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GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik)
Die GASP ist neben der Europäischen Gemeinschaft (EG) und der Gemeinsamen Innen- und Rechtspolitik eine der drei Säulen der Europäischen Union (EU). Die GASP ist folglich nicht Bestandteil der EG-Verträge. Sie wird näher geregelt in der Bestimmung über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik im EU-Vertrag und dient so der Koordinierung außenpolitischen Handelns unter den Mitgliedsstaaten. Alle EU-Mitglieder sollen sich laut dieser Bestimmung an der GASP beteiligen. Sie ist die Grundlage aufeinander abgestimmter Außenpolitik der Nationalstaaten, vor allem aber soll sie die Basis einer zukünftigen gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik sein. Die GASP stellt ein weltweit einzigartiges System internationaler Zusammenarbeit zwischen unabhängigen Staaten dar. Souveräne Staaten schränken ihre Handlungsfreiheit durch die GASP prinzipiell ein, um mehr oder weniger einheitlich aufzutreten und Europa ein stärkeres internationales Gewicht zu verleihen. Die GASP ist ein Mischkonstrukt aus gemeinschafts- und nationalstaatlichem Interesse, was auch anhand der Finanzierung deutlich wird. Die Verwaltungsausgaben werden aus dem EU-Haushalt gedeckt, die oft sehr kostspieligen operativen Ausgaben (für gemeinsame Aktionen) nur teilweise vom EU-Haushalt, teilweise aus den Staatshaushalten der Mitgliedsstaaten. Die GASP ist ein Beispiel für so genannte Spill-Over-Effekte innerhalb europäischer Integration. Funktionierende wirtschaftliche Gemeinschaftsbereiche üben hierbei positiven Einfluss auf die politische Integration aus. Mit der immer erfolgreicher verlaufenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit innerhalb des Europäischen Binnenmarkts wuchs der Druck, auch in politischen Bereichen zu einer besseren Abstimmung unter den Mitgliedsstaaten zu kommen. Die starke wirtschaftliche Integration erforderte in zunehmenden Maß politische Legitimierung. Auch gegenüber bedeutenden außenpolitischen Aufgaben, Konflikten und Bedrohungen passte es nicht mehr zu dem starken Wirtschaftsverbund Europa, nicht mit einer europäischen Stimme zu sprechen. Doch klafft zwischen den Zielen der Beteiligten, nämlich der Stärkung der Sicherheit in Europa, der Wahrung des internationalen Friedens, der Vertretung europäischer Interessen auf der internationalen Bühne, gemeinsamer Stimmabgabe vor internationalen Organisationen und letztlich der Kopplung von diplomatischen Instrumenten mit EG-Institutionen auf der einen Seite und der politischen Wirklichkeit auf der anderen Seite, eine große Lücke. Die Liste mangelnder Konsultation beziehungsweise der Verzögerung oder des Nicht-Zustandekommens einer gemeinsamen Linie im Falle internationaler Konflikte ist lang. Positive Beispiele für ein tatsächlich europäisches Auftreten der EU-Länder finden sich erst in jüngster Vergangenheit und sind auf die Reformversuche der 90er Jahre zurückzuführen. Anfänge der außen- und sicherheitspolitischen ZusammenarbeitErst mit dem Vertrag über die Europäische Union erhielt die GASP ihre heutige Bezeichnung. Sie entstand aus den Jahrzehnte andauernden, eher unfruchtbaren Bemühungen um eine Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ). In den 70er und 80er Jahren wuchs die Bedeutung der Europäischen Gemeinschaft auf internationaler Ebene aufgrund ihres weltwirtschaftlichen Gewichts. Da einsetzende Globalisierungstendenzen das Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik voraussetzen, erkannten die zunächst sechs und bis heute fünfzehn Mitglieder die Außenpolitik als wichtiges Handlungsfeld für die Gemeinschaft. Zunächst als Vereinbarung eines Außenministergipfels, versuchten die Mitglieder seit 1970 einheitliche Deklarationen, zum Beispiel bei Menschenrechtsverletzungen oder auch gegenüber Handelsbeschränkungen, zu erreichen. Dieser Vorsatz wurde jedoch nur selten eingehalten oder zeigte nicht die gewünschte Wirkung. Durch politisch verbindlichere Berichte (Luxemburg, Kopenhagen, London) und später durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA) versuchte man in den 80er Jahren, die unorganisierte politische Zusammenarbeit dem Gemeinschaftsinstrumentarium zu untergliedern. Erstmals war die EPZ in völkerrechtlich verbindlicher Form geregelt, der zwischenstaatliche Charakter des nun institutionalisierten Politikfeldes blieb aber bestehen. Das bemüht einheitliche Auftreten gegenüber der Annexion Kuweits durch Irak oder gegenüber des Jugoslawien-Krieges ließ zwar die Gemeinschaftsabsichten, aufgund ihrer Halbherzigkeit gleichzeitig aber auch die mangelnde Entschlussfreudigkeit der Europäer erkennen. Diese Herausforderungen sorgten aber auch für eine neue Qualität der Diskussion um eine GASP im Zuge der Maastricht-Verhandlungen um die Struktur der Europäischen Union. Die GASP nach MaastrichtIm Februar 1992 wurden mit dem Maastricht-Vertrag über die Europäische Union auch die Grundlagen für die GASP und in deren weiteren Verlauf für eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik geschaffen (Artikel J. 4 EU-Vertrag). Durch die Institutionalisierung der GASP soll eine stärkere Handlungsfähigkeit erreicht werden, ausgeübt durch die Westeuropäische Union (WEU), und auf lange Sicht dem nordatlantischen Verteidigungsbündnis (NATO) ein Verbündeter zur Seite gestellt werden. Wie zuvor die EPZ ist auch die GASP in vier Entscheidungs- und Ausführungsebenen gegliedert. Seit Maastricht legt der Europäische Rat als zwischenstaatliches Organ die Leitlinien der GASP fest. An diese Grundsätze muss sich der Ministerrat, als EG-Organ bei seinen Entscheidungen zu gemeinsamen Aktionen und Deklarationen halten. Darunter angesiedelt, berät und informiert das Politische Komitee, bestehend aus Sachverständigen der nationalen Außenministerien. Neu hinzugekommen war durch den Vertrag von Maastricht der Ausschuss der Ständigen Vertreter, bestehend aus ebenfalls hochrangigen, außenpolitischen Vertretern der Staaten. Wobei das Komitee die grundsätzlichen Aufgaben der GASP überprüft und der Ausschuss die technische Koordination gemeinsamer Aktionen unter sich hat. Die Mitgliedstaaten entscheiden über das Vorgehen gleichberechtigt und in der Regel einstimmig. Vom Selbstverständnis her gehen die Instrumente der GASP allerdings auch nach Maastricht nicht über die der EPZ, nämlich Konsultationen und gemeinsame Aktionen, hinaus. Die meist erforderliche Einstimmigkeit ist das Hauptproblem der GASP. Um die Effizienz des außen- und verteidigungspolitischen Arms der EU zu erhöhen, wären Reformen nötig, die durch den Maastricht-Vertrag noch nicht realisiert wurden. So scheiterten auch im Anschluss an die Maastrichter Beschlüsse weitere gemeinsame Aktionen an dem Konsensprinzip. Zur Wahrung größtmöglicher Souveränität beharrten zum Beispiel Frankreich und Großbritannien auf ihr Vetorecht bei Entscheidungen, die vitale Interessen der Staaten betrafen. Die Beneluxstaaten oder auch Deutschland sahen schon zu Beginn der 90er Jahre, mit Blick auf zu erwartende Erweiterungen der Gemeinschaft, die Notwendigkeit vom blockierenden Einstimmigkeitsgebot in der GASP abzugehen. Weiterer Diskussionspunkt blieb nach Maastricht die Etablierung der WEU als vierte, rein verteidigungspolititsche Säule der EU. Ein völlig eigenständiges europäisches Verteidigungskonzept konnte man insbesondere gegen Großbritannien nicht durchsetzen, da das Königreich auf den US-amerikanischen Schutz und das NATO-Bündnis keinesfalls verzichten wollte. Die Reformansätze von Amsterdam 1996Die Konferenz zur Vertragsrevision von Amsterdam 1996 sollte unter anderem der GASP zu einem neuen, effektiveren Stand innerhalb der EU verhelfen. Der wichtigste Vorsatz: das Konsensprinzip sollte weitmöglichst abgeschafft werden. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Dennoch gab es in Amsterdam einige Reformansätze. Dem vierstufigen Institutionengefüge wurde eine fünfte Ebene in Form eines Generalsekretärs hinzugefügt. Ein Mitarbeiterstab um den Sekretär soll der Strategieplanung und als Frühwarneinheit für entstehende außenpolitische Konfliktherde dienen. Das Sekretariat arbeitet mit den entsprechenden Stellen der Westeuropäischen Union (WEU) und der Kommission zusammen und soll dem Rat, in Form von schon ausgearbeiteten Handlungsoptionen zuarbeiten. Dessen Entschlussprozedere soll auf diese Weise beschleunigt werden. Das Gremium kann aber nur erfolgreich sein, wenn der Rat sich auf die Zusammenarbeit einlässt und sowohl Vorschläge des Generalsekretärs annimmt, als auch das Gremium selbst mit allen notwendigen Informationen zur internationalen Politik und zu nationalen Vorhaben versorgt. Tatsächliche Macht in Form von Entscheidungskompetenz erhält der Generalsekretär nicht. Neu ist auch die Möglichkeit zur so genannten konstruktiven Enthaltung. Hierbei bleiben Länder, die eine Entscheidung nicht mittragen wollen, der Entscheidung fern, die übrigen Mitglieder haben dennoch die Möglichkeit, eine gemeinsame Aktion (ohne die Beteiligung aller fünfzehn Mitglieder) zu beschließen. Das schwächt die Geschlossenheit, würde aber die Flexibilität fördern, wenn nicht das Vetorecht weiterbestehen würde. Das Recht auf diesen Einspruch hat jedes Mitglied dann, wenn es ein vitales Interesse am Inhalt des Beschlusses anmeldet. Ein solches Interesse ist von jedem Land fast immer konstruierbar. Die WEU wurde in Amsterdam zum offiziellen militärischen Arm der EU erhoben. Damit muss die EU die WEU nicht mehr um die Bereitstellung von Schutz oder Hilfe bei gemeinsamen Aktionen ersuchen, sondern kann sie über die GASP "in Anspruch nehmen". Die EU übt aber lediglich Leitlinienkompetenz gegenüber der WEU aus, sie ist nicht weisungsbefugt wie eine nationale Regierung über ihre Einheiten. Die Schwächen der GASPDer politische Wille, eine GASP zu etablieren, ist für ein Gebilde wie die Europäische Union unabdingbar. Um die GASP aber mit Leben zu füllen, ist bei jeder Entscheidung wieder der Wille zur Gemeinschaftspolitik und die Bereitschaft zum Verzicht auf nationale Souveränität notwendig. In Europa tatsächlich zu einer einheitlichen Außen- und Sicherheitspolitik zu kommen, wird durch einige elementare Schwächen der GASP erschwert beziehungsweise unmöglich gemacht: 1. Es herrscht nach wie vor eine Disharmonie zwischen den nationalen Interessen. Diese verhindert die Definition gemeinsamer Ziele und zwingt die Gemeinschaft zur Politik nach dem Prinzip des "kleinsten gemeinsamen Nenners". 2. Das Vetorecht blockiert den Entscheidungsmechanismus. Das angestrebte und in Amsterdam zum Teil eingeführte Mehrheitsprinzip wird durch zu viele Ausweichmöglichkeiten konterkariert. 3. Der Vorsitz der EU und damit der GASP wechselt für eine beständige Politik mit konsistenter Handschrift zu oft und daher auch in den Konfliktregionen die Ansprechpartner. 4. Das Durchsetzungsvermögen der GASP innerhalb der EU ist zu gering. Es existieren keinerlei Automatismen, die ohne die vorherige Absegnung durch die Nationalstaaten bei bestimmten Konfliktkonstellationen anlaufen. Die Entscheidungswege werden dadurch sehr lang. 5. Es herrscht ein unklares Verhältnis zur NATO, zur UNO und zur OSZE. Die Aufgabenverteilung zwischen diesen Organisationen ist nicht festgelegt. Die Mitgliedschaften der Länder in diesen Organisationen überschneiden sich häufig und bergen Interessenkonflikte.
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