Entsorgungslogistik
(engl. reverse logistics; disposal logistics) Die Entsorgungslogistik ist ein Teilbereich der Unternehmenslogistik (Logistik), dem die ökonomisch und ökologisch effiziente Gestaltung und Umsetzung von Rückstandsströmen und den damit verbundenen Informationsflüssen (Information) obliegt. Dazu zählen die Aufgaben der physischen, räumlichen und zeitlichen Transformation der bei Produktion und Konsum entstehenden Rückstände entlang der gesamten Logistikkette (siehe auch s Supply Chain Management). Die entsprechenden Tätigkeiten der Entsorgungslogistik sind sowohl auf die Unternehmensziele (Zielbildungsprozess, betrieblicher) als auch auf die ökologischen Vorgaben von Unternehmensexternen auszurichten. Die Entsorgungslogistik kann von der Beschaffungs , der Produktions und der Distributionslogistik zum einen durch die zu steuernden Objekte und zum anderen durch deren umgekehrte Flussrichtung abgegrenzt werden. Die Entsorgungslogistik plant und steuert die Verwertungsund die Entsorgungsprozesse von Abfallstoffen, Ausschuss, überschüssigem Material, überalterten Fertigwarenbeständen, recycelbaren Materialien, Ladehilfsmitteln (Verpackung, Paletten, Container) usw. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die Entsorgung von Abfällen zuweilen auch als Entsorgung im engeren Sinne bezeichnet und von einer Entsorgung im weiteren Sinne abgegrenzt wird, die dann sowohl die Entsorgung im engeren Sinne als auch die Verwertung von Rückständen umfasst. Zu den im Rahmen der Verwertung und Entsorgung zu erbringenden logistischen Leistungen gehören die Kernleistungen Transport, Umschlag und (getrennte) Lagerung der Rückstände sowie entsorgungslogistische Zusatzleistungen wie Sammlung, Trennung, Sortierung und geeignete Wahl von Verpackungen und Behältern. Des Weiteren sind spezifische entsorgungslogistische Informationsleistungen erforderlich. Einen typischen Leistungsprozess der Entsorgungslogistik stellt die Rückführung von verwertbaren Materialien (Wertstoffen) in einen Produktions oder Konsumtionsprozess dar. Hierbei können verschiedene Arten der Rückführung unterschieden werden. Es handelt sich um eine Wiederverwendung, wenn das gebrauchte Material in weitgehend unveränderter Gestalt für den gleichen Zweck eingesetzt wird, z. B. Mehrwegflaschen, runderneuerte Autoreifen. Eine Weiterverwendung liegt vor, wenn das gebrauchte Material in weitgehend unveränderter Gestalt für einen anderen Zweck verwendet wird, z. B. ein Altreifen, der als Kinderschaukel oder Pufferschutz gebraucht wird. Wird im Zuge des Recyclings eine stoffliche Aufarbeitung des Materials vorgenommen, liegt eine Verwertung vor. Analog zur Verwendung kann hierbei zwischen einer Wiederverwertung (der Wertstoff geht in den gleichen Produktionsprozess ein) und einer Weiterverwertung (aus dem Wertstoff entstehen nach Durchlauf eines anderen als des ursprünglichen Produktionsprozesses Werkstoffe mit einem veränderten Verwendungszweck) differenziert werden. Diese Formen des Recyclings sind in möglichst großem Umfang zu nutzen, da dem Verwerten von Rückständen eine höhere Priorität beigemessen werden sollte als der Entsorgung von Abfällen. Bei allen genannten Tätigkeiten stellt die Beobachtung und Kontrolle der Einhaltung der gesetzgeberischen Auflagen eine weitere Aufgabe der Entsorgungslogistik dar.
Die Entsorgungslogistik hat zudem zukunftsbezogene Handlungen vorzunehmen. So fällt die umweltgerechte Beeinflussung der Produktentwicklung und gestaltung (Produktpolitik) ebenfalls in ihren Aufgabenbereich. Beispielsweise sollte der Einsatz von verwertbaren Materialien bei der Fertigung forciert, auf eine einfache Demontage der Endprodukte und damit Trennbarkeit der Einsatzstoffe sowie eine umweltgerechte Verpackung der Produkte geachtet werden. Ebenso ist in Zusammenarbeit mit anderen Bereichen zu untersuchen, inwiefern sich die Produktionsverfahren modifizieren lassen, um Abfallprodukte und Emissionen zu vermeiden. Dies macht die Querschnittsfunktion der Entsorgungslogistik deutlich. Schnittstellen bestehen nicht nur zu den anderen Logistikbereichen (Beschaffungs , Produktions und Distributionslogistik), sondern auch zur unternehmerischen Abfallwirtschaft sowie zu den Unternehmensbereichen Beschaffung, Produktion, Absatz, Forschung und Entwicklung und Konstruktion. Diese Schnittstellen erfordern eine subsystemübergreifende Gestaltung der Entsorgungsaktivitäten, bei der eine Gesamtoptimierung angestrebt werden sollte. Durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz steigt die Bedeutung der Entsorgungslogistik weiter an. Der Aufbau und die Durchführung einer Kreislaufwirtschaft unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Umwelt und Kostengesichtspunkten erfordern eine besonders leistungsfähige logistische k Planung, Steuerung und Überwachung. Daher und aufgrund der Tatsache, dass die betreffenden Kapazitäten des Unternehmens (z. B. spezielle Lagereinrichtungen, Ladehilfs und Verkehrsmittel) durch die eigenen Rückstände oftmals nicht die notwendige Auslastung (Beschäftigungsgrad) erfahren, wird häufig eine Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen erwogen. Dazu bietet es sich zum einen an, Spezialisten für Entsorgungs(logistik)leistungen am Markt mit unterschiedlichem Integrationsgrad in das Logistiksystem des Unternehmens einzubeziehen. Zum anderen können je nach verfolgter Zielsetzung spezifische Kooperationsformen mit Unternehmen der gleichen Branche und identischer Wertschöpfungsstufe (mit dem Ziel der Erhöhung des Rückstandsaufkommens und damit einer größeren Kapazitätsauslastung bzw. besseren Verhandlungsposition bei Fremdvergabe) oder angrenzender Wertschöpfungsstufen (mit dem Ziel einer höheren und kostengünstigeren Ausschöpfung des Verwertungspotenzials durch integrierte Ansätze der Rückstandsbewältigung) eingegangen werden. Auch Kooperationen mit branchenfremden Unternehmen (z. B. falls diese einen dauerhaften Bedarf an bestimmten Rückständen haben) sind denkbar.
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