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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Praxisklinik

In der Gesundheitswirtschaft: Das 1970 vom Gründer der Paracelsus-Kliniken Prof. Dr. med. Hartmut Krukemeyer erstmals in Deutschland verwirklichte Modell der Praxisklinik stellte den Versuch dar, die ambulante und stationäre Patientenversorgung in Deutschland räumlich und personell miteinander zu verbinden. Systematisch als neues Strukturelement in das deutsche Gesundheitswesen eingeführt wurde ein vergleichbares Modell jedoch erst mit der Integrierten Versorgung (IV) und dem Modell des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) ab dem Jahr 2000 bzw. 2004. Im Kern bedeutet das Praxisklinik-Konzept, dass sich Fachärzte in einem Gebäude niederlassen, das gleichzeitig die Möglichkeit der stationären Patientenversorgung ermöglicht. Dazu müssen entsprechende räumliche und personelle Vorkehrungen getroffen werden. Für die Bereitstellung und Unterhaltung der Räumlichkeiten ist üblicherweise der Träger der Praxisklinik zuständig, der mit den dort tätigen Ärztinnen und Ärzten entsprechende Verträge über die Nutzung der Praxisräumlichkeiten ebenso wie über die Nutzung der übrigen Räume (bettenführende Stationen bzw. Abteilungen, OP-Räume usw.) sowie die Bereitstellung weiterer Dienstleistungen (Verwaltung, Facility Management, Speisenversorgung etc.) abschließt. Je nach verwirklichtem Modell können sowohl das Pflege- als auch das sonstige medizinische Hilfspersonal vom Träger der Praxisklinik oder den an der Praxisklinik niedergelassenen Ärzten beschäftigt werden. In jedem Falle üben die niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte gegenüber dem ärztlichen Assistenzpersonal, dem Pflegepersonal und sonstigen medizinischen Hilfskräften die Funktion von leitenden Ärzten aus. Auch für den Einsatz dieses Personals wird zwischen den in der Praxisklinik niedergelassenen Fachärzten und dem Träger der Praxisklinik eine vertragliche Vereinbarung getroffen. Das Grundkonzept der Praxisklinik, wie es Krukemeyer in der 1970 eröffneten Praxisklinik Osnabrück als Pionier für Deutschland erstmals verwirklichte, wurde vom früheren Präsidenten der Bundesärztekammer Prof. Dr. Dr. Ernst Fromm und dem ehemaligen Hauptgeschäftsführer des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte (VLK, seinerzeit noch Chefarztverband) Dr. Karl Jeute politisch propagiert. Vorbild für die von ihm umgesetzte Praxisklinik-Idee war für Krukemeyer jedoch auch das amerikanische Modell der engen Kooperation zwischen ambulanter und stationärer Patientenversorgung in der für die USA heute noch typischen parallelen Tätigkeit von Fachärzten in ihrer eigenen Praxis und in einer oder gar mehreren Kliniken. Insbesondere das Modell der Mayo Klinik in Rochester war für Krukemeyer Ausgangspunkt seines Versuchs, diese Form der Überwindung der für das deutsche Gesundheitswesen typischen institutionellen Trennung zwischen ambulanter Versorgung durch in eigener Praxis niedergelassene Ärzte und der stationären Versorgung durch zugelassene Krankenhäuser zu überwinden. Das Praxisklinik-Konzept wurde später im Auftrag des Bundesforschungsministeriums am Beispiel der zweiten Praxisklinik des Paracelsus-Konzerns – der Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts neu errichteten Paracelsus-Klinik Bad Ems – wissenschaftlich evaluiert. Zentrale Vorteile des Praxisklinik-Konzeptes sind die Behandlung eines Patienten durch den gleichen Arzt im ambulanten und stationären Bereich, die besseren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten durch das fachübergreifende Angebot der Praxisklinik, die Zusammenfassung der entsprechenden personellen und sachlichen Ressourcen, eine bessere wirtschaftliche Situation durch die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten und Geräten sowie die systematische Verhinderung von Doppeluntersuchungen und Mehrfachtherapie durch die durchgehende ambulante, stationäre und nachstationäre Versorgung. Die Praxisklinik konnte sich in Deutschland jedoch nicht wirklich durchsetzen. Von der Seite der niedergelassenen Ärzte wurden die Praxiskliniken vielfach als übermächtige Konkurrenz gesehen, die Krankenhausseite hielt Praxiskliniken für ein Einfallstor niedergelassener Ärzte in den Schutzbereich der stationären Versorgung. Mittlerweile ist die Praxisklinik jedoch auch im Sozialgesetzbuch V (SGB V) in Paragraph 115 „Dreiseitige Verträge und Rahmenempfehlungen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten“ rechtlich verankert. Dort heißt es unter anderem: (1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und die Kassenärztlichen Vereinigungen schließen mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam Verträge mit dem Ziel, durch enge Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und zugelassenen Krankenhäusern eine nahtlose ambulante und stationäre Behandlung der Versicherten zu gewährleisten. (2) Die Verträge regeln insbesondere: 1. die Förderung des Belegarztwesens und der Behandlung in Einrichtungen, in denen die Versicherten durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden (Praxiskliniken), (…). Sie sind für die Krankenkassen, die Vertragsärzte und die zugelassenen Krankenhäuser im Land unmittelbar verbindlich. Doch auch diese späte Aufnahme der Praxisklinik in die gesetzlichen Vorschriften für das deutsche Gesundheitswesen brachte dem Modell keinen Durchbruch, weil sich der Abschluss dreiseitiger Verträge insgesamt immer stärker als ein Irrweg des Gesetzgebers herausstellte, der hier die Selbstverwaltung mit Aufgaben betraute, die diese aufgrund ihrer klar widerstrebenden Interessenlage und der damit fehlenden Grundlage für die Einigung auf gemeinsame vertragliche Vereinbarungen nicht wirklich erfüllen konnte. Mit der Einführung der Integrierten Versorgung und des Medizinischen Versorgungszentrums durch die jüngsten Gesundheitsreformen wurden zusätzlich zur – oder wohl eher anstelle der – Praxisklinik ähnliche Versorgungsformen in Deutschland systematisch ermöglicht. Damit erfahren die Zielsetzungen des Praxisklinik-Modells – die systematische institutionelle und personelle Integration von ambulanter und stationärer medizinischer Versorgung – zumindest eine späte prinzipielle Bestätigung. In der Gesundheitswirtschaft: practice clinic Kooperationsform von Ärzten: Mehrere Vertragsärzte schließen sich zusammen, um in der Regel ambulante Operationen durchzuführen. Bei Bedarf kann der Patient auch über Nacht in der Praxisklinik bleiben. Im Gegensatz zur Arztpraxis darf die Praxisklinik auch Werbung machen. Voraussetzung für eine Praxisklinik ist der Abschluss eines Versorgungsvertrags. § 108, 115 SGB V



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