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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Umweltpolitik, internationale

1. Internationalisierung der Politik - warum? Das Interesse an globalen Umweltproblemen hat in jüngster Zeit erheblich zugenommen - im theoretischen wie im praktischen Sinne. Dies hängt einerseits mit dem wachsenden Problemdruck zusammen, der sich jetzt oder in Zukunft aus ungelösten ökologischen Problemen ergibt, und es ist andererseits Folge der wachsenden Erkenntnis, daß sich manche Probleme auch durch die beste nationale Umweltpolitik allein nicht werden lösen lassen. Zunächst muß jedoch zwischen globalen und universell auftretenden Umweltproblemen unterschieden werden. Für globale Umweltprobleme kann nur eine global konzipierte Politik angemessen sein. Ein Beispiel ist der anthropogene Treibhauseffekt, der das Weltklimasystem destabilisiert und nur durch umfassende internationale Kooperation, das heißt global verbindliche Vertragsgrundlagen, Zielvorgaben und Maßnahmenpakete, angegangen werden kann. Universell auftretende Umweltprobleme können dagegen lokal oder regional begrenzt sein und erfordern nicht notwendigerweise eine solche Vorgehensweise. Ein Beispiel hierfür ist die zunehmende Wasserknappheit, die lokal und regional bekämpft werden kann, auch wenn es dazu, angesichts der unterschiedlichen Problemlösungskapazität der Staaten, einer international koordinierten Strategie bedarf. Die Notwendigkeit der Internationalisierung der Umweltpolitik ergibt sich dabei nicht nur wegen zunehmender ökologisch-ökonomischer Interdependenzen, der Komplexität physikalisch-chemischer Ursache-WirkungsZusammenhänge oder der Langfristigkeit der Wirkungen und der möglichen Irreversibilität von Umweltschädigungen, sondern auch und besonders wegen der Vielzahl der politischen Akteure, der Widersprüchlichkeit ihrer Interessen und der Unterschiedlichkeit ihrer ökonomischen und technischen Handlungspotentiale. Globale bzw. universell auftretende Umweltprobleme erfordern eine Politik, die den Nationalstaat als traditionellen Hauptakteur von Politik nicht aus der Verantwortung entläßt, ihn alleine aber überfordert. Genau dies macht zusätzliche Akteure, internationale Verträge und globale Diplomatie erforderlich, die für abgestimmte Ziele, für ein wirksames Instrumentarium und für adäquate institutionelle Bedingungen einer koordinierten Umsetzung von Politik sorgen. Bausteine internationaler Umweltpolitik Globale bzw. universell auftretende Umweltprobleme können auf ganz unterschiedliche Weise angegangen werden. In der Fachliteratur steht vielfach die „Weltumweltformel“ von Anne und Paul Ehrlich, U = f (B,V,T), im Blickpunkt, wonach die globalen Umweltprobleme (U) bedingt sind durch das Wachstum der Weltbevölkerung (B), den zunehmenden Verbrauch an Gütern und Diensten (V) und die installierte, nicht umweltgerechte Technologie (T). Für die Formulierung praktischer Politik hat diese Formel von den bescheidenen Ansätzen an Bevölkerungspolitik abgesehen jedoch keine unmittelbare Wirkung gehabt, wenn auch die Frage nach den demographischen, ökonomischen und technologischen Triebkräften, die hinter der Belastung bzw. Zerstörung der globalen Ökologie (von Ozonschicht, Klima, Biodiversität, Böden, Wasser und Meere) stehen, nicht ausgeklammert worden ist. Es hat sich statt dessen eine mediale Grundstruktur der internationalen Umweltpolitik ein Baustein-Modell herausgebildet, in der diese Triebkräfte und intermedialen Zusammenhänge jeweils unterschiedlich zum tragen kommen. Der Grund hierfür ist historisch-pragmatischer Art: Die realen Umweltprobleme entwickeln sich unterschiedlich schnell, werden unterschiedlich intensiv von der Öffentlichkeit wahrgenommen, von der Wissenschaft aufgearbeitet und von der Politik aufgegriffen. Das war so bei der Entwicklung der nationalen Umweltpolitik, wo die Luftreinhalte- und die Abfallpolitik weit fortgeschrittener sind als beispielsweise die Bodenschutzpolitik - und es ist so bei der internationalen Umweltpolitik, wo die Ozon- und die Klimapolitik stärker ausformuliert sind als beispielsweise die Biodiversitätspolitik. 2. Ozonpolitik Die bisher intensivste und umfassendste Ausformulierung globaler Umweltpolitik ist beim Problem der Schädigung der stratosphärischen Ozonschicht erfolgt. Im Rahmen insgesamt zehnjähriger Verhandlungen entstand hierzu ein dynamisches internationales Umweltregime, das auf einer Zweiteilung des rechtlichen Instrumentariums in einen stabilen, institutionellen Teil (Rahmenkonvention) und einen flexiblen, instrumentellen Teil (Protokoll) beruht. Die „Wiener Konvention“ von 1985 definierte das Problem, das „Montrealer Protokoll“ von 1987 verpflichtete die Unterzeichnerstaaten darauf, den Verbrauch der die Ozonschicht zerstörenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und Halone bis 1999 um 50 Prozent gegenüber 1986 zu reduzieren. Die Vertragsstaatenkonferenz in Helsinki 1989 leitete die geplante Revision ein, die für FCKW einen vollständigen Produktionsstopp sowie eine schrittweise Regelung für die Reduzierung der anderen ozonschädigenden Stoffe vorsah. Auf den Nachfolgekonferenzen in London (1990) und Kopenhagen (1992) wurden weitere Verkürzungen der Ausstiegszeit beschlossen. Neben diesen verschärften Reduzierungspflichten war auch eine Ausweitung der internationalen Kooperation geboten, weil sich zunächst nur Industrieländer den Regeln unterworfen hatten, nicht aber Entwicklungsländer, darunter Brasilien, China und Indien, die über einen potentiell großen Binnenmarkt für Autos, Kühlschränke und Klimaanlagen verfügen, für die nach herkömmlicher Technik FCKW verwendet wurden. Um diesen Ländern den Beitritt zum Vertrag zu erleichtern, wurde der Multilaterale Ozon-Fonds eingerichtet, der die erhöhten Kosten (full incremental costs) abdecken soll, die Entwicklungsländern bei der Umstellung der Produktion auf ozonverträgliche Stoffe und Verfahren entstehen. Durch Produktionsstopp der ozonschädigenden Substanzen in den Industrieländern und durch Finanz- und Technologietransfer in die Entwicklungsländer zur Herstellung ozonverträglicher Ersatzstoffe gelang so in relativ kurzer Zeit eine Trendwende, die das Ozonregime zu einem, wie es zurecht heißt, Modellfall internationaler Umweltpolitik werden ließ. Die Schädigung der stratosphärischen Ozonschicht bleibt jedoch weiterhin auf der politischen Agenda, weil von verschiedenen Ersatzstoffen ebenfalls ökologische Schäden ausgehen, weil Umsetzungsprobleme in den Nicht-Vertragsstaaten bestehen und illegale Importe größeren Ausmaßes stattfinden. 3. Klimapolitik Das zur Zeit meistdiskutierte globale Umweltproblem ist die Klimaänderung. Die emittierten klimawirksamen Spurengase - wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Stickoxide (N2O), halogenierte und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFCs und PFCs) sowie Schwefelhexafluorid (SF6) - stören den Wärmehaushalt der Erde, indem sie die Wärmeabstrahlung in den Weltraum zum Teil blockieren (daher: zusätzlicher Treibhauseffekt). Den größten Anteil (ca. 50 Prozent) an diesem Erwärmungsprozeß hat das CO2, das, quasi ubiquitär, bei allen wirtschaftlichen Aktivitäten entsteht und dessen Volumen stark mit dem Bruttosozialprodukt korreliert. Das CO2-Problem ist insofern in besonderem Maße ein Nord-SüdProblem. Die CH4-Emissionen (die ca. 18 Prozent des Treibhauseffekts ausmachen) stellen dagegen eher ein Süd-Nord-Problem dar, insofern als große Mengen dieses Treibhausgases in der Landwirtschaft, beim Reisanbau und beim Verdauungsprozeß der Rinderherden in den Ländern des Südens entstehen. Anders als bei den FCKW sind die rasche Eindämmung oder gar der Stopp des Kohlendioxids und des Methans schwierig bzw. unwahrscheinlich. Die HFC-, PFC- und SF6-Emissionen entstammen industriewirtschaftlichen Prozessen, für die relativ rasch Ersatzstoffe gefunden werden dürften. Während die Ursachen der künstlichen Erwärmung der Erdatmosphäre relativ gut bekannt sind, besteht über deren Auswirkungen noch erhebliche Unsicherheit. Der erwartete Temperaturanstieg von 2°C (mittleres Szenario des IPCC, 1996) im globalen Mittel für das kommende Jahrhundert brächte jedoch ohne Zweifel gravierende Folgen mit sich. Die Winter in den gemäßigten Zonen könnten kürzer und wärmer, die Sommer länger und heißer werden. Die Klimaänderung würde schon bestehende, regional schwerwiegende Probleme wie Wetterextreme, Trockenheit oder Bodenerosion verschärfen und eine dauerhaft-umweltverträgliche Entwicklung in großen Teilen der Welt gefährden. Weitere gravierende Auswirkungen globaler Erwärmung wären das Schmelzen des Eises (Gletscher und Polkappen) und der dadurch verursachten thermischen Ausdehnung des Ozeanwassers. Nach der neuesten IPCC-Bewertung (1996) dürfte ein Temperaturanstieg von 2°C (mittleres Szenario) den Wasserspiegel der Ozeane um etwa 50 Zentimeter anheben - im Falle des Abrutschens großer Stücke polaren Eises ins Meer auch noch weit höher. Da etwa ein Drittel der Weltbevölkerung in nur 60 Kilometer Entfernung von der jeweiligen Küstenlinie lebt, wären deren Wohn- und Arbeitsverhältnisse betroffen, für einzelne Länder (wie z. B. Bangladesh) und viele Inselstaaten (wie z. B. die Malediven) könnte sich die Existenzfrage stellen. Die „Klimarahmenkonvention“, die 1992 in Rio de Janeiro verabschiedet wurde und 1994 in Kraft trat, ist ähnlich wie das Ozonregime dynamisch konzipiert (permanentes Sekretariat, jährliche Vertragsstaatenkonferenz, laufende Berichtspflicht, begleitende wissenschaftliche Forschung) und enthält eine potentiell mächtige Definition der Stabilisierungsbedingungen (Artikel 2). Sie ist auf der 3. Vertragsstaatenkonferenz in Kyoto 1997 durch ein Protokoll ergänzt worden („Kyoto-Protokoll“), das bescheidene, aber konkrete Ziel- und Zeitvorgaben enthält und erste Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen (Quellen) bzw. zur Erhöhung der Aufnahmekapazität der Natur (Senken) sowie institutionelle Vorkehrungen zur praktischen Umsetzung der Konvention vorsieht. Von Seiten der Wirtschafts- und Politikwissenschaft sind hierzu mehrere strategische Vorschläge entwickelt worden: die Einführung nationaler und globaler Ressourcen-steuern bzw. Emissionsabgaben, die gemeinsame Umsetzung von Maßnahmen (joint implementation) und national handelbare Emissionszertifikate. Die Annahme dieser Vorschläge, über die im Rahmen der Klimakonvention intensiv diskutiert wird, hätte drastische Änderungen in Struktur und Wachstumspfad der Industrieländer wie auch der Entwicklungsländer zur Folge. 4. Biodiversitätspolitik Trotz Einführung zahlreicher völkerrechtlicher Vereinbarungen zum Schutz und zur sorgfältigen Nutzung der biologischen Vielfalt hält die Zerstörung der natürlichen Lebensräume und das damit einhergehende Artensterben unvermindert an. Das dürfte vor allem daran liegen, daß die bisherigen Ansätze des internationalen Arten- und Naturschutzes nicht weit genug gingen und es obendrein an politischer und finanzieller Durchsetzungskraft mangelte. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt (im folgenden: Biodiversitätskonvention), das während der UN-Konferenz in Rio de Janeiro 1992 von 154 Staaten unterzeichnet wurde und im Dezember 1993 in Kraft trat, erhebt den Anspruch, diese Situation zu ändern. Dieser Anspruch kommt bereits in der Präambel der Konvention zum Ausdruck. Dort wird der Schutz der biologischen Vielfalt zu einem gemeinsamen Anliegen der Menschheit („common concern of humankind”) erklärt. Art. 1 definiert als Ziele: ,,...die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile sowie die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergebenden Vorteile“. Als handlungsleitende Prinzipien sieht Art. 1 den „...angemessenen Zugang zu genetischen Ressourcen, die angemessene Weitergabe der einschlägigen Technologien unter Berücksichtigung aller Rechte an diesen Ressourcen und Technologien sowie eine (...) angemessene Finanzierung“ vor. Diese Ziele der Biodiversitätskonvention bilden einen „Dreiklang“, der sich auch in ihrer Umsetzung widerspiegeln soll. Aus der Verknüpfung des Naturschutzanliegens mit entwicklungspolitischen Fragen entstand so ein komplexes Regelwerk, das den allgemeinen Rahmen für künftiges Handeln festlegt. Neben den Artikeln, die den Schutz, die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt und den Finanz- und Technologietransfer regeln (Art. 1-22), enthält der zweite Teil des Vertrages (Art. 23-42) innovative institutionelle Mechanismen, die sich auf den Kooperationsprozeß und die Fortentwicklung des Vertragswerkes selbst beziehen. So findet u. a. in regelmäßigen Abständen eine Vertragsstaatenkonferenz statt, ein Nebenorgan für wissenschaftliche und technologische Fragen erarbeitet hierzu entsprechende beschlußreife Empfehlungen. Für die laufende Betreuung und Verwaltung der Konvention wurde ein ständiges Sekretariat eingerichtet. Die Biodiversitätskonvention ist durch dieses dynamisch angelegte Procedere grundsätzlich in der Lage, neue Fragen aufzugreifen und strittige Punkte zu verfolgen, über die es bei Vertragsabschluß noch keine Einigung gab. Als besonders wichtig ist hierbei - ähnlich wie bei der Klimakonvention - die Möglichkeit zur Annahme von Umsetzungsprotokollen anzusehen, mit der Ziele, Zeitvorgaben und Maßnahmen zu einzelnen Themenfeldern konkretisiert werden sollen. Auf der 2. Vertragsstaatenkonferenz 1995 in Jakarta wurde vereinbart, einen Dialog mit den drei thematisch eng verwandten älteren Vertragswerken, dem Washingtoner Abkommen über den Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten (CITES), der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten (CMS) und der Konvention zum weltweiten Schutz der Feuchtgebiete (RamsarKonvention) zu beginnen. Was die weiteren Schritte zur Umsetzung der Biodiversitätskonvention angeht, so wurde eine internationale Arbeitsgruppe mit der Aushandlung eines Protokolls zur biologischen Sicherheit (Biosafety-Protocol) beauftragt, das Regeln über den sicheren Umgang mit sowie den Transfer von genetisch modifizierten Organismen festlegen soll. Zur Biodiversität der Meere und Küstengebiete wurde ein Expertengremium eingerichtet, von dem Vorschläge zu dieser speziellen Thematik erarbeitet werden sollen. Die handelspolitische Dimension der Biodiversitätskonvention macht es erforderlich, auch in einen Dialog mit der Welthandelsorganisation (WTO) einzutreten. Dies betrifft unter anderem das Abkommen über handelsbezogene Rechte des geistigen Eigentums (Trade Related Intellectual Property Rights, TRIPS). Eine andere komplexe Aufgabe der Biodiversitätspolitik besteht in dem Schutz bzw. der naturnahen Bewirtschaftung der Wälder. Die Verhandlungen zu diesem Teilbereich der biologischen Vielfalt finden im Rahmen des „Zwischenstaatlichen Waldausschusses“ statt, der Vorschläge für eine internationale Waldpolitik präsentieren soll. Da in den Wäldern - besonders in den noch verbliebenen Naturwäldern - die rneisten landlebenden Tier- und Pflanzenarten heimisch sind, ist deren ökologisch verträgliche Nutzung eine wesentliche Voraussetzung für den Schutz der biologischen Vielfalt insgesamt. Da mit großangelegter Wiederaufforstung aber auch das Treibhausproblem entschärft werden kann, wäre eine internationale Waldpolitik zugleich beste Klimapolitik. Eine Schwäche der neuen Biodiversitätspolitik läßt sich an der geringen Finanzausstattung ausmachen, gemessen am tatsächlichen Handlungsbedarf. Für den Erhalt der biologischen Vielfalt standen im Zeitraum 1995 bis 1997 gerade mal 800 Mill. US-Dollar zur Verfügung. Angesichts eines von der UNEP geschätzten mehrfach höheren Finanzbedarfs zeugen diese Zusagen von der weiterhin fehlenden Bereitschaft der Staaten, die Biodiversitätskonvention finanziell auf eigene Füße zu stellen. 5. Boden- und Wasserpolitik Neben dem quantitativen Verlust an Böden vollzieht sich weltweit eine qualitative Verschlechterung ehemals ertragreicher Böden. Es ist aber strittig, ob es sich hierbei um ein globales oder nur um ein universell auftretendes Umweltproblem handelt. Nach jüngsten Schätzungen dehnen sich die Wüstengebiete der Welt um jährlich ca. 6 Millionen Hektar aus. Bis zu zwei Fünftel der Nicht-Wüstengebiete Afrikas, zwei Drittel in Asien sowie ein Fünftel in Lateinamerika könnten sich in Zukunft in Wüsten verwandeln (sog. Desertifikation). Die Zunahme der Bevölkerung, aber auch der Viehbestände in diesen Regionen hat die Vegetation beeinträchtigt und damit wiederum die Bodenerosion beschleunigt. Daher sind nicht nur technische Maßnahmen erforderlich, sondern auch soziale und institutionelle Innovationen. Diesen Fragen soll sich die „Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung und der Dürrefolgen insbesondere in Afrika“ (kurz gefaßt: Wüstenkonvention) widmen, die auf Drängen afrikanischer Länder erarbeitet und im Juli 1994 unterzeichnet wurde. Ob mit dieser Konvention bereits der Grundstein einer globalen Bodenschutzpolitik gelegt ist bleibt offen, weil bezüglich der Dringlichkeit dieses Problems höchst unterschiedliche Vorstellungen bestehen. Sie fordert allerdings - ähnlich wie die Klima-und die Biodiversitätskonvention - internationale Kooperation ein und ist somit möglicherweise ein Vorläufer globaler Bodenpolitik. Nicht ganz so verheißungsvoll ist die Lage in Bezug auf eine künftige internationale Wasserpolitik. Nach einem Bericht der UNEP von 1996 leiden bereits 1,2 Milliarden Menschen an mangelndem Trinkwasser. In naher Zukunft bedroht Wasserknappheit etwa 80 Staaten, in denen rund 40 Prozent der Weltbevölkerung leben. In vielen Fällen wird das quantitative Wasserdargebot durch Dürre, Übernutzung der Wasservorräte und Entwaldung zunehmend kritisch, während die Wassernachfrage aufgrund künstlicher Bewässerung in der Landwirtschaft, fortschreitender Urbanisierung und Industrialisierung und damit einhergehendem höheren individuellen Wasserverbrauch weiter ansteigt. Auch die Wasserqualität verschlechtert sich weltweit und teils auf dramatische Weise. Oberflächengewässer und Grundwasser werden durch Nitrat und Pestizide aus der Landwirtschaft, durch Leckagen aus städtischen und industriellen Wasser- und Abwassersystemen, aus Kläranlagen und Mülldeponien belastet. Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerte für Trinkwasserqualität werden immer häufiger überschritten, auch die von der EU-Kommission gesetzten Grenzwerte werden von Tausenden von Brunnen in Europa nicht eingehalten. Wasserpolitik hat noch eine weitere internationale Dimension, insofern als es auf der Welt mehr als 200 grenzüberschreitende Flußeinzugsgebiete und eine große Zahl von Seen und Gewässern mit regionalem Einzugsgebiet gibt, für die wirksame Vereinbarungen zwischen den Anliegern und Anrainern zu treffen sind. Neben der politischen Aufgabe, geeignete Maßnahmen zur quantitativen und qualitativen Sicherung der Wasservorräte für eine weiter zunehmende Weltbevölkerung zu treffen - wie Erschließung neuer Quellen, Schaffung integrierter Wasserkreisläufe, Verhinderung der Wasserverschmutzung durch Schadstoffe -, dürfte es in Zukunft deshalb auch um eine gezielte Reduzierung des Wasserverbrauchs in Landwirtschaft, Industrie und Haushalten gehen (sog. Nachfragemanagement). Die Alternative hierzu heißt weitere Wasserrationierung und Wasserverschmutzung - mit allen daraus wiederum entstehenden Konsequenzen. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf in Richtung einer aktiven Wasserpreispolitik, der Neudefinition von Wassernutzungsrechten und des Transfers von Wasserspartechniken. Die entsprechenden Initiativen sollten zu einer international abgestimmten Wasserstrategie entwickelt werden und könnten in nicht allzu ferner Zukunft in die Formulierung einer globalen „Wasserkonvention“ münden. 6. Abfallpolitik Viele Industrieprodukte und chemische Abfälle sind nicht bzw. nur schwer abbaubar oder dauerhaft lagerungsfähig, und die wirksame Kontrolle des grenzüberschreitenden Transports gefährlicher Abfälle gilt generell als schwierig. Nach erfolgtem Grenzübertritt unterliegt Abfall oft ganz unterschiedlichen, gelegentlich sich widersprechenden Regulierungen. Die weiterhin bestehenden Exportmöglichkeiten vermindern die zu schwachen ökonomischen Anreize zur Abfallvermeidung vor Ort; sie transferieren damit zugleich einen Teil des Risikos, ohne auch das Wissen und die Technik zu dessen Behandlung zu transferieren. Angesichts dieser Problematik war die Verabschiedung der „Baseler Konvention über die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs mit Sonderabfällen und ihrer Beseitigung“ (1989) ein bemerkenswerter Schritt in der internationalen Umweltpolitik. Die Schwierigkeit liegt aber bis heute in der praktischen Umsetzung dieser Konvention auf lokaler und nationaler Ebene. Insbesondere müßten neue technische und institutionelle Vorkehrungen getroffen werden, um die latent vorhandene Bereitschaft zur Umgehung von Transportkontrollen zu verringern und eine für Mensch und Umwelt möglichst risikofreie Behandlung weiterhin anfallender Abfälle zu gewährleisten. Der grenzüberschreitende Transport gefährlicher Abfälle und deren Behandlung bleiben - so scheint es - auch in der näheren Zukunft ein ungelöstes Umweltproblem, das Internationalisierung der Politik erfordert und diese zugleich begünstigt. 7. Resümee Die obigen Ausführungen haben gezeigt, daß die Internationalisierung in den einzelnen medialen Bereichen der Umweltpolitik unterschiedlich weit fortgeschritten ist -“Weltumweltpolitik“ im Sinne eines global umfassenden, konsistenten Politikkonzepts ist erst bruchstückhaft etabliert. Während sie der Ozonpolitik von Anfang an immanent war, ist sie in der Klima- und Biodiversitätspolitik unbestritten anerkannt, aber erst ansatzweise implementiert. In einer Frühphase der Internationalisierung befinden sich demgegenüber die Boden- und die Wasserpolitik, während die Abfallpolitik in dem Sinne und Umfang international ist und bleibt, als die lokal und national ansetzende Strategie der Vermeidung gefährlicher Abfälle nicht greift, die Internationalisierung des Problems also nicht als Lösung, sondern als Ausweg gesehen wird. Weiterführende Literatur: Benedick, R. E.: Ozone Diplomacy. New Directions in Safeguarding the Planet, Cambridge (Mass.), London 1998; Biermann, F.: Weltumweltpolitik zwischen Nord und Süd. Die neue Verhandlungsmacht der Entwicklungsländer, Baden-Baden 1998; Haas, P. M./ Keohane, R. O./ Levy, M. A. (Hrsg.): Institutions for the Earth. Sources of Effective International Environmental Protection, Cambridge (Mass.), London 1993; Simonis, Umweltpolitik, internationale E. et.al.: Weltumweltpolitik. Grundriß und Bausteine eines neuen Politikfeldes, 2. Auflage, Berlin 1998; Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen: Welt im Wandel. Wege zur Lösung globaler Umweltprobleme, Berlin 1996.



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