strategische Liquiditätsplanung
Teil der strategischen Planung des monetären Bereichs und Teil der Bilanzstrukturplanung. Wie bei allen Wirtschaftssubjekten kommt auch bei den Banken der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit (Liquidität) im Rahmen ihrer Ablaufpolitik besondere Bedeutung zu, da das Eintreten der Zahlungsunfähigkeit (Illiquidität), d. h. des Unvermögens, fällige Zahlungsverpflichtungen termingerecht und betragsgenau zu erfüllen, einen Insolvenzgrund darstellt. Im Vergleich zu Wirtschaftssubjekten des Nichtbankenbereichs stellt sich die Aufgabe der Liquiditätsplanung in Banken jedoch auf Grund der bankbetrieblichen Grundfunktion, die als Handel mit liquiden Mitteln umschrieben werden kann, sowie auf Grund ihrer spezif. Geschäftsstruktur, insb. des hohen Fremdmittelanteils, als besonders problematisch dar. Die Besonderheiten des bankbetrieblichen Liquiditätsproblems resultieren überwiegend daraus, dass die die Banken durchlaufenden Zahlungsströme nur z. T. der autonomen Disposition der Banken unterliegen und de facto von den Zahlungsverfügungen der Kunden, z. T. auch von den in ihrem Ausmass nur schwer zu prognostizierenden vorzeitigen Auszahlungsbegehren determiniert werden. Die Liquiditätsplanung der Banken kann sich infolgedessen nicht allein an den Zahlungsverpflichtungen orientieren, für die ein Rechtsanspruch besteht, sondern es sind darüber hinaus auch diejenigen Liquiditätsbewegungen einzu-beziehen, die aus imponderablen, exogen determinierten Faktoren resultieren. Während der operativen Liquiditätsplanung hierbei die Aufgabe zukommt, durch eine Antizipation der Zahlungsströme zu einer kurzfristigen Liquiditätssicherung beizutragen, ist es die Aufgabe der strategischen Liquiditätsplanung, die Vermögenswerte der Bank nach Volumen und Struktur so zu dimensionieren, dass die Zahlungsfähigkeit unter gleichzeitiger Beachtung des Rentabilitätsziels gesichert wird (strukturelle Liquidität). Die Ungewissheit, nicht alle Einzahlungsund Auszahlungsströme exakt quantifizieren zu können, macht im Rahmen der strategischen Bilanzplanung die Dotierung ausreichender Liquiditätsreserven zur Vorsorge gegen unausweichliche Liquiditätsrisiken erforderlich. Im Rahmen der Bilanzstrukturplanung sind die Vermögenswerte somit so zu strukturieren, dass einerseits in Zeiten einer Liquiditätsanspannung kurzfristig und ohne hohe Kosten Aktiva in Zentralbankgeld umgewandelt werden können (Monetisierbarkeit), andererseits jedoch eine möglichst rentable Anlage der Vermögenswerte erfolgt. Bei Planung und Strukturierung der Liquiditätsreserve lassen sich die Vermögenswerte entspr. ihrer Geldnähe, d.h. entspr. des jeweils zur Umwandlung in Zentralbankgeld erforderlichen Zeitbedarfs (Bindungsfrist) sowie der dabei anfallenden Kosten und Verluste (Zinsen, Gebühren, Kursverluste), in Aktiva unterschiedlicher Liquiditätsgrade einteilen. Die strategische Liquiditätsplanung kann sich jedoch nicht nur darauf beschränken, durch die Struktu-rierung der Aktiva eine angemessene Liquiditätsreserve bereitzustellen, sondern sie muss vielmehr darauf ausgerichtet sein, die längerfristige Sicherung der Liquidität durch die strukturelle Abstimmung der Aktiv- und Passivpositionen hins. Volumina und Fristigkeit unter Berücksichtigung des rechtlich zulässigen und von der Bank als erstrebenswert angesehenen Transaktionsvolumens zu gewährleisten. Obwohl eine allgemein anerkannte, geschlossene Liquiditätstheorie für Banken nicht existiert, sind in Wissenschaft und Praxis zahlreiche liquiditätstheoretische Ansätze entwickelt worden, die als Anhaltspunkte für die Planung einer auf Liquiditätssicherung ausgerichteten Bilanzstruktur dienen können. Als historischer Ausgangspunkt dieser Regeln kann die »Goldene Bankregel«, die in der Literatur um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts formuliert wurde und strenge Kongruenz von Laufzeiten und Volumen einzelner Aktiva und Passiva postuliert, gesehen werden. Die Weiterentwicklung bankbetrieblicher liquiditätstheoretischer Ansätze führte bald zur Abkehr von diesem Postulat und erbrachte den Nachweis, dass die Aufrechterhaltung der Liquidität letztlich von anderen Faktoren abhängig sei als von der formellen Einhaltung des Kongruenzprinzips. Bereits 1857 wurde die Dispositions- und Planungsregel Hübners von Wagner ergänzt, und zwar insofern, dass er den Banken die Möglichkeit zugestand, auf der Grundlage eines »Bodensatzes« (resultierend aus dem Divergieren von formellen und materiellen Mittelbindungsfristen) in begrenztem Umfang Fristentransformationen vorzunehmen. Die vorrangige Orientierung an der Bindungs- bzw. Überlassungsdauer korrespondierender Aktiva und Passiva wurde endgültig von Knies aufgegeben, der die Refinanzierungsmöglichkeit bei der Zentralbank sowie die Realisierbarkeit von Bankaktiva (»Shiftability«) als entscheidend für die Liquiditätssicherung ansah. Da sich Banken aber nicht nur über die Monetisierung von Aktiva, sondern auch über die Kreditaufnahme an den Geld- und Kapitalmärkten finanzielle Mittel beschaffen können, müssen ausserdem das Vertrauen der Geldgeber in die Solvenz der Banken und die Bereitschaft des Publikums zum Geldangebot als zentrale Einflussfaktoren für die Liquiditätsplanung der Banken betrachtet werden. In diese Richtung zielen weitere, jüngere Konzepte, so die Vorstellung, ausgehend vom Fall einer extremen Liquiditätsanspannung zu verlangen, dass das Eigenkapital so zu bemessen sei, dass es potenzielle Verluste, die bei der (zwangsweisen) Veräusserung von Vermögensteilen zum Zwecke der Befriedigung von Verbindlichkeiten (Liquidationsdisagio) entstehen, in voller Höhe auffangen könne. Dies ist offenkundig eine zwar theoretisch interessante, jedoch der Praktikabilität entbehrende Konzeption. Die Entwicklung solcher liquiditätstheoretischer Ansätze zeigt, dass durch eine am Ziel der Liquiditätssicherung orientierte Planung der Bilanzstruktur nur bedingt der bankbetrieblichen Liquiditätsproblematik begegnet werden kann, da sich die Planungsüberlegungen zwangsläufig an bilanziellen Bestandsgrössen und nicht an liquiditätswirksamen Zahlungsströmen orientieren. Dies führt jedoch dazu, dass die Liquiditätssicherung als ein Zeitpunkt- und nicht als ein Zeitraumproblem betrachtet wird und ein Gleichgewicht zwischen Ein- und Auszahlungen hierdurch kaum sichergestellt werden kann. Strategische Bilanzplanung kann somit nur die Voraussetzung für eine operative Liquiditätsplanung schaffen und versuchen, durch eine sicherheits- und rentabilitätsorientierte Strukturierung der Bilanz eine möglichst klare Planungsvorgabe für die nachgeordnete Planungsebene zu liefern. Welche Bedeutung der strukturellen Liquiditätssicherung trotz dieser Kritikpunkte beizumessen ist, wird deutlich, wenn man die Liquiditätsnormen des BaFin (Liquiditätsgrundsatz) betrachtet.
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