Kreditanforderungen als Kreditsicherheiten im Eurosystem
Im Zusammenhang mit Einführung des einheitlichen Verzeichnisses im Sicherheitenrahmen des Eurosystems hat das Eurosystem unter strikten Bonitätsanalysevorgaben auch Kreditforderungen als Kreditsicherheiten zur Refinanzierung bei den NZB zugelassen. Kreditforderungen müssen wie alle anderen notenbankfähigen Sicherheiten den hohen Bonitätsanforderungen des Eurosystems genügen. Ab 2007 lassen alle Euroländer Kreditforderungen zur Besicherung der Kreditgeschäfte des Eurosystems zu; doch gibt es vollständig vereinheitlichte Regelungen dafür erst ab 2012. Kreditforderungen als Sicherheiten haben nach Darstellung der EZB vglw. relativ geringe Oppor-tunitätskosten, da sie selten gehandelt werden und die Geschäftspartner sie nur sehr begrenzt anderweitig nutzen können. Die Verfügbarkeit ausreichender Sicherheiten mit niedrigen Opportunitätskosten nicht nur auf der Ebene des Eurosystems insg., sondern auch bei den einzelnen Banken, ist nach Darstellung der EZB insb. auch für reibungsloses Funktionieren von TARGET entscheidend. Ausserdem fördert das einheitliche Sicherheitenverzeichnis das reibungs-loseFunktionieren des Finanzsystems im Euroraum, indem es die Liquidität einer gesamten bankbilanziellen Asset-klasse, der Kreditforderungen, erhöht. Da sich Kreditforderungen jedoch von marktfähigen Finanzinstrumenten in wichtigen Bereichen unterscheiden, sieht die EZB darin im Zuge der Besicherung rechtliche und operationale Herausforderungen für das Eurosystem. So weist sie darauf hin, dass Kreditforderungen eine Bandbreite unterschiedlicher umfassen, die auf die jeweiligen Bedürfnisse der Kreditnehmer zugeschnitten sind, sodass sie nicht standardisiert und einheitlich dokumentiert sind. Kreditforderungen und meist Kreditnehmer werden kaum von Ratingagenturen beurteilt, sodass zur Bonitätsbeurteilung der Schuldner meist andere Quellen für die Bewertung des Kreditrisikos verwendet werden müssen. Weiter führt die EZB an, dass Kreditverträge den Verkauf an Dritte untersagen können, sodass sichergestellt werden muss, dass die Kreditverträge Abtretungen/Verpfändungen erlauben. Die Kreditsekundärmärkte sind bisher von untergeordneter Relevanz, sodass für solche Sicherheiten i. d. R. externe Preisquellen nicht existieren. Solche u. a. Probleme haben nach Darste-lung der EZB wichtige Konsequenzen: Einmal müssen spez. Zulassungskriterien für Kreditforderungen fixiert werden, damit gewährleistet ist, dass sie ähnliche Anforderungen wie marktfähige Schuldtitel erfüllen; zudem sind operationale Verfahren erforderlich, die einheitliche Beurteilung des Kreditrisikos sowie sichere Übertragung und Mobilisierung von Kreditforderungen ermöglichen. Aus diesen Gründen hat die EZB 2005 spezif. Zulassungskriterien publiziert, denen Kreditforderungen ab 2007 entsprechen müssen. Hiervon hebt die EZB besonders hervor, dass der Schuldner/Garant in einem Mitgliedstaat des Eurowährungsgebiets seine Niederlassung haben und der Kreditvertrag dem Recht eines dieser Länder unterliegen muss. Der Kreis der zugelassenen Schuldner beschränkt sich auf nicht-finanzielle Unternehmen und öffentliche Stellen, sodass insb. Interbankkredite nicht notenbankfähig sind, um den Sicherheitenpool für Geschäftspartner nicht künstlich zu erhöhen. Offene Kreditlinien, Überziehungskredite und Akkreditive sind ebenfalls nicht zugelassen. Nicht zentralbankfähig sind auch - entspr. marktfähigen Schuldtiteln -Kreditforderungen, aus denen sich Ansprüche auf Kapitalbetrag und/oder Zinsen ergeben und die den Ansprüchen von Gläubigern aus anderen Kreditforderungen gegen denselben Schuldner oder von Inhabern anderer von diesem Emittenten begebener Schuldtitel untergeordnet sind. Das Eurosystem hat zudem auf eine Mindesthöhe für den ausstehenden Betrag der einzelnen Kreditforderungen fixiert. 2007 bis 2011 kann jede NZB über die Höhe des Mindestfreibetrags frei entscheiden; ab 2012 gilt ein einheil ticher Mindestbetrag von 5.000.000 Euro. Zudem prüft das Eurosystem nach Darstellung der EZB, ab 2012 harmonisierte Gebühren für Kreditforderungen einzuführen; bis dahin kann jede NZB Gebühren für die Bearbeitung von Kreditforderungen erheben oder davon absehen. Daneben sind nach Darstellung der EZB weitere rechtliche Anforderungen zu erfüllen, um zu gewährleisten, dass das Eurosystem bei Ausfall eines Geschäftspartners ein Sicherungsrecht an den Kreditforderungen bestellen kann. Diese Kriterien beziehen sich lt. EZB auf den Zeitpunkt der Mitteilung an den Schuldner über die Mobilisierung der Kreditforderungen, das Bankgeheimnis hins. Angaben zum Schuldner, den Wegfall möglicher Beschränkungen bei der Mobilisierung und Verwertung der Forderungen. Evt. können spez. Klauseln in Kreditverträgen notwendig werden, damit die Forderungen als Sicherheit anerkannt werden. Ferner sind spez. Verfahren erforderlich, um die Existenz der Sicherheiten zu kontrollieren (Eigenbescheinigungen der Geschäftspartner, Ad-hoc-Prüfungen durch NZB, Aufsichtbehörden u. a.). Da die Schuldner von Kreditforderungen meist nicht von Ratingagenturen beurteilt werden, musste das Eurosystem nach Darstellung der EZB die Kreditrisikoeinschätzung auf eine grössere Auswahl von Quellen für die Bonitätsbeurteilung stützen und neben den bestehenden Evaluierungsverfahren für marktfähige Finanzinstrumente auch solche für nicht marktfähige Schuldtitel einführen: das Rahmenwerk für Bonitätsbeurteilungen im Eurosystem. Da Kreditforderungen nicht über die bestehende Marktinfrastruktur für marktfähige Sicherheiten abgewickelt werden können, muss - wie die EZB weiter schreibt - das Eurosystem darüber hinaus Verfahren einrichten, um diese sowohl für nationale und Grenzen überschreitende Transaktionen nutzbar zu machen. In einer Übergangsphase basiert die Bearbeitung von Kreditforderungen auf den nationalen Verfahren für die inländische Nutzung von Sicherheiten und für die Grenzen überschreitende Abwicklung auf dem Korrespondenzzentralbank-Modell. In dieser Zeit werden die Verfahren für die Abwicklung von Kreditforderungen auf der Grundlage der bis dahin gewonnenen Erfahrungen nochmals analysiert, Verbesserungsmöglichkeiten werden geprüft und gegebenenfalls umgesetzt. Das Hinzukommen verschiedener Vermögens-(Asset-)kategorien bringt lt. EZB zahlreiche Anforderungen hins. Ausgestaltung und Pflege des Sicherheitenrahmens mit sich. Es ist danach nicht mehr möglich, einen einheitlichen Satz von Zulassungskriterien anzuwenden; vielmehr müssen die Kriterien auf die einzelnen Assetklassen zugeschnitten werden, um so zu gewährleisten, dass diese denselben Sicherheitenstandards entsprechen, was analog für Risikokontrollmassnahmen gilt. Zum Ausgleich von Abweichungen im Risikoprofil müssen die Massnahmen zur Risikobesteuerung je nach Sicherheitenkategorie divergieren. Bei erfolgreicher Praktizierung kann, wie die EZB schreibt, bei Anwendung der Risikokon trollmassnahmen ein einheitliches Risikoniveau für alle Vermögensklassen erreicht werden. Aus Sicht der EZB ergibt sich insg. für das Eurosystem die Notwendigkeit, seine Besicherungspolitik ständig wei-terzuentwicklen, nicht zuletzt auch, um zu erreichen, dass auch neuartige Sicherheiten (z. B. Finanzinnovationen) innerhalb der vom Eurosystem tolerierten Risikogrenzen liegen.
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