System-Marketing
Unter dem Begriff „System-Marketing“ findet sich in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur eine Vielzahl von defini-torischen und inhaltlichen Abgrenzungen, die vor dem Hintergrund der jeweiligen Forschungsschwerpunkte der Autoren unterschiedliche betriebswirtschaftliche Fragestellungen aufgreifen. In diesem Zusammenhang werden im folgenden drei Ansätze im Überblick dargestellt, die unter dem Blickwinkel einer systembezogenen Perspektive die Zielsetzung verfolgen, ehedem isoliert betrachtete Dimensionen eines Untersuchungsgegenstands aus einer übergeordneten Perspektive zu analysieren.
Im Forschungsgebiet des Investitionsgütermarketing wird der Begriff des „System-Marketing“ mit dem Marketing für Systemgeschäfte gleichgesetzt. Hierbei treten insbesondere Finanzierungsfragen sowie das Management von Beziehungen in Buying-Centern in den Mittelpunkt der marketingbezogenen Überlegungen. Die Kernelemente des Investitionsgütermarketing
individualisierte Kundenleistungen,
direkte Kommunikation (Beziehungsmanagement),
das Prinzip der Vernetzung von Leistungen sowie
die Ergänzung und Erweiterung von Systembausteinen
können dabei jedoch auch auf den Bereich des Dienstleistungsund Konsumgütermarketing übertragen werden. Hiermit eng verbunden ist die Begriffsauffassung des System-Marketing hinsichtlich der Fragestellung der Koordination von Marketing-Aktivitäten bei der Einführung neuer Technologien, wie z. B. der Telekommunikation, zwischen verschiedenen Systempartnern.
Unter Bezugnahme auf systemtheoretische Ansätze ist ein
an die Naturwissenschaften und hierbei insbesondere an die Biologie angelehntes Verständnis des System-Marketing unter besonderer Berücksichtigung von Synergieaspekten anzuführen. Hierbei wird zwischen zwei konstitutiven Marketingsynergiebereichen unterschieden:
dem Zusammenwirken und die gemeinsame Effizienz von zwei oder mehreren Elementen sowie
der Entstehung von potenzierenden Verbindungen zwischen einzelnen Marketing-System-Elementen.
Synergieorientierung bedeutet dabei den methodisch geplanten Versuch, das aktuelle und latente Synergiepotential für das Marketing zu nutzen.
Ein weiteres Begriffsverständnis des System-Marketing findet sich in Anlehung an die Diskussion zum sog. „Ganzheitlichen Marketing“. Grundlegend ist hierbei die Annahme, dass aufgrund verschiedener Entwicklungen in der Unternehmensumwelt - im Mittelpunkt stehen hierbei Stichworte wie z. B. die Verkürzung von Produktlebenszyklen und die Internationalisierung des Wettbewerbs - der Auf- und Ausbau von Wettbewerbsvorteilen zunehmend an die simultane Optimierung von Zeit-, Kosten- und Qualitätsvorteilen gebunden ist.
Die Notwendigkeit einer simultanen Berücksichtigung dieser Wettbewerbsvorteilsdimensionen verlangt dabei vom Marketing über die Orientierung an Abnehmerbedürfnissen hinaus eine zunehmend Unternehmens- bzw. systemübergreifende Betrachtungsweise i.System-Marketing des Aufbaus „marktorientierter Unternehmen“. Im Gegensatz zum bekannten kundenorientierten Marketingverständnis kommt hierbei einer unternehmensinternen bzw. mitarbeiterorientierten Perspektive eine herausragende Bedeutung zu.
Hauptaugenmerk eines kundenorientierten Marketing ist es, Informationen zu gewinnen und aus diesen marktbezogene Leistungen abzuleiten. Die Orientierung an Abnehmerbedürfnissen wird dabei als Garant des Unternehmensbestands und der Profitabilität des Unternehmens betrachtet. Aufgabe des Marketing ist es, Marktinformationen bereitzustellen und das fertige Endprodukt - in Verbindung mit Servicekomponenten - den Abnehmern durch Maßnahmen des Marketing-Mix zu kommunizieren und entsprechende Distributionsmöglichkeiten aufzubauen.
Ein ganzheitliches bzw. System-Marketing orientiert sich in Ergänzung zum kundenorientierten Marketing an verschiedenen Anspruchsgruppen und hierbei insbesondere den Mitarbeitern. Dabei bezieht sich der Begriff Mitarbeiter auf Personen des eigenen Unternehmens. Darüber hinaus sind auch Organisationsmitglieder z. B. von Lieferanten angesprochen, die bei der Anwendung der Just-in-Time Produktion in die Unternehmung integriert werden sowie von Wertschöpfungspartnern, die im Rahmen der Konzentration auf Kernkompetenzen über verschiedene Koordinationsmechanismen in das Unternehmen integriert sind. Ein ganzheitlicher bzw. systembezogener Marketing-Ansatz zielt dabei auf die Integration moderner Produktions- und Organisationsformen in die marktorientierte Unternehmensführung.
Die ganzheitliche bzw. System-Sichtweise wird erreicht, indem die ursprüngliche Außenorientierung des kundenorientierten Ansatzes durch eine mitarbeiterbezogene Perspektive ergänzt wird. Dies führt zu einer Erweiterung der marketingbezogenen Aufgaben. Bei der Informationsbeschaffung sind zusätzlich die Ziele sowie die Situation der Mitarbeiter zu erfassen, wobei die Mitarbeiterzufriedenheit den Status eines komplementären Ziels im Rahmen des Marketing-Management-Prozesses erhält.
Ziel des ganzheitlichen bzw. System-Marketing ist dabei die Integration eines märktorientierten Unternehmensleitbilds in allen Funktionsbereichen. Das Marketing-Management wird hierbei von der Führung bzw. Ausführung des Marketing-Mix zu einer Querfunktion über alle Stufen der Wertkette erweitert. Schnittstellenprobleme besonders zwischen technik- und vertriebsorientierten Bereichen stehen hierbei im Vordergrund, wobei der marktorientierten Unternehmensführung die Aufgabe der Integration verschiedener Teilfunktionen im Rahmen eines Schnittstellenmanagement zukommt.
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