Millionenkreditanzeigen
Das KWG beauftragt die Bundesbank mit der Aufgabe einer Evidenzzentrale für Millionenkreditmeldungen, die auf der vorgeschriebenen Millionenkreditmeldung nach § 14 KWG basiert. Die in Frage kommenden Unternehmen - Kredit-, Finanzdienstleistungsinstitute, Finanzunternehmen und die in § 2 Abs. 2 KWG genannten Unternehmen und Stellen (Sozialversicherungsträger, Bundesagentur für Arbeit, Versicherungsunternehmen, KfW) - haben der bei der Bundesbank geführten Evidenzzentrale vierteljährlich die Kreditnehmer anzuzeigen, deren Kreditvolumen (Verschuldung) 1,5 Mill. Euro oder mehr beträgt (Millionenkredit); Anzeigeinhalte und -fristen sind durch RVO geregelt. In die Anzeigen müssen die am Ende des Berichtszeitraums in Anspruch genommenen Beträge eingesetzt werden, aufgegliedert u. a. in kurz-/mittelfristige und langfristige Kredite, Wechsel- und Avalkredite, und unter Angabe, ob es sich um Real- bzw. öffentlich verbürgte Kredite handelt. Für die Höhe des Millionenkreditbetrags ist der Stand der Geschäfte täglich bei Geschäftsschluss massgeblich; unter-tägige Spitzen, die bis zu diesem Zeitpunkt wieder unter die 1,5-Millionengrenze zurückgeführt werden, bleiben unberücksichtigt. Meldestichtage sind der jeweils letzte Kalendertag im März, Juni, September und Dezember. Die Bundesbankstellen übersenden den beteiligten Instituten vorbereitete Anzeigen für den nächsten Meldetermin, die alle Kreditnehmer enthalten, die vom Institut zum vorhergehenden Meldetermin angezeigt wurden; für jedes gruppenangehörige Unternehmen erhalten die beteiligten Institute eine gesonderte vorbereitete Anzeige. Einzelanzeigen sind für solche Kreditnehmer zu verwenden, die in der vorbereiteten Anzeige nicht genannt sind. Änderungen von bestehenden Kreditnehmereinheiten sind zu begründen. Der Millionenkreditkontrolle liegt der Kreditbegriff des § 19 KWG zu Grunde: Er umfasst ausser Gelddarlehen aller Art auch verschiedene andere Bankgeschäfte, so die Diskontierung von Wechseln, die Übernahme von Avalen sowie Forderungen aus Factoring-und unechten Pensions-, Leasinggeschäften und Realkrediten; durch Erweiterung des Kreditbegriffs in § 19 KWG wird auch das Derivategeschäft (Finanzswaps, Finanztermingeschäfte, Optionsrechte) in die Millionenkreditmeldung einbezogen. Übergeordnete Unternehmen haben zugleich für die gruppenangehörigen Unternehmen deren Kreditnehmer i. S. d. entspr. anzuwendenden o. a. Bestimmung anzuzeigen. Dies gilt nicht, soweit diese Unternehmen selbst anzeigepflichtig sind. Die nicht selbst anzeigepflichtigen gruppenangehörigen Unternehmen haben dem übergeordneten Unternehmen die hierfür erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Meldepflicht gilt bei Gemeinschaftskrediten von 1,5 Mill. Euro und mehr auch dann, wenn der Anteil des einzelnen Unternehmens 1,5 Mill. Euro nicht erreicht. Ausserdem müssen o.a. Unternehmen für ihnen nachgeordnete Kreditinstitute mit Sitz in einem anderen Staat deren Millionenkreditnehmer anzeigen, sodass die deutsche Bankenaufsicht auch ein genaueres Bild über die Kreditengagements einer Kreditinstitutsgruppe bei einzelnen Kreditnehmern erhält. Es sind Einzelanzeigen zu erstatten, wenn ein Kreditnehmer zum ersten Mal nach § 14 KWG zu melden ist oder wenn sich seine Stammdaten - z. B. Firma, Sitz, Konzernzugehörigkeit - geändert haben. Sammelanzeigen (sog. vorbereitete Anzeigen) sind von der Evidenzzentrale beim Direktorium der Bundesbank erstellte Listen, die alle Kreditnehmer enthalten, an die der Kreditgeber in der Vorperiode Millionenkredite vergeben hat. Die Banken ergänzen die vorbereiteten Anzeigen um die Inanspruchnahmen am Meldestichtag und reichen sie als Sammelanzeigen für die aktuelle Meldeperiode zusammen mit den Einzelanzeigen bei der für sie zuständigen Stelle der Bundesbank ein. Ausnahmen von der Meldepflicht sind nach § 20 KWG Kredite an die öffentliche Hand, bestimmte Inter-bankkredite mit Laufzeiten bis 3 Monate, abgeschriebene Kredite sowie Kredite, die einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts (u. a. Girozentralen, öffentlich-rechtliche Sparkassen) sowie EWG, EAG oder EIB gegeben worden sind; die Ausnahmen werden mit der unbe-zweifelbaren Bonität der Kreditnehmer begründet. Die zweite Seite der Evidenzzentrale ist das Benachrichti-gungs- oder Rückmeldeverfahren. Ergibt sich, dass einem Kreditnehmer von mehreren Unternehmen meldepflichtige Millionenkredite gewährt worden sind, hat die Bundesbank die anzeigenden Unternehmen zu benachrichtigen. Diese Benachrichtigung umfasst Angaben über die Gesamtverschuldung des Kreditnehmers und über die Gesamtverschuldung der Kreditnehmereinheit, der dieser zugehört, sowie über die Anzahl der beteiligten Unternehmen. Die Benachrichtigung ist nach Massgabe der RVO aufzugliedern. Die Bundesbank teilt einem anzeigepflichtigen Unternehmen auf Antrag den Schuldenstand eines Kreditnehmers oder voraussichtlichen Kreditnehmers oder, sofern der Kreditnehmer oder der voraussichtliche einer Kreditnehmereinheit angehört, den Schuldenstand der Kreditnehmereinheit mit. Sofern es sich um einen voraussichtlichen Kreditnehmer handelt, hat das Unternehmen auf Verlangen der Bundesbank die Höhe der beabsichtigten Kreditgewährung mitzuteilen und nachzuweisen, dass der voraussichtliche Kreditnehmer in die Mitteilung eingewilligt hat. Als beteiligte Kreditgeber gelten meldende Unternehmen, die entweder selbst oder deren ausländische Tochterunternehmen dem Kreditnehmer Millionenkredite gegeben haben. Meldungen für Auslandstöchter gehen bei der Rückmeldung an die beteiligten Banken in die Zahlen der Mutter mit ein. In der Benachrichtigung werden allerdings keine Aussagen über die Bonität von Krediten und Kreditnehmern oder über die Art des Kredits - z. B. Anlage-, Betriebsmittelkredite usw. - gemacht oder ob er im In- oder Ausland aufgenommen wurde. Neben der Benachrichtigung erhalten Banken, die Millionenkredite an ausländische Kreditnehmer angezeigt haben, von der Bundesbank eine Zusammenstellung, die angibt, wie viele Banken Kredite an Schuldner des jeweiligen Landes angezeigt haben und in welcher Höhe Kredite vergeben worden sind (Länderverschuldung). Durch die Zusammenrechnung der Verschuldung einzelner Kreditnehmer in einem Land ergibt sich die Gesamtverschuldung dieses Landes gegenüber deutschen Banken und ihren ausländischen Töchtern, wodurch das Länderrisiko transparenter wird. Am Meldeverfahren beteiligte Unternehmen und Bundesbank dürfen o. a. Meldungen, Benachrichtigungen und Mitteilungen auch per elektronischer Datenübertragung durchführen. Bei der Bundesbank wird das sehr hohe Anzeigenvolumen per EDV bearbeitet. Soweit es für die Zwecke der Zuordnung der o. a. Meldung zu einem bestimmten Kreditnehmer unerlässlich ist, darf die Bundesbank personenbezogene Daten mehrerer Kreditnehmer an das anzeigepflichtige Unternehmen übermitteln. Diese Daten dürfen keine Angaben über finanzielle Verhältnisse der Kreditnehmer enthalten. Die bei einem anzeigepflichtigen Unternehmen beschäftigten Personen dürfen Angaben, die dem Unternehmen mitgeteilt werden, Dritten nicht offenbaren und nicht verwerten. Die Bundesbank protokolliert zum Zweck der Datenschutzkontrolle durch die jeweils zuständige Stelle bei jeder Datenübertragung Zeitpunkt, übertragene Daten und beteiligte Stellen. Verwendung der Protokolldaten für andere Zwecke ist unzulässig; sie sind mind. 18 Monate aufzubewahren und spätest. nach 24 Monaten zu löschen.
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