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Mitbestimmung
Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 soll es einem weiten Kreis von abhängig Beschäftigten ermöglichen, am unternehmerischen Entscheidungen im eigenen Betrieb teilzunehmen. Das Gesetz gilt für alle Arbeitnehmer in Betrieben mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit und mehr als zweitausend Beschäftigten. Die unternehmerische Mitbestimmung erfolgt vor allem über den Aufsichtsrat. Hierzu bestimmt das Gesetz, dass der Aufsichtsrat paritätisch mit Vertretern der Arbeitnehmer und der Anteilseigner zu besetzen ist. Das Gesetz gilt nicht für Unternehmen, die der Montanindustrie angehören. Dort gilt eine weitergehende Mitbestimmung. Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 erweitert den Kreis der Arbeitnehmer, die an unternehmerischen Entscheidungen teilnehmen können, über den Bereich der Montanindustrie hinaus. Seit 1951 war es den Beschäftigten der Montanindustrie schon möglich, über ihre Vertreter im Aufsichtsrat an der Gestaltung der Unternehmenspolitik mitzuwirken. Durch das Mitbestimmungsgesetz von 1976 wurde diese Möglichkeit auf alle Arbeitnehmer erweitert, die in Unternehmen arbeiten, die eine eigene Rechtspersönlichkeit haben und mehr als zweitausend Mitarbeiter beschäftigen. Das Gesetz gilt nicht für Unternehmen der Kohle- und Stahlindustrie. Hier behält das Montan-Mitbestimmungsgesetz weiter seine Gültigkeit. Die Mitbestimmung der abhängig Beschäftigten findet vor allem über den Aufsichtsrat statt, der nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 paritätisch mit Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zu besetzen ist. Gemäß § 6 Abs. 1 Mitbestimmungsgesetz müssen auch solche Unternehmen einen Aufsichtsrat bilden, die eigentlich nach dem Gesellschaftsrecht keinen haben müssten, wie beispielsweise Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) von einer entsprechenden Größe. Die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder variiert mit der Zahl der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer:
Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden jeweils zur Hälfte durch die Anteilseigner und durch die Arbeitnehmer bestimmt. Der Vorsitzende wird immer von der Seite der Kapitalvertreter gestellt. Die Arbeitnehmervertreter wiederum setzen sich aus Beschäftigten des Unternehmens und Repräsentanten der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften zusammen. Die im Aufsichtsrat vertretenen Beschäftigten des Unternehmens setzen sich aus Arbeitern, Angestellten ohne Führungsaufgaben und leitenden Angestellten zusammen. Die Anzahl der Vertreter jeder dieser Gruppen sollte gemäß ihrem Gewicht im Unternehmen gewählt werden, wobei von jeder Gruppe mindestens ein Vertreter im Aufsichtsrat sein sollte. Die Gewerkschaften können bei einem Aufsichtsrat mit 12 oder 16 Mitgliedern 2 Aufsichtsräte und bei einem Aufsichtsrat mit 20 Mitgliedern 3 Aufsichtsräte stellen, die nicht aus dem jeweiligen Unternehmen stammen müssen. In Großunternehmen sitzen meist Vorstandsmitglieder der zuständigen Gewerkschaft im Aufsichtsrat. Die Wahl der Arbeitnehmervertreter kann entweder per Urwahl (also direkt durch die Beschäftigten) oder bei Großunternehmen indirekt über Wahlmänner, stattfinden. Der Aufsichtsrat wählt selbständig einen Aufsichtsratsvorsitzenden sowie einen Stellvertreter aus seiner Mitte. Beide werden mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Kommt die geforderte Mehrheit nicht zustande, so wählen die Vertreter der Anteilseigner in einem zweiten Wahlgang den Vorsitzenden und die Vertreter der Arbeitnehmer den Stellvertreter. Hierbei genügt jeweils eine einfache Mehrheit. Die Beschlüsse des Aufsichtsrats erfolgen grundsätzlich durch einfache Mehrheit. Im Gegensatz zum Montan-Mitbestimmungsgesetz haben die Vertreter der Anteilseigner dadurch bei strittigen Entscheidungen im Aufsichtsrat aus zwei Gründen ein leichtes Übergewicht: 1. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat in Pattsituationen bei Abstimmungen im Aufsichtsrat eine doppelte Stimme, kann also die Entscheidung erzwingen. Dem Stellvertreter steht diese Möglichkeit nicht zu. Da der Aufsichtsratsvorsitzende nicht gegen die Mehrheit der Vertreter der Anteilseigner gewählt werden kann, entsteht hierdurch bei der Entscheidungsfindung ein - vom Gesetzgeber gewolltes - Übergewicht derjenigen, die die Interessen der Anteilseigner im AR vertreten. Andernfalls wären Patt-Situationen nicht zu vermeiden gewesen. 2. Unter den Vertretern der Arbeitnehmer ist mindestens ein Mitglied der leitenden Angestellten, das aufgrund seiner Position im Unternehmen eher den Interessen der Anteilseigner nahe steht, als den Interessen der Arbeitnehmer. Auch hierdurch entsteht ein Übergewicht der Anteilseigner im Aufsichtsrat. Zu den wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrates gehört die Bestellung des Spitzenmanagements des Unternehmens. Die Mitglieder des Vorstandes werden durch den Aufsichtsrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt. Kommt es zu keiner Einigung, so ist ein Vermittlungsausschuss zu bilden, über dessen Vorschlag der Aufsichtsrat erneut abstimmt. Hier genügt eine einfache Mehrheit zur Wahl. Kommt es immer noch nicht zur Einigung, so kann der Aufsichtsratsvorsitzende mit seiner Doppelstimme den Ausschlag geben. Nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 muss ein so genannter Arbeitsdirektor in den Vorstand des Unternehmens gewählt werden. Er ist als gleichberechtigtes Mitglied für personelle und soziale Fragen im Unternehmen zuständig. Im Gegensatz zum Montan-Mitbestimmungsgesetz kann dieser Arbeitsdirektor mit der Mehrheit der Stimmen der Kapitalvertreter auch gegen den Willen der Arbeitnehmer gewählt werden. Auch wenn den Anteilseignern durch das Mitbestimmungsgesetz von 1976 ein leichtes Übergewicht im Aufsichtsrat gegeben ist, so gibt es den Arbeitnehmern doch weitreichende Möglichkeiten, an den Entscheidungen im Unternehmen teilzunehmen. In der Praxis kommt es entgegen vielen Befürchtungen, die vor Verabschiedung des Gesetzes geäußert wurden, nur selten vor, dass Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter im Aufsichtsrat gegeneinander arbeiten und Entscheidungen durch Kampfabstimmungen erzwungen werden. Im allgemeinen haben beide Seiten zunächst das Wohl des Unternehmens im Auge zu haben und sind daher zur Zusammenarbeit bereit. Nur wenn das Unternehmen erfolgreich geführt wird können sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeberseite daraus Vorteile ziehen. Bei dieser Betrachtungsweise ermöglicht das Mitbestimmungsgesetz von 1976 eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Besitzern des im Unternehmen angelegten Kapitals und den Beschäftigten.
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