Bestimmungsfaktoren
Die Art des Bankensystems eines Landes bestimmen als Hauptdeterminanten: 1. Wirtschaftsordnung: Die der jeweiligen Gesellschaftsordnung eines Staates entspr. Wirtschaftsordnung konstituiert jeweils ein nationales Bankensystem, das weitestmöglich die Aufgaben erfüllen sollte, die ihm in der Wirtschaftsordnung zugedacht sind. In der marktwirtschaftlichen Ordnung besteht diese Aufgabe in gesamtwirtschaftlicher Sicht vornehmlich darin, unter Marktbedingungen (Wettbewerb, dezentrale Preisbildung, Autonomieprinzip usw.) optimale Allokation von Finanzierungsmitteln zu gewährleisten. Dagegen wird in Zentralverwaltungswirtschaften diese Allokation durch den Plan vorgegeben; den Banken verbleibt damit in erster Linie die untergeordnete Aufgabe, mittels der politisch gesteuerten Kreditvergaben das Volkseinkommen zu verteilen und darüber hinaus die Planziele der Betriebe zu überwachen sowie evtl. über vorgegebene Eingriffe die Wirtschaft zu stimulieren. In der sozialistischen Wirtschaft sind die Banken also ein Instrument staatlicher Planung ohne eigenen Entscheidungsfreiraum. Da auch in Marktwirtschaften die Geldversorgung der Wirtschaft mittels einer zentralen, unter politischen bzw. legislativen Prämissen handelnden Zentralbank erfolgt, die Geschäftsbanken aber über Marktmechanismen tätig werden sollen, bildeten sich dort 2-stufige Bankensysteme heraus, in denen rechtlich, organisatorisch und geschäftlich zwischen Notenbank und Geschäftsbanken unterschieden wird. 2. Gesetzgebung: In Marktwirtschaften ist der Bankensektor einer der Wirtschaftsbereiche, die stark von rechtlichen Restriktionen und Regulationen betroffen sind. Diese werden mit der besonderen Stellung von Banken in der Volkswirtschaft begründet: Der Ordnungsgeber will dadurch einerseits unter dem Aspekt des Gläubigerschutzes der Tatsache Rechnung tragen , dass den durch Kundeneinlagen stark fremdfinanzierten Banken grosse Teile des Volksvermögens anvertraut sind. Andererseits ist ein funktionierendes Bankensystem für die Abwicklung weiter Teile der wirtschaftlichen Aktivitäten einer Volkswirtschaft notwendig. Dementspr. existieren mehr oder minder umfangreiche, die Tätigkeiten im finanziellen Sektor restringierende Bankengesetzgebungen. Diese haben z. T. seit dem 2. Weltkrieg weit gehende Veränderungen widerfahren. 3. Marktentwicklungen: Unter marktmorphologischen Aspekten sind vor allem die Zahl der Bankinstitute, deren Veränderung sowie Marktanteile und Marktanteilsverschiebungen im Zeitablauf bedeutsam. Was die Zahl der Banken betrifft, ist seit Längerem der Trend zu grösseren und leistungsfähigeren Instituten zu konstatieren (Konsolidierung, Konzentration). Auch ist das verstärkte Auftreten konkurrierender Niederlassungen ausländischer Bankinstitute Indiz für gestiegenen Wettbewerb in der Bankwirtschaft. Diese domizilieren überwiegend an den grossen Bankplätzen und engagieren sich insb. im Gross- und Firmenkundengeschäft, in jüngerer Zeit auch begrenzt im breiten Privatkundengeschäft. Auch durch das Bemühen der meisten Banken um ein umfassendes Leistungsangebot, Identität der Zielgruppen und damit einhergehenden Schwund an »Marktnischen« hat sich die Wettbewerbsintensität im Bankensektor verschärft. Die früher zwischen den einzelnen Bankengruppen bei bestimmten Kundengruppen bestehende »klassische« Arbeitsteilung existiert in dieser Form nicht mehr. An die Stelle des Intragruppenwettbewerbs und teilw. zusätzlich zu diesem ist verstärkt der Intergruppenwettbewerb getreten. Zweifellos scheinen jedoch auch gegenwärtig noch gewisse Geschäftsschwerpunkte hins. Leistungsprogramm und Kundengruppen sowie individuelle Stärken und Schwächen der Bankengruppen in einzelnen Marktbereichen erkennbar. Nennenswerte geschäftspolitische Einschränkungen als Konkretisierung der Grundaufträge (Sachziele) sind allerdings nicht mehr ableitbar. Die marktpolitischen Aktivitäten werden vielmehr gruppenübergreifend durch liquiditäts- und risikopolitische Restriktionen sowie durch nicht gruppenspezif. formulierte Anspruchsniveaus für das Gewinnziel gesteuert. Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit (Risikosteigerung, zunehmende Kreditausfälle) haben die Banken zur Neuorientierung ihrer Geschäftspolitik weg vom reinen Wachstumsstreben und hin zu verstärkter Rentabilitätsorientierung veranlasst. Letzteres zeigt sich besonders deutlich in marktpolitischen Respezialisierungsstrate-gien. So verlagern einzelne Banken gezielt ihren geschäftspolitischen Schwerpunkt, indem sie wenig ertragreiche und unrentable Geschäfte und Geschäftsbereiche aufgeben und im Rahmen eines zielgruppenorientierten Marketingkonzepts stärker ertragreiche Marktsegmente besetzen. 4. Funktionsweise: Ein gut funktionierendes Bankenoder - umfassender - Finanzsystem versetzt eine Volkswirtschaft in die Lage, ihr Wachstumspotenzial voll auszuschöpfen, da es die Bereitstellung der notwendigen Finanzierungsmittel für Investitionsmöglichkeiten mit geringst möglichem Aufwand ermöglicht. Dementspr. hat auch die EU Strukturreformen im Finanzsektor auf der Lissabon-Agenda hohen Stellenwert eingeräumt. Dies zeigt bspw. auch der von der EU-Kommission entwickelte und von den EU-Mitgliedstaaten umzusetzende Aktionsplan für Finanzdienstleistungen, der als wichtiges Ziel stärkere europäische Finanzmarktintegration zum Zweck der Vollendung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen beinhaltet. Ebenso hat die EU-Kommission ein sog. Grünbuch zur Finanzdienstleistungspolitik (2005-2010) publiziert. Zudem hat der Finanzsektor bei Durchführung und Transmission der Geldpolitik der EZB ganz wesentliche Bedeutung und ist effizientes Funktionieren des Finanzsystems für Finanzstabilität relevant. 5. Allgemeines institutionelles Umfeld: Das Funktionieren eines Bankensystems wird auch durch das allgemeine institutionelle Umfeld mit determiniert. Nach der EZB sind die Governancestrukturen, die das Problem der Kontrolle zwischen Geldanlegern und Managern mindern, u.a. in Traditionen, soziale Normen sowie religiöse und politische Bedingungen eingebettet. Das Pflichtbewusstsein eines Bankmanagers gegenüber externen Investoren wird den Interessenkonflikt zwischen ihm und seinen Anlegern schon dann abschwächen, wenn es nur wenige formelle Governanceregeln gibt. Explizite Verträge können weder alle Eventualitäten voraussehen oder einschliessen noch unter allen Umständen vollständig durchsetzbar sein. Nach der EZB basiert jeder wirtschaftliche Austausch zum gewissen Teil auf Vertrauen und Fairness, und derartige Faktoren werden von sozioökonomischen und ethischen Einflüssen bestimmt. Gesetze, die Gläubiger- und Aktionärsschutz regeln, und z.T. auch der Schutz der persönlichen Eigentumsrechte gegenüber den Rechten des Staates, hängen von der Politik ab.
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