Investivlohn
Als Investivlohn werden solche Bestandteile des Arbeitsentgeltes bezeichnet, die nicht bar ausgezahlt, sondern in Firmenanteile oder unternehmenseigene Fonds angelegt werden. Ein Investivlohn stellt also keine Prämie dar, sondern die Beteiligung der Mitarbeiter am Produktivvermögen. Grundsätzlich ist der Investivlohn wie das normale Arbeitsentgelt auch Sache der Tarifparteien. Regeln für den Investivlohn, wie sie die große Koalition diskutieren, betreffen nur dessen Besteuerung oder die Absicherung im Insolvenzfall. Das Investivlohnkonzept birgt offene Fragen: So ist offen, ob derart beteiligte Mitarbeiter dadurch zusätzliche Mitbestimmungsrechte erhalten. Bei offenen Handelsgesellschaften müssen Anteilseigner eine persönliche Haftung tragen, den Mitarbeitern wäre das kaum zuzumuten.
Instrument der Vermögenspolitik, bei dem ein Teil des Lohnanstiegs nicht an die Arbeitnehmer ausgeschüttet wird (Barlohn), sondern vermögenswirksam angelegt werden soll. Dabei kann über die Anlagesumme meist erst nach Ablauf einer Sperrfrist verfügt werden. Ob die damit verfolgten Ziele einer verstärkten Vermögensbildung der Arbeitnehmer bzw. einer entsprechenden Neuverteilung des gesamtwirtschaftlichen Vermögenszuwachses erreicht werden können, hängt bereits davon ab, ob durch den Investivlohn die freiwillige Ersparnis der Arbeitnehmer beeinträchtigt wird oder nicht. Für die Beurteilung ist außerdem die Unterscheidung zwischen dem subtraktiven und dem additiven Investivlohn von Bedeutung. Im ersten Fall resultiert der Investivlohn aus einem Lohnanstieg, der sich im Rahmen der Produktivitätssteigerung hält (Arbeitsproduktivität). Da die betrieblichen Erlös-Kosten-Relationen und somit die funktionelle Einkommensverteilung davon unberührt bleiben, läuft hier der Investivlohn auf eine bloße Förderung der Spar- und Anlageentscheidungen der Arbeitnehmer hinaus, die, je nachdem, einen stärkeren oder weniger starken Zwangscharakter trägt. Der additive Investivlohn ergibt sich hingegen aus einer Lohnsteigerung, die über dem Produktivitätsfortschritt liegt, wodurch sich die Erlos-Kosten-Relationen verschlechtern. Hier wird also ein beabsichtigter Eingriff in die funktionelle Einkommensverteilung zugunsten der Lohnquoten verknüpft mit der erwähnten Einflußnahme auf die Spar- und Anlageentscheidungen der Arbeitnehmer. In der vermögenspolitischen Diskussion spielt der additive gegenüber dem subtraktiven Investivlohn die größere Rolle. Das Ziel des »Sparens ohne Konsumverzicht« (Oswald von NELL-BREUNING) scheint hier in besonderem Maße realisierbar zu sein. Ebenso erwartet man sich davon eine beschleunigte Vermögensbildung der Arbeitnehmer. Bei additiven Investivlöhnen wird häufig auch vermutet, dass eine Überwälzung der Lohnsteigerungen auf die Preise verhindert und so der Anstieg der Lohnquote abgesichert werden könne. Schließlich werden Lohnsteigerungen, die über dem Produktivitätsfortschritt liegen, erfahrungsgemäss als der tarifpolitische Normalfall angesehen, dessen ungünstige Nebenwirkungen auf Geldwertstabilität, Beschäftigungslage und Investitionsneigung noch am ehesten durch die investive Bindung dieser Lohnsteigerungen neutralisiert werden könnten. Hieraus wird im übrigen ersichtlich, dass der Investivlohn nicht nur als Instrument der Vermögenspolitik gilt, sondern auch für andere wirtschaftspolitische Ziele in Anspruch genommen wird. Je nach Reichweite kann zwischen betrieblichen und überbetrieblichen Investivlöhnen unterschieden werden. Beim betrieblichen, meist freiwillig vereinbarten Investivlohn erfolgt die Vermögensanlage i.d.R. als Kapitalbeteiligung am arbeitgebenden Unternehmen. Überbetriebliche Investivlöhne werden entweder durch -.s Tarifverträge oder durch gesetzliche Vorschriften eingeführt. Meist ist vorgesehen, die Mittel bzw. Forderungsoder Beteiligungsrechte auf zentrale Vermögensfonds (z.B. Branchenfonds, regionale Fonds) zu übertragen, die ihrerseits an die berechtigten Arbeitnehmer Anteilszertifikate ausgeben. Möglich sind aber auch hier direkte Kapitalbeteiligungen am arbeitgebenden Unternehmen. Die Wirkung additiver Investivlöhne hängt von ihrer Überwälzbarkeit ab. In einzelwirtschaftlich-isolierter Sicht ist ebenso wie bei einer entsprechend hohen Barlohnerhöhung mit einem Uberwälzungsversuch zu rechnen, dessen Gelingen von der direkten Preiselastizität der Nachfrage sowie von der Marktstellung der Unternehmung abhängt. Bei genereller Einführung eines additiven Investiviohnes ist dessen vollständige Überwälzung fraglich, weil es im Vergleich zu einer entsprechenden Barlohnsteigerung an der erforderlichen Mehrnachfrage fehlt. Dieses Ergebnis kann allerdings durch eine gleichzeitige Reduzierung der freiwilligen Ersparnis der Arbeitnehmer modifiziert werden. Mit dem Anstieg der Lohnquote kann ein Rückgang des Beschäftigungsvolumens verbunden sein, der sich noch verstärken würde, wenn sich aufgrund sinkender Gewinnmargen auch die Investitionsneigung abschwächt. Aus diesen Gründen wird oft für eine sukzessive Einführung von Investivlöhnen plädiert. Literatur: Molitor, B. (1988). Oberhauser, A. (1969). Weddigen, W. (1964)
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