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Offenmarktpolitik des ESZB
Unter Offenmarktpolitik (Offenmarktgeschäfte) versteht man allgemein den An- und Verkauf festverzinslicher Wertpapiere durch die Zentralbank. Solche Geschäfte können "endgültig" (definitiv) oder "auf Zeit" als befristete Transaktionen erfolgen. Offenmarktgeschäfte kommen auf Initiative der Zentralbank zustande und spielen eine wichtige Rolle bei der Zinssatzsteuerung und der Liquiditätssteuerung am Geldmarkt. Neben der Mindestreservepolitik und den ständigen Fazilitäten bildet die Offenmarktpolitik das wichtigste geldpolitische Instrumentarium der Europäischen Zentralbank (EZB). Offenmarktgeschäfte sind die wichtigsten geldpolitischen Instrumente der Europäischen Zentralbank (EZB). Nach dem Grundsatz der dezentralen Durchführung der Geldpolitik werden die Offenmarktgeschäfte im Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) in der Regel durch die Nationalen Zentralbanken (NZBen) durchgeführt, während die Europäische Zentralbank (EZB) lediglich für die Koordination zuständig ist. Im Rahmen der Offenmarktgeschäfte tritt die Zentralbank selbst als Käufer oder Verkäufer von Zentralbankgeld bzw. Wertpapieren auf den (offenen) Geldmärkten auf und beeinflusst über die Höhe des Zinssatzes, die Liquidität und damit die Kreditvergabemöglichkeiten der Geschäftsbanken. Durch dieses Vorgehen versucht die Zentralbank indirekt über die Geschäftsbanken die umlaufende Geldmenge zu steuern, um inflationären Tendenzen entgegenzuwirken und die Geldwertstabilität zu sichern. So hat der sich bildende Zinssatz eine wichtige Signalfunktion für den geldpolitischen Kurs der EZB und fungiert somit als Leitzins. Die Offenmarktgeschäfte des ESZB können in vier Kategorien unterteilt werden:
Hauptrefinanzierungsgeschäfte Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sind die wichtigsten Offenmarktgeschäfte. Durch sie werden die Zinssätze und die Liquidität am Geldmarkt gesteuert. Sie signalisieren den geldpolitischen Kurs der EZB. Sie stellen dem Finanzsektor den größten Teil des Refinanzierungsvolumens zur Verfügung. Und über die Festlegung des Umfangs der Operationen kann sowohl eine expansive als auch eine kontraktive Wirkung erzielt werden. Seit dem 27. Juni 2000 werden die Hauptrefinanzierungsgeschäfte als Zinstender mit einem Mindestbietungssatz nach dem amerikanischen Zuteilungsverfahren abgewickelt. Grund für die Änderung war die massive Überbietung bei den als Mengentendern abgewickelten Refinanzierungsgeschäften. Das ESZB nennt einen Mindestbietungssatz mit geldpolitischer Signalfunktion. Zusätzlich veröffentlicht es Schätzungen über den gesamten Liquiditätsbedarf des Bankensystems zur Erwartungsstabilisierung auf Seiten der Geschäftsbanken. Dies hat dazu geführt, dass sich das Verhältnis von Zuteilungsbetrag zu Gesamtbietungsbetrag deutlich erhöht hat. Alle Geschäftspartner, welche die allgemeinen Zulassungskriterien erfüllen, können Gebote für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte abgeben. Beim Zinstender können für bis zu zehn verschiedene Zinssätze Gebote abgegeben werden. Die Besicherung erfolgt über den Verkauf von Wertpapieren mit Rückkaufsvereinbarung (Repogeschäfte) oder durch die Verpfändung von Wertpapieren an das ESZB. Welches Verfahren gewählt wird, hängt von der jeweiligen NZB ab. Die Deutsche Bundesbank verwendet bei liquiditätszuführenden befristeten Transaktionen anders als früher den Pfandkredit. Damit erhält die Bundesbank ein durchsetzbares Sicherungsrecht an den hinterlegten Pfändern, welche im Eigentum der Schuldner verbleiben. Pfandlösungen ermöglichen höhere Flexibilität als Repo-Geschäfte, da die einzelnen Pfänder keinem bestimmten Refinanzierungsgeschäft zugeordnet werden. Die zugelassenen Sicherheiten sind in Kategorie 1 und 2 eingeteilt. Kategorie 1 enthält marktfähige Schuldtitel, welche die von der EZB für den gesamten Währungsraum festgelegten Zulassungskriterien erfüllen (z. B. ESZB-Schuldverschreibungen). In Kategorie 2 fallen weitere marktfähige Schuldtitel sowie nicht marktfähige Sicherheiten. Der Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgschäfte hat Leitzinsfunktion für den Tagesgeldsatz. Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte werden vom ESZB nicht in der Absicht vorgenommen, dem Markt Signale zu geben. Die nationalen Notenbanken treten in der Regel als Preisnehmer auf. Die gewöhnliche Form des längerfristigen Refinanzierungsgeschäftes ist der Zinstender. Nur in Ausnahmefällen erfolgt die Liquiditätszuführung durch Mengentender. Die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte dienen als Ausgleich der mit dem Übergang zur einheitlichen Geldpolitik des ESZB entfallenden Rediskontkredite. Handelswechsel (mit einer Restlaufzeit von bis zu 180 Tagen) wurden von der Deutschen Bundesbank jedoch in den Katalog refinanzierungsfähiger Sicherheiten einbezogen. Auch Kredite der Banken an Wirtschaftsunternehmen mit einer Restlaufzeit bis zu zwei Jahren, d.h. nicht marktfähige Sicherheiten, wurden von der Deutschen Bundesbank in die Kategorie 2 aufgenommen. Feinsteuerungsoperationen Feinsteuerungsoperationen sollen unerwartete Liquiditätsschwankungen im Bankenbereich und dadurch ausgelöste reversible Zinsausschläge am Geldmarkt dämpfen bzw. ausgleichen. Sie finden unregelmäßig statt und ihre Laufzeit ist nicht standardisiert. Die Abwicklung erfolgt entweder in Form von bilateralen Geschäften oder Schnelltender. Sie können sowohl der Liquiditätszuführung als auch der Liquiditätsabschöpfung dienen. Befristete TransaktionenBei den befristeten Transaktionen wird für eine bestimmte Zeitspanne Zentralbankgeld dem Bankensektor zugeführt oder entzogen. Liquiditätszuführende Transaktionen werden über den Schnelltender durchgeführt. Liquiditätsabsorbierende Transaktionen laufen über bilaterale Geschäfte ab. Der Schnelltender wird innerhalb von nur einer Stunde abgewickelt und nach einem Rotationsprinzip nimmt nur eine begrenzte Anzahl von Geschäftspartnern daran teil. Bilaterale Geschäfte schließt das ESZB direkt mit einem bzw. wenigen Geschäftspartnern ab oder lässt sie über Börsen und Marktvermittler abwickeln. DevisenswapgeschäfteBei einem Devisenswapgeschäft ist zwischen einem Kassamarkt und einem Terminmarkt zu unterscheiden. Auf dem Kassamarkt erfolgt die Übergabe und Bezahlung der Devisen innerhalb von zwei Tagen nach Vertragsabschluss zum Kassakurs. Auf dem Terminmarkt erfolgt die Übergabe und Bezahlung der gehandelten Devisen eine gewisse Zeit nach Vertragsabschluss zum bereits bei Vertragsabschluss vereinbarten Terminkurs. Hereinnahme von TermineinlagenDie Hereinnahme von Termineinlagen dient der Liquiditätsabschöpfung. In der Regel wird das Schnelltenderverfahren (Zinstender) eingesetzt. Ausnahmsweise kommt es auch zu bilateralen Geschäften. Die Hereinnahme findet unregelmäßig statt, die Laufzeit ist nicht standardisiert. In Ausnahmefällen entscheidet der EZB-Rat, ob die bilaterale Hereinnahme von Termineinlagen von der EZB durchgeführt werden kann. In der Regel erfolgt die Hereinnahme durch die nationalen Zentralbanken. Definitive Käufe und VerkäufeBei definitiven Käufen und Verkäufen werden von den nationalen Zentralbanken bestimmte Wertpapiere (Kategorie 1-Sicherheiten) endgültig gekauft bzw. verkauft. Die Geschäfte werden nach den Marktgepflogenheiten abgewickelt, die für die bei der Transaktion verwendeten Schuldtitel üblich sind. Strukturelle Operationen Strukturelle Operationen sollen längerfristig einen Einfluss auf die Bankenliquidität haben. So könnte es beispielsweise ein Ziel der EZB sein, die Refinanzierungsabhängigkeit der Geschäftsbanken vom ESZB (wieder)herzustellen, damit kurzfristige Geldmarktsätze steuerbar werden. Das ESZB bedient sich hierbei der Offenmarktgeschäfte und kann dem Geldmarkt sowohl Liquidität zuführen als auch abschöpfen. Befristete Transaktionen dienen der Liquiditätsbereitstellung und werden als Standardtender von den nationalen Zentralbanken abgewickelt. Die Laufzeit ist allerdings nicht standardisiert und die Durchführung kann auch im unregelmäßigen Rhythmus erfolgen. Definitive Käufe und Verkäufe von Wertpapieren erfolgen über bilaterale Geschäfte oder über Börsen und Makler. Durch die Emission von Schuldverschreibungen kann das ESZB am Markt bewirken, dass ein Liquiditätsbedarf entsteht oder vergrößert wird (Liquiditätsabschöpfung).
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