Planification
Wirtschaftsführung in Frankreich, die auf der Grundlage des Dekrets vom 3.1.1946 das Ziel verfolgt, die Effizienz des freien Spiels der Kräfte in einer Marktwirtschaft zu nutzen und die Gefahr des Marktversagen durch Planung zu bannen. Die in den Krisenzeiten der 30er Jahre entwickelten Ideen wurden unter den Erfordernissen des Wiederaufbaus nach dem
2. Weltkrieg durch Jean MONNET prägend in den ersten Plan (1946-1953) umgesetzt. Es handelt sich dabei um eine Synthese aus indikativer Planung für den privaten Bereich (unverbindliche Richtplanung) und imperativer (verbindlicher) Planung für den gemeinwirtschaftlichen bzw. öffentlichen Bereich. Der Plan trägt damit wesentlich voluntaristischen Charakter und bringt bevorrechtigte Ziele und Schwerpunktprogramme sowie Vorausschätzungen (die untereinander verbunden und mit dem globalen Expansionsziel verträglich sind) zum Ausdruck. Die Planung ist kontinuierlich in dem Sinne, dass durch Perspektivpläne die längerfristige Entwicklung (bis zu 20 Jahren) vorausgeschätzt wird, die durch den laufenden Fünfjahresplan (Rahmenplan) konkretisiert und vorgeschrieben werden. Die planification konkretisiert sich in einem Plan der Regierung, der von der Nationalversammlung (lois-programmes) zu verabschieden ist und den Charakter einer mittelfristigen Richtliniendeklaration hat, im Gegensatz zum verbindlichen jährlichen Budget. Die Aufstellung des Plans obliegt einem Planungskommissar (mit wechselnden Bezeichnungen: cornmissaire general au Plan, Commissaire au Plan seit 1974), der einer Behörde mit ca. 150 überwiegend nur kurzfristig Beschäftigten (Commissariat) vorsteht und seine Vorschläge zunächst einem pluralistisch geformten Planungsrat (Conseil superieur de la planification, 1974) zur Begutachtung unterbreitet. Die Zuordnung des Planungskommissars zum Premierminister war je nach politischer Wertung der Planung in den Jahren seit 1946 unterschiedlich lang. Lange Zeit legte das Commissariat als quasi-autonome Institution seine Vorschläge direkt dem Premierminister vor. Die Reform von 1982 brachte die Stellung einer obersten Staatsbehörde durch Eingliederung in das Ministerium für Planung und Regionalpolitik (ministre du Planet de l\' amenagement du territoire). Das Commissariat entwickelt seine Vorstellungen aus den Vorarbeiten von sieben Kommissionen mit jeweils zahlreichen (bis zu 14) Arbeitsgruppen: · Commission nationale de planification; · Commission de travail et intergroupes; · Groupes long terme; Groupes de strategie industrielle; · Groupes specialises; · Groupes administratils; · Missions confides par le ministere d\'Etat, ministre du Plan et l\'amenagement du territoire. Die Mitglieder dieser Einrichtungen sind neben wenigen Beamten insbes. Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertreter sowie Sachverständige. Aufgrund der Beteiligung der Betroffenen am Zustandekommen des Plans nennt man das System auch »economie concertee« (Vorbild der deutschen Konzertierten Aktion). In Vertikalen Ausschüssen (welche für die verschiedenen Wirtschaftssektoren zuständig sind) werden diese Globalziele in Unterziele für die Sektoren ausformuliert sowie die notwendigen Mittel zu ihrer Realisierung bestimmt und anschließend in Horizontalen Ausschüssen (die für die quer zur gesamten Wirtschaft laufenden Probleme verantwortlich sind) gruppiert, revidiert und aufeinander abgestimmt. Diese »Schiedssprüche« der Ausschüsse haben nur konsultative Bedeutung. Abschließend muss der Plan noch von der Regierung angenommen und vom Parlament ratifiziert werden. Die Größe des öffentlichen Sektors in Frankreich sowie Sekundäreffekte, die auf abhängige Sektoren einwirken, und die öffentlich finanzierten Investitionen (insbes. subventionierte Investitionen in der Landwirtschaft und im Wohnungsbau) geben wesentliche Impulse zur Realisierung des Plans. Weitere Anreize sind einerseits steuerliche Erleichterungen, bevorzugte Kreditmöglichkeiten, Zinsverbilligungen, Subventionen und Investitionsprämien, andererseits Verbote, Zusatzsteuern u.ä. Kontrolliert wird die Planerfüllung ebenfalls durch das Plankommissariat. Dies geschieht außer im Dialog mit den Ausführenden in den Ausschüssen durch einen zu veröffentlichenden Jahresbericht, dessen Daten die Verwaltungen und Organisationen im Wege der Selbstprüfung erbringen. Die planification hat mangels Entscheidungskompetenz gegenüber den (anderen) Ministerien, v.a. gegenüber dem im Zentralstaat Frankreich mächtigen Finanzministerium und der Banque de France, stets einen schweren Stand gehabt und seit den 60er Jahren noch zunehmend Boden verloren. Die Planer waren angewiesen auf Zuarbeiten der volkswirtschaftlichen Abteilung und des statistischen Amtes (Institut National de la Statistique et des Etudes Economiques, IN-SEE) des Finanzministeriums. Auch die Beziehungen zwischen Plan und –* Budget waren von Anfang an konfliktreich, da der Plan mittelfristiger ökonomischer Rationalität und gesellschaftlichem Konsens verpflichtet war, das vollzugsverbindliche Budget hingegen kurzfristigen politischen Zweckmäßigkeiten und Zwangen unterlag. Regierungen der 70er Jahre standen dem Planungsgedanken darüber hinaus skeptisch, wenn nicht ablehnend, gegenüber. Das Klima der 80er Jahre schien für die planification günstiger zu werden, da die sozialistische Regierung Vollbeschäftigung und Preisstabilität, aber auch Nationalisierung und Mitbestimmung im Rahmen des Plans zu verwirklichen gedachte und das Reformgesetz vom 29.7.1982 danach gestaltete. Gleichwohl erlitt die planification zusätzliche Einbußen, indem durch das - Europäische Währungssystem (EWS) und den Außeneinfluss der DM als Ankerwährung, nicht zuletzt auch durch die Vorgaben der Europäischen Gemeinschaften national eigenständige Planung an Gewicht verlor. Außerdem widersprachen die schwerfälligen Planungsprozeduren unbeschadet der Entwicklung eines modele dynamique multi-sectoriel (1980) dem Flexibilitätsgebot der 70er und 80er Jahre. Offenkundige Fehleinschätzungen der wirtschaftlichen Situation und Perspektiven des Landes während der 70er Jahre und personelle Ausdünnung der Planungsgremien, nicht zuletzt aber auch das Desaster der östlichen Planwirtschaften in den 80er Jahren, haben die Problematik des - Politikversagens in den Augen der Öffentlichkeit vor die des Marktversagens gerückt; eben diese stand aber im Zentrum des Systemgedankens der planification und bildete ihren traditionellen Rechtfertigungsgrund. Literatur: Quint, E., Touzery, L. (1986). Estrin, S., Holmes, P. (1983)
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