Versicherungsunternehmen als banknahe Finanzinstitute
Nearbanks. Typisches Geschäft der Versicherungsunternehmen ist die Übernahme von Risiken für andere sowie die Anlage der Prämieneinnahmen nach den Vorschriften des VAG, wonach auch Kredite gewährt werden können. Obwohl Versicherungsunternehmen gem. § 2 KWG nicht als Kreditinstitute i. S. d. KWG gelten, müssen sie auf Grund ihrer Geschäftstätigkeit in verschiedenen Geschäftsbereichen als (Substitutions-)Konkurrenten von Banken (-gruppen) angesehen werden (Near-banks). So üben sie Kreditinstitutsfunktionen in verschiedenen Organisationsformen aus: 1. Als Realkreditinstitute: Vor allem Lebensversicherungen (ferner Sozialversicherungen) legen ihnen zufliessendes Kapital auch in (erststelligen) Hypotheken an: neben der klassischen Versicherungshypothek, die vorwiegend zur Förderung des Hauptgeschäfts Versicherungsinteressenten angeboten wird, der versicherungsungebundene Hypothekarkredit. Weiter bieten Versicherungen in Zusammenarbeit mit Bausparkassen Programme der Finanzierung aus einer Hand an. 2. Als Finanzierer öffentlicher Haushalte: Versicherungsunternehmen erwerben in grossem Umfang Schuldverschreibungen öffentlicher Haushalte (vor allem des Bundes und der Länder). Da mündelsicher, sind diese zur Mittelanlage auch im privaten Versicherungssektor besonders geeignet. Öffentlich-rechtliche Versicherer einschl. der Sozialversicherungen erwerben praktisch nur öffentliche Anleihen. 3. Als Industriekreditinstitute: durch Versicherungsunternehmen, vor allem mit langfristigem Mittelaufkommen, erfolgt auch die Gewährung langfristiger Kredite an Industrie- und Handelsunternehmen. Diese Industriedarlehen insb. der Lebensversicherungen werden als Schuldscheindarlehen o. ä. Kreditvergaben herausgelegt. Die Mittelausleihungen müssen besonders strengen Vorschriften genügen, da sie nicht von Natur aus als mündelsichere Anlagen gelten. Ebenfalls erwerben Versicherungen, vor allem Lebensversicherungen, Industrieobligationen, wobei ähnlich strenge Bonitätsprüfungen anzustellen sind. 4. Als Sparinstitute: Vor allem Lebensversicherungsunternehmen nehmen Spargelder entgegen, die in den zu zahlenden Prämien quotenmässig (neben der Risikoprämie) enthalten sind. Sie ermöglichen den Versicherungen vor allem ihre langfristigen Anlagegeschäfte. Auf Grund der Konkurrenz, die Versicherungsunternehmen gerade in diesem Bereich darstellen, bieten Banken individuell gestaltete Sparpläne mit Versicherungsschutz an. Sie versuchen durch diese Anlagealternative, Spargelder, die ansonsten von Kapitallebensversicherern absorbiert werden, zu gewinnen. 5. Als Garantie- und Bürgschaftsunternehmen: spez. Versicherungen übernehmen Bürgschaften und Garantien. Hier ist vor allem die Hermes Kreditversicherungs AG zu nennen, die Ausfuhrgarantien und -bürgschaften des Bundes bearbeitet. 6. Als Investmentgesellschaften: Versicherungsgesellschaften, spez. Lebensversicherungen, sind auch im Investmentgeschäft engagiert. Sie haben eigene Investmentgesellschaftstöchter (Kapitalanlagegesellschaften) und betreiben fondsgebundene Lebensversicherung. Bei dieser wird das Deckungskapital i. Ggs. z. herkömmlichen Lebensversicherung in einem Sondervermögen angelegt, das als Investmentfonds konstruiert ist bzw. aus Anteilen an für diesen Zweck gegründeten oder bereits bestehenden Fonds gebildet wird.
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