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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Logistik, umweltverträgliche

1. Umweltmanagement und umweltverträgliche Logistik Wird -Umweltmanagement verstanden als die Gesamtheit der dispositiven Aufgaben, die unter expliziter Berücksichtigung der ökologischen Forderungen der externen und internen Anspruchsgruppen zur Bestimmung der Ziele, der Struktur und der Handlungsweisen eines Unternehmens sowie zu deren Umsetzung notwendig sind, dann erwachsen daraus zunächst: die Formulierung einer umweltschutzorientierten Unternehmensphilosophie, häufig in Verbindung mit einer Präzisierung in Gestalt eines entsprechenden Leitbildes, z. B. des Sustainable Development; die Integration des Umweltschutzes in das unternehmerische Zielsystem sowie die Ableitung von Umweltschutzstrategien, welche die Tätigkeitsfelder eines Unternehmens im Hinblick auf ökologische Belange charakterisieren. Die Umweltschutzstrategien erlauben somit eine systematische, in sich abgestimmte Ausrichtung der verschiedenen Bereiche, Funktionen und Prozesse eines Unternehmens auf die ökologischen Ziele und das die normative Umweltschutzorientierung eines Unternehmens kennzeichnende Leitbild. Insofern wird auch die Logistik in Abhängigkeit ihres Verständnisses im Unternehmen als betriebswirtschaftliche Querschnittsfunktion, als Prozeß oder als Unternehmensbereich von den Umweltschutzstrategien tangiert. Insbesondere die offensiven Strategievarianten fordern eine aktive Durchleuchtung der Beziehungen zwischen Umweltschutz und Logistik. Hierbei lassen sich zwei grundsätzliche Integrationsausrichtungen unterscheiden. Zum einen gilt es, die klassische, auf die Versorgung von Bedarfsträgern ausgerichtete Auffassung von Logistik mit dem ökologischen Anspruch zu verknüpfen. Zum anderen kann die Logistik selbst dafür eingesetzt werden, um bestimmte Felder des Umweltmanagements zu bearbeiten. Die erstgenannte Integrationsrichtung findet ihren Niederschlag in einer die ökologischen Ziele berücksichtigenden Beschaffungs-, Produktions-, Distributions- und Ersatzteillogistik, wo den Umweltschutzbelangen in einer angepaßten Gestaltung der traditionellen versorgungsorientierten Aufgabenfelder, wie etwa dem Transport oder der Verpackung, Rechnung getragen wird. Ein besonderer Stellenwert haftet dieser Betrachtungsperspektive an, sofern es sich um die Versorgung mit gefährlichen Gütern handelt. Bei der zweitgenannten Integrationsrichtung übernimmt die Logistik spezifische Aufgaben für den Umweltschutz im allgemeinen und die -Entsorgung im besonderen, wobei letztere nach einer weiten Begriffsauffassung sowohl die Verwendung und Verwertung als auch die geordnete Beseitigung abdeckt. Für diesen als Entsorgungslogistik bezeichneten Zusammenhang zwischen Umweltschutz und Logistik wurde im Verlauf der 90er Jahre in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre eine eigene Konzeption entwickelt, die nachfolgend zunächst im Kern und dann mit ihrer Erweiterung auf Kreislaufwirtschaftssysteme vorgestellt wird. Demgegenüber beschränken sich die Erkenntnisse zur Umweltverträglichkeit der versorgungsorientierten Logistik auf einzelne Gestaltungsalternativen logistischer Aufgabenbereiche (z. B. Einsatz emissionsarmer Transportmittel) oder spezieller logistischer Konzepte (z. B. umweltverträgliche Modifikation einer Justin-Time-Anlieferung). Mit den abschließend Erwähnung findenden Kreislaufwirtschaftssystemen ergeben sich jedoch Anknüpfungspunkte für eine zukünftige konzeptionelle Prägung der umweltverträglichen Logistik im Versorgungsbereich. 2. Entsorgungslogistik Der Begriff Entsorgungslogistik kennzeichnet die Anwendung der Logistikkonzeption auf Abfälle, um mit allen Tätigkeiten der raum-zeitlichen Transformation, einschließlich der Mengen- und Sortenänderung, einen ökonomisch und ökologisch effizienten Abfallfluß zu gestalten. Dabei liegt dem Terminus Abfall in Anlehnung an das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz eine weite Auffassung zugrunde, die sowohl Abfälle inklusive Altprodukte, die für den Wiedereinsatz bestimmt sind, als auch Abfälle inklusive der sogenannten Sonderabfälle, die einer geordneten Beseitigung zugeführt werden sollen, umfaßt. Der Hinweis auf die ökologische Effizienz erfordert eine explizite Einbeziehung von Umweltschutzzielen in die Konzeption. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß eine umweltverträgliche Gestaltung der auf die Versorgung ausgerichteten Logistik ebenfalls dem Gebot ökologischer Effizienz unterliegt. Das Streben nach ökonomischer Effizienz entstammt der versorgungsorientierten Logistikkonzeption und trägt der Zuordnung der Entsorgungslogistik zur Unternehmenslogistik im besonderen und zur Betriebswirtschaftslehre im allgemeinen Rechnung. Die Beschränkung des Aufgabenfeldes auf Transformationsprozesse in räumlicher, zeitlicher, mengen- und artgemäßer Hinsicht dient zur Abgrenzung von Transformationsprozessen, welche die stoffliche Zusammensetzung von Abfällen verändern. Damit gelingt beispielsweise eine saubere Trennung zwischen Entsorgungslogistik und Demontage. Unter Rückgriff auf diese konstitutiven Merkmale der Entsorgungslogistik sowie das Charakteristikum, daß der entsorgungslogistische Fluß seine Quelle am Ort der Abfallentstehung und seine Senke am Ort des Wiedereinsatzes oder der geordneten Beseitigung der Abfälle hat, kann eine Abgrenzung zu den vier phasenbezogenen versorgungsorientierten Subsystemen der Logistik erfolgen. Die flußorientierte Charakterisierung der Entsorgungslogistik kann erweitert werden um einen speziellen Führungsansatz, der derzeit für das Logistikverständnis diskutiert wird. Dabei stehen Managementaufgaben im Zusammenhang mit der Entwicklung, Gestaltung, Lenkung und Realisierung des Abfallstromes sowie des dazugehörigen Informationsflusses im Vordergrund der Betrachtung. Eine solche Auffassung erscheint besonders hilfreich, wenn eine Differenzierung von Abfallströmen nach Maßgabe ihrer Objekte in: die Rückführung von gebrauchten Produkten und ihren Komponenten zum Zwecke der Wieder- oder Weiterverwendung; die Kanalisierung fester Abfälle (z. B. Einweg - verpackungen) zur Verwertung oder Beseitigung; die Handhabung flüssiger Abfälle im Hinblick auf eine Trennung und/oder Aufbereitung mit sich anschließender Verwertung oder Beseitigung; • die Zuführung sogenannter Sonderabfälle zu den Beseitigungsanlagen unter besonderer Beachtung der mit der Logistik gefährlicher Güter einhergehenden Risiken vorgenommen wird. In der Regel induzieren diese verschiedenen Kategorien von Abfallströmen jeweils eigene Anforderungen an ihre logistische Handhabung. Ein weiterer Anstieg der Komplexität resultiert aus der Differenzierung in unternehmensinterne und unternehmensübergreifende Abfallströme sowie der Tatsache, daß Abfallströme nicht nur eine kontinuierliche, sondern häufig eine diskontinuierliche Charakteristik aufweisen, die auf Impulsen basiert, welche in der versorgungsorientierten Logistik nicht vorkommen. Exemplarisch sei das anschwellende Volumen zu einem Hersteller rückführender Altprodukte genannt, wenn dieser eine Rücknahmegarantie gegenüber der Öffentlichkeit bekundet. Diese Dynamik - auch in Bezug auf die Veränderung von Abfallströmen und ihren Strukturen - sowie die angesprochene Komplexität der Abfallströme legen die Entwicklung eines eigenen Managementkonzepts für die Entsorgungslogistik nahe. Die Managementaufgaben sollen dabei nicht nur die Herausbildung spezifischer Logistiksysteme für die Abfallströme unterstützen, sondern auch dem Integrationsbedarf mit dem Umweltmanagement, etwa im Hinblick auf das ökologische Marketing eines Unternehmens, und den technischen Gestaltungsoptionen, z. B. in Form der Nutzung eines durchgängigen Mehrwegbehältersystems für Gefahrstoffe, Rechnung tragen. Dazu gehört weiterhin die Beurteilung von entsorgungslogistischen Lösungen aus ökologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Sicht, wie es beispielsweise das Instrument der Rückstandslinienmatrix vorsieht. Eine besondere Bedeutung erfahren die Managementaufgaben der Entsorgungslogistik bei der Konfiguration von Kreislaufwirtschaftssystemen. 4. Logistik in der Kreislaufwirtschaft Die Fokussierung der Betrachtung auf die Logistik in Kreislaufwirtschaftssystemen ist nicht nur vor dem Hintergrund des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zu sehen. Auch das Postulat der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development) läßt sich durch die Forderung nach geschlossenen Stoffkreisläufen konkretisieren. Mit Blick auf die Entsorgungslogistik steht zunächst die Rückführung von gebrauchten Produkten, die ebenfalls unter den Abfallbegriff subsumiert werden, im Mittelpunkt. Dafür müssen Redistributionskanäle etabliert werden, die eine Sammlung und Sortierung der Altprodukte bei den Endverbrauchern ermöglichen und die Bildung weitgehend homogener Stoffströme, die bis zu den Herstellern und ihren Lieferanten reichen, erlauben. Angesichts der unterschiedlichen Anforderungen, die an solche Redistributionskanäle einerseits und klassische Distributionskanäle andererseits (siehe Abb. 4) gestellt werden, erfährt die Rückführung häufig ein eigenständiges Logistikkonzept. Dabei verdienen die Schnittstellen zwischen Redistribution und Distribution eine besondere Beachtung, stellen sie doch eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung einer Kreislaufführung dar. So wird beispielsweise die Leistungsfähigkeit einer Redistributionslogistik für kreislauffähige Produkte auch daran gemessen, welches Serviceniveau sie gegenüber den Institutionen bietet, die für eine erneute Distribution dieser Produkte zuständig sind. Ein entsorgungslogistisches Konzept in der Kreislaufwirtschaft zeichnet sich durch die folgenden Konfigurationsmerkmale aus: Zentralisierungsgrad des Recyclings oder der Demontage in Verbindung mit einer Aufbereitung; Stufigkeit der Redistribution; Vernetzungsgrad der Altproduktströme. Bei der Festlegung des Zentralisierungsgrades ist aus ökonomischer Sicht eine Abwägung zwischen Kostensenkungspotentialen, resultierend aus economies of scale und economies of scope infolge der Bündelung von Recyclingaktivitäten einerseits, und zusätzlichen, mit der Zentralisierung einhergehenden Transportkosten andererseits, erforderlich. Dabei gilt es zu beachten, daß Altprodukte häufig niedrigwertig und somit transportkostenempfindlich sind, weshalb dezentrale Strukturen tendenziell vorteilhaft erscheinen. Aus ökologischer Sicht empfiehlt sich ebenfalls eine Dezentralität, um zusätzlichen Energieaufwand und transportbedingte Emissionen zu vermeiden. Im Hinblick auf die Stufigkeit kommen die direkte, die einstufige oder die mehrstufige Redistribution in Betracht. Entscheidungsrelevant sind dabei u. a. die Art der Altprodukte, der Zentralisierungsgrad des Recyclings sowie die Anfallstruktur der Altprodukte. Angesichts der prinzipiell unterschiedlichen Ausprägungen dieser Kriterien läßt sich keine allgemeingültige Vorteilhaftigkeitsaussage zugunsten einer Stufigkeitsausprägung ableiten. Der Vernetzungsgrad schließlich spricht zum einen die Gestaltungsoptionen des Altproduktstromes und zum anderen den Aufbau von Entsorgungsnetzwerken als Organisationsform an. Im Hinblick auf die erstgenannte Interpretation kommen Nabe-Speiche-, Rastersysteme oder die strukturierte Vernetzung in Frage. Die zweitgenannte Interpretation umschreibt das Ausmaß, in dem die an der Rückführung beteiligten Institutionen Kooperationen in Gestalt von Netzwerkorganisationen eingehen. Hier offenbart sich ein bisher wenig erforschtes Integrationspotential mit Beschaffungs- und Produktionsnetzwerken. Weiterführende Literatur: Bruns, K.: Analyse und Beurteilung von Entsorgungslogistiksystemen. Ökonomisch, ökologische und gesellschaftliche Aspekte, Wiesbaden 1997; Göpfert, I.: Industrielle Entsorgungslogistik, in: Weber, J./ Baumgarten, H. (Hrsg.): Handbuch Logistik. Management von Material- und Warenflußprozessen, Stuttgart 1999; Neher, A.: Kreislaufwirtschaft für Unternehmen. Ein fließsystemorientierter Ansatz. Wiesbaden 1998; Stölzle, W.: Umweltschutz und Entsorgungslogistik. Theoretische Grundlagen mit ersten empirischen Ergebnissen zur innerbetrieblichen Entsorgungslogistik, Berlin 1993; Stölzle, W.: Logistik im Versorgungsbereich, in: Lutz, U. u. a., (Hrsg.): Betriebliches Umweltmanagement. Grundlagen. Methoden. Praxisbeispiele. Loseblattsammlung. Kennziffer 0401, Teil 8., Berlin 1995.



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