Siedlungsabfällen im Rahmen des Fünften Umweltaktionsprogramm einzugehen. 1. Entstehung und Entwicklung des Abfallrechts und der Abfallwirtschaftspolitik Der Anfang der Rechtssetzung in der Abfallwirtschaft und der Abfallpolitik in der Europäischen Union ist zeitgleich mit dem der deutschen auf das Jahr 1972 datiert. Ausgangspunkt war eine Gipfelkonferenz der Staats- und Regierungschefs aus der im weiteren Verlauf das Erste Umweltaktionsprogramm von 1973 hervorging. In der Begründung für das Tätigwerden der Europäischen Gemeinschaft hieß es, die Verbesserung der Lebensqualität und der Schutz der natürlichen Umwelt gehören zu den Aufgaben der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Allerdings muß das damalige Bekenntnis zum Umweltschutz kritisch betrachtet werden. Umweltschutz war zu diesem Zeitpunkt nur über den „Umweg“ der wirtschaftlichen Interessen möglich. So konnten umweltpolitische Maßnahmen nicht aus reinen Umweltschutzgründen erlassen werden, sondern bedurften einer wirtschaftspolitischen Legitimation. Des-weiteren wird durch die Einbeziehung der Umwelt in die Belange der Gemeinschaft dieser ein weiteres Instrument an die Hand gegeben, um ihr pimäres Ziel, die Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen, zu erreichen. Zu erwartende Wettbewerbsverzerrungen infolge unterschiedlicher Umweltpolitiken in den Mitgliedsstaaten (MS) wurde somit ein Riegel vorgeschoben. Ferner kommt der Begriff „Umwelt“ im vorwiegend wirtschaftlich geprägten Art. 2 EWGV überhaupt nicht vor. Erst mit Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) 1987 wurde dieser in den Vertragstext aufgenommen. Insgesamt gesehen, kann zumindest bis zur EEA zutreffenderweise von einer Doppelmotivation - Umweltschutz und Bewahrung des gemeinsamen Marktes - gesprochen werden. Diese zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte EU-Abfallrecht und dort insbesondere bei der Abfallbeseitigung. Die Umweltaktionsprogramme legen die allgemeinen Tätigkeitsfelder und Schwerpunkte europäischer Umweltpolitik fest. Hier wird allerdings nur auf die abfallwirtschaftlichen Aspekte der Umweltaktionsprogramme eingegangen. Aussagen zu anderen Umweltthemen, wie Verkehr, Wasserschutz, Klimapolitik, Landwirtschaft, etc. werden nicht behandelt. 1.1. Erstes Umweltaktionsprogramm Abfallpolitisch stand im Zentrum des Ersten Umweltaktionsprogramms (1972) alleinig die Frage der gefahrlosen Beseitigung von Abfällen, insbesondere von Industrieabfällen und radioaktiven Abfällen. Die von diesen Abfällen ausgehenden Gesundheitsgefährdungen und -belästigungen wurden als problematisch eingestuft. Fragen der Abfallvermeidung und Abfallverwertung zur Reduzierung der Abfallmengen, der Rohstoff- bzw. Energierückgewinnung waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht relevant. Hinsichtlich der Zuständigkeit für das Abfallproblem wurde damals noch die Ansicht vertreten, Abfälle seien Probleme regionaler Art und müßten demzufolge auch auf regionaler Ebene bewältigt werden. Bestimmte Abfälle könnten, z. B. aufgrund ihrer stofflichen Zusammensetzung, jedoch grenzüberschreitende Lösungen erfordern. 1.2. Abfallrahmenrichtlinie Mit der Richtlinie 75/442 über Abfälle aus dem Jahr 1975 wurde der Abfallwirtschaft erstmals gemeinschaftsweit eine Rahmenregelung vorgegeben. Sie war zwar noch sehr lückenhaft, beinhaltete aber bereits wesentliche Regelungsgegenstände wie: Begriffsbestimmungen (Art. 1 a. F.); Aussagen über Ziele und Prinzipien der Abfallwirtschaft (Art. 3 I a. F.); Aussagen zur Abfallbeseitigungsplanung, Beseitigungspflicht, Anlagengenehmigung, Überwachung, Abfalltransport, etc. Art. 3 Abs. 1 a. F. forderte damals schon die Etablierung von Maßnahmen und Verfahren der Abfallvermeidung, der Wiederverwendung und Verwertung (inklusive der Energiegewinnung) innerhalb der MS und griff damit bereits dem Zweiten Umweltaktionsprogramm von 1977 vor, in dem die Abfallvermeidung und -verwertung als wesentliche Ziele gemeinschaftlicher Abfallpolitik festgeschrieben wurden. Die Bezeichnung Rahmen-Richtlinie resultiert aus der Freiheit ihrer weiteren inhaltlichen Ausgestaltung durch die Mitgliedsstaaten sowie der EU selbst. 1.3. Zweites Umweltaktionsprogramm Vor dem Hintergrund der Ölkrise Mitte der siebziger Jahre fand mit dem Zweiten Umweltaktionsprogramm (1977) innerhalb der Abfallpolitik ein Paradigmenwechsel hin zu einer mehr ressourcenorientierten Abfallpolitik statt. Konzentrierte sich das Erste Umweltaktionsprogramm vornehmlich auf die gemeinwohlverträgliche Beseitigung, so stehen jetzt unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenschonung primär die abfallwirtschaftlichen Ziele Vermeidung und Verwertung im Vordergrund. So formuliert das Zweite Umweltaktionsprogramm, deutlicher als wie in der Abfallrahmenrichtlinie zuvor angedeutet, eine Zieltrias nämlich Vermeidung, Verwertung und Beseitigung. Eine Prioritätensetzung ist jedoch noch nicht erkennbar. Bezüglich der Verwertung werden im Programm einige Problemfelder benannt, wie instabile Märkte für Sekundärrohstoffe, unzulängliche Verwertungstechnologien oder unzureichende Informationen über optimale Verfahren zur Nutzung von Sekundärrohstoffen. Es sollen zur Problemminderung bei verschiedenen Abfallstoffen die Vorteilhaftigkeit der Vermeidung und Verwertung geprüft sowie Abfallbörsen eingerichtet und gefördert werden. Auf dem Gebiet der Beseitigung soll an die Maßnahmen des Ersten Umweltaktionsprogramms angeknüpft werden. Die erlassenen Richtlinien RL 78/319/EWG über giftige und gefährliche Abfälle, RL 78/176/EWG Tiber Abfälle aus der Titandioxidproduktion sowie die RL 82/883 über die Einzelheiten der Überwachung und Kontrolle der durch die Ableitungen aus der Titandioxidproduktion betroffenen Umweltmedien lösten den Anspruch der im Zweiten Umweltaktionsprogramm niedergelegten Ziele der Vermeidung und Verwertung nicht ein. Sie enthielten diesbezüglich noch bruchstückhafte Regelungen. Auch die Beseitigung war nur halbherzig geregelt; einzuhaltende Umweltstandards waren entweder nur teils oder generalklauselartig formuliert. 1.4. Drittes Umweltaktionsprogramm Das Dritte Umweltaktionsprogramm (1983) brachte keine wesentlichen Neuerungen für die Abfallpolitik. Ziele sind weiterhin die Vermeidung von Abfällen sowie die Reduzierung des nicht verwertbaren Abfallaufkommens an seinem Ursprungsort vornehmlich zur Rohstoffeinsparung. Eine Verwertung von Abfällen sollte dabei entweder der Rückgewinnung von Rohstoffen (stoffliche Verwertung) oder der Nutzung als Energiequelle (energetische Verwertung) dienen. Am Ende steht die schadlose Beseitigung. Abfallvermeidung soll wiederum durch die Förderung der Entwicklung neuer Technologien vorangebracht werden. Zwar wird zum Zwecke der Vermeidung auch von finanziellen Anreizinstrumenten gesprochen, eine Konkretisierung erfolgte aber nicht. Die gemeinschaftlichen Vorgaben auf dem Gebiet der Beseitigung sollen v. a. bei gefährlichen Abfällen verstärkt und ergänzt werden. Beachtenswert ist indes RL 84/631/EWG über die Überwachung und Kontrolle – in der Gemeinschaft – der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle. Bezogen sich Akte der Gemeinschaft bisher auf die Regelung einzelner Abfallströme (z. B. Altöl, Abfälle aus der Titandioxidindustrie), so wird hier erstmals unabhängig von der Abfallart ein komplettes Regelungsgebiet, nämlich das der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle erfaßt. 1.5. Einheitliche Europäische Akte Bis zur Einheitlichen Europäischen Akte (1987) bedurfte Umweltschutz wie dargestellt einer wirtschaftspolitischen Legitimation. Maßnahmen des Umweltschutzes konnten nur mit Hilfe des Zieles der Erreichung des Binnenmarktes durchgesetzt werden. Mit der Einführung des Abschnittes „Umwelt“ (Art. 130 r bis 130 t a. F. EWGV) in den EWG-Vertrag fand der Umweltschutz seine eigenständige vertragliche Grundlage. Umweltschutz und Binnenmarkt stehen nun gleichberechtigt nebeneinander. Art. 130 EWGV ermöglicht nun die Schaffung von Sekundärrecht einzig und allein aus umweltpolitischen Interessen. Einer wirtschaftspolitischen Legitimation bedurfte es nicht mehr. Desweiteren wurde der umweltpolitische Gestaltungsfreiraum erweitert. 1.6. Viertes Umweltaktionsprogramm Im Vierten Umweltaktionsprogramm (1987) wird die bis heute gültige Zielhierarchie - Vermeidung vor Verwertung vor Beseitigung - festgeschrieben. Zum Zwecke der Abfallvermeidung betont es die Entwicklung und Förderung sauberer Technologien sowie die Notwendigkeit umweltverträglicher Produkte. Desweiteren stellt es fest, daß strenge Umweltschutzvorschriften sowohl für ein hohes Maß an Umweltschutz und Lebensqualität als auch für die Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten notwendig seien. Hier zeigt sich wieder die eingangs beschriebene Doppelmotivation bei gemeinschaftlichen Akten. Die Abfallverwertung ist nach Ansicht der Kommission langfristig vielleicht die wichtigste aller Aktionen hinsichtlich der Ziele Ressourceneinsparung und Reduzierung der endzulagernden Abfallmenge. Das Programm widmet den wirtschaftlichen Instrumenten einen eigenen Abschnitt. Diese sollen der Förderung des Verursacherprinzips und der Abfallverwertung dienen. Genannt werden hier der vermehrte Einsatz von Steuern, Abgaben, staatlichen Beihilfen und handelbaren Deponiegenehmigungen auch ausdrücklich für den Bereich der Abfallbeseitigung. Das Vierte Umweltaktionsprogramm ist desweiteren Quelle einer Gemeinschaftsstrategie für die Abfallwirtschaft, die im folgenden etwas genauer dargelegt wird, da sie nach Überprüfung im Jahr 1996 auch heute noch weitergeführt wird. 1.7. Gemeinschaftsstrategie für die Abfallwirtschaft In der Entschließung des Rates über die Abfallpolitik vom 7. Mai 1990 bringt der Rat zur Geltung, daß es im Interesse des Umweltschutzes einer umfassenden Abfallpolitik in der Gemeinschaft bedarf. Die Gemeinschaftsstrategie erläutert die Grundsätze, die Prioritäten und das mittel-und langfristige, gemeinschaftliche Konzept für die Abfallwirtschaft bis zum Jahr 2000. Eckpfeiler dieser Gemeinschaftsstrategie sind fünf Generallinien: Abfallvermeidung: Die Abfallvermeidung an der Quelle mittels sauberer Technologien und umweltverträglicher Produkte genießt oberste Priorität. Wiederverwertung: Politisch wird die Verwertung gegenüber der Beseitigung als der bessere Entsorgungsweg präferiert. Das Verhältnis von Verwertung zu Beseitigung wird jedoch, solange keine gesetzlichen Vorschriften bestehen, in erster Linie über den Preis für die Verwertungsbzw. Beseitigungsleistungen bestimmt. Demnach unterliegt die Verwertung der Beseitigung und die Abfallverwertung muß gefördert werden. Zu den Maßnahmen gehören die Internalisierung externer Kosten, die Schaffung von Märkten für verwertete Produkte (z. B. Abfall- und Recyclingbörsen) sowie finanzielle Anreize in Form von Abgaben und Pfandgebühren. Desweiteren sollen Verwertungsverfahren und Sammel- und Sortiersysteme verbessert werden. Optimierung der Beseitigung: Die Schaffung einer geeigneten Entsorgungsinfrastruktur mit dem Ziel der Entsorgungsautarkie der Gemeinschaft wird kurz- und mittelfristig als vorrangig erachtet. Es soll auf Regional- und Gebietsebene ein angemessenes, integriertes Netz von Entsorgungsanlagen errichtet werden, das mit den besten derzeit verfügbaren und keine übermäßigen Kosten verursachenden Technologien arbeitet. Die hierfür notwendige Planung der Abfallbewirtschaftung ist unter dem Gesichtspunkt einer entstehungsnahen Beseitigung von den Ländern durchzuführen, wobei eine Kooperation zwischen den MS gestattet ist, sofern diese notwendig und zweckdienlich ist. Für eine umweltverträgliche Beseitigung stehen die Deponie und die Müllverbrennung zur Verfügung. Aufgrund knapper Deponiekapazitäten und des Schadenspotentials nicht vorbehandelter Abfälle ist die Deponierung nur als ultima ratio anzusehen. Die Müllverbrennung bietet neben der Volumenreduzierung zugleich die Möglichkeit der Inertisierung der Abfallgemische und damit die Reduzierung des Schadenspotential der endzulagemden Abfälle. Die umweltverträgliche Verbrennung erfordert strenge Vorschriften und eine laufende Überwachung. Diesem Verlangen ist in den Richtlinien aus dem Jahr 1989 RL 89/369/EWG über die Verhütung der Luftverunreinigungen durch neue Verbrennungsanlagen für Siedlungsmüll und RL 89/429/EWG über die Verringerung der Luftverunreinigungen durch bestehende Verbrennungsanlagen für Siedlungsmüll Rechnung getragen worden. Hinsichtlich der Deponien gab es ebenfalls Rufe nach einheitlichen Regelungen, weil die Regelungen der jeweiligen MS höchst unterschiedlich waren und sich die Umweltqualitätsstandards weiter auseinanderentwickelt hatten. Vorschläge für eine Deponierichtlinie gab es bereits 1991. Zur Zeit versucht man sich weiter über eine Deponierichtlinie zu verständigen. Regelungen im Bereich des Transportes: Der Abfalltransport soll auf das für eine umweltverträgliche Entsorgung notwendige Maß reduziert und kontrolliert werden. Sanierungsmaßnahmen: Ziel ist die Ermittlung und Sanierung von Deponien. Zukünftig sollen die Abfallerzeuger an den Kosten der Sanierung beteiligt werden. Dies soll mit Hilfe einer Richtlinie über die Haftung im Bereich der Abfälle erreicht werden. Ferner wurde auf die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Umsetzung von Gemeinschaftsrecht in nationales Recht und auf dessen richtliniengetreuen Vollzug hingewiesen (z. B. Pflicht der MS Abfallentsorgungsplane aufzustellen, oder die Pflicht über den Stand der Abfallbewirtschaftung zu berichten). Damals wurde bereits erkannt, daß unterschiedliche Umweltstandards und technische Vorschriften für Abfallentsorgungsanlagen innerhalb des Binnenmarktes dazu führen würden, daß Abfall den kostengünstigsten Anlagen zugeführt werden würde und somit dort, wo die geringsten Umweltanforderungen bestehen, der größte Anteil entsorgt werden würde. Im Interesse des Umweltschutzes sollten Entsorgungsvorschriften daher auf einem hohen Schutzniveau harmonisiert, die Kontrolle der zu entsorgenden Abfälle ausgedehnt und ein integriertes, flächendeckendes Entsorgungsnetz vorangetrieben werden. Niederschlag finden diese Entwicklungen generell in der Neufassung der Abfallrahmenrichtlinie 91/156/EWG aus dem Jahr 1991, die die alte Fassung in Form der RL 74/442/EWG ablöst. 2. Aktuelle europäische Abfallwirtschaftspolitik Rahmen der heutigen Abfallwirtschaftsstrategie sind das Fünfte Umweltaktionsprogramm von 1992 und die Gemeinschaftsstrategie aus dem Jahr 1989. Die Konzeption aus dem Jahr 1989 wurde in der Entschließung über eine Gemeinschaftsstrategie für die Abfallbewirtschaftung vom 24. Februar 1997 den neuen Verhältnissen angepaßt und bestätigt. 2.1. Fünftes Umweltaktionsprogramm Vor dem Hintergrund der UN-Konferenz von Rio (Rio-Konferenz) und der in diesem Zusammenhang entwickelten „Agenda 21“ reagierte die Europäische Union mit dem heute aktuellen und bis zum Jahr 2000 geltenden Fünften Umweltaktionsprogramm aus dem Jahr 1992. Es steht unter dem Titel „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung“ und soll unter diesem Motto die im Fünften Umweltaktionsprogramm erforderliche „neue Gangart“ gewährleisten, da die bisherigen Maßnahmen nicht den erhofften Erfolg einer Eindämmung des Abfallaufkommens erbracht haben. Allgemeines Ziel ist nach wie vor die quantitative Reduktion des bei rückgehenden Entsorgungsmöglichkeiten steigenden Abfallaufkommens und die qualitative Verringerung dessen Gefährdungspotentials. Hierfür hat die Europäische Union klare Zielvorgaben für das Jahr 2000, die dazu notwendigen Aktionen und die zuständigen Kreise benannt. Sie differenziert dabei zwischen Siedlungsabfällen und gefährlichen Abfällen. Zu den zentralen Zielen im Bereich der Siedlungsabfälle gehören: • die Schaffung einer gemeinschaftsweiten Infrastruktur für die sichere Sammlung, Trennung und Entsorgung von Abfällen; die Autarkie der EU bei der Endlagerung der Abfälle; erhöhtes Recycling und umfangreichere Wiederverwendung; Schaffung eines Marktes für rückgewonnene Materialien; das Einfrieren des Abfallaufkommens auf EU-weit durchschnittlich 300 kg/Kopf. Zu diesem Zweck soll die Abfallstrategie aus dem Jahre 1989 intensiviert weiterverfolgt werden. Maßnahmen der Vermeidung, der Wiederverwendung und Rückgewinnung (z. B. durch getrennte Sammlung), die Erstellung eines geeigneten Entsorgungsnetzes sowie Maßnahmen des integrativen Umweltschutzes genießen Priorität. Neu ist der Gedanke eines umfassenden horizontalen Ansatzes im Umweltschutz. Neben sektoralen Maßnahmen, die nur den Abfallbereich betreffen, soll verstärkt auf Maßnahmen gesetzt werden, die die Umwelt gesamthaft schützen. Hierfür soll die Palette der Instrumente erweitert werden, wobei v. a. marktorientierte und begleitende Instrumente unter die horizontalen Maßnahmen fallen. Die Instrumente kann man wie folgt klassifizieren: Ordnungsrechtliche Instrumente: Hierunter fallen bspw. technische Normen an den Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen, wie Grenzwerte für Dioxin-Emissionen (Dioxine) bei Hausmüllverbrennungsanlagen, die geplante Deponierichtlinie oder auch Vorgaben an die Verwertung, z. B. in Form der Verpackungsrichtlinie. Marktorientierte Instrumente: Zu nennen sind hier ökonomische und steuerliche Instrumente wie Abgaben und Gebühren, Pfand- und Rücknahmesysteme sowie freiwillige Vereinbarungen. Begleitende Instrumente: Gemeint sind hier Maßnahmen zur Verbesserung der umweltbezogenen Datenlage, der Information und Erziehung der Bevölkerung sowie der wissenschaftlichen Forschung und technologischen Entwicklung. Finanzielle Hilfen: Finanzierungsinstrumente für den Umweltschutz sind u. a. der Kohäsionsfond und das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE). 2.2. Maastrichter Vertrag Mit dem Maastrichter Vertrag über die Europäische Union (EUV) von 1993 wurde die „Besserklausel“ des alten Art. 130 r Abs. 3 EWGV in den grundsätzlichen Teil verlagert und in Art 3 b) EGV als Subsidiaritätsprinzip bezeichnet. Im Abschnitt „Umwelt“ (Art. 130 r ff.) wurden die Beschluß-verfahren erheblich komplizierter, Beschlüsse bedurften aber nur noch einer qualifizierten Mehrheit. Lediglich bestimmte Bereiche wie Raumordnung oder Umweltsteuern erfordern nach wie vor die Einstimmigkeit. 2.3. Fortgeführte Abfallwirtschaftsstrategie In seiner Entschließung über eine Gemeinschaftsstrategie für die Abfallbewirtschaftung vom 24. Februar 1997 nahm der Rat Stellung zu den Fortschritten und dem weiteren zukünftigen Handlungsbedarf im Bereich der Abfallwirtschaft. Dieser Entschließung ging 1996 eine Überprüfung der bisherigen Strategie durch die Kommission voraus. Die Kommission stellt fest, daß eine Vielzahl an MS die Grundsätze der Nähe und Entsorgungsautarkie durchgesetzt haben. Diesbezügliche Regelungen der MS werden als berechtigt angesehen, solange sie mit den Bestimmungen des Vertrages und den Grundsätzen des Binnenmarktes vereinbar sind. Die Maßnahmentrias „Vermeiden – Verwerten – Beseitigen“ wird erneut als zielführend bestätigt, wobei die Vermeidung innerhalb der Gemeinschaft noch zu wünschen übrig läßt. Bei Abfällen zur Verwertung wird betont, daß die Regeln des freien Binnenmarktes/Warenverkehrs gelten sollen. Eine Untersagung der Verbringung von Abfällen zur Verwertung unter Verweis auf die Entsorgungsautarkie, Entsorgungsnähe, Abfallwirtschaftspläne und die innerstaatlichen Anlagenauslastung ist nicht gestattet. Sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Gesichtspunkte sind bei der Entscheidung über die Art der Verwertung zu berücksichtigen. Dennoch wird die stoffliche Verwertung präferiert, sofern sie ökologisch gesehen die bessere Alternative darstellt. Hinsichtlich der Beseitigung wird hervorgehoben, daß die Preise der Abfallbeseitigung deren Kosten nur unzureichend widerspiegeln. Dies verringert den Anreiz zur Abfallvermeidung. Aus Gründen eines hohen Umweltschutzniveaus und des Funktionieren des Binnenmarktes fordert der Rat nachdrücklich auf, einheitliche Bedingungen im Abfallsektor zu schaffen. Dies erfordert eine Harmonisierung von Definitionen und Begriffen, wie eine klarere Unterscheidung von Produkt und Abfall und insbesondere von Verwertung und Beseitigung. Gefordert werden zudem angemessene Emissionsnormen für Anlagen in denen Abfall als Ersatzbrennstoff verwendet wird, sowie eine Deponierichtlinie. Ferner bekräftigt der Rat den Bedarf an zuverlässigen Umweltdaten. Weiterhin werden die MS ermutigt ein breites Spektrum an Instrumenten, u. a. Wirtschaftsinstrumente, einzusetzen. Eine Konkretisierung erfolgt aber nicht. 2.4. Vertrag von Amsterdam Mit dem Vertrag von Amsterdam, der ab dem 1. Mai 1999 in Kraft ist, wurden die Entscheidungsverfahren auf gemeinschaftlicher Ebene vereinfacht. Mußte bis dato bei Rechtsangleichungsmaßnahmen des Art 95. EGV n. F. (ex-Art. 100 a) das Mitentscheidungsverfahren und für Maßnahmen im Bereich der Umweltpolitik des Art. 175 EGV n. F. (ex-Art. 130 s) das Verfahren der Zusammenarbeit angewendet werden, so wird nun das Verfahren der Zusammenarbeit durch das Mitentscheidungsverfahren ersetzt. Für die Bereiche Raumordnung oder Umweltsteuern etc. gilt nach wie vor das Verfahren der Anhörung mit einstimmiger Beschlußfassung. Ansonsten wurden in den hier interessierenden Politikbereichen Umweltschutz und Binnenmarkt nur marginale Veränderungen vorgenommen und werden daher nicht näher beleuchtet. 2.5. Sechstes Umweltaktionsprogramm Bis zum Ende des Jahres 2000 hat die europäische Kommission das nachfolgende Sechste Umweltaktionsprogramm aufzustellen. Weiterführende Literatur: Dieckmann, M.: Das Abfallrecht der Europäischen Gemeinschaften. Systematische Darstellung der gemeinschaftliche Vorgaben für die nationale Rechtssetzung und Rechtspraxis, Baden-Baden 1994 (zugl. Hamburg, Univ., Diss., 1993); Epiney, A.: Umweltrecht der Europäischen Union, Köln 1997; Europäische Kommission (Hrsg.): Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung. Ein Programm der Europäischen Gemeinschaft für Umweltpolitik und Maßnahmen im Hinblick auf eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, Luxemburg 1993; Europäische Kommission (Hrsg.): Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung. Umsetzungsbericht und Aktionsplan der Europäischen Kommission zum Fünften Programm der Europäischen Gemeinschaft für dauerhafte Entwicklung und Umweltpolitik, Luxemburg 1997; Vohrer, M. (Hrsg.): Ökologische Marktwirtschaft in Europa, Baden-Baden 1992.



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