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Feindliche Übernahme (Unfriendly Takeover)
Als feindliche Übernahme wird der Erwerb der Kapitalmehrheit eines Unternehmens bezeichnet, wenn der Vorstand, der Aufsichtsrat oder die Belegschaft nicht zuvor von der geplanten Übernahme informiert oder um ihre Zustimmung gebeten werden. Oft finden feindliche Übernahmen gegen den erklärten Willen von Management und Belegschaft des angegriffenen Unternehmens statt. Das Unternehmen wird dabei durch Aufkauf seiner Aktien erworben und dann in der Regel in eine andere Konzernstruktur eingebracht oder zerschlagen. Anschließend werden meist einzelne Teile verkauft. Das ist eine in den USA verbreitete, in Deutschland aber lange Zeit unübliche Praxis. Bei einer feindlichen Übernahme verschafft sich ein Investor oder ein anderes Unternehmen gegen den Willen des Managements der zu übernehmenden Gesellschaft die Kontrolle über die Kapitalmehrheit. Bei Aktiengesellschaften geschieht dies durch den Erwerb der Aktienmehrheit. Dieser Kauf oder das Angebot dazu an die bisherigen Aktionäre wird entweder vorgenommen, ohne dass vorher Gespräche mit Vertretern des angegriffenen Unternehmens stattgefunden haben oder nachdem diese Gespräche erfolglos abgebrochen wurden. Besonders anfällig für den Versuch einer feindlichen Übernahme sind Aktiengesellschaften, deren Kapital sich zu mehr als der Hälfte in Streubesitz befindet und nicht in Händen weniger Großaktionäre ist. Oft wird versucht, zunächst einen Teil der Aktien möglichst verdeckt über die Börse aufzukaufen, um den Kurs nicht zu stark in die Höhe zu treiben. Ist so bereits ein größeres Paket erworben worden, folgt meist ein offizielles Übernahmeangebot. Damit sich möglichst viele der bisherigen Aktionäre von den Papieren trennen, muss der vom Aufkäufer gebotene Preis deutlich über dem aktuellen Börsenkurs liegen. Der Aufkäufer muss aber nicht jedem einzelnen Kleinaktionär die von ihm gehaltenen Anteile abhandeln. Die meisten Privatanleger haben ihre Aktie bei einer Bank deponiert. Sie übt für sie auf Grund einer Vollmacht bei der Hauptversammlung ihr Stimmrecht (Depotstimmrecht) aus. Diese Banken empfehlen ihren Kunden auch bei Übernahmeangeboten eine bestimmte Vorgehensweise, nämlich Verkauf oder Nichtverkauf. Üblicherweise wird die Übernahmeofferte mit der Klausel versehen, dass ihre Gültigkeit davon abhängt, ob dem übernehmenden Unternehmen auch tatsächlich ein ausreichend großer Prozentsatz der Aktien zum Kauf angeboten wird. Denn wenn der Angreifer nicht die Mehrheit der Anteile unter seine Kontrolle bringen kann, verliert die ganze Aktion für ihn ihren Sinn. Sie bindet viel Geld, ohne dass der Zweck - Beherrschung des Unternehmens - erreicht wird. Feindliche Übernahmen in Deutschland unüblichFeindliche Übernahmen waren in Deutschland früher selten und eher verpönt. Die deutschen Konzerne in Handel, Industrie und Finanzgewerbe sind vor allem durch mehr oder weniger einvernehmliche Überkreuzbeteiligungen (Tausch von Aktienpaketen) entstanden. Auch durch wechselseitige Aufsichtsratsmandate und / oder die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen können die Kräfte gebündelt und Einflussmöglichkeiten geschaffen werden. In den USA dagegen sind unfreundliche Börsenmanöver weit verbreitet. Der ursprüngliche Plan von Krupp, die Thyssen AG im Wege einer feindlichen Übernahme unter Kontrolle zu bringen oder der Übernahmekampf Mannesmann/Vodafone 1999/2000 haben einer breiten Öffentlichkeit gezeigt, dass feindliche Übernahmen auch in Deutschland möglich sind. Es sind allerdings nicht immer nur Außenstehende, die die bisherigen Aktionäre auskaufen. Vor allem bei kleinen und mittleren Betrieben ist es oft das eigene Management, das die Kapitalanteile übernimmt. Dieses Management-Buy-Out entwickelte sich in den Achtzigerjahren im angelsächsischen Bereich und ist inzwischen auch in Europa und besonders in Deutschland eine gängige Praxis. Allerdings findet der Aufkauf eines Unternehmens durch das eigene Management in der Regel nicht als unfreundliche Übernahme statt. Vielmehr handelt es sich häufig um den Versuch, ein Unternehmen aus einer Krise heraus zu führen. Feindlichen Übernahmen und die FolgenDie Folgen einer feindlichen Übernahme sind für das gekaufte Unternehmen und seine Mitarbeiter oft wenig erfreulich. Denn entweder dient die Fusion dem Abbau überschüssiger Kapazitäten. Oder die aufgekauften Unternehmen werden von den Erwerbern in ihre Teile zerlegt und einzelne Betriebe oder wertvoller Grundbesitz mit hohem Gewinn verkauft. Dadurch verlieren zahlreiche Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. In Deutschland waren und sind feindliche Übernahmen zwar nicht verboten, aber das Kartellgesetz soll ihnen dann Grenzen setzen, wenn dadurch marktbeherrschende Großunternehmen zu entstehen drohen. Allerdings können Verbote durch das Kartellamt vor Gericht angefochten werden. Selbst wenn das Gericht das Verbot bestätigt, kann es vom Bundeswirtschaftsminister durch eine "Ministererlaubnis" aufgehoben werden, wenn die Fusion aus gesamtwirtschaftlicher Sicht als sinnvoll oder sogar notwendig erscheint (zum Beispiel, um international wettbewerbsfähige Unternehmensgrößen zu schaffen). Bei grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen (wie bei Mannesmann/Vodafone) ist europäisches Kartellrecht anzuwenden und sind die Brüssler Behörden zuständig. Angegriffene Unternehmen sind dem Versuch einer feindlichen Übernahme aber auch ohne Eingriffe des Kartellamtes nicht immer wehrlos ausgesetzt. Um sich gegen den Zugriff eines anderen Konzerns zu wehren, stehen den davon bedrohten Gesellschaften verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
Einige Unternehmen versuchen sich durch die Beschränkung der Höchststimmrechte einzelner Aktionäre gegen einen unerwünschten Mehrheitsaktionär zu schützen. Allerdings bieten Höchststimmrechte nur einen beschränkten Schutz, da es zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten gibt. Chancen und Risiken für KleinaktionäreAus der Sicht der Kleinaktionäre sind Übernahmen und auch "unfreundliche Übernahmen" oft willkommen, da der Kurs ihrer Anteile durch die Aufkäufe über die Börse stabilisiert oder in die Höhe getrieben wird. Außerdem wird ihnen vom Aufkäufer oft ein attraktives Übernahmeangebot gemacht. Wenn allerdings die Übernahme scheitert, kann dies erhebliche Kursverluste zur Folge haben. Es kann auch eine längere Stagnation der Kurse folgen. Denn während der öffentlichen Diskussion um die Übernahme werden oft die Schwächen der angegriffenen Gesellschaft hinsichtlich Struktur und Management offenkundig, und ein weiterer Aufkäufer findet sich nach einem fehlgeschlagenen Versuch oft auch nicht. Aber auch bei geglückten Übernahmen und Fusionen zeigt sich oft, dass dadurch die Probleme nicht gelöst oder neue geschaffen werden. Untersuchungen zeigen, dass es in vielen Fällen zu keiner größeren Wirtschaftlichkeit kommt. Es gibt auch keine Garantie, dass der Aktienkurs steigt. Ein deutliches Beispiel dafür ist DaimlerChrysler. Nach der (einvernehmlich vollzogenen) Fusion begann für die Aktie eine lange Talfahrt.
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