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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Aktienanalyse / Chartanalyse

Aktienanalyse ist die systematische Untersuchung kursrelevanter Informationen mit dem Ziel einer Prognose des künftigen Verlauf des Aktienkurses. Hierbei muss man die Fundamentalanalyse und die technische Analyse unterschieden. Die Fundamentalanalyse beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen Situation der betreffenden Aktiengesellschaft und seinem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld. Im Gegensatz dazu beschränkt sich die technische Analyse auf die Untersuchung des Verlaufs des Aktienkurses in der Vergangenheit und versucht, aus den Beobachtungen Rückschlüsse auf die Zukunft zu ziehen. Die technische Analyse wird oftmals mit dem Begriff Chartanalyse gleichgesetzt. Beide Analysemethoden sind keine wissenschaftlichen Verfahren und unterliegen damit einer relativ hohen Unsicherheit.

Sowohl Privatanleger als auch institutionelle Anleger, Banken und Versicherungsgesellschaften versuchen, mit Hilfe geeigneter Verfahren zu analysieren, ob und welche Aktien in Zukunft die beste Rendite erwarten lassen. Die systematische Untersuchung des Kurspotentials einzelner Aktien oder ganzer Aktienindizes wird als Aktien- oder Wertpapieranalyse bezeichnet. Große Banken oder Investmentfonds beschäftigen in der Regel ganze Abteilungen mit Spezialisten, die sich mit der Analyse von Aktien und anderen Wertpapieren beschäftigen, um so Erkenntnisse für den Eigenhandel, aber auch die Beratung ihrer Kunden zu gewinnen.

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen der Aktienanalyse: die Fundamentalanalyse und die technische Analyse, die oftmals mit dem Begriff Chartanalyse gleichgesetzt wird, obwohl diese zwar einen wesentlichen, nicht aber den einzigen Teilbereich der technischen Aktienanalyse ausmacht. Fundamental- und technische Analyse unterscheiden sich ganz erheblich voneinander. Während sich die Fundamentalanalyse vor allem mit der betreffenden Aktiengesellschaft und dessen wirtschaftlichem Umfeld beschäftigt, setzt die technische Analyse ganz auf die Untersuchung von börsenbezogenen Daten, wie beispielsweise die Kursentwicklung der Vergangenheit, das Angebots- und Nachfrageverhalten nach dem betreffenden Papier sowie gehandelten Volumina (Umsatz). Obwohl beide Teilgebiete ihre eingeschworenen Anhänger haben, kann man nicht von ,der" richtigen Methode sprechen. Beides sind keine wissenschaftlichen Verfahren und unterliegen Unsicherheiten. Ein sicheres Instrument zur Vorhersage von Kursentwicklungen gibt es nicht. Trotzdem können Analyseinstrumente das Verlustrisiko zumindest reduzieren.

1. Fundamentalanalyse

Die Fundamentalanalyse lässt sich im weitesten Sinne als die Frage nach dem Einfluss wirtschaftlicher und konjunktureller Einflüsse auf den Börsenkurs einer speziellen Aktie oder eines ganzen Aktienmarktes definieren. Hierbei kann man drei Gebiete der Fundamentalanalyse voneinander abgrenzen:

  • die Konjunkturanalyse
  • die Monetäranalyse und
  • die Unternehmensanalyse

wobei bei der Kursprognose alle drei Teilgebiete in das Ergebnis fließen.

Die Konjunkturanalyse: Sie umfasst die Untersuchung der voraussichtlichen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einer Volkswirtschaft, einer wirtschaftlichen Region oder sogar der ganzen Welt. Hierbei wird davon ausgegangen, dass der Gewinn eines Unternehmens nicht nur von seinen eigenen ökonomischen Fähigkeiten, sondern auch von seinem wirtschaftlichen Umfeld abhängt. So wird ein Unternehmen, dass Konsumgüter herstellt, um so geringere Umsätze und damit in der Regel auch geringere Gewinne macht, je mehr Leute arbeitslos sind bzw. je geringer das verfügbare Einkommen ist.

Neben diesen relativ offensichtlichen Zusammenhängen, werden aber auch komplexere Wechselwirkungen analysiert. So hat man beispielsweise festgestellt, das es bei einem rückläufigen Bruttosozialprodukt häufig zu einer expansiven Geldpolitik der Zentralbank (z.B. Bundesbank) kommt. Eine expansive Geldpolitik, also der Anstieg der Geldmenge bewirkt aber im allgemeinen einen Rückgang der Zinsen, was in der Regel wieder gut für den Aktienmarkt ist.

Die Konjunkturanalyse wird bevorzugt zur Bestimmung langfristiger Anlagestrategien verwendet, da sich die prognostizierten Entwicklungen meist nicht kurzfristig sondern eher mittel- bis langfristig ergeben.

Die Monetäre Analyse: Den Nachteil der teilweise sehr langfristigen Wirkungsverzögerung von Konjunkturindikatoren und der Umstand, dass man festgestellt hat, dass die Börse oftmals konjunkturellen Entwicklungen vorausläuft, versucht man mit der monetären Analyse entgegenzukommen. Die monetäre Analyse untersucht Faktoren wie die Geldmengen- und die Zinsentwicklung.

Die monetäre Analyse, die auf die Untersuchungen der so genannten Monetaristen zurückgeht, geht von der folgenden Grundüberlegung aus:

  • ist viel und billiges (niedrige Zinsen) Geld im Markt, so entsteht Anlagedruck. Das Geld muss investiert werden. Dies kommt auch dem Aktienmarkt zugute.
  • wenig und teures Geld zwingt die Investoren ihre Anlagen zu verkaufen, wodurch die Preise bzw. Kurse für diese Anlagen fallen.

Aufgabe der monetären Analyse ist es somit, Indikatoren zu finden und zu interpretieren, die frühzeitig Aufschluss über die Entwicklung der Geldmenge geben. Zu den Einflussfaktoren für die Entwicklung der Geldmenge zählen vor allem die Instrumente der Zentralbank zur Geldmengensteuerung wie beispielsweise der Mindestreservesatz, der Diskontsatz sowie die Offenmarktpolitik.

Die Unternehmensanalyse: Der wohl wichtigste Teilbereich der Fundamentalanalyse, zumindest was die Prognose der Kursentwicklung einzelner Aktien betrifft, ist die Unternehmensanalyse. Hierbei geht es um die Untersuchung der vergangenen sowie gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation und die Prognose der zukünftigen Entwicklung der betreffenden Aktiengesellschaft. Letztlich soll so der heutige sowie der mögliche zukünftige Wert der Gesellschaft ermittelt werden. Der Wert des Unternehmens, der mit Hilfe der gängigen Verfahren der Unternehmensbewertung ermittelt werden kann, ergibt dann, wenn man ihn durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien dividiert, den "fairen" Wert der Aktien. Liegt der gegenwärtige Wert der Aktien unter dem errechneten fairen Wert der Aktie, so kann dies auf entsprechendes Kurspotential hindeuten. Ebenso ist es wenn der heutige Aktienkurs unterhalb des Kurses liegt, den der Analyst für die Zukunft errechnet hat.

Der Unternehmenswert wird anhand einer großen Menge von Faktoren bestimmt, die sich beispielsweise aus der Gewinn- und Verlustrechnung, der Bilanz, den Geschäftsbericht, aber auch den Aussagen des Managements über die künftige Strategie ergeben.

2. Die technische Analyse

Im Gegensatz zur Fundamentalanalyse abstrahiert die technische Analyse vollständig von dem Unternehmen und der Volkswirtschaftund konzentriert sich ausschließlich auf Börsenfaktoren wie Angebot und Nachfrage nach der betreffenden Aktie, gehandeltem Volumen u.ä.. Die technische Analyse versucht das Kurspotential eines Wertpapiers einzig und allein aus dem Angebot und der Nachfrage nach dem Papier in der Vergangenheit zu erklären.

Ein wichtiges Instrument der technischen Analyse ist die so genannte Chartanalyse. Hierbei wird versucht, Angebots- und Nachfrageverhalten in verschiedensten Varianten graphisch darzustellen und dann aus dem Verlauf der Kurven oder Balken auf den Kursverlauf in der Zukunft zu schließen. Die Darstellung erfolgt grundsätzlich in Form von Graphen, wobei auf der horizontalen Achse die Zeit und auf der vertikalen Achse die Kurswerte abgetragen werden.

Hierbei werden drei Hauptformen der Darstellung unterschieden:

  • Liniencharts: Hier werden die Schlusskurse des beobachteten Papiers auf der vertikalen Achse abgetragen. Es entsteht eine Kurve oder Linie, die den Kursverlauf während des analysierten Zeitraums darstellt.
  • Balkencharts: Bei einem Balkenchart wird pro Zeiteinheit (Tag, Woche oder Monat) der Höchst- und Niedrigstkurs sowie Eröffnungs- und Schlusskurs eingetragen. Balkencharts geben mehr Auskunft über die täglichen Schwankungen und damit über Verhalten von Angebot und Nachfrage als Liniencharts.
  • Point & Figure Charts: Diese Form des Charts dient dazu, das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage graphisch darzustellen. Hierzu werden Kursbewegungen, solange sie in eine Richtung gehen, über bzw. untereinander mit jeweils dem selben Symbol (meist eine 0 für Kursrückgänge und ein x für Kurssteigerungen) eingetragen. Sobald es zu einem Richtungswechsel kommt, fängt man eine neue Reihe an, bis es erneut einen Richtungswechsel gibt.

Typisch für die technische Analyse ist, dass bestimmte Formationen, d.h. graphische Bilder, die in der Vergangenheit zu bestimmten Kursverläufen geführt haben, zur Prognose zukünftiger Kurse verwandt werden. Chartanalytiker gehen davon aus, dass bestimmte graphische Bilder auf ganz bestimmte Kursverläufe in der Zukunft hindeuten. Ziel der Analyse ist es, Trendwechsel zu erkennen, d.h. den Wechsel von steigenden zu fallenden Kursen. Man spricht hier von einem Top oder den Wechsel von fallenden zu steigenden Kursen, man spricht von einem Bottom. Bekannte Chartformationen sind beispielsweise Kopf-Schulter-Formationen, Rechteck-Formation, verschiedene Dreieck-Formationen, Flagge und Wimpel-Formation sowie die Wimpel-Formation. Zu jeder dieser Formationen empfehlen die "Chartisten" bestimmte Strategien. Die Problematik liegt allerdings darin, dass die jeweilige Formation rechtzeitig erkannt und zudem zu richtigen Zeitpunkt gehandelt werden muss.

Neben der Chartanalyse spielt die Interpretation von technischen Indikatoren eine wichtige Rolle in der technischen Aktienanalyse. Hierbei handelt es sich um mathematische Kennzahlen, deren Wert auf bestimmte Kursbewegungen hindeuten soll. Zu den technischen Indikatoren gehören beispielsweise:

  • der gleitende Durchschnitt
  • das Momentum
  • und die relative Stärke und der
  • Beta-Faktor

Die Ergebnisse der mathematischen Berechnungen werden erneut in Charts eingetragen und zu interpretieren versucht.

Eines der bekanntesten technischen Analyseinstrumente ist der Wertpapierindex. Hier wird aus den Kursen einer großen Anzahl von Wertpapieren, wie beispielsweise Aktien, Anleihen oder Pfandbriefen täglich ein Wert errechnet. Vergleicht man dann die Kursentwicklung einzelner Aktien mit der Entwicklung des Wertpapierindex, so kann man u. U. daraus zukünftige Entwicklungen der Papiere ableiten.

Die Berechnung, Erstellung und Interpretation von Charts bzw. technischen Indikatoren verlangt von dem Anleger eine relativ intensive Auseinandersetzung mit diesen Analyseinstrumenten und kann nur dann zum Erfolg führen, wenn der Investor genug Erfahrungen gesammelt hat, um Fehlinterpretationen möglichst weitgehend auszuschließen. Grundsätzlich steigt die Verläßlichkeit der Interpretation mit der zunehmenden Anzahl von Indikatoren und Analyseinstrumenten, die der Anleger einsetzt und die dasselbe Kauf- oder Verkaufsignal geben. Man sollte sich nie nur auf die Aussage eines Instruments verlassen, sondern möglichst viele einsetzen, um so die Fehlerwahrscheinlichkeit zu reduzieren. Trotzdem muss gerade bei der Chartanalyse, die oftmals einen gewissen wissenschaftlichen Eindruck vermittelt, gewarnt werden, dass sichere Aussagen nicht getroffen werden können, also immer das Risiko besteht auf das falsche Pferd gesetzt zu haben.



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