Medizinprodukteindustrie
In der Gesundheitswirtschaft:
Umfasst die Unternehmen, die Hersteller von Medizinprodukten sind.
Medizinprodukte umfassen eine große Bandbreite von medizintechnischen Produkten und Verfahren, die Leben retten, heilen helfen und die Lebensqualität der Menschen verbessern. Beispiele sind Geräte für Diagnostik, Chirurgie, Intensivmedizin, Implantate, Sterilisation sowie Verbandmittel, Hilfsmittel oder OP-Material. Zu Medizinprodukten gehören nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) darüber hinaus auch Labordiagnostika.
Arbeitsplätze in der MedTech-Branche:
Die Medizinprodukteindustrie ist auch ein bedeutender Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor (Abb. 7-1 in Teil 2). Die Medizintechnikindustrie beschäftigt nach Angaben des Bundesverbandes Medizintechnologie e. V. (BVMed) in rund 1.200 Betrieben (mit mehr als 20 Beschäftigten pro Betrieb) 90.000 Menschen. Hinzu kommen annähernd 10.000 Kleinunternehmen mit rund 75.000 Beschäftigten. Die Kernbranche beschäftigt damit insgesamt in Deutschland rund 165.000 Menschen in über 11.000 Unternehmen. Weitere 29.000 Mitarbeiter sind im Einzelhandel für medizinische und orthopädische Güter tätig.
Etwa 15 Prozent der Beschäftigten sind im Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) tätig – Tendenz steigend. Abgesehen von wenigen großen Unternehmen ist die Branche stark mittelständisch geprägt. 95 Prozent der Betriebe beschäftigen weniger als 250 Mitarbeiter.
Produktion und Export:
Der Gesamtumsatz der produzierenden Medizintechnikunternehmen legte in Deutschland 2006 um 8,1 Prozent auf 15,9 Milliarden Euro zu. Der Inlandsumsatz stieg um 3,2 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro, der Exportumsatz um 11,1 Prozent auf 10,2 Milliarden Euro.
Beim Export liegt Deutschland mit einem Welthandelsanteil von 14,6 Prozent nach den USA (30,9 Prozent) aber deutlich vor Japan (5,5 Prozent) weltweit an der zweiten Stelle (Quelle: BMBF-Studie Medizintechnik). Rund 39 Prozent der Exporte gingen 2006 in die Länder der Europäischen Union, knapp 25 Prozent nach Nordamerika und knapp 14 Prozent nach Asien (Quelle: Spectaris, April 2007).
Ausgaben für Medizinprodukte in Deutschland:
Die Gesundheitsausgaben im Bereich der Medizinprodukte (ohne Investitionsgüter) betrugen in Deutschland im Jahr 2005 insgesamt über 21 Milliarden Euro (Quelle: Gesundheitsausgabenstatistik Statistisches Bundesamt). Davon entfallen auf Hilfsmittel rund 10,5 Milliarden Euro und auf den sonstigen medizinischen Bedarf 9,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen rund 1 Milliarde Euro für den Verbandmittelbereich, der unter Arzneimitteln erfasst ist. Der Ausgabenanteil der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt bei rund 14 Milliarden Euro.
Wachstumsmarkt Medizintechnologien:
Die Medizintechnologiebranche ist ein weltweiter Wachstumsmarkt. Der Weltmarkt für Medizintechnologien betrug 2006 rund 200 Milliarden Euro. Der europäische Markt ist mit 60 Mrd. Euro nach den USA mit 85 Milliarden Euro der zweitgrößte Markt der Welt. Deutschland ist mit 21 Mrd. Euro als Einzelmarkt nach den USA und Japan (25 Milliarden Euro) weltweit der drittgrößte Markt und mit Abstand der größte Markt Europas. Er ist rund doppelt so groß wie Frankreich und rund drei Mal so groß wie Italien oder Großbritannien.
Die Medizintechnologie ist eine dynamische und hoch innovative Branche. Bei Patenten und Welthandelsanteil liegt Deutschland auf Platz Zwei hinter den USA. Rund ein Drittel ihres Umsatzes erzielen die deutschen Medizintechnikhersteller mit Produkten, die weniger als drei Jahre alt sind. Durchschnittlich investieren die forschenden MedTech-Unternehmen rund neun Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Innovations- und Forschungsstandort Deutschland spielt damit für die MedTech-Unternehmen eine besonders wichtige Rolle.
Zum Vergleich: Der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Umsatz beträgt in der äußerst innovativen Chemieindustrie fünf Prozent, in der Verarbeitenden Industrie insgesamt 3,8 Prozent1. Nach Aussage der Medizintechnik-Studie vom BMBF ist der Forschungs- und Entwicklungsanteil am Produktionswert in der Medizintechnik mehr als doppelt so hoch wie bei Industriewaren insgesamt.
Nach Angaben des Europäischen Patentamtes in München führt die Medizintechnik die Liste der angemeldeten Erfindungen mit über 15.700 Patenten an. 11,4 Prozent der Patentanmeldungen kommen damit aus dem MedTech-Bereich. Danach folgen erst die elektronische Nachrichtentechnik (10 Prozent) und die EDV (6,7 Prozent).
Von besonderer Bedeutung für die Unternehmen ist der strukturierte Umgang mit den Ideen der Anwender, der Ärzte und Schwestern bzw. Pfleger, für neue Produkte und Verfahren der Medizintechnologie. Denn bei 52 Prozent der Medizinprodukte kommen die Ideen für das neue Produkt ursprünglich von Anwendern.
Marktbedingungen – Vor- und Nachteile:
Deutschland hat in den Innovationsfeldern der Medizintechnologie durch die große Zahl gut ausgebildeter Ärzte, Forscher und Ingenieure und durch den hohen Standard der klinischen Forschung beste Voraussetzungen, neue Produkte und Verfahren zur Marktreife zu führen. Die Vorteile Deutschlands liegen auch in den kürzeren Zulassungszeiten und in der sehr guten und kostengünstigeren klinischen Forschung. In Deutschland kostet es durchschnittlich rund 8 bis 10 Millionen Euro, eine neue Idee zur Marktreife zu bringen. In den USA sind diese Kosten mit rund 80 Millionen Dollar wesentlich höher.
Deutschland ist der größte Binnenmarkt für Medizinprodukte in Europa. Der Standort verfügt über eine gute Infrastruktur, eine zentrale Lage mit relativ kurzen Wegen zu den wichtigsten europäischen Märkten, einer guten Verkehrsanbindung und einer hohen Versorgungssicherheit. Wichtig sind auch die Nähe zu den führenden Maschinen- und Packmittelherstellern, die hohen Qualitätsstandards, der hohe technische Standard und gutes Know-how sowie eine hohe Lieferzuverlässigkeit.
Erhebliche Defizite bestehen in Deutschland aus der Sicht des BVMed allerdings bei der Einführung von Innovationen in die Vergütungssysteme, sodass sie dann auch zeitnah beim Patienten ankommen. Als Nachteile des Standorts Deutschland werden weiter genannt: Eine starke Ökonomisierung des Gesundheitsmarktes, überzogene Anforderungen an die Erstattung, eine nicht funktionierende Innovationsklausel im stationären Bereich, eine verzögerte Innovationseinführung in die Vergütungssysteme, ein weniger dynamisches Wachstum im Vergleich zum Weltmarkt und eine stark eingeschränkte Planungssicherheit. Weitere Nachteile sind die relativ hohe Unternehmenssteuer, wesentlich höhere Energiekosten, relativ hohe Sozialkosten sowie ein hoher Urlaubs- und Freizeitanspruch.
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