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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Treibhauseffekt

Erwärmung der Oberflächentemperatur der Erde durch die Absorption der Wärmeabstrahlung der Erde durch klimawirksame Spurengase der erdnahen Atmosphäre und Rückstrahlung der dabei frei werdenden Wärmeenergie. Das Klima der Erde und damit auch die Oberflächentemperatur wird durch die Intensität der Sonnenstrahlung und durch die von der Erdoberfläche ausgehende Wärmestrahlung bestimmt. Ein Teil der Sonnenstrahlung wird an Wolken und Aerosolen und an der Erdoberfläche reflektiert und in den interplanetarischen Raum zurückgestrahlt. Ca. 50% der Sonnenstrahlung wird auf der Erdoberfläche in Wärme umgewandelt, die in Form von langwelliger Strahlung („terrestrische Strahlung“, ca. 360 m Wellenlänge) nach Einstellung eines thermodynamischen Gleichgewichts wieder in die Atmosphäre abgestrahlt wird. Ginge man von einer Atmosphäre aus, die keinerlei klimarelevante Spurengase enthielte, so betrüge die mittlere Oberflächentemperatur ca. -18°C. Die tatsächliche mittlere Oberflächentemperatur beträgt jedoch +15°C, so daß die sogenannten „Treibhausgase“ eine Temperaturerhöhung um ca. 33°C bewirken. Man bezeichnet diesen Temperatureffekt, der auf der vorindustriellen Zusammensetzung der Atmosphäre beruht, auch als „natürlichen Treibhauseffekt“. Zu den Treibhausgasen gehören der Wasserdampf (H2O), Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O) und Ozon (03). Zusammen nehmen die klimarelevanten Gase weniger als 1% der Gesamtmasse der Atmosphäre ein. Der Beitrag der Teibhausgase zur Temperaturerhöhung um 33°C ist unterschiedlich hoch: Wasserdampf 20,6°C (62%), CO2 7,2°C (22%), CH4 0,8°C (2,5%), N2O 1,4°C (4%), Ozon 2,4°C (7%) und andere Treibhausgase 0,6°C (2,5%). Treibhausgase haben die physikalische Eigenschaft, daß sie die einfallende kurzwellige Sonnenstrahlung ungehindert passieren lassen, jedoch die Wärmeabstrahlung der Erdoberfläche absorbieren. Dabei wird Wärmeenergie frei, die z. Treibhauseffekt in Richtung Erdoberfläche zurückgestrahlt wird. Wasserdampf besitzt ein breites Absorptionsspektrum, jedoch im Bereich von 8-15 m Wellenlänge, in dem der größte Anteil der terrestrischen Strahlung zu finden ist, eine Absorptionslücke, das sogenannte atmosphärische Wasserdampf-Fenster. CO2, CH4, N2O und 03 absorbieren Strahlung in diesem Spektralbereich, so daß die klimarelevanten Gase trotz ihres geringen Massenanteils eine große Wirkung auf das Klima entfalten. Seit dem Beginn der Industrialisierung hat sich das Mischungsverhältnis der troposphärischen Treibhausgase verändert. Zusätzlich treten klimarelevante Spurengase anthropogenen Ursprungs auf, wie z. B. -Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW, seit 1940) und die teilhalogenierten HFCKW, die seit ungefähr 30 Jahren in der Atmosphäre nachweisbar sind. Die CO2Konzentration hat gegenüber dem vorindustriellen Wert um 30% auf 360 ppm mit einer derzeitigen Steigungsrate von 1,5 ppm/Jahr zugenommen. Der Anstieg ist im wesentlichen auf die Nutzung fossiler Brennstoffe zur Energiegewinnung (22 Mrd. Tonnen CO2/Jahr) und auf Brandrodung tropischer Regenwälder (5,5 Mrd. Tonnen CO2/Jahr) zurückzuführen. Die Konzentration an CH4 in der -Troposphäre hat sich gegenüber dem vorindustriellen Wert von 0,7 ppm auf 1,74 ppm mehr als verdoppelt. 60-80% der globalen CH4-Emission sind auf Naßreisanbau und wachsende Viehbestände zurückzuführen, darüber hinaus wird CH4 bei der Gewinnung und Verteilung von Erdgas, beim Kohleabbau und dem anaeroben Abbau von organischen Abfällen freigesetzt. Die N20-Konzentration hat gegenüber dem vorindustriellen Wert vergleichsweise gering um 14% auf 313 ppb zugenommen. N2O ist jedoch ein wesentlich wirksameres Treibhausgas als CO2 und CH4 und zeigt trotz der geringen Konzentrationszunahme einen groben Einclub auf den Treibhauseffekt. Hauptemissionsquelle für N20 ist die Verwendung mineralischer und organischer Stickstoffdünger in der Landwirtschaft und die folgende mikrobiologische Umsetzung stickstoffhaltiger Verbindungen im Boden (Nitrifikation und Denitrifikation). Troposphärisches Ozon wird durch photochemische Prozesse gebildet. Beteiligt sind organische flüchtige Verbindungen und Stickstoffoxide. Aufgrund der relativ geringen Verweildauer des Ozons in der Atmosphäre weisen die Konzentrationen große regionale Unterschiede auf. Allerdings konnte in mittleren Breiten der Nordhemisphäre eine deutliche Zunahme der Ozon-Konzentration um 15-20 ppb in den vergangenen 20-30 Jahren festgestellt werden. Bezüglich der anthropogenen vollhalogenierten -Kohlenwasserstoffe, insbesondere F 1 I (Monofluortrichlormethan, CFCI)) und F12 (Difluordichlormethan, CF2Cl2), läßt sich bereits die Auswirkung des Montrealer Protokolls von 1987 und seiner schrittweisen Verschärfungen feststellen, das aufgrund der Ozonabbauenden Wirkung der Verbindungen in der Stratosphäre (Ozonloch) vereinbart wurde: der Anstieg der tropospärischen Konzentration dieser Verbindungen ist stark abgeflacht, derzeit sind ca. 270 ppt (F11) bzw. 530 ppt (Fl2) in der Troposphäre nachweisbar. Allerdings wird bereits ein starker Anstieg der FCKW-Substitute, der teilhalogenierten Kohlenwasserstoffe (HFCKW) und der perfluorierten Kohlenwasserstoffe (PFKW) festgestellt, die ebenfalls klimawirksam sind. Die Klimawirksamkeit der einzelnen Treibhausgase wird durch das spezifische Treibhauspotential (global warming potential) ausgedrückt. Dieses ist als der Strahlungsantrieb des Klimas definiert, der durch die einmalige Emission von 1 kg eines Treibhausgases relativ zur gleichen Menge CO2 verursacht wird. Der Wert ist stark von der Verweildauer der einzelnen Gase in der Atmosphäre abhängig und damit von dem Zeithorizont, der betrachtet wird. Die Mischungsverhältnisse aller Treibhausgase haben inzwischen Werte erreicht, die in den letzten 200.000 Jahren zu keiner Zeit aufgetreten sind. Darüber hinaus steigen die Konzentrationen der wichtigsten Treibhausgase exponentiell an, wobei 50% des Anstiegs in den letzten 30-40 Jahren verzeichnet werden konnte. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist die mittlere Oberflächentemperatur der Erde um ca. 0,5-0,7°C angestiegen. Ob diese Temperaturerhöhung lediglich mit natürlichen Klimaschwankungen zusammenhängt, oder bereits eine Auswirkung eines „anthropogenen“ Treibhauseffekts darstellt, konnte lange Zeit nicht mit ausreichender Sicherheit entschieden werden. Aufgrund neuerer Modellrechnungen wird im Anfang 1996 erschienen zweiten Bericht des IPCC (s. u.) jedoch festgestellt, daß das Abwägen aller Erkenntnisse einen erkennbaren Einfluß des Menschen auf das globale Klima nahelegt („the balance of evidence suggests a discernible human influence an climate“), bzw. die Temperaturänderungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% nicht durch natürliche Klimaschwankungen zu erklären sind. Eine Ursache für den trotz der starken Zunahme der Treibhausgase relativ geringen Temperaturanstieg wird in der ebenfalls vermehrten Freisetzung von Aerosolen gesehen. Aerosole sind feinste Verteilungen von festen oder flüssigen Luftschwebstoffen, wobei Sulfat-Aerosole, die durch Verbrennungsprozesse, bei denen SO2 emittiert wird, entstehen, die größte Rolle spielen. Durch den direkten Effekt der Streuung des einfallenden Sonnenlichts und der Reflektion zurück in den Weltraum kann es zu einer Abkühlung der Atmosphäre kommen. Darüber hinaus kann es indirekt aufgrund einer Vermehrung der Kondensationskerne und damit einhergehender vermehrter Tröpfchenbildung in den Wolken zu einer verlängerten Lebensdauer und einem erhöhten Reflektionsvermögen der Wolken kommen, was wiederum zu einer Abkühlung führen würde. Eine genaue Abschätzung der Wirkung ist allerdings aufgrund der relativ kurzen Verweildauer der Aerosole in der Atmosphäre und der darauf beruhenden regional und zeitlich unterschiedlichen Verteilung schwierig. Internationale Bestrebungen, die Emission von Treibhausgasen einzuschränken und somit dem anthropogenen Treibhauseffekt vorzubeugen, existieren seit längerer Zeit. 1988 gründeten die UNEP (United Nations Environmental Programme) und die WMO (World Meteorological Organization) das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), ein zwischenstaatliches Gremium, dem über 2000 Wissenschaftler aus aller Welt angehören, mit der Aufgabe, den internationalen Wissensstand bezüglich Klimaänderungen zusammenzutragen. Auch aufgrund des ersten Berichts des IPCC, der 1990 erschien, wurde 1990 durch die UN-Generalversammlung das Intergovernmental Negotiation Committee zur Aushandlung einer Klimarahmenkonvention ins Leben gerufen. Die Klimarahmenkonvention lag 1992 im Rahmen der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro zur Unterzeichnung aus. Sie trat am 21. März 1994 in Kraft und ist inzwischen von über 170 Staaten, darunter alle Industriestaaten, ratifiziert worden. Die Klimarahmenkonvention schafft den völkerrechtlich verbindlichen Rahmen für die weitere internationale Zusammenarbeit mit dem Ziel des Klimaschutzes. Wichtiger Bestanteil der Konvention ist die in Artikel 4 festgelegte allgemeine, jedoch unverbindlich formulierte Verpflichtung für alle Vertragsparteien, Maßnahmen zu ergreifen, um die Treibhausgasemissionen zu stabilisieren und bis zum Jahr 2000 auf das Niveau von 1990 zurückzuführen. Die erste Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention fand 1995 in Berlin statt. Wichtigstes Ergebnis war die Verabschiedung des „Berliner Mandats“, welches die in der Klimarahmenkonvention enthaltenen Verpflichtungen zur Stabilisierung der Emissionen der Industrieländer als unangemessen bezeichnete und den Auftrag für konkrete Verhandlungen über zukünftige Klimaschutzpflichten erteilte. Gefordert wurde die völkerrechtlich verbindliche Vereinbarung quantifizierter Begrenzungsund Reduktionsziele innerhalb bestimmter Zeitrahmen. Hiermit wurde ein Verhandlungsprozeß eingeleitet, der im Rahmen der dritten Vertragsstaatenkonferenz im Dezember 1997 in Kyoto zur Verabschiedung des „Kyoto-Protokolls” führte. Das Protokoll sieht erstmals rechtlich verbindliche Verpflichtungen für die Industrieländer vor, ihre Treibhausgasemissionen in der Periode 2008 bis 2012 im Mittel um 5,2% gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren, wobei die verschiedenen Länder unterschiedliche Verpflichtungen übernommen haben. Zu den Treibhausgasen werden CO2, CH4, N2O, (SF6) gerechnet. Darüber hinaus wurden Vereinbarungen getroffen, die es den Ländern erlauben mit nicht ausgenutzten Teilen der ihnen durch das Protokoll zugeteilten Emissionsmengen zu handeln (emission trading). Weiterhin können Emissionsreduktionen aus gemeinsamen Projekten von Industrie- und Entwicklungsländern (sog. Joint-Implementation und Clean Development Mechanism) auf die Emissionsbilanz der Investornation angerechnet werden. Biologische Quellen und Senken für Treibhausgase können ebenfalls auf die Reduktionsverpflichtung eines Landes angerechnet werden, sofern sie auf direkte Aktivitäten zur Aufforstung, Wiederaufforstung und Entwaldung seit 1990 zurückgehen. Weiterführende Literatur: Houghton J. Treibhauseffekt et al. (eds.): Climate Change 1995. The science of climate change, Cambridge 1996; Lozän, J. L. et al. (eds.): Warnsignal Klima. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg 1998; Seiler, W./ Hahn, J.: Der natürliche und anthropogene Treibhauseffekt, in: Lozän, J. L. et al. (eds.): Warnsignal Klima. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg 1998; Schönwiese, C.- D./ Diekmann, B.: Der Treibhauseffekt. Der Mensch ändert das Klima, Reinbek bei Hamburg, o. J.; Graedel, Treibhauseffekt E./ Crutzen, P. J.: Chemie der Atmosphäre, Heidelberg/ Berlin/ Oxford 1994.



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