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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Bonitätsbeurteilung der Deutschen Bundesbank

Die Bundesbank hat ihr Bonitätsbeurteilungsver-fahren für ihre Kreditgeschäfte in ihren Monatsberichten detailliert publiziert, was zu vorzüglicher Transparenz und vor allem Verfahrenssicherheit für Banken u. a. Unternehmen führt. Das Bundesbankverfahren unterliegt im Interesse der Gleichbehandlung Leitlinien, die für alle NZB im Eurosystem gelten, die eigene Verfahren zur Beurteilung der Zentral- oder - in Bundesbank-Terminologie - Notenbankfähigkeit von Wirtschaftunternehmen verwenden. Nach ihrer Darstellung wird die Einhaltung des Mindestbonitätsstandards durch einen Vergleich der für jedes Jahr ermittelten empirischen Ausfallrate bei den als notenbankfähig eingestuften Unternehmen mit einem einheitlichen Eckwert überprüft. Letzterer ist an empirischen Ausfallraten bestimmter Sicherheiten des Eurosystems ausgerichtet (Anteil der im Verlaufeines Jahres insolvent gewordenen notenbankfähigen Unternehmen an der Gesamtzahl der zum Jahresbeginn als notenbankfähig testierten Unternehmen [Einjahresausfallrate]), wobei als Sicherheitsausfall schon das Beantragen eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens gegen das betr. Unternehmen gewertet wird. Das angewendete Verfahren stellt - so die Bundesbank - sicher, dass die Ableitung der Krediturteile einem einheitlichen, systematischen und für die beurteilten Unternehmen nachvollziehbaren Beurteilungsprozess unterliegen sowie zugleich den spezif. Belangen des Refinanzierungsgeschäfts der Bundesbank gerecht werden. Wie die Bundesbank darstellt, besteht ihr Bonitätsbeurtei-lungsverfahren aus 2 von ihr »Module« genannten Teilen: einem standardisierten Teil, kombiniert aus Diskrimi-nanzanalyse und Expertensystem, sowie der Festlegung des Krediturteils, das letztlich die Notenbankfähigkeit entscheidet. Die Bundesbank basiert ihr Verfahren am Jahresabschluss, den sie als zentrale finanzwirtschaftliche Informationsbasis von Unternehmen ansieht. Modellgestützt werden quantitative und qualitative Daten verarbeitet, und für jedes der Beurteilung unterliegende Unternehmen wird systemseitig ein Klassifikationsvorschlag ermittelt, der als Basis des binären Krediturteils - notenbankfähig/nicht notenbankfähig - dient. Die Bundesbank weist hierbei ausdr. darauf hin, dass bei der Festlegung des Letzteren die zuständigen Bundesbankstellen -Hauptverwaltung bzw. Filiale - zusätzlichesErkenntnis-material heranziehen, das von der standardisierten modellgestützten Verarbeitung nicht berücksichtigt werden kann. Die Bundesbank bezeichnet ihr Verfahren als pragmatischen Mittelweg zwischen verschiedenen Verfahrensmöglichkeiten in Form einer Kombination von parametrischen mit nichtparametrischen Elementen (im Bundesbankmodell Einsatz eines die Diskriminanzanalyse ergänzenden Expertensystems), wobei sie die Verbindung beider Verfahren als vorteilhaft ansieht, da sie Transparenz der parametrischen Verfahren erhalten, Flexibilität hins. der Berücksichtigung unscharfer Informationen erhöhen und damit die Treffergenauigkeit des Verfahrens insg. verbessern. Zudem ist die Bundesbank bemüht, die Qualität des eigenen Verfahrens ständig zu überprüfen und ggf. zu verbessern. Die bonitätsrelevanten Daten zur modellgestützten Bearbeitung aus den Jahresabschlussunterlagen werden lt. Darstellung der Bundesbank von den zuständigen Bundesbankhauptverwaltungen bzw. -filialen erfasst und weitgehend unverändert übernommen; beim Eigenkapital werden jedoch Berichtigungsposten berücksichtigt. Neben quantitativen werden auch qualitative Angaben erhoben, wobei die Bundesbank vor allem das Bilanzierungsverhalten hervorhebt, des Weiteren sonstige Einflussfaktoren wie bedeutsame Vorgänge bei a.o. Erträgen, Nutzung von Sale-and-Leaseback u.a. Entspr. der Bedeutung bilanzpolitischer Massnahmen gehen diese mit unterschiedlichen Gewichten ein. Die Aufbereitung der Daten richtet die Bundesbank darauf aus, die Fähigkeit der Unternehmen darzustellen, ihren finanziellen Verpflichtungen fristgerecht nachzukommen. Von Bedeutung sieht die Bundesbank an, ob ein Unternehmen aus seiner Tätigkeit ausreichend Finanzmittel erwirtschaftet (Cashflow-Analyse), sodass das Ausfallrisiko eines an sie verpfändeten Wirtschaftskredits als sehr gering anzusehen ist, wobei sie für diesen zahlungsorientier-ten Analysezweck eine Finanzflussrechnung vorrangig zur Einschätzung der Zahlungsfähigkeit auf mittlere Sicht zu Grunde legt, die nach verschiedenen Bedeutsamen Kriterien aufgeschlüsselte Aussagen erbringt. Insg. erhält die Bundesbank daraus ein strukturiertes und verdichtetes Bild der Zahlungsströme aus den Umsatz-, In-vestitions- und Finanzierungsprozessen. Zur Beurteilung wichtiger betriebswirtschaftlicher Merkmale und besseren Vergleichbarkeit der Unternehmen untereinander errechnet sie zudem zahlreiche Einzelkennzahlen, vor allem auch im Zeitvergleich. Dabei sieht die Bundesbank solche als besonders aussagekräftig an, die die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit ermöglichen, d.h. sich durch besondere Trennschärfe bei der Unterscheidung von Unternehmen in notenbankfähige und nicht notenbankfähige auszeichnen (vor allem Kennzahlen zu Liquiditäts-, Finanzie-rungs- und Ertragsverhältnissen). Die Bundesbank betont hier den Einnahmenüberschuss und sein Einfliessen in Kennzahlen wie Einnahmenüberschussquote, Schuldentilgungsfähigkeit und Kapitalrückflussquote. Weitere Informationen liefern der Bundesbank Debitoren- und Kreditorenumschlag, Forderungen bzw. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Relation zu Umsatzerlösen, Finanzierungsstruktur in Gestalt der Eigenkapital- bzw. Eigenmittelquote, die ihr als massgebliche Grösse zur Beurteilung der Risikotragfähigkeit gilt und damit insb. auch die Zugangsmöglichkeiten für Kreditaufnahmen bei Geschäftsbanken beeinflusst, vorsteuerliche Umsatz- und Betriebsrendite als Ergebnis der eigentlichen Geschäftstätigkeit. Notenbankfähige Unternehmen sind nach den Erkenntnissen der Bundesbank i. d. R. durch ausreichend hohen Zufluss an flüssigen Mitteln aus dem laufenden Geschäft, solide Ausstattung mit Eigenmitteln und angemessene Rentabilität gekennz. Notenbankfähige Unternehmen können u. U. eine Schwäche bei einer Kennzahl durch Stärken bei anderen ausgleichen. Alles in allem sieht die Bundesbank in dem von einem starren Schema abweichenden Prozedere den Vorzug, dass der von ihr ermittelte Bonitätsindex der Vielfalt der Einflussfaktoren Rechnung trägt und entspr. Kompensationsmöglichkeiten abzubilden im Stande ist. Ausschlaggebend für die Bonitätseinstufung ist deshalb das Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse, wie es sich in einer modellgestützt aus der Summe der gewichteten Einzelkennzahlen einschl. des skalierten Bilanzierungsverhaltens ermittelten Gesamtkennzahl spiegelt. Liegt diese oberhalb einer diskriminatorischen Trennmarke, gilt dies als erster Hinweis auf Notenbankfähigkeit des betr. Unternehmens; je höher sie über der Mindestgrenze Hegt, als umso einwandfreier gilt i. d.R. die Bonität, und je mehr sie jene unterschreitet, desto höher das Adressenausfallrisiko. Nach Darstellung der Bundesbank dient dem Ziel der Steigerung der Trennschärfe des Verfahrens im Nachgang zur Diskriminanzanalyse ein Expertensystem, das auf Basis festgelegter Regeln zahlreiche Daten - überwiegend finanzwirtschaftliche, aber auch Rechtsform, Grösse und Alter eines Unternehmens u.a. - eingehender Analyse unterzieht. Das Ergebnis des Expertensystems gibt an, um welchen Wert die von der Diskriminanzfunktion ermittelte Gesamtkennzahl zu verändern ist und leitet davon den Klassifikationsvorschlag »notenbankfähig« bzw. »nicht notenbankfähig« ab. Die Bundesbank hat, wie sie betont, festgestellt, dass die auf diese Weise als zentralbankfähig klassifizierten Unternehmen hohen Bonitäts- standard aufweisen, sich meist zyklusrobust zeigen, also auch in schwierigerem konjunkturellen Umfeld überwiegend im notenbankfähigen Bereich bleiben. Der Klassifikationsvorschlag des Verfahrens hat hohe Bindungswirkung für das an seinem Ende festzulegende Krediturteil. Gleichwohl sind es die örtlich zuständigen Stellen in den Bundesbankhauptverwaltungen bzw. -filialen, die über das abschliessende Krediturteil die Entscheidung treffen, wodurch die Bundesbank sicherstellen will, dass bonitätserhebliche Tatsachen individuell berücksichtigt werden, die modellgestützt nicht verarbeitet werden können. Das endgültige Krediturteil auf Grund ihrer Bonitätsbeurteilung - notenbankfähig bzw. nicht notenbankfähig - teilt die jeweilige Bundesbankhauptverwaltung bzw. -filiale aus Vertraulichkeitsgründen ausschl. dem beurteilten Unternehmen sowie auf Anfrage dem Kreditinstitut mit, das den betr. Kredit als Sicherheit verwenden will. Die örtlich zuständigen Bundesbankstellen stehen dem Unternehmen in weitgehender Weise zur Erläuterung der Bonitätseinstufung zur Verfügung, auch um sie einfacher nachvollziehbar zu machen. Die Bundesbank vermerkt hierzu, dass die Unternehmen durch ihre Bonitätsbeurteilung eine externe, unabhängige Einschätzung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse und ggf. die Bonitätseinstufung »notenbankfähig« erhalten, was sich im Geschäftsverkehr mit Banken u.a. Unternehmen als nützlich erweisen kann. Das Bonitätsspektrum bei nicht notenbankfähigen Unternehmen ist nach Erkenntnissen der Bundesbank allerdings sehr breit. Sie weist ausdr. darauf hin, dass bei Unternehmen, die das Notenbankfähigkeitstestat nicht erhalten, nicht automatisch impliziert ist, dass gravierende Zweifel an ihrer Bestandsfähigkeit bestehen. Bei vielen dieser Unternehmen könne davon ausgegangen werden, dass sie in geordneten Kreditbeziehungen mit ihren Banken stehen, also kreditwürdig sind.



 
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