Kybernetik
(griechisch: kybernetes = Steuermann) ist die Lehre von den Systemen, d.h. Gebilden, deren einzelne Teile miteinander in einer Wechselwirkung stehen (z.B. Menschen und Maschinen in einem Betrieb). Grundlagen für diese Wissenschaft waren Erkenntnisse über Wechselwirkungen und Prozesse in biologischen Organismen (Mensch, Tiere) und der Physik. Diese Erkenntnisse wurden dann fortentwickelt und auf technische und wirtschaftliche Gebilde (z.B. Computer, Unternehmung) übertragen. Die Bezeichnung Kybernetik wurde 1947 von dem Mathematiker Norbert Wiener getroffen. Die Kybernetik befaßt sich insbesondere mit Fragen der Anzahl von Teilen und der Kompliziertheit von deren Beziehungen (Komplexität) in Systemen sowie der Regelung und Steuerung durch Rückkopplung (Feedback). Bei zu großer Komplexität bedient man sich des Black-Box-Modells. Von Interesse sind weiterhin mögliche Störgrößen. Die Kybernetik ist ein wichtiges Hilfsmittel zur Führung von Unternehmen, in der EDV und zur Fertigungssteuerung (siehe auch CNC) sowie für sonstige technische Anwendungen (Flugzeuge, Raumfahrt, Elektronik usw.)
(griechisch kybemetes = Steuermann) erstmals 1947 von Norbert WIENER verwendeter Begriff für kreiskausal geschlossene Mechanismen in sozialen und biologischen Systemen. Die Kybemetik erhielt ihren entscheidenden Anstoss zu Beginn des
2. Weltkrieges, als WIENER und seine Mitarbeiter den Auftrag erhielten, an der Entwicklung einer Steuerungseinheit für Flugabwehrgeschütze mitzuarbeiten. Es galt, eine geeignete Methode zu entwikkeln, die mögliche Flugkurve und die zukünftige Position vorherzusagen. Das Ergebnis war die Entwicklung eines Modells, das ein selbststeuerndes Regelsystem beschrieb. Dabei wurde aufgrund der errechneten Flugbahn ein Referenzwert konstatiert. Jede tatsächliche Abweichung des Flugzeuges vom errechneten Referenzwert geht als neuer Input in die Gesamtrechnung ein, und der Unterschied zum Referenzwert wird mechanisch ausgeglichen. WIENER nannte diesen geschlossenen Regelkreis ein Feedback-System (Rückkopplung), dessen Relevanz für die unterschiedlichsten Wissenschaftszweige rasch erkannt wurde. Um analoge Sachverhalte in einer fachübergreifenden Terminologie zu bezeichnen, einigte man sich darauf, den Begriff Gedächtnis als Speichereinheit für Informationen zu verwenden, Informationen nach der Zahl von Jas und Neins zu messen, und beschloß, die Einheit der Nachrichtenmenge in bit zu bezeichnen. Damit hat sich die Kybernetik als eine Disziplin etabliert, die keiner bestimmten Fachrichtung verpflichtet ist, sondern überall dort Anwendung finden kann, wo es um die Aufnahme, die Übertragung und die Verarbeitung von Informationen geht. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich dem menschlichen Zentralnervensystem, technischen Apparaturen wie Robotern oder Computern, der Familie oder der Gesellschaft als Kommunikationsnetz widmet. Bis heute ist die Kybemetik eine Wissenschaft zwischen den Fakultäten geblieben, die sich den Problemen in der technischen, biologischen oder sozialen Welt aus der Sichtweise der Nachrichtenübermittlung und des Rückkoppelungsmodells nähert. Neben diesem vorherrschenden Verständnis der Kybernetik, das mit Input-/Output-Verhältnissen rechnet und in schlichten Einheiten auch zu zuverlässigen Vorhersagen gelangt, hat sich seit geraumer Zeit eine kybernetische Forschungsrichtung herausgebildet, die das physikalische Maschinenmodell zumindest im Umgang mit komplexeren Systemen und Organismen um biologische, neurophysiologische und kognitionstheoretische Einsichten anreichern, ja sogar überwinden will. Dieser sich abzeichnende interne Paradigmawechsel reagiert auf die unabweisbare Beobachtung der Autonomie aller komplexeren Systeme (Selbstorganisation). Auf den immer gleichen Input antworteten sie stets mit unterschiedlichem Output und operierten somit jenseits jeglicher Vorhersehbarkeit. Man konnte sich dieses Phänomen nur dadurch erklären, dass man die Outputs als innendeterminiert und nicht durch die Umwelt festgelegt begriff. Damit war eine grundlegende Unterscheidung zwischen physikalisch-offenen und biologisch-geschlossenen Systemen eingeführt: Diese Unterscheidung markiert den Weg von der Kybernetik der ersten zur Kybernetik der zweiten Ordnung (Systemtheorie). Das neue Modell sucht v.a. unter Berücksichtigung der Neurowissenschaften die Erkenntnis zu vermitteln, dass zwischen komplexen lebenden Systemen keine Informationsübertragung im strengen Sinne stattfindet. Was von außen auf das System einwirkt, sind danach aus der Sichtweise des Systems keine Informationen, sondern allenfalls Daten, denen innersystemisch Bedeutungen zugewiesen werden. Dies heißt: Lebende Systeme können ihre Umwelt nicht abbilden, sondern sie müssen ein Bild ihrer Umwelt intern erschließen oder errechnen. Gerade diese fortgeschrittene Version der Kybernetik hat in der anwendungsorientierten Managementwissenschaft großes Interesse gefunden. Zunehmend hat sich auch dort eine Beschreibung von Unternehmen als unzulänglich erwiesen, die deren Verhalten als Reaktion auf externe Einflüsse interpretiert. Der Ansatz der Außenorientierung kann z.B. nicht erklären, warum es oft geschieht, dass Unternehmen sich so verhalten, als gäbe es die Umwelt überhaupt nicht. Warum passen sie sich selbst dann nicht an, wenn ganz eindeutige Trends die Richtung markieren, der zu folgen wäre, will man überleben? Solche Fragen lassen sich eher beantworten, wenn man das Konzept der organisationellen Geschlossenheit zu Hilfe nimmt. Schließlich hat auch die rasch anschwellende Literatur zur Unternehmenskultur die Voraussetzung dafür geschaffen, das Thema der Autonomie im Managementbereich ähnlich wie in der modernen Kybernetik zu diskutieren. Die Einsicht, dass langfristiges Überleben nicht nur durch Zielvorgaben und Kontrollstrukturen, durch Anpassung und Reaktion bewirkt werden kann, sondern auch aus gemeinsamen Werthaltungen, Vorstellungen und Überzeugungen resultiert, hat das Augenmerk zunehmend auf die inneren Kohärenzen der Unternehmen, auf deren Binnenstruktur und unverwechselbare Eigenständigkeit gelenkt. Dieses Muster interner Beziehungen ist das Thema der Kybernetik zweiter Ordnung. Literatur: Luhmann, N. (1988). Probst, G.J.B., Siegwart, H. (1985). Wiener, N. (1963)
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