Vermögenspolitik
In der sozialistischen Wirtschaftslehre:
Der (gescheiterte) staatliche Versuch. die Ungleichmäßigkeit in der Verteilung der Vermögen zu mildern.
Methoden der Vermögenspolitik waren Maßnahmen wie Sparförderung, Wohnungsbauprämien, vermögenswirksamen Leistungen und Investivlöhne. Ziel der Sparförderung war ab 1948 die schnellere Realkapitalbildung zur Überwindung der Kapitalknappheit bei der Finanzierung des Wiederaufbaus. Verteilungspolitische Ziel verfolgten das Sparprämiengesetz (1959) und das Vermögensbildungsgesetz (1961). Wohnungsbauprämien werden seit 1952 vergeben.
Komplex der Ziele, Instrumente und Maßnahmen, durch welche die Vermögensbildung sowie die - Vermögensverteilung zwischen Personen, Personengruppen und Sektoren einer Volkswirtschaft durch die Träger dieser Politik beeinflußt werden sollen. Sie zielt v.a. auf die Bildung und Verteilung des Erwerbsvermögens (-p Vermögen) ab. Träger der Vermögenspolitik sind staatliche und andere öffentliche Institutionen, Verbände und gesellschaftliche Gruppen sowie Einzelunternehmen. Im Regelfall soll die Vermögenspolitik zu einer gleichmäßigeren Vermögensverteilung führen, d.h. zu einem Abbau der als ungerecht oder als ordnungswidrig beurteilten Konzentration des Erwerbsvermögens auf relativ wenige Personen oder auf bestimmte Personengruppen. Sie wird deshalb meist der - Verteilungspolitik und somit der -i Sozialpolitik zugeordnet, reicht aber in ihrer Bedeutung weit darüber hinaus. Ordnungspolitische Begründungen der Vermögenspolitik zielen ab auf die Entschärfung des gesellschaftlichen und politischen Konfliktpotentials, das in ungleichen Eigentums- und Machtverhältnissen begründet liegt, aber auch auf die Verankerung des Eigentumsbewußtseins sowie des Leitbildes eigenverantwortlicher Lebensplanung in möglichst breiten Bevölkerungsschichten. Davon wird auch eine Stärkung der marktwirtschaftlichen Ordnung erwartet. Vermögenspolitik besteht nicht in der Konfiszierung und Neuverteilung bereits vorhandener Vermögensbestände. Eine solche Politik würde die Eigentumsgarantie der Verfassung verletzen und stünde im Widerspruch zur marktwirtschaftlichen Ordnung. Vermögenspolitik ist vielmehr inkrementalistisch; d.h., sie versucht, die Vermögensverteilung über eine Beeinflussung der Vermögensbildung von Personen(gruppen) und Sektoren zu verändern. Sie ist damit eine Langfristpolitik, deren Wirkungsdauer eher in Jahrzehnten zu bemessen ist. Dabei sind mehrere mögliche Ansatzpunkte der Vermögenspolitik zu unterscheiden: Sie kann ansetzen bei der Beeinflussung der Höhe und Verteilung der funktionellen Einkommen (Arbeits- und Kapitaleinkommen) oder bei der Höhe und Verteilung der verfügbaren Einkommen von Personen(-gruppen) und Sektoren. Weitere Einwirkungsmöglichkeiten liegen bei den Sparentscheidungen (Sparquoten) dieser Personen(-gruppen) und Sektoren, aber auch bei deren Anlageentscheidungen (z.B. zugunsten der Produktivvermögensbildung). Ein letzter Ansatzpunkt ist bei der Beeinflußbarkeit von Vermögensübertragungen zu sehen. Diese verschiedenen Verfahrensansätze lassen sich z.T. auch miteinander kombinieren. Das Instrumentarium der Vermögenspolitik ruht auf drei Säulen: Sparförderung, Investivlohn und Gewinn- bzw. Ertragsbeteiligung. Zur Sparförderung gehört die Förderung der freiwilligen Ersparnisbildung, aber auch die ordnungspolitisch fragwürdige erzwungene Sparbildung (z.B. durch Zwangssparregelungen). Sie kann mit einer Einflußnahme auf die Anlageentscheidungen verknüpft werden. Beim Investivlohn wird ein bestimmter Anteil einer Lohnerhöhung nicht in bar ausgeschüttet, sondern vermögenswirksam angelegt. In Abhängigkeit vom Ausmass der Lohnsteigerung kann damit ein Eingriff in die funktionelle Einkommensverteilung verbunden sein. Mit der Ertragsbeteiligung wird den begünstigten Arbeitnehmern ein Anspruch auf einen Teil des Unternehmensgewinns zuerkannt. Ist sie als Kapitalbeteiligung konzipiert, dann handelt es sich um eine Vermögensübertragung (Übertragungen). Für die Ausgestaltung des vermögenspolitischen Instrumentariums gibt es einen großen Spielraum. Bereits anhand von zwei Kriterien lassen sich die Gestaltungsmöglichkeiten ermessen: Der Grad der Institutionalisierung entscheidet darüber, wie verbindlich die vermögenspolitischen Maßnahmen für das Verhalten der beteiligten Wirtschaftssubjekte sind. Das Spektrum reicht hier von freiwilligen Lösungen über Tarifverträge bis zu gesetzlichen Rahmen- und Zwangsregelungen. Das zweite Kriterium ist die Reichweite von vermögenspolitischen Maßnahmen. Sie erstreckt sich zwischen betrieblichen und überbetrieblichen Lösungen, je nachdem, wie weit der Kreis der Beteiligten gezogen ist. Bei überbetrieblichen Lösungen kann sich der Geltungsbereich auf Branchen, Tarifbezirke oder die Gesamtwirtschaft beziehen. Die Unterscheidung zwischen betrieblichen und überbetrieblichen Lösungen wird aber auch danach vorgenommen, ob die Vermögensbildung der begünstigten Arbeitnehmer nur zu Beteiligungsund Forderungsrechten gegenüber dem eigenen arbeitgebenden Unternehmen führt oder zu Anteilsrechten an überbetrieblichen Fonds (z.B. Branchenfonds). Die Vermögenspolitik in Deutschland begann 1948 mit der steuerlichen Begünstigung des Versicherungs- und Bausparens sowie von Kapitalansammlungsverträgen. Ein Übergang zu direkter Sparförderung erfolgte mit dem Wohnungsbauprämiengesetz (1952) und dem Sparprärniengesetz (1956); beide Gesetze wurden in der Folgezeit mehrmals geändert. Mit den Vermögensbildungsgesetzen (aus den Jahren 1961, 1965, 1970, 1984) erfolgte eine Förderung von zunächst freiwilligen, dann tarifvertraglich vereinbarten vermögenswirksamen Leistungen durch steuer- und sozialversicherungsrechtliche Vergünstigungen, später durch Arbeitnehmersparzulagen. Zur Vermögenspolitik zählen auch die Privatisierungsaktionen des Bundes (1959-1965), die zur breitgestreuten Ausgabe von »Volksaktien« führten.
Großangelegte Pläne einer überbetrieblichen Beteiligung der Arbeitnehmer am - Produktivvermögen der Wirtschaft, wie sie zu Beginn der 70er Jahre von der Bundesregierung, den Parteien sowie von den - Gewerkschaften konzipiert wurden, scheiterten allerdings. Vermögenspolitik wird hingegen im größeren Umfang auf betrieblicher Ebene im Rahmen der freiwilligen Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer praktiziert; sie bleibt allerdings auf ertragreiche Mittel- und Großfirmen (Aktiengesellschaften) beschränkt. Literatur: Lampen, H. (1996). Boetcher, E. u.a. (1985). Anderson, U. (1976). Mückl, W. (1975). Preiser, E. (1964)
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