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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Investitionslenkung

In der sozialistischen Wirtschaftslehre: Bestandteil von Strukturpolitik zur Einflußnahme auf Investitionsentscheidungen mit dem Ziel, Umfang und Struktur der Kapazitätsentwicklung und des Produktionspotentials im Sinne einer vorausschauenden Gestaltung in eine bestimmte Richtung zu lenken. zwischen- und überbetriebliche Steuerung von - Investitionen der Produktionsunternehmen, um im Rahmen eines im Kern marktwirtschaftlich verfaßten Systems programmatischen Absichten, insbes. konjunkturellen und strukturellen Zielsetzungen, nachzukommen. Diskretionäre Einflußnahme auf Investitionen liegt im Interesse jeglicher -# Staatstätigkeit, die sich allokativen, distributiven und stabilitätspolitischen Belangen verpflichtet fühlt. Sie war konsequenterweise tragendes Gedankengut des Merkantilismus und hat selbst in der hohen Zeit des Liberalismus in Kautelen der Gewerbeordnung (1869) und Schutzzöllen (1879) ihren Ausdruck gefunden. Im Sinne einer dezidierten und umfassenden Programmatik ist Investitionslenkung wichtiger Bestandteil der Konzeption des freiheitlichen Sozialismus, der grundsätzlich die marktwirtschaftliche Ordnung bejaht, aber zugleich ihren instrumentellen Charakter betont. Sie soll durch wichtige Elemente wie - Mitbestimmung auf betrieblicher und überbetrieblicher Ebene, gemeinwirtschaftliche Unternehmen und Vermögensbeteiligung in Arbeitnehmerhand ergänzt werden. Die Konzeption der Investitionslenkung findet ihren Niederschlag · im Grundsatzprogramm der SPD aus dem Jahre 1959 (Godesberger Programm), · im DGB-Grundsatzprogramm aus dem Jahre 1963, · im 2. Entwurf eines Orientierungsrahmens 1975 bis 1985 der SPD. Investitionslenkung In allen drei Programmen wird eine Abstimmung der Investitionen auf die Gesamtwirtschaft gefordert. Es ist das Ziel, gesellschaftlich unerwünschte Ergebnisse des marktwirtschaftlichen Selbststeuerungsprinzips zu verhindern, ohne seine Vorteile (Flexibilität und Vielfalt, Initiative und Dynamik) zu gefährden. Insofern wird der indirekten Investitionsbeeinflussung durch Steuern, Anreize, Bereitstellung oder Verweigerung öffentlicher Leistungen eindeutig der Vorzug gegeben vor direkten Eingriffen in die Investitionsplanung der Unternehmen. Ausgangspunkt der Überlegungen zur direkten Investitionslenkung war der Versuch, mit neuen Instrumenten den Anteil der öffentlichen Hand am Sozialprodukt zu erhöhen und so die Lebensqualität zu verbessern. Zentrale Bestandteile sind ein Bundesamt für Investitionskontrolle, dem alle Investitionen ab einer bestimmten Größenordnung zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, und eine Bedarfsrangskala, die die Entscheidungsgrundlage für die Genehmigung durch dieses Bundesamt liefern soll. Eine demokratische Abstimmung über Bedarfsrangskalen erweist sich jedoch ebenso als Problem wie eine Behörde, die die letzte Entscheidung über Unternehmensinvestitionen trägt. Der direkte Ansatz der Investitionslenkung ist deshalb auch politisch von keiner Partei oder Gruppierung weiter verfolgt worden. Bei dem strukturpolitischen Ansatz der Investitionslenkung stehen weniger Fragen der generellen Unterversorgung mit öffentlichen Gütern im Vordergrund als vielmehr Fragen der regionalen und sektoralen Strukturpolitik. Grundlage einer verbesserten staatlichen Strukturpolitik sind regionale und sektorale Strukturprognosen, Investitionsmeldestellen und Branchenausschüsse. Unter Beobachtung wichtiger Rahmenbedingungen und Eckdaten wie Umweltschutz, Energieverbrauch, Arbeitsintensität der Produktion, Wechselkursentwicklung, Einsatz ausländischer Arbeitnehmer, Nachfrageverschiebung usw. sollen regionale und sektorale Entwicklungen dargestellt werden. Strukturprognosen könnten Orientierungsdaten für die staatliche Strukturpolitik wie auch für die privaten Unternehmen sein. Darüber hinaus wird auch der Vorschlag gemacht, aus den Status-quo-Prognosen sektorale und regionale Projektionen zu entwickeln, d.h. die wünschenswerte und an den realen Möglichkeiten orientierte Strukturentwicklung darzulegen. Ein solcher Rahmenplan, bestehend aus regionalen und sektoralen Strukturprojektionen, hätte nur für die staatlichen Investitionen bindenden Charakter, für die private Wirtschaft jedoch keinen imperatiyen, sondern nur indikativen Charakter. Die gewerkschaftliche Forderung nach einer Investitionsmeldestelle, der alle Investitionen ab einer bestimmten Größenordnung gemeldet werden müssen, dient ebenfalls einer Verbesserung der Strukturprognosen. Auf der anderen Seite sollen Branchenausschüsse, bestehend aus Arbeitgebern, Arbeitnehmern und öffentlicher Hand, dafür Sorge tragen, dass die Probleme einer Branche in gemeinsamen Beratungen diskutiert werden und nach Lösungsmöglichkeiten für Branchenkrisen bzw. -probleme gesucht wird. Ahnlich wie in Frankreich (planification) werden neben den Branchenausschüssen weitere Gremien diskutiert, so z.B. ein Wirtschafts- und Sozialrat auf Bundesebene, der ebenfalls aus Vertretern der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der öffentlichen Hand bestehen soll und dessen Aufgabe es wäre, die sektoralen und regionalen Strukturprojektionen zu beraten. In der BRD erhielt der Wiederaufbau durch investitionslenkende Maßnahmen Orientierung. Sie erfolgte im Rahmen des - ERP-Programms und des umstrittenen Investitionshilfegesetzes von 1952 sowie in Gestalt von Förderungs- und Schutzprogrammen zugunsten einzelner Wirtschaftszweige (z.B. Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Schiffbau, Wohnungswirtschaft). Die dazu entwickelten administrativen (Ge-, Verbote) und ökonomischen Hebel (Abgaben, Zulagen, Vergünstigungen) wurden nach Erreichen des ursprünglich gesteckten Zieles nur partiell beseitigt. Seit 1969 kam in der BRD regionalpolitisch orientierte Investitionsbeeinflussung großen Maßstabs und mit verfestigenden staatlichen Verbundsystemen hinzu (Gemeinschaftsaufgaben). Zugleich begann mit dem Gesetz über die Förderung der Stabilität und des Wachstums (1967) die Ara konjunkturpolitisch motivierter Investitionsregulierung. Die 80er Jahre verlagerten den Schwerpunkt der Investitionsbeeinflussung auf Innovationsförderung (im Zuge der Eurosklerosediskussion) einerseits und auf Umweltschutzvorkehrungen andererseits. Die 90er Jahre sind von den strukturpolitischen Erfordernissen der deutschen Einigung und der Idee der Erhaltung und Entwicklung von industriellen Kernen geprägt. Die Europäischen Gemeinschaften bauten das nationale Regelwerk, beginnend mit der Montanunion, auf internationalem Niveau kräftig aus. Die im Vertrag von Maastricht (1992) konzipierte Industriepolitik setzt verstärkte Akzente in dieser Richtung. Unbeschadet der Langlebigkeit von Subventionen, der Breite und Tiefe der ergriffenen Maßnahmen und des beträchtlichen, aus Subventionsberichten nur zu erahnenden Mittelumfangs kann von kohärenter Investitionslenkung in der BRD keine Rede sein. Es fehlen charakteristische institutionelle Kristallisationen einer Investitionslenkung wie Investitionsmeldestellen und zentrale Investitionsfonds, kooperative Körperschaften mit Selbstbindung und Branchenausschüsse. Das eklatante Fiasko der Planwirtschaften und die Offenlegung des Politikversagens in den Debatten um Regulierung und Deregulierung haben für systematische, überbetriebliche Investitionslenkung keinen fruchtbaren Nährboden bereitet. Literatur: Mtiller-Graff, P.-Ch. (1984). Fleischle, G., Krüper, M. (1975)



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