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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Barwert- und Durationsrechnung beim Zinsänderungsrisiko

Unter der Annahme, dass die Zahlungsströme des Festzinsaktiv- und -passivgeschäfts bekannt sind, lassen sich die Barwerte der einzelnen Aktiva- und Passivapositionen berechnen. Der Einfluss von Zinsänderungen wird durch Vergleich der Differenz zwischen dem Marktwert der Aktiva- und Passivapositionen vor und nach einer Änderung des Marktzinsniveaus transparent gemacht. Für die Bank besteht ein Zinsänderungsrisiko, wenn sich diese Differenz (Nettomarktwert) verändert. Sie drückt den »Solvenzeffekt« bzw. Eigenkapitalbetrag aus, der z. Barwert- und Durationsrechnung beim Zinsänderungsrisiko bei einer Verringerung des Nettomarktwertes zum Verlustausgleich herangezogen werden müsste. Auf dem Ansatz der Barwertberechnungen baut die Bestimmung des Zinsänderungsrisikos mit Hilfe der durchschnittlichen Bindungsdauer (Duration) - jeweils für die Aktiva und Passiva abgeleitet - auf. Die durchschnittliche Bindungsdauer stellt am Beispiel eines festverzinslichen Forderungstitels die Zeitperiode dar, in der das zur Verfügung gestellte Kapital unter Einbezug der Zins- und Tilgungszahlungen gebunden ist. Die Duration errechnet sich als Mittelwert der Zeitpunkte, in denen aus dem Vermögenswert Zahlungen erfolgen. Die Zahlungszeitpunkte werden zusätzlich durch das Verhältnis von dem Barwert der entspr. Zahlungen in den Zeitpunkten und dem Barwert der gesamten Zahlungsreihe gewichtet. Die durchschnittliche Bindungsdauer stimmt nur dann mit der Restlaufzeit überein, wenn Tilgung und Zinszahlung am Ende der Laufzeit erfolgen. Um die Abhängigkeit des Zinsänderungsrisikos von der Duration abzuleiten, müssen die Barwertformeln der traditionellen Ansätze derart umgeformt werden, dass die Duration als erklärende Variable erscheint. Nach entspr. mathematischen Ableitungen kann für kleine Marktzinsänderungen aufgezeigt werden, dass die Veränderung des Marktwertes einer Festzinsposition umso stärker ausfällt, je grösser der Barwert und die Duration der betreffenden Position sind. Das gesamtbilanzbezogene Zinsänderungsrisiko ergibt sich erst durch die Saldierung der Marktwertveränderungen der Aktiva- und Passivapositionen. Diese Positionen sind z.Barwert- und Durationsrechnung beim Zinsänderungsrisiko risikomässig gehedged, wenn die Barwerte und die Bindungsdauern des Festzinsaktiv- und -passivgeschäfts übereinstimmen. In Abhängigkeit von der Risikopräferenz der Geschäftsleitung kann modellgemäss das Zinsänderungsrisiko der Bank durch die Abstimmung der durchschnittlichen Bindungsdauer gesteuert werden. Quantifizierung und Steuerung des Zinsänderungsrisikos mit Hilfe von Barwert- und Durationsberech-nungen stossen allerdings auf Kritik. So werden die Annahmen der Barwertberechnungsmethode hins. praktischer Anforderungen an die Steuerung kritisiert. Durch die Sicherheitsannahme werden z.Barwert- und Durationsrechnung beim Zinsänderungsrisiko vorzeitige Kündigungen sowie bonitätsbedingte Tilgungs- und Zinsleistungsausfälle nicht berücksichtigt. Die Wiederanlageprämisse der Zahlungen in festverzinslichen Werten zu einem fest determinierten Zinssatz trägt nicht der unternehmerischen Dispositionsfreiheit bei der Anlageentscheidung Rechnung. Ausserdem werden die laufzeitbedingten Zinsunterschiede (Zinsstruktur) nicht berücksichtigt. Überdies wird kritisiert, dass das Zinsänderungsrisiko zwar in einem Zeitpunkt zusammengefasst wird (komprimierte Kennzahl), jedoch dessen zeitliche Verteilung nicht mehr erkennbar ist. Die Kenntnis des Zinsänderungsrisikos in den einzelnen Perioden wird jedoch für gezielte Gegensteuerungsmassnahmen benötigt. Zudem kann auch bei Ausweis eines geringen Zinsände- rungsrisikos nicht ausgeschlossen werden, dass in einzelnen Folgeperioden ein untragbares Zinsänderungsrisiko auftritt, das durch die aggregierende Bewertung aller Zahlungsströme möglicherw. verdeckt wird. Das grunds. Bemühen exakter und vollständiger Quantifizierung des Zinsänderungsrisikos wird ferner durch Vernachlässigung des variablen Zinsänderungsrisikos beeinträchtigt. Spez. auf die Steuerung des Zinsänderungsrisikos mit Hilfe der Duration bezogen, wird kritisiert, dass eine enge lineare Beziehung zwischen der durchschnittlichen Bindungsdauer und dem Zinsänderungsrisiko nur für kleine Marktzinsänderungen abgeleitet werden kann. Hins, der Ansätze zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos mit Hilfe von verfeinerten Barwert- und Durationsberechnungen lässt sich positiv feststellen, dass diese den Versuch unternehmen, die Zinsänderungsrisiken im Festzinsgeschäft anhand der Bilanz- und Zahlungsstruktur umfassend abzubilden und ihre Tragfähigkeit anhand des Eigenkapitals zu messen. Damit können bei entsprechendem Aufwand auch die Wirkungen von Steuerungsmassnahmen, die z.Barwert- und Durationsrechnung beim Zinsänderungsrisiko die Bilanzstruktur und die Zahlungsstruktur (Höhe und zeitliche Verteilung) zum Gegenstand haben, transparent gemacht werden. Dies bildet dann auch die Informationsbasis für eine gezieltere Nutzung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit im Festzinsgeschäft. Ungeachtet aller Kritik ist durch die Übertragung der Investitionsrechnung auf Problemstellungen des Zinsgeschäftes ein theoretisch durchgängiges Steuerungssystem entstanden, das den Erfolgs- und Risikobeitrag der strategischen Geschäftsfelder bis hin zum einzelnen Geschäft transparent macht. Dabei werden alle Zinsgeschäfte wie auch die vielgestaltige Leistungspalette methodisch durchgängig anhand ihrer Zahlungsströme bewertet. Bei Banken, die nur einen unbedeutend geringen Anteil des zinsvariablen Geschäftes aufweisen, kann der Grundansatz einer Steuerung des Zinsänderungsrisikos mit Hilfe von Barwertveränderungen bereits als Gesamtplanungsansatz betrachtet werden. Die Effizienz der Steuerungsansätze hängt entscheidend von der Qualität der Daten, dem Datenerhebungsumfang, dem konzeptionellen Verfeinerungsgrad sowie dem Bilanzstrukturanteil des Festzinsgeschäfts ab.



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