interne Ratingsysteme
Bankinterne Ratingsysteme. Auch: (bank-)eigene, -interne Ratingsysteme. Ratingsysteme, die von Banken selbst für ihr Kreditgeschäft bzw. Kreditportfolios entwickelt und eingesetzt werden. Der Begr. Ratingsystem umfasst alle Methoden, Prozesse, Kontrollen, Datenerhebungen und DV-Systeme, die zur Bestimmung von Kreditrisiken, zur Zuweisung interner Ratings und zur Quantifizierung von Ausfall- und Verlustschätzungen dienen. In der Baseler Eigenmittelvereinbarung (Basel II) werden qualitative und quantitative Mindestanforderungen an bankinterne Ratingsysteme gestellt, sofern diese für die Ermittlung der bankenaufsicht-lichen Eigenmittel herangezogen werden sollen. Es existieren 2 auf internen Ratings basierende Ansätze (IRB-Ansätze), wobei jeder genehmigungspflichtig ist. Zudem besteht ein aufsichtlich vorgegebener Baseler Standardansatz zur Ermittlung der geforderten Eigenmittel für Banken, die interne Ratingsysteme nicht einsetzen oder keine Erlaubnis zur aufsichtlichen Verwendung ihrer internen Ratings besitzen. Zur Anerkennung müssen bankinterne Ratingsysteme wesentliche Bedingungen erfüllen. Diese orientieren sich an den in der Bankwirtschaft existierenden Bestpractices für Ratingsysteme. Das Ziel bankinterner Ratingsysteme liegt darin, aussagekräftige Risikodifferenzierungen innerhalb des Kreditportfolios des Instituts vorzunehmen. Zudem sollen sie Hinweise auf wichtige Risikotreiber geben. Daher müssen bankinterne Ratingsysteme die Kreditnehmerbonität und ggf. vorliegende Sicherheiten in 2 getrennten Dimensionen analysieren (zweidimensionales Ratingsystem). Weiterhin sollen Ratingsysteme mind. 7 Ratingklassen für nicht ausgefallene und mind. 1 Ratingklasse für ausgefallene Kreditnehmer umfassen. Die Ratingsysteme sollen alle wesentlichen Kreditrisiken bewerten, spez. Risikofaktoren sind jedoch nicht im Einzelnen vorgeschrieben. Den Banken sind somit methodische Freiräume eingeräumt. Der Ratingprozess soll Objektivität und Unabhängigkeit von Ratingzuordnung und -Systemüberwachung sicherstellen. Dies kann entweder durch Ratingvergabe, durch eine von der Geschäftsinitiierung unabhängige Einheit oder durch vollautomatisierte objektive Ratingsysteme, die dem Kundenbetreuer keine Einflussmöglichkeiten auf das Ratingergebnis geben, erreicht werden. Die systemseitig vorgegebene Ratingzuordnung kann jederzeit individuell abgeändert werden; Änderungen müssen dokumentiert werden. Aus methodischen Gründen ist zudem erforderlich. dass jeder Kreditnehmer innerhalb eines IRB-Portfolios ein Rating und somit eine Ausfallwahrscheinlichkeit hat, die zur Berechnung der Eigenmittelanforderung benötigt wird. Weitere Anforderung ist das mind. jährliche Neurating aller Kreditnehmer, um die jeweils aktuelle Risikosituation erfassen zu können. Regelungen zur Unternehmenssteuerung umfassen u. a. Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung für die Angemessenheit der Ratingsysteme und ihren richtigen Einsatz in der bankinternen Kreditnehmerbewertung und Risikosteuerung. Banken sind zudem verpflichtet, Güte und adäquate Anwendung der Ratingsysteme regelm. von Innenrevision bzw. externen Wirtschaftsprüfern überprüfen zu lassen. Verfügt eine Bank über Ratingergebnisse, müssen diese integraler Bestandteil der bankinternen Steuerung sein, von ratingbasierten Kreditentscheidungen, Kompetenzordnungen, Limitsystemen und Risikovorsorgemassnahmen bis zu kreditrisikoabhängigen Vergütungssystemen. Allein für die Bankenaufsicht konzipierte Ratingsysteme, die nicht gleichzeitig zur bankinternen Risikosteuerung verwendet werden, sind nicht anerkennungsfähig. Die bankinterne Verwendung der Ratingergebnisse ist aus bankenaufsicht-licher Sicht von zentraler Bedeutung, da sie einerseits zur Verbesserung des bankinternen Risikomanagements beiträgt und damit die Stabilität des Bankensektors fördert. Andererseits haben die Institute durch die Verwendung der Ratings bei Kreditentscheidungen starkes Eigeninteresse an der Adäquanz ihrer Ratingeinschätzungen und der damit verbundenen intensiven bankinternen Überwachung. Um ein umfassendes Bild über die Risikolage im Kreditgeschäft zu erhalten, müssen auf Ratings basierende bankinterne Stresstests durchgeführt werden. Mit deren Hilfe sollen Banken die Auswirkungen negativer konjunktureller Einflüsse auf ihr Kreditportfolio besser verstehen und darauf aufbauend entspr. Vorkehrungen treffen können. Zur Quantifizierung der Risikoparameter PD, LGD und EAD müssen die Banken die einheitliche, bankenauf-sichtlich vorgegebene Ausfalldefinition verwenden. Diese Einheitlichkeit soll Vergleichbarkeit der bankintern gemessenen Risikoparameter gewährleisten. Diese ist damit unter bankenaufsichtlichen und Wettbewerbsaspekten bedeutsam. Die prognostizierten Risikoparameter sollen zudem auf Basis der jeweils eigenen, bankinternen Verlusthistorie erstellt werden, um die Adäquanz der Risikoparameter zu dem spezif. Portfolio der Bank und dem verwendeten Ratingsystem sicherzustellen. Wenn die eigene Verlusthistorie nicht zur Schätzung statistisch valider Risikoparameter ausreicht (dies kann z.B. der Fall sein, wenn in den sehr guten Ratingklassen oder ganzen Portfolios keine Ausfälle vorhanden sind oder wenn kleinere Banken nicht genügend Ausfälle pro Jahr und Ratingklasse für statistische Analysen haben), können auch externe oder gepoolte Daten verwendet werden. Gepoolte Daten beziehen sich hier auf die Schätzung von Ausfall- wahrscheinlichkelten durch Poolen der Verlusthistorie mehrerer Banken, die vergleichbare interne Ratingsysteme verwenden; die bankinternen Daten sind damit zu-mind. Teil des Datenpools, der für die Schätzungen herangezogen wird, während externe Daten dagegen einen Ausfalldatenpool bez., der überhaupt keine Daten des Kreditinstituts selbst beinhaltet. Um die risikomindernde Wirkung von den im IRB-Basisansatz anerkannten finanziellen und physischen Sicherheiten über aufsichtlich vorgegebene Verlustquoten in die Eigenmittelkalkulation einfliessen zu lassen, müssen die Banken den Nachweis erbringen, dass die hereingenommenen Sicherheiten von dauerhafter Werthaltigkeit sind (z B. durch entspr. Gutachten). Ausserdem muss das bankinterne Sicherheitenmanagement die rechtliche Durchsetzbarkeit sowie regelmässige realistische Bewertung der Sicherheitenwerte gewährleisten. Banken, die einen der IRB-Ansätze verwenden wollen, müssen die Adäquanz ihrer Ratingsysteme und ihrer Risikoparameter mind. jährlich überprüfen. Die Banken sollen hierbei - schon aus Eigeninteresse -die Differenzierungsfähigkeit der Ratingsysteme zwischen bonitätsmässig guten und schlechten Schuldnern testen. Aus bankenaufsichtlicher Sicht ist die absolute Höhe der o.a. Risikogrössen jedoch von noch grösserer Wichtigkeit, da die Höhe derbankenaufsichtlich geforderten Eigenmittel an sie geknüpft ist. Pro Ratingklasse kann nur eine empirische Ausfallrate pro Jahr - als Quotient der in dem betr. Jahr ausgefallenen Schuldner im Verhältnis zu allen Schuldnern dieser Ratingklasse - ermittelt werden. Statistische Tests, die die prognostizierten Ausfallwahrscheinlichkeiten den tatsächlich beobachteten jährlichen Ausfallraten gegenüberstellen, sind auf Grund der kurzen empirischen Zeitreihen nur eingeschränkt aussagefähig. Banken sollen jedoch schon nach jetzigem Stand der Basel-ITRegelungen ihre prognostizierten Ausfallwahrscheinlichkeiten anhand der jährlichen Ausfallraten überprüfen und Prognosen ggf. anpassen. Banken, die sich für einen der IRB-Ansätze qualifizieren wollen, müssen nach Basel II aggregierte Risikoinformationen (z. B. prognostizierte und tatsächliche Ausfallwahrscheinlichkeiten und Verluste sowie ausstehende Forderungen pro Ratingklasse) im Jahresabschluss offen legen. Mit Hilfe dieser Daten können sich die Marktteilnehmer ein genaueres Bild von der Risikostruktur der Institute machen. Informationen, die Rückschlüsse auf einzelne Kreditnehmer möglich machen würden und damit unter Datenschutzaspekten bedenklich wären, dürfen jedoch nicht veröffentlicht werden. Daneben sind die MaRisk entspr. anzuwenden.
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