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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Finanzwirtschaft

(engl. finance) Die betriebswirtschaftliche Analyse des Finanzbereichs der Unternehmen teilt sich einerseits in die Analyse der Unternehmen des Finanzsektors selbst in Form von speziellen Betriebswirtschaftslehren (Betriebslehren) in einer institutionellen Gliederung der Betriebswirtschaft, die Bankbetriebslehre (auch Bankwirtschaft, Bankmanagement) und Versicherungsbetriebslehre (auch Versicherungswirtschaft). Andererseits wird unter dem Oberbegriff Finanzwirtschaft speziell die Analyse der Finanzwirtschaft der Unternehmung (engl. corporate finance) und der mit der Gestaltung des Finanzbereichs der Unternehmen zusammenhängenden Managementaufgabe (Finanzmanagement; Management) verstanden. Die historische Entwicklung der Finanzwirtschaft in Deutschland ist geprägt durch die zeitliche Entwicklung der Finanzierungstheorie. Ausgehend von der traditionellen Finanzierungslehre über die neoklassische und neoinstitutionelle Finanzierungstheorie entwickelten sich zahlreiche Analyse und Aktionsbereiche der Finanzwirtschaft. An deutschen und amerikanischen Universitäten wird in diesem Bereich einzelnen Gebieten unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Die Analyse der Marktkräfte dominiert die amerikanische finanzwirtschaftliche Diskussion der letzten Jahrzehnte. Mag das dabei unterstellte Szenario des vollkommenen Marktes für derart große 3 Kapitalmärkte wie in den USA noch annähernd zutreffen, ergibt sich in der europäischen und speziell deutschen Situation mit zahlreichen Marktsegmenten (Marktsegmentierung) eine Reihe institutioneller Hindernisse, die zu Marktunvollkommenheiten und einer Beschränkung individueller Gestaltungsfreiräume führt. Derzeit lassen sich die Lehrgebiete der Finanzwirtschaft schwerpunktmäßig einteilen in 1. institutionelle Gegebenheiten und Standardverfahren, 2. Entscheidungsmodelle für den Investitions und Finanzierungsbereich von Unternehmen, 3. Erklärungsmodelle zur Funktionsweise des Kapitalmarkts, 4. empirische Untersuchungen zur Funktionsweise von Geld , Kapital und Devisenmärkten, in denen die genannten Modelle empirisch überprüft werden.

Die traditionelle und praxisnahe deutsche Ausbildung legt hierbei das größte Gewicht auf die institutionellen Gegebenheiten und Standardverfahren und berücksichtigt sie entsprechend im Lehrplan. Moderne deutsche Forschungskonzepte und Lehrpläne enthalten wie amerikanische bzw. angelsächsische Curricula im weitaus größeren Anteil Entscheidungsmodelle aus dem Investitions und Finanzierungsbereich sowie Kapitalmarktmodelle. Die Marktorientierung rückt diese Ansätze in die Nähe der volkswirtschaftlichen Gleichgewichtsmodelle für den Kapitalmarkt. So wird beispielsweise ein erheblicher Teil der neueren Forschungsergebnisse zur Finanzwirtschaft in eher dem finanzwirtschaftlichen Teil der Volkswirtschaftslehre (engl. financial economics) zuzurechnenden Journalen veröffentlicht. In Deutschland werden speziell in aktuellen Untersuchungen der Mikrostruktur der Kapitalmärkte die institutionellen Regelungen auf dem deutschen Kapitalmarkt berücksichtigt und ihr Einfluss auf die Preisbildung untersucht. Dies ist etwa Gegenstand des im Jahre 1992 initiierten Schwerpunktprogramms «Empirische Kapitalmarkt Corschung» der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft). Ergebnisse dieser Forschung gehen auch in die Gestaltungsempfehlungen für die Regulierung bzw. Deregulierung der Finanzmärkte und die Harmonisierung der nationalen Märkte zu einem europäischen Finanzmarkt ein. Die Unterstützung von risikobehafteten (m+ Risiko) Investitions und Finanzierungsentscheidungen und die Modellierung von Kapitalmarktphänomenen bilden den Schwerpunkt der weiteren Anwendungsgebiete der Finanzwirtschaft. Hierzu gehören Fragestellungen der Investitionsrechnung Finanzmathematik), die Analyse von Finanzierungsentscheidungen (z. B. ModiglianiMiller Thesen), Asymmetrien in den Finanzierungsbeziehungen (neoinstitutionelle Finanzierungstheorie), das Capital Asset Pricing Model (CAPM) und die Arbitragetheorie (engl. Arbitrage Pricing Theory, APT; Arbitrage) wie auch die Bewertung und der Einsatz von Derivaten (z. B. Terminkontrakten wie Optionen, Futures, Swaps). Die zuletzt genannten Inhalte sind durch die seit Anfang der 1970er Jahre zunehmende Unsicherheit auf den Finanzmärkten, die in den Schwankungen der Zinsen, Aktien und Wechselkurse zum Ausdruck kommt, von erheblicher Bedeutung für das Finanzmanagement. Auf realen Finanzmärkten gewinnen Derivate und andere Finanzinnovationen wie Optionen, Swaps, Wandelanleihen, Financial Futures und Anleihen (Schuldverschreibungen) mit variabler Verzinsung oder generell zustandsabhängigen Zahlungen immer mehr an Bedeutung. Ein Teilgebiet der Finanzwirtschaft (evtl. auch der Bankwirtschaft), das sich mit der Konstruktion und Analyse dieser Art von Finanzkontrakten beschäftigt, ist das Financial Engineering. Die Bewertung dieser Finanzmarktinstrumente ist häufig nur noch durch Anwendung komplexer mathematisch tatistischer Modelle möglich. Deshalb entstehen neue Forschungsschwerpunkte auch an den Schnittstellen der Finanz und Bankwirtschaft zu Mathematik, Statistik und Stochastik sowie Ökonometrie. Hier sind insbesondere die Finanzmathematik, das Risikomanagement, die stochastische Analyse und Modellierung von Preisprozessen, die Finanzprognose und die Kapitalmarktökonometrie zu nennen.



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