Strukturpolitik
Einsatz von ordnungspolitischen oder prozeßpolitischen Instrumenten mit dem Ziel, den marktgesteuerten Strukturwandel zu beeinflussen. Dabei kann der Träger der Strukturpolitik entweder darauf abstellen, den marktgesteuerten Strukturwandel zu beschleunigen und damit Produktivität und Wachstum einer Wirtschaft zu stärken bzw. ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen (akzelerierende Variante der Strukturpolitik) oder aber auch versuchen, unerwünschte Auswirkungen des autonomen Strukturwandels zu mildern oder zu kompensieren (konservierende Variante der Strukturpolitik). Konservierende Strukturpolitik kann so weit gehen, dass ganze Branchen entgegen den Veränderungstendenzen des Marktes gestützt und aufrechterhalten werden. Neben diesen zwei Hauptausgestaltungen der Strukturpolitik existiert als dritte Möglichkeit noch die direktive Strukturpolitik, der lenkende Eingriff in den marktlichen Wandlungsprozess der - Branchenstruktur (etwa die Förderung von sog. Schlüsselbranchen). Häufig verwendet man für die sektorale Strukturpolitik auch den Begriff Industriepolitik (eine etwas irreführende Verdeutschung des englischen Terminus Industrial Policy, denn Strukturpolitik zielt auf die gesamte Angebotsseite und prinzipiell nicht nur auf den industriellen Sektor). In der Bundesrepublik richtete sich die praktische Strukturpolitik gleichwohl seit den 70er Jahren fast ausschließlich auf den warenproduzierenden Sektor. Zu den ordnungspolitischen Instrumenten der Strukturpolitik zählen Maßnahmen, die Eigentumsrechte an produktiven Kapazitäten betreffen (Privatisierung, - Verstaatlichung) und Maßnahmen, die Verfügungsrechte beeinflussen und mithin den Handlungsrahmen auf einem Markt determinieren (- Regulierung, Deregulierung). Für die strukturpolitische Praxis spielt das Instrument der Regulierung bzw. Deregulierung eine größere Rolle als die Eingriffe in die Eigentumsordnung. In regulierten Märkten tritt an die Stelle der Kontrolle durch den Wettbewerb die Kontrolle durch öffentliche Instanzen. Der klassische Fall einer Regulierung in strukturpolitischer Absicht ist die Agrarmarktordnung. Bei den Instrumenten mit prozeßpolitischem Charakter kann man nachfrage-und angebotsseitige Instrumente unterscheiden. Der einfachste und direkteste Weg einer nachfrageseitigen Steuerung des Strukturwandels ist derjenige über die Staatsnachfrage: Der Staat tritt dabei selbst auf den Markt. Das ist allerdings nur dann möglich, wenn es für die Produkte oder Leistungen des Sektors, der beeinflußt werden soll, auch tatsächlich einen Bedarf des Staates gibt. Käufe des Staates konzentrieren sich aber auf einige wenige Wirtschaftsbereiche. Auch wegen der mangelnden zeitlichen Übereinstimmung von Staatsbedarf und der Notwendigkeit einer Nachfrage auf den entsprechenden Märkten muss man die Flexibilität dieses Instrumentes in Frage stellen. Auf die Nachfrageentwicklung in den Sektoren einer Volkswirtschaft kann der Staat auch mit dem üblichen Instrumenten der Fiskalpolitik (Steuern und Transferzahlungen) Einfluss nehmen. Transferleistungen können z.B. zweckgebunden gewährt werden, während etwa die Einkommensteuer die Höhe der verfügbaren Einkommen ändert, wovon Impulse auf Strukturanteile der großen Nachfrageaggregate ausgehen können. Noch direkter wirken Verbrauchsteuem. Klassische Beispiele der strukturpolitisch intendierten Lenkung der Nachfrageströme finden sich weiter im Einsatz der außenhandelspolitischen Instrumente der Zölle und sonstigen Abgaben. Neben dan tarifären Handelsbarrieren haben auch -) nicht tarifäre Handelshemmnisse eine größere Bedeutung für die Strukturpolitik erhalten. Auf der Angebotsseite sind die hauptsächlichen Angriffspunkte für strukturpolitische Maßnahmen die Produktions- und Investitionskosten. Es können z.B. bestimmte Produktionsfaktoren selektiv verteuert oder verbilligt werden, um Substitutionsprozesse in Gang zu setzen. Wiederum ist die staatliche Einflußnahme besonders einfach, wenn der Staat selbst als Anbieter von Gütern oder Leistungen auftritt, die als Zwischenprodukte und Vorleistungen in die privatwirtschaftliche Produktion eingehen (bei der öffentlichen Infrastruktur ist dies der Fall). Auch über das Design des Bildungssystems kann der Staat eingreifen, indem die Akkumulation von - Humankapital beeinflußt wird. Weitere Instrumente der angebotsseitigen Strukturpolitik sind Produktionskostenbeihilfen in bestimmten Sektoren, die Forschungsförderung und Investitionsbeihilfen. Literatur: Meißner, W., Fassing, W. (1989). Rasmussen, Th. (1983)
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