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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Mega-Marketing

In zunehmendem Maße werden Märkte durch Markteintrittsbarrieren blockiert. Unternehmen, die in diesen Märkten tätig sind bzw. tätig werden wollen, sehen sich einer besonderen Mar-ketingumwelt gegenüber. Nach Kotler (1986) ist es in dieser Situation nicht mehr ausreichend, sich auf das klassische Marketing zu konzentrieren, sondern es wird eine Erweiterung zum „Mega-Marketing“ erforderlich. Unter „Mega-Marketing“ versteht Kotler die auf strategischer Ebene koordinierte Anwendung von • wirtschaftlichen, • psychologischen, • politischen und • öffentlichkeitswirksamen Fähigkeiten, um die Akzeptanz des Unternehmens bei denjenigen Zielgruppen zu erhöhen, die für einen Markteintritt oder die erfolgreiche Aufrechterhaltung bestehender Aktivitäten in sog. blockierten Märkten unabdingbar sind. Damit wird vom Primat des „klassischen“ Marketing, nämlich der primären Ausrichtung sämtlicher Aktivitäten des Unternehmens an den Konsumentenbedürfnissen, abgerückt und die Bearbeitung einer Vielzahl von Ziel- und Interessengruppen in den Vordergrund gestellt. Dadurch gewinnen Interessengruppen, wie z. B. staatliche Verwaltungsorgane, Gewerkschaften oder politische Parteien, für das Marketing an Bedeutung. Den Wettbewerb um den Markteintritt in den indischen Soft-Drink-Markt gewann letztendlich derjenige von zwei namhaften Herstellern, der das Konzept des Mega-Marketing konsequent umgesetzt hatte. Der Erfolg des Anbieters basierte zu einem wesentlichen Teil auf der Schaffung positiver Anreize für die verantwortlichen Behörden, die Aktivitäten des Unternehmens in Indien zu fördern (u. a. Transfer moderner Produktions- und Managementtechniken, Verbesserung der lokalen Infrastruktur, Unterstützung bei der Vermarktung von Exportgütern). Das Beispiel macht deutlich, welche zusätzlichen Instrumente die herkömmlichen vier Marketinginstrumente (4 P\'s) ergänzen: Macht (Power) und Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations). Unter Macht wird dabei die aktive Einflußnahme auf die relevanten Entscheidungszentren verstanden. Dazu zählen Persönlichkeiten der Industrieverbände, der Verwaltung und der politischen Parteien. Neben der Identifizierung dieser Gruppen und Personen muß auch ein geeignetes Bearbeitungskonzept entworfen werden. Ansatzpunkte sind sowohl positive, offizielle Anreize, wie z. B. das Angebot einer Exportunterstützung, aber auch inoffizielle Anreize (z. B. Urlaubsreisen / Incentives) oder negative Anreize (z. B. Androhung von Massenentlassungen). Neben der Bearbeitung der sog. „Gatekeeper“ sollte eine effiziente Öffentlichkeitsarbeit Medien und öffentliche Meinung im Sinne der Marketingziele des Unternehmens beeinflussen. Ziel ist dabei, durch Aktivitäten wie Kultur-Sponsoring und soziales Engagement ein allgemein positives Unternehmensimage aufzubauen. Während sich noch vor einigen Jahrzehnten die Kontakte von Unternehmen wie von Privatpersonen in der Regel auf ein regional oder national beschränktes Gebiet erstreckten, sind heute, insbesondere für Unternehmen, länderübergreifende oder sogar globale Kontakte die Regel. Generell läßt sich also eine Tendenz zu einer „Ent-Lokalisierung“ von geschäftlichen und privaten Kontakten feststellen. In diesem Zusammenhang ist das Mobilitäts-Marketing aufgefordert, einen Beitrag zur Überwindung der räumlichen Distanzen zu leisten. Entsprechend der Vielzahl der Möglichkeiten, die beschriebenen Distanzen zu überwinden, gestaltet sich das Mobilitäts-Marketing heterogen. Grundsätzlich stehen zwei Optionen zur Verfügung: entweder müssen Menschen von einem Ort zu einem anderen transportiert werden oder aber die Informationen, die den direkten Kontakt zwischen Personen überflüssig machen ( 18). Damit läßt sich Mobilitäts-Marketing definieren als das Marketing von Leistungen, die die Überwindung räumlicher Distanzen bei privaten oder geschäftlichen Austauschbeziehungen zwischen Personen zum Ziel haben. Hier wird bewußt der Austausch von Waren über bestimmte Strecken hinweg ausgeklammert, der zum Aufgabenkreis der Handelsbetriebe und Distributionsaktivitäten der Herstellerbetriebe zählt. Der zunächst gängigste Weg zur Ermöglichung der menschlichen Austauschbeziehungen war das Angebot von Verkehrsdienstleistungen. Für diejenigen menschlichen Transaktionen, für die eine gleichzeitige Präsenz der im Austauschprozeß befindlichen Personen an einem Ort nicht notwendig war, setzte sich der Weg der Datenfernübermittlung durch. Während hier anfangs die postalische Übermittlung und das Telefon bzw. Telex dominierten, haben sich aufgrund veränderter Ansprüche innovative Übermittlungsmethoden einen immer größeren Marktanteil erobern können. Hierzu zählen insbesondere das Telefax sowie die Übermittlung von Fernsehbildern. Generell ist festzustellen, das der Markt der geschäftlichen Austauschprozesse einen Leitmarkt für den Bereich der privaten Austauschbeziehungen darstellt. Diese Beziehung gilt sowohl für den Reiseverkehrsmarkt als auch für den Markt der reinen Informationsübermittlung. Während beispielsweise Flugreisen zunächst überwiegend von Geschäftsleuten genutzt wurden, stellen sie heute eine Normalität für private Kunden der westlichen Industrieländer dar. Mit einem ähnlichen Time-lag folgte die Zahl der privaten Telefonanschlüsse denen der geschäftlichen Anschlüsse. Die Komplexität des Mobilitäts-Marketing leitet sich aus den unterschiedlichen Feldern der Matrix ab. In der Regel bieten Anbieter entweder Leistungen des Personenverkehrs oder der Informationsübermittlung an, so dass hier keine aus der Heteroge-nität des Leistungsspektrums resultierenden Marketingprobleme entstehen. Allerdings bieten die Unternehmen der jeweiligen Branchen ihre Leistungen meist sowohl Geschäftskunden als auch Privatkunden an, so dass eine entsprechend differenzierte Marktbearbeitung erforderlich ist. Während im Bereich der Geschäftskunden vorwiegend das Instrumentarium des Investitionsgütermarketing zum Einsatz kommt, werden die Privatkunden mit den aus dem Konsumgütermarketing bekannten Instrumenten bearbeitet. Abgesehen von den Herstellern von „Endgeräten“, die sowohl beim Transport von Personen (Automobilhersteller) als auch beim Transport von Informationen (Hersteller von Faxgeräten) auftreten, gilt es für die meisten Anbieter, die Besonderheiten des Dienstleistungsmarketing zu beachten. Diese manifestieren sich im Bereich des Mobilitäts-Marketing in besonderer Weise. Das Mobilitäts-Marketing sieht sich hier mit fünf Schlüsselkriterien konfrontiert, mittels derer die Käufer die Leistungen bewerten. Zunächst einmal ist die Transportgeschwindigkeit von besonderer Bedeutung. Dies gilt zum einen beim Transport von Personen. Hier sei insbesondere auf die Bemühungen der Bahn hingewiesen, die durch den Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen ein Zeitdefizit gegenüber dem Verkehrsmittel Flugzeug auszugleichen versucht. Gleiches gilt für den Transport bzw. die Übermittlung von Informationen. Hier versuchen beispielsweise private Kurier- und Paketdienste, die Geschwindigkeitsdefizite etablierter Anbieter zur Profilierung der eigenen Leistung auszunutzen. Als weiteres Kriterium ist die Zahl der Transportlokationen zu nennen, also der Ausgangs- und Endpunkte des Transports. Hier steht die Forderung nach der weitestgehenden Erhältlichkeit von Transportleistungen in Konkurrenz zur Kostensituation der Transportträger. Beim Personentransport wird dieser Konflikt besonders deutlich, wie die Schließung unrentabler Strecken und Bahnhöfe durch die Deutsche Bahn zeigt. Im Bereich der elektronischen Übermittlung von Daten stellt sich die Situation geringfügig anders dar, wie die gegenwärtigen Bemühungen zur Erstellung eines umfassenden Netzes in den Vereinigten Staaten belegen. Darüber hinaus stellt die Transportconvenience ein wichtiges Selektionskriterium von Kunden bei der Wahl des Transportträgers dar. Unmittelbar deutlich wird die Bedeutung dieses Kriteriums beim Personentransport. Hier versuchen gegenwärtig viele Transportanbieter, ihr Programm durch value-added-Ser-vices (z. B. Speisewagen bei der Bahn, Frequent-Traveller-Programme der Fluggesellschaften) attraktiver zu gestalten. Auch im Bereich des Informationstransportes sind derartige Bestrebungen erkennbar. So werden beispielsweise Programme zur weltweiten Übermittlung von Daten immer komfortabler und einfacher zu handhaben. Von besonderer Bedeutung ist das Kriterium der Transportsicherheit. Wiederum besitzt dieses Kriterium sowohl für den Personen- als auch für den Informationstransport Gültigkeit. Hier ist zum einen die Pünktlichkeit, also die termingenaue Erreichung der Transportdestination angesprochen. Zum anderen ist die Konstanz des Transportsubjektes während des Transportprozesses zu gewährleisten. Im Rahmen des Personentransports ist so die Unversehrtheit des Transportsubjektes Mensch sicherzustellen (Vermeidung von Unfällen). Beim Informationstransport gilt es, die „Beschädigung“ der Information zu sichern. Neben der Vollständigkeit der Information (Datenübertragungsfehler) ist die Vermeidung der unerwünschten Patizipation Dritter an den zu transportierenden Informationen zu gewährleisten. Schließlich ist der Transportpreis ein entscheidendes Kriterium, wie die Preiskämpfe auf dem nordamerikanischen Markt für Flugleistungen gezeigt haben. Aber auch im Bereich der Informationsübermittlung wird der Preis ein in der Zukunft noch an Bedeutung gewinnendes Kriterium sein, zumal hier gerade in der Bundesrepublik deutliche Deregulierungsbestrebungen zu verzeichnen sind. Alle genannten Kriterien lassen sich zusammenfassen zur Transportqualität, also zur subjektiv vom Nachfrager erlebten Ausprägung und Gewichtung der Einzelqualitäten. Die Zukunft des Mobilitäts-Marketing wird neben der sich ändernden Bedeutung der Einzelkriterien im Rahmen von Kaufentscheidungsprozessen vor allem durch Konzentrationsbestrebungen auf Anbieterseite gezeichnet sein. In den Bereichen des Personen- und Informationstransports sind jeweils sowohl innerhalb einer Branche (z. B. Fluggesellschaften) als auch zwischen den Branchen Kooperationen und Zusammenschlüsse zu beobachten, die das Mobilitäts-Marketing in entscheidender Weise prägen werden.



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