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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Flächenrecycling

Flächenrecycling wird verstanden als eine nutzungsbezogene Wiedereingliederung von Flächen in den Natur- und Wirtschaftskreislauf, die ihre bisherige Funktion verloren haben. Hierunter fallen Militärliegenschaften, Industrie- und Gewerbebetriebe. Das Flächenrecycling wird durch planerische, umwelttechnische und wirtschaftpolitische Maßnahmen durchgeführt. 1. Brachflächen Wirtschaftliche Umstrukturierungsprozesse bedingen das Brachfallen großer Flächenareale, insb. in den alten Montanrevieren. Strukturwandel läßt nicht nur brachliegende Grundstücke entstehen, sond ern bewirkt auch eine erhöhte Nachfrage nach gewerblichen Flächen seitens anderer Gewerbebetriebe/ Gewerbebranchen. Brachflächen lassen sich in folgende Kategorien einteilen: Industrie- und Gewerbebrachen, Infrastrukturbrachen und Militärische Brachen (auch Konversionsflächen genannt). Entsprechend ihrer Entstehungsgeschichte konzentrieren sich die unterschiedlichen Brachenkategorien in bestimmten geographischen Räumen. Neben wirtschaftlichen Strukturveränderungen bedingen gesellschaftliche Neu formierungprozesse (Rüstungsabbau) ein Brachfallen von Flächen. Aufgegebene militärische Liegenschaften im Osten Deutschlands sind besonders umfangreich. Mit dem Abzug des Militärs entstanden große Areale vornehmlich im Außenbereich. Diese Konversionsflächen bieten ein erhebliches Potential für die Kommunal- und Regionalstruktur, nachdem sie von Militäraltlasten, wie Munition gesäubert wurden. Die Erschließung dieser Konversionsflächen stellt ein Spezifikum dar, da Militärstationen ihrer Umwelt gegenüber eher abgeschottet waren und sich häufig nur eine zentrale Zufahrt zu den Grundstücken bietet. Konversion bedeutet im herkömmlichen Sinne „Umwidmung“ oder „Neubestimung“. Während sich Alttextilstandorte in peripheren Gebieten verteilen, liegen stillgegelegte Bergbauflächen und ehemaligen Stahlstandorte in alten Montanrevieren wie dem Ruhrgebiet. Durch spektakuläre Waterfrontprojekte gewinnen funktionslos gewordene Hafenflächen an Bedeutung, indem sie die Skyline der Städte in den Hafenbereichen prägen und das Image verbessern. Große Probleme hingegen bereiten die linienhaften, heute z. B. zu Radwegenetzen umfunktionierten Brachflächentypen, wie aufgelassene Bahnstrecken, Straßen oder Kanäle. 2. Ziele des Flächenrecyclings Nach wie vor steigt der Flächenbedarf für höherwertige städtebauliche Nutzungen. Unter dem Aspekt der Nachhaltigen Stadtentwicklung kommt den Brachflächen eine essenzielle Bedeutung zu, insbesondere bei Berücksichtigung des Ressourcenschutzes. In der Agenda 21 und in dem „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland“, einem ganzheitlichen Zielkonzept, beschlossen vom Deutschen Nationalkommite Habitat II im März 1996 werden die Rahmenbedingungen einer zukünftigen Nachhaltigen Stadtentwicklung skizziert. Das Flächenrecycling nimmt in diesem Zusammenhang eine zentrale Stellung ein. Dem Brachflächenrecycling soll der Ausweisung von Flächen auf der „grünen Wiese“ Vorrang eingeräumt werden. Mit der gültigen Novellierung des Baugesetzbuches sollen die Gemeinden durch ihre –Bauleitplanung eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung gewährleisten. Der Terminus der „nachhaltigen Entwicklung“ wird aus dem Begriff des „Sustainable Development”, einer der Hauptforderungen der Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung im Jahr 1992 in Rio de Janeiro, abgeleitet. Nachhaltigkeit verfolgt die Trias Ökonomie, –Ökologie und Soziales in Verbindung mit einer Zukunftsdimension. Zukünftige Generationen sollen mindestens die gleichen Lebensbedingungen vorfinden wie gegenwärtige Gesellschaften. Der Ressourcenverbrauch soll auf ein Niveau herabgesenkt werden, das die -Regenerationsfähigkeit der Ressourcen nicht übersteigt. Durch Flächenrecycling kann Umweltbelastungen entgegengewirkt werden, indem Schadstoffe immobilisiert werden und der Erschöpfbarkeit und Belastbarkeit der Ressource Boden Beachtung geschenkt wird. Täglich ist in Deutschland ein Zuwachs an versiegelter Fläche von 120 ha zu verzeichnen. Demgegenüber stehen 25.000 ha an ehemaligen Industrieflächen in Ballungsräumen. Bundesweit beträgt die Höhe der Altlastenverdachtsfläche 190.000 ha. 10 bis 20 % dieser Flächen müssen saniert werden. Im Bundesumweltministerium wird Flächenrecycling im Entwurf des umweltpolitischen Schwerpunktprogramms „Nachhaltige Entwicklung in Deutschland“ in den Schwerpunktthemen „Schutz des Naturhaushalts“ und „Ressourcenschonung“ thematisiert. Übergeordnete Ziele sind eine dauerhafte Entkopplung von Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsfläche vom Wirtschaftswachstum, die Reduzierung der Siedlungs- und Verkehrsfläche auf 30 ha pro Tag bis zum Jahre 2020 und die Beseitigung der von Altlasten ausgehenden Gefahren für Mensch und Umwelt in Verbindung mit der Wiedernutzbarmachung möglichst vieler Altlastenflächen und sonstiger Brachflächen für neue Nutzungen. 3. Potentiale und Restriktionen des Flächenrecyclings 3.1. Potentiale Mit der Nutzung alter, bereits versiegelter Flächen im Gegensatz zum Neubau auf der „grünen Wiese“ wird in einem erheblichen Maße der ökologischen Dimension des Nachhaltigkeitsprinzips Rechnung getragen. Gefahrenpotentiale, die von diesen Flächen für Mensch und Natur ausgehen, werden zu verhindern gesucht. Durch gezieltes Wiedereinbringen von Flächenarealen in die Landschaft können Grünzüge vernetzt und die ökologische Situation einer Region gestärkt werden. Indem Flächen zum Teil wirtschaftlich neu erschlossen werden, wird Standorten mit hohen Arbeitslosenquoten arbeitsmarktpolitisch geholfen und auf die ökonomische Seite des Nachhaltigkeitsprinzips eingegangen. Die alten Infrastruktureinrichtungen der funktionslos gewordenen Flächen entsprechen den harten Standortfaktoren im weitesten Sinne, z. B. durch eine verkehrliche Erschließung. Jedoch kommen weichen Standortfaktoren eine immer bedeutendere Rolle zu. Unter diesen Standortfaktoren ist das Maß an Lebensqualität zu verstehen, daß an einem bestimmten Standort geboten wird. Ökologie, Kultur und das Image nehmen einen hohen Stellenwert bei diesen zukünftigen Standortanforderungen ein. Insbesondere die Wirtschaftsförderungsabteilungen der Städte beklagen Gewerbeflächenengpässe, denen durch eine Neunutzung der Brachflächen entgegengewirkt werden kann, ohne weitere Fläche zu versiegeln. Flächenrecycling bietet Chancen zur Verbesserung der Umweltqualität durch bodenschonende Gewerbe- und Wohnflächen und durch den Wiederaufbau von Landschaft. Weiteres Potential liegt in einer positiven Veränderung des Stadtbildes, welches nicht nur für die Bürger von Bedeutung ist, sondern ein effektives Standortmarketing ermöglicht. Zurückgebliebene Gebäude werden häufig als Restriktion aufgefaßt, obwohl sich in ihnen ein erhebliches Entwicklungspotential birgt. Es sind Zeitzeugen einer vergangenen Epoche. Die Nutzung historischer Industriearchitektur läßt auf diesen Flächen ein besonderes Ambiente entstehen. Auf vielen Revitalisierungsstandorten wird aus den industriegeschichtlichen Bauten Identität gezogen. Oft gelten ausgediente Fördertürme als Wahrzeichen dieser Flächen. Häufig hat sich in den alten Fabrikhallen, insb. im Ruhrgebiet, eine Kulturszene etabliert: Stadtteiltheater, Kinos, Diskotheken oder Musicals. In letzter Zeit gewinnen diese Relikte der Industrialisierungsepoche an Wertschätzung, nicht zuletzt durch die Bestrebungen der IBA-Emscherpark, den alten Industrieflächen und Industriegebäuden neue Nutzungen zuzuführen. Als eine strukturpolitische Maßnahme des Landes Nordrhein-Westfalen verfolgte sie das Ziel der Nachhaltigen Stadtentwicklung. Neue Wege in der Stadtplanung wurden durch sie realisiert. Bekanntes Beispiel für die Verbindung von Landschaft, Kultur, Wirtschaft und Industriedenkmälern sind der Landschaftspark Duisburg-Nord und der Gasometer in Oberhausen. 3.2. Restriktionen Wesentliche Entwicklungshemmnisse ergeben sich durch die Restriktionen -Kontamination, Kosten der Aufbereitung und dem aus Altlasten resultierenden schlechtem Image, den sog. mentalen Altlasten. Ein weiteres Problem ist der Mobilisierungszeitraum der Grundstücke, denn um eine Fläche einer nachhaltigen Nutzung zuführen zu können, bedarf es längerer Zeiträume. Dieser Mobilisierungszeitraum gilt häufig als Ausschlußkriterium für die Flächenentwicklung, da Investoren und Grundstückseigentümer in der Regel an einer schnellen Reaktivierung interessiert sind. In den meisten Fällen muß das gängige Planungsrecht für die Flächen hinsichtlich der Folgenutzung abgeändert werden. Insbesondere bei alten Zechenstandorten stellt die Entlassung aus der Bergaufsicht, die die Aufstellung eines Abschlußbetriebsplan verlangt, der wiederum ein gesondertes Abwägungsverfahren beinhaltet, ein zeitaufwendiges Verfahren dar, da der Flächennutzung- und Gebietsentwicklungsplan danach zusätzlich angepaßt werden muß. Hemmnis früherer Flächenmobilisierung war eine „Bodensperre“ seitens der Bergbauunternehmen, die aus Angst vor Betriebsansiedelungen neuer Branchen und daraus resultierender Konkurrenz um Arbeitskräfte, ihre Flächen horteten. Oft fielen auch Flächen brach, weil sie für Unternehmen kein weiteres Geschäftsfeld boten, wie z. B. Flächen der Deutschen Bahn AG. Neben Kontaminationen bilden bauliche Altlasten, wie vorhandene Gebäude, Fundamente, Kanäle und Kabel erhebliche Restriktionen. Erschwert wird die Situation durch nicht zu lokalisierende, aufgegebene Schächte, Bergsenkungsproblematiken, bergmännische Wasserhaltung und Hohlräumen im Untergrund. Das größte Problem stellen jedoch die Altlasten dar. Chemische Altlasten sind die im Grundwasser, im Boden und in der Luft befindlichen Kontaminationen. Nach dem BBodSchG werden sie in Altstandorte und Altablagerungen unterteilt. Gesundheitsschädliche Wirkungen und sanierungsbedingte Kosten bedingen mentale Altlasten, die das negative Image in der Bevölkerung bzw. die negative Einstellung der Öffentlichkeit bezüglich alter Industrie- und Konversionsstandorten und ihrer Restriktionen beinhalten. Der Vermarktung ehemaliger Industrieflächen stehen erheblichen Akzeptanzprobleme gegenüber. 4. Formen der Wiedernutzung Unterschiedlichste Folgenutzungen können sich durch eine Revitalisierung ergeben. Die Grundstücke fungieren als potentielle Flächen für die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe, Wohnen, Freizeit und Erholung oder als Standort zur Realisierung städtebaulicher Ziele. Wichtigstes Kriterium für die Folgenutzung ist, ob es sich bei dem Grundstück um eine Altlast handelt. Das Ausmaß einer Kontamination und weiterer Restriktionen ist von zentraler Bedeutung für die Folgenutzung. Oft müssen bestimmte potentielle zukünftige Nutzungen durch Restriktionen ausgeschlossen werden. Die umgebende Nutzungsstruktur beeinflußt ebenfalls die Zukunft der Fläche. Flächen ehemaliger Schachtanlagen liegen häufig in Außenbereichen und werden somit häufig renaturiert. Es kommt entweder zu einer baulichen Wieder- oder zu einer Freiraumnutzung. Die Wiedernutzung kann folgende Nutzungsstrukturen aufweisen: Freiraumnutzung: aufgesplittet in anthropogen nutzbaren und nicht nutzbaren Raum, um: - den Grünflächenanteil der Stadt zu erhöhen; - durch Lage in der Landschaft, die durch ehemalige Nutzungen zersiedelte Landschaftsfläche neu vernetzen zu können. bauliche Nutzung: aufgesplittet in Gewerbe, Wohnen, Freizeitnutzung. Wird eine bauliche Folgenutzung angestrebt, muß die Sanierung ihrer Folgenutzung angepaßt werden. Oberste Priorität ist es, daß von den Altstandorten keine Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt ausgeht. Die verschiedenen Folgenutzungen setzen jedoch unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen voraus. So ist Wohnnutzung wesentlich sensibler und bedingt ein umfangreicheres Sanierungsverfahren als gewerbliche Nutzung. Bei einer erhöhten Kontamination ist eine gewerbliche Folgenutzung die kostengünstigere Alternative. Der Umfang von Sanierungsmaßnahmen auf Freiflächen ist bedeutend niedriger als bei baulichen Nutzungen. Häufig wird lediglich eine Bodenabdeckung mit Mutterboden vorgenommen oder stark belastetes Material wird ausgekoffert. 5. Arbeitsschritte des Flächenrecyclings Die Sanierung von Brachflächen ist eine interdisziplinäre Aufgabe. Geowissenschaftler, Ökologen, Naturwissenschaftler, Ingenieure und nicht zuletzt Manager sind bei einer Revitalisierung von Brachflächen beteiligt. Wesentliche Arbeitsschritte sind (Genske, D./ Noll, H.-P. 1995): Gefährdungsabschätzung; Sanierungsplanung; Durchführung und Überwachung der Sanierungsmaßnahme. 5.1. Gefährdungsabschätzung Die Gefährdungsabschätzung umfaßt die Gesamtheit der Untersuchungen, Analysen und Bewertungen, die notwendig sind, um eine Gefahrenbeurteilung durchzuführen. Zuerst wird eine Dokumentation des heutigen Zustands erfolgen, (Status-QuoArbeitspapier). Mit diesem Schritt wird eine Karte des Untersuchungsgebietes angefertigt, in der der gegenwärtige Stand der Bebauung zu sehen ist. In einer darauf folgenden historischen Recherche werden altes Kartenmaterial, alte Betriebspläne, Chroniken, geologische und hydrologische Karten und Luftbilder ausgewertet. Ziel dieser Recherche ist es, produktions- und standortspezifische Informationen über eventuelle Altlastenverdachtsflächen zu sammeln. Mit dieser Art der Recherche können alle ehemaligen und bestehenden Bebauungen, Produktionsstandorte und Standortnutzungen skizziert werden, um Altlastverdachtsflächen bestimmen zu können. So kann z. B. in der Nähe von Kokereien mit Altlasten gerechnet werden. Durch eine Recherche der Firmenchroniken und Zeitungen können ehemalige Unfälle aufgedeckt werden, die eine Bodenkontamination zur Folge hatten. 5.2. Sanierungsplanung Die Sanierungsplanung baut auf den Ergebnissen der Gefährdungsabschätzung auf. Mittels der Gefahrdungsabschätzung können Verunreinigungen und die Bebaubarkeit des Untergrundes erkannt werden. Die Sanierungsplanung setzt sich im wesentlichen aus den folgenden drei Schritten zusammen: Sanierungsuntersuchung Machbarkeitsstudie Sanierungskonzept Wenn in der Gefahrdungsabschätzung eine Kontamination festgestellt wurde, wird eine Abstimmung mit dem Träger des Vorhabens und den beteiligten Behörden in der Regel unter der Federführung einer koordinierenden Instanz erfolgen. Basis sind hier die festgelegten Sanierungsziele, welche folgende Beispiele umfassen können: Einhaltung des zeitlichen Rahmens der Sanierungsmaßnahme; Erhaltung schützenswerter Biotope; Ermöglichung einer Folgenutzung; Minimierung kontaminierten Bodenaushubs im Sinne der Abfallvermeidung; Sicherstellung der Überwachung der Sanierung; Unterbindung der Wirkungspfade von Schadstoffen über die Medien Boden, Wasser, Luft; Verbesserung des Image, bzw. der Akzeptanz in der Öffentlichkeit für die Maßnahme. 5.2.1. Sanierungsuntersuchungen Vor der eigentlichen Sanierung erfolgen Sanierungsuntersuchungen. Laut BBodSchG besteht bei Kontaminationen für Behörden die Pflicht, von denjenigen Untersuchungen für die Entscheidung über die Art und den Umfang der Sanierung zu verlangen, die für die Sanierung zur Verantwortung gezogen werden. Mit der Untersuchung können die späteren Maßnahmen festgelegt werden. Prüfungsrelevante Punkte einer Sanierungsuntersuchung sind: Art der Verwertung und -Entsorgung der anfallenden Abfälle; die Eignung der Verfahren; eine Nutzen-Kosten-Analyse; erforderliche Genehmigungen; potentieller Kosten- und Zeitaufwand; sinnvolle Nachsorgemaßnahmen; technische Voraussetzungen für die Realisierbarkeit der Sanierungsmaßnahmen; vermuteter Wirkungsgrad der Maßnahmen. Das Ergebnis der Sanierungsuntersuchung stellt ein Sanierungsplan dar. Diese Untersuchung schafft die Basis für eine Machbarkeitsstudie. 5.2.2. Machbarkeitsstudie In der Machbarkeitsstudie werden die besten Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen herausselektiert. Die einzelnen Maßnahmen und Verfahren werden nach bestimmten Kriterien untersucht: Akzeptanz; Betriebssicherheit; Einhalten des Sanierungsziels; Kosten; Nachsorge und Überwachung; Vorliegen zukünftiger Nutzungseinschränkungen; Zeitbedarf. 5.2.3. Sanierungskonzept Sanierung bedeutet die Beseitigung einer bestehenden Gefahr für die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Es bestehen drei Möglichkeiten der Sanierung: Dekontamination; Sicherung; Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen. Unter Dekontamination ist eine vollständige Entfernung der Schadstoffe z. B. durch Bodenaushub zu verstehen. Laut BBodSchG wird bei schädlichen Bodenverunreinigungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes entstehen, der Dekontamination Vorrang eingeräumt werden müssen. Da Deponieraum für Kontaminationen teuer ist, wird aus Kostengründen häufig davon abgesehen. Sicherung umfaßt Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von Verunreinigungen, z. B. das Einkapseln einer Bodenverunreinigung. Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen legen Verhaltensregeln und Nutzungseinschränkungen fest, z. B. Spielverbot oder Verbot des Anbaus von Nahrungsmitteln auf der belasteten Fläche. Sicherungs-, Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen müssen überwacht werden, während bei einer Dekontamination dauerhaft von keinen negativen Auswirkungen ausgegangen werden kann. Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen dürfen laut BBodSchG nur durchgeführt werden, wenn andere Sanierungsmaßnahmen nicht möglich bzw. unzumutbar sind. Dies wäre der Fall, wenn die Kontamination überbaut ist oder es noch kein technisches Verfahren zur Beseitigung gibt. Für die Sanierung des Baugrundes alter Zechenstandorte gibt es besondere Verfahren. So können Bauwerkslasten zum Beispiel durch Pfahlgründung in tieferen, tragfähigen Schichten realisiert werden. Heterogenitäten des Baugrundes werden durch Injektionen oder Verfüllung von Hohlräumen ausgeglichen. Zentrale Aufgabe der Machbarkeitsstudie ist eine vernünftige Verzahnung von Baugrundsanierung und Altlastensanierung, da ansonsten eine umweltverträgliche und wirtschaftliche Revitalisierung ausgeschlossen werden kann. Auf Grundlage dieser Machbarkeitsstudie erfolgt eine Diskussion mit den verschiedenen Beteiligten und es wird das endgültige Sanierungskonzept festgelegt. Für jeden einzelnen Teilbereich der Fläche werden nun konkrete Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen vorgeschrieben. Am Ende der Sanierungsplanung steht ein Sanierungsplan mit folgenden Inhalten: beabsichtigte Maßnahmen; Ergebnisse der Sanierungsuntersuchung; Gefahrenpotential; Kosten- und Zeitrahmen; Sanierungsziele; Standortverhältnisse; Überwachungsmaßnahmen: 5.3. Durchführung und Überwachung der Sanierungsmaßnahme Als Grundlage für die Durchführung und Überwachung der Sanierungsmaßnahme dient das Sanierungskonzept. Erkenntnisse aus der Gefährdungsabschätzung liefern potentielle Sanierungskosten. Kosten sind der entscheidende Faktor für die Bestimmung der weiteren Nutzung einer Fläche. Falls die Kosten den erwirtschafteten Wert durch Grundstücksverkauf oder durch Fördermittel übersteigt, entscheidet man sich für einen Konkurrenzstandort auf der „grünen Wiese“. 5.4. Kostenermittlung von Flächen Die Wertermittlung von Standorten ist eine interdisziplinäre Aufgabe. Der Grundstückswert eines revitalisierten Standortes berechnet sich aus dem Aufwand für Sanierung, Erschließung und der planungsrechtlich zulässigen Verwertung des Grundstücks. Mentale Altlasten sind in diese Rechnung mit einzubeziehen, da sie den Wert einer Fläche erheblich schmälern können. Wird eine Sanierung belastungsbezogen durchgeführt, kann dadurch die Sanierungsmaßnahme gering gehalten werden und somit der Wert der Fläche gesteigert werden. Grundstücke, die in Zukunft nicht bebaut werden können, können als -Ausgleichsflächen ausgewiesen werden. Die Ermittlung des Verkehrswerts wird im wesentlichen durch das Baugesetzbuch geregelt. Die Wertermittlung von vorgenutzten Industrieflächen erfolgt nach den gleichen Kriterien wie bei herkömmlichen Grundstücken. Drei grundsätzliche Verfahren müssen bei der Ermittlung des Verkehrswerts beachtet werden: Ertragswert, Sachwert, Vergleichswert. Der Wert unbebauter Grundstücke wird durch Vergleichswerte ermittelt, während bei bebauten Grundstücken die einzelnen Komponenten Gebäude, Boden, Außenanlagen bewertet und in den anzuwendenden Verfahren berücksichtigt werden. Wertbeeinflussende Faktoren müssen durch Zu- oder Abschläge in die Rechnung mit einbezogen werden. Die bereits beschriebenen unterschiedlichen Potentiale bzw. Restriktionen des Grundstücks schlagen sich in den Zu-und Abschlägen nieder. Bei kontaminierten Grundstücken muß neben den herkömmlichen Bewertungsmethoden noch die Qualität des Untergrundes mit einbezogen werden. Für die Ermittlung dieses Wertes sind Experten hinzuzuziehen. 5.5. Einsatz multimedialer Arbeitsweisen Das Flächenrecycling bedient sich immer häufiger multimedialer Arbeitsweisen. So erfolgt die Erstellung des Status-Quo-Papiers unter Computereinsatz. Mittels Digitalisierung wird die Fläche als Kartenmaterial in einen Computer eingegeben, um modifiziert werden zu können. 3D-Grafik-Workstations tragen zur Visualisierung von Brachflächen bei. Die Arbeit an Altlastenprojekten wird durch den Einsatz elektronisch Datenverarbeitungsmedien erleichtert, da Umweltbelastungsdaten besser analysiert werden können. Mittels dreidimensionaler Simulation kann die Komplexität einer Revitalisierung transparent gemacht und eine abschließende Präsentation somit erleichtert werden. Bereits vorliegendes Kartenmaterial kann mit den Daten der historische Recherche gefüttert werden. Mit der sog. Layertechnik, einer Technik zur Überlagerung von digitalen Folien können alle Daten in einer einzigen Karte dargestellt werden. Die multimediale Visualisierung der Problematik mit einer dreidimensionalen Darstellung von Schadstoffwegen und zukünftigen Nutzungen wird immer häufiger verfolgt. Geo-Informationssysteme unterstützen diese Arbeit und erleichtern einen Vergleich der unterschiedlichsten Flächen. Der Einsatz von Computertechnik, insb. dem Internet, begünstigt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Da die Bedingungen einer jeden Fläche unterschiedlich in bezug auf Schadstoffbesatz, der historischen Nutzung und der umgebenden Struktur sind, kann nicht auf eine allgemein Strategie zur Revitalisierung zurückgegriffen werden. Vielmehr muß das strategische Vorgehen bei jeder Fläche neu durchdacht werden, obwohl die wesentlichen Kernarbeitsschritte, die bereits skizziert wurden, gleich bleiben. Insbesondere bei der Vermarktung von Grundstücken helfen Datenbanken, in denen Flächengröße und Potentiale der Fläche dargestellt werden können. Durch das Internet und mittels dreidimensionaler Darstellung können sich weltweit Interessenten über Grundstücke informieren. 6. Auswirkungen des Bundes - Bodenschutzgesetzes Mit Inkrafttreten des BBodSchG zum 1. März 1999 ist eine wesentliche Grundlage für eine effektive Altlastensanierung und die Revitalisierung von kontaminierten Industriestandorten und ihrer Wiedereingliederung in den Wirtschaftskreislauf geschaffen worden. In dem Gesetz finden wirtschaftliche Erfordernisse Berücksichtigung. Das Gesetz legitimiert einen sinnvollen Umgang mit belasteten Boden. Das BBodSchG definiert in § 4 den Kreis der Sanierungspflichtigen. Auch der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers einer schädlichen Bodenverunreinigung kann nun zur Sanierung herangezogen werden. Mit § 13 werden die Anforderungen an den Sanierungsplan als Bestandteil eines öffentlich-rechtlichen Sanierungsvertrages geregelt. Da es bisher keine einheitliche gesetzliche Regelung bezüglich der Altlastenproblematik gab, konnte der Aufwand für die Sanierung von Altlasten nicht rechtssicher kalkuliert werden. Wann eine Altlastenverdachtstläche tatsächlich als eine Altlast zu bezeichnen war, war bis zum Inkrafttreten des Gesetzes völlig unklar. Es gab keine Regelungen, ab wann Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen waren, wann Sanierungsmaßnahmen realisiert werden sollten oder ab welchem Zeitpunkt ein Boden als saniert galt. Bedingt durch diese fehlenden Regelungen wurden alle Beteiligte wie Eigentümer, Sanierer oder Investoren verunsichert. Die größte Hemmschwelle des Flächenrecyclings war bisher die Angst vor Altlasten. Diese Angst ließ selbst innerstädtische Flächen mit bester Infrastruktur unangetastet. Somit entpuppten sich Altlasten als Blockade für die gesamte Entwicklung einer Fläche. Durch das Gesetz werden nun die Sanierungsverantwortung, die Befugnisse der Behörden, die Sanierungsplanung und die Beteiligung der Öffentlichkeit verbindlich festgelegt. Bodenwerte können leichter ermittelt werden. Einem bundeseinheitlichen Vorgehen bei der Altlastenbearbeitung durch einheitliche Vorsorge-, Prüf- und Maßnahmewerte ist nun der Weg bereitet worden. Dem Problem der Kalkulierbarkeit, dem sich Grundeigentümer und Investoren von Sanierungsmaßnahmen gegenüberstehen, haben sich Versicherungen angenommen. Sie versichern ein konkretes Sanierungsprojekt oder auch eine Fläche, auf der bereits Sanierungsmaßnahmen vorgenommen wurden. Versicherungspolicen sind demnach grundstücksbezogen und nicht personenbezogen. Durch das BBodSchG wurde ein neuer Grundstein für das Flächenrecycling geschaffen. Wichtig ist nun, daß die Chancen, die diese funktionslos gewordenen Flächen bergen, auch genutzt und Umstrukturierungen dem Prinzip einer nachhaltigen Entwicklung gerecht werden. Weiterführende Literatur: Kompa, R./ Pidoll, M. V./ Schreiber, B. (Hrsg.): Flächenrecycling. Inwertsetzung. Bauwürdigkeit. Baureifemachung, Berlin u. a. 1997; Genske, D./ Noll, H.- P.: Montanstandorte im Wandel. Konzepte und Beispiele zur Wiedernutzbarmachung, in: Genske, D./ Noll, H.- P./ Trinkaus, E.: Brachflächenrecycling 1995, Essen 1995; Kreibich, R./ Schmid, A. S./ Siebei, W./ Sieverts, T/ Zlonicky, P. (Hrsg.): Bauplatz Zukunft. Dispute über die Entwicklung von Industrieregionen, Essen 1994; Genske, D./ Noll, H.-P.: Brachflächen und Flächenrecycling, Berlin 1995; Zeitschrift Brachflächenrecycling, Essen 1994-1998; Zeitschrift Flächenrecycling Geoprofi, Essen, ab 1998.



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