Instrumente, betriebswirtschaftliche und deren Anwendung im Umweltschutz
1. Voraussetzungen : Die Auswahl und Nutzung von betriebswirtschaftlichen Instrumenten im -Umweltschutz hängt von der (normativ von der Unternehmensführung festgelegten) Grundhaltung des Unternehmens ab. Empirische Untersuchungen zeigen immer wieder, daß die betriebswirtschaftlichen Instrumente des Umweltmanagements nur dann genutzt und angewandt werden, wenn das Unternehmen sich proaktiv mit Umweltfragen auseinandersetzt. Selbst bei gleichen Markt-und regulatorischen Bedingungen gibt es hier zwischen Unternehmen weitreichende Unterschiede. Die im Umweltschutz angewandten Instrumente unterscheiden sich nicht grundlegend von anderen betriebswirtschaftlichen Instrumenten. Sie sollen dazu dienen, Unternehmen unter sich wandelnden Markt- und Rahmenbedingungen erfolgreich überleben zu lassen. Allerdings gibt es Spezifika, die ein besonderes Design erforderlich machen:
Zum einen sind viele ökologische Informationen nicht monetär und müssen daher für die Steuerung von Unternehmensprozessen „übersetzt“ werden, damit ihre Relevanz vom Management erkannt wird (z. B. Stoffstromflüsse);
Zum anderen stammt der überwiegende Teil der Informationen nicht a.us Marktprozessen, sondern aus dem politisch/regulatorischen Bereich oder von gesellschaftlichen Anspruchsgruppen. Denn Unternehmen werden Umweltkriterien nur insoweit berücksichtigen, wie es ihren erwerbswirtschaftlichen Zielen entspricht; die „Internalisierung externer Effekte“ muß durch einen „außenstehenden“, marktexternen Dritten (in der Regel der Staat) vorgenommen werden.
Aus dieser Komplementärfunktion des Umweltschutzes ergibt sich die Notwendigkeit, die Instrumente für das Umweltmanagement so auszuwählen, daß sie zu den „normalen“ Managementsystemen und -prozessen passen. Nur diese Instrumente werden hier behandelt, nicht solche Instrumente, die vorwiegend ökologische Wirkungen erfassen (z. B. Öko-Bilanz, LCA).
2. Umweltanalyse
Unternehmensrelevante Signale, die sich auf den Umweltschutz beziehen, werden nur zum kleinen Teil aus dem Markt übermittelt. Hierbei handelt es sich um Fälle in denen Umweltschutz „individualisierbar“ ist, d. h. Kosten oder Risiken und Nutzen direkt beim Kunden anfallen (Energieeinsparung oder rückstandsfreie Lebensmittel sind zwei bekannte Beispiele). Relevanter sind Trends im politisch/regulatorischen Bereich, weil durch neue gesetzliche Bestimmungen die Wirtschaftlichkeit von Investitionen, Produktionsprozessen oder Produkten nachhaltig beeinflusst werden. Darüber hinaus sind gesellschaftliche Diskussionen bedeutsam, da sie langfristige Konsumtrends prägen können (z. B. Trend zu kleineren und sparsameren Autos durch die ökologische Kritik).
Um diese Trends frühzeitig zu erkennen, reicht die traditionelle Marktforschung nicht aus. Vielmehr ist es notwendig, „schwache Signale“ aufzufangen, die frühzeitig auf neu auftauchende Probleme aufmerksam machen. Instrumente für diese Erkennung sind die Diffusionskurve, die Cross-Impact-Analyse und die Szenarioanalyse. Die Diffusionskurve beruht auf „typischen“ Mustern der Verbreitung und Handlungsrelevanz von Informationen. In der Ökologie tauchen sie zuerst in der Wissenschaft als neue Erkenntnis auf (etwa Umweltwirkungen von Chemikalien), werden dann von der Umweltbewegung aufgegriffen und zwingen die Fachpolitik zur Auseinandersetzung mit dem Thema. Falls es von allgemeinerem Interesse ist, wird es von den Medien aufgegriffen und zu einem generellen politischen Thema mit Handlungsdruck für die Regierung.
Die Cross-Impact-Analyse versucht, mit Hilfe eines -Brainstorming-Verfahrens die künftigen (ökologischen) Einflußfaktoren auf das Unternehmen und deren vermuteten Auswirkungen herauszuarbeiten. Dabei können sich oft gerade dort, wo widersprüchliche, unklare oder ungewisse Einschätzungen bestehen, Trendbrüche und neue Entwicklungen verbergen. Voraussetzung bei der Anwendung dieses relativ einfachen Verfahrens ist, daß die unterschiedlichsten Meinungen auch alle geäußert werden und kein Konsensdruck herrscht.
Am bekanntesten, aber in der Anwendung am aufwendigsten, ist die Szenario-Technik. In Szenarien werden verschiedene, in sich plausible „Zukünfte“ entwickelt, die auf unterschiedlichen Ausprägungen mehrerer Faktoren basieren. Es kann dann abgeschätzt werden, wie das Unternehmen für die einzelnen „Zukünfte“ gerüstet ist bzw. welche Optionen bestehen, um auch im ungünstigsten Fall (aus Sicht des Unternehmens) zu überleben.
Alle Instrumente sehen voraus, daß kreativ, offen und unkonventionell gedacht wird und nicht vorschnell Ideen abgeblockt oder als unerwünscht abgetan werden.
3. Strategieentwicklung im Umweltschutz Die Strategie wird aufgrund der Umfeldbedingungen und der normativen Zielsetzung des Unternehmens entwickelt. Das bekannteste Instrument ist die Portfolio-Analyse. Die Grundidee der Portfolio-Analyse besteht darin, daß in einer Matrix einerseits die Ausprägungen eines externen Zukunftsmerkmals (z. B. Marktpotential durch Umweltschutz), andererseits die Ausprägungen eines internen Gegenwartsfaktors (z. B. Risikoexponierung) eingetragen werden. Je nachdem wie viel Merkmalsausprägungen differenziert werden (z. B. nur zwei: hoch/niedrig, oder drei: hoch/mittel/niedrig), ergibt sich in der Matrix eine bestimmte Anzahl Felder (bei je zwei Ausprägungen sind es vier Felder, bei je drei Ausprägungen neun Felder usw.). Diese Felder können zur Klassifizierung von Strategien und der Positionierung des Unternehmens (oder der Unternehmensteile) benutzt werden. Dieses Instrument kann auch problemlos auf die Umweltstrategie angewandt werden. Da die Portfolio-Analyse weit verbreitet ist, kann so sichergestellt werden, daß die Gesamtstrategie des Unternehmens (oder eines Teiles) und die Umweltstrategie nach dem gleichen „Raster“ erstellt und so auf Kompatibilität rasch abgeschätzt werden können. Die sich ergebenden Grundstrategien (z. B. „marktorientiert proaktiv“ oder auch „interner Effizienzgewinn ausschöpfen“) werden durch Maßnahmenprogramme umgesetzt.
Controlling
Die primäre Aufgabe des Controlling besteht in der effektiven Informationsversorgung und der rechtzeitigen Feststellung und Analyse von Soll-Ist-Abweichungen. Im Umweltschutz besonders relevant ist die sichere Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen, die klare Festlegung von Verantwortlichkeiten und Berichtspflichten (auch bei Störfällen) und die Erforschung von „Umweltkosten“.
Bewährt haben sich regelmäßige Audits, die von Sachverständigen aus anderen Teilen des Unternehmens durchgeführt werden (ggf. unterstützt von Externen). Audits prüfen sowohl die Verfahren als auch die Ergebnisse. Ihre Aufgabe ist es aber nicht nur, Abweichungen von gesetzlichen oder unternehmensbezogenen Standards zu ermitteln, sondern auch (und im gut gemanagten Unternehmen gerade) zusätzliche Verbesserungspotentiale aufzuzeigen (etwa Kosteneinsparung durch Abfallvermeidung).
Zunehmend werden die internen Organisationsregelungen mit Zielfestlegungen sowie ihre Überprüfungen in Umweltmanagementsystemen systematisiert und transparent gemacht. Neben industriespezifischen Standards (z. B. Responsible Care in der Chemischen Industrie) wurde dazu auch ein ISO-Standard entwickelt, nämlich die ISO 14000er Serie, die alle umweltbezogenen Normierungen enthält: die ISO 14001 für Umweltmanagementsysteme, die ISO 14010 - 12 für Auditierungen etc.; die Entwicklung ist dabei noch nicht abgeschlossen. Innerhalb der Europäischen Union existiert ein Umweltmanagement- und Auditsystem (EMAS), das als Besonderheit eine von unabhängigen Gutachtern validierte Umwelterklärung aufweist und in eine EU-Verordnung gefaßt ist. Die Teilnahme ist jedoch freiwillig.
Kostenrechnung
Ansätze, eine besondere „Umweltkostenrechnung“ aufzustellen, haben sich bislang
nicht bewährt. Einmal scheiterten sie an der Frage, was denn eigentlich Umweltkosten seien, zum anderen wurden sie umso irrelevanter, je mehr die Unternehmen den Umweltschutz in die Produkte und Produktionsprozesse integrierten. Nur bei nachgeschalteten Reinigungsanlagen lassen sich „Umweltschutz-Kosten“ halbwegs genau erfassen.
Zwei andere Kostenrechnungsinstrumente sind jedoch für den Umweltschutz in Unternehmen wichtig:
die Prozeßkostenrechnung und
die Lebenszykluskostenrechnung.
Typisch für den Umweltschutz ist, daß er oft über die ganze (Wertschöpfungs-) Kette geht, Kosten und Erträge aber an unterschiedlichen Punkten anfallen (typisches Beispiel: Mehrweggetränkeverpackungen, wo der Abfüller niedrigere, der Handel höhere Kosten hat). Als erster Schritt ist durch eine Prozeßkostenrechnung Transparenz darüber zu schaffen, ob die Gesamtkosten der umweltorientierten Prozesse gegenüber dem konventionellen Prozeß (hier z. B. Einweg- gegen Mehrwegverpackung) niedriger sind und wie sich dann die Kosten in den einzelnen Schritten des Prozesses verändern, wenn eine Prozeßumstellung erfolgt. Dazu können die etablierten Methoden der Prozeßkostenrechnung angewandt werden, sie ersetzen jedoch nicht die oft schwierigen Verhandlungen über die Aufteilung der Kosteneinsparung.
Eine zweite Variante einer umweltbezogenen Kostenrechnung ist die Lebenszykluskostenrechnung (life cycle costing - LCC), die alle Kosten der Herstellung, des Gebrauchs und der -Entsorgung umfaßt. Ihre Anwendung erfolgt in der Regel bei langfristigen Kapitalgütern (sowohl für den Haushalt als auch in Unternehmen). Typischerweise entstehen bei umweltfreundlichen Gütern im Herstellungsprozeß höhere Aufwendungen, etwa durch eine „demontage-freundliche“ Konstruktion oder durch einen zusätzlichen Kapitaleinsatz, der zu geringeren Energieverbräuchen führt. Durch geringere Betriebs-und Entsorgungskosten kann dieser anfängliche Mehraufwand hochprofitabel sein. Es muß jedoch über eine LCC nachgewiesen werden, daß die Gesamtkosten über den (Produkt-) Lebenszyklus niedriger sind, um diesen anfänglichen Mehraufwand betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen.
Risikomanagement
Viele Umweltwirkungen von wirtschaftlichen Prozessen sind hinsichtlich ihrer ökonomischen Konsequenzen und ihres zeitlichen Eintrittes höchst unsicher, weil sowohl die wissenschaftliche Erkenntnis als auch die politische Akzeptanz von Umweltbeeinträchtigungen sich verändern. Für die Analyse der damit verbundenen Probleme lassen sich auch die Instrumente des Risikomanagements anwenden. Vor allem ist die Regel zu beachten, daß bei Entscheidungen unter Unsicherheit die Risikoaversion eine rationale Haltung ist. Daraus ergibt sich eine Präferenz für Instrumente und Maßnahmen der Risikovermeidung oder -verminderung (z. B. Substitution von Gefahrstoffen). Die Überwälzung von Risiken ist dann angebracht, wenn die Umweltrisiken außerhalb des Unternehmensbereiches entstehen (z. B. beim Lieferanten) und die Risikokosten am Ort der Entstehung anfallen, womit ein Anreiz zur Risikovermeidung oder - verminderung geschaffen wird. Das Instrument der Versicherung gegen Umweltschäden hat an Bedeutung gewonnen, seitdem die (europäische) Gesetzgebung und Rechtssprechung die verschuldensunabhängige -Gefährdungshaftung für Schäden etabliert, die von Unternehmen verursacht werden. Ferner werden zunehmend umfangreiche Risikoanalysen (gerade für mögliche Störfälle) als Genehmigungsvoraussetzungen verlangt.
Fazit
Wie schon einleitend konstatiert, zeigt diese Auswahl, daß sich nahezu alle betriebswirtschaftlichen Instrumente auch auf unternehmensbezogene Umweltschutzfragen anwenden oder so modifizieren lassen, daß Umweltschutzkriterien in den Informations- und Entscheidungskalkülen mitberücksichtigt werden können. Der Engpaß liegt nicht in den Instrumenten, sondern in den Rahmenbedingungen (einschließlich des Konsumentenverhaltens). Gegenwärtig bestehen nur geringe Anreize und wenig Druck, diese Instrumente auch auf Fragen des Umweltschutzes anwenden zu müssen.
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