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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Kapitalismuskritik, anarchistische

In der sozialistischen Wirtschaftslehre: Es existiert ein breites Spektrum von anarchistischen ökonomischen Theorien, die sich zwischen radikalem Individualismus und Anarchokommunismus bewegen. Beispiele und Vorstellungen von anarchistischen Theoretikern: Proudhon, Pierre Joseph (1809-1865) und die Theorie vom gerechten Tausch und Geld. Bakunin, Michail Alexandrowitsch (1814 -1876), seine Kernforderungen sind die Verdammung des Erbrechtes, freier Boden/Zusicherung des Bodenbesitzes für die kleinen Landwirte, Liquidierung der Großbetriebe und Zurückführung des Fabrikproletariats in kleine, abgeschlossenen Produktionsvereinigungen und dennoch breite Entfaltung der weltwirtschaftlichen Beziehungen. Kropotkins (1842-1921) Anarchokommunismus fordert die Gesellschaft auf, das kollektive über die egoistischen Interessen der einzelnen Persönlichkeit zu stellen (gegenseitige Hilfe). Max Stirners (1806-1856) zentrale Vorstellung ist der radikale Individualismus. Im Anarchosyndikalismus ist die sozialrevolutionäre Gewerkschaftsbewegung verbunden mit anarchistischen Theorien (kommunistischer Anarchismus mit dem Schwerpunkt auf dem ökonomischen Kampf) mit den Forderungen nach der Arbeiterselbstverwaltung, des „Brechung des Bodenmonopols - Überführung der Schlüsselindustrie in offene Genossenschaften - Abschaffung der Macht des Finanzkapitals - Allgemeine Zugänglichkeit des Kredits“. Folgende Kernvorstellungen kann man zusammenfassen: Die Ausbeutung selbst spielt nur in ihrer extremsten Form eine Rolle, denn Ausbeutung findet nicht in der Produktion statt, sondern durch Geld. Wucherzins und Bodenzins. Geld darf nicht gehortet werden (Tauschringe, regionaler Tauschhandel). Das Geld, das nicht-produktive Kapital, ist Ursache der Ungerechtigkeiten (Finanzkapital und Wucher). Anstelle von Monopolen und Konzernen sollen regionale und überschaubare Strukturen geschaffen werden, eine Mischung aus kollektiver und privater Wirtschaft auf der Grundlage von Markt und Wettbewerb. Texte mit Positionen zur anarchistischer Ökonomie: Aus: ,Was ist eigentlich Anarchie“. „Es versteht sich. dass das ökonomische System einer neuen Gesellschaft anders aussehen muß als das kapitalistische, welches wir jetzt haben. In dieser Hinsicht ist die Analyse und Kritik des kapitalistischen Produktionssystems der Anarchisten fast gleichwertig mit dem der Kommunisten.....Wie aber steht es mit den Gegenvorschlägen? Schon Marx und Bakunin haben sich hierüber gestritten. Marx strebte eine zentrale Organisation der Produktion an...... Die Anarchisten traten dagegen für ein völlig anderes Wirtschaftssystem ein...... Genau wie alle anderen Gesellschaftsbereiche, so sollten auch die Wirtschaft und die Industrie von „unten nach oben“ organisiert werden, d.h. auf der Grundlage von freien und gleichberechtigten Produktionsgemeinschaften, die sich nach den Bedürfnissen und Notwendigkeiten der Arbeiter und Verbraucher zu wirtschaftlichen Föderationen (Bünde) zusammenschließen. Mit der kapitalistischen Produktionsweise müßte auch sein charakteristisches Merkmal fortfallen - das Geld...... Geld bedeutet mehr als nur Warenersatz. Geld kann sich, ohne dass sein Besitzer auch nur einen Finger krumm macht, vermehren. Man kann es unbegrenzt aufheben und horten. es ist ein abstrakter Wert, der sich akkumuliert (anhäuft). der gezielt zur Provozierung oder Vermeidung von Krisen, Kriegen, politische Machenschaften eingesetzt werden kann - also weit mehr, als alle Ziegen und Kühe der Welt vermögen. Mit einem Wort: Geld kann sich verselbständigen. Geld ist das Symbol gesellschaftlicher Ungerechtigkeit und der Arroganz der herrschenden Klasse.“ „Wenn den Unternehmen das Geldkapital zur Hälfte des jetzigen Zinses angeboten würde, so müßte auch bald der Zinsertrag aller übrigen Kapitalien um die Hälfte heruntergehen. Daraus ist die Schlußfolgerung zu ziehen, dass nicht der Unternehmer als solcher und nicht die Marktwirtschaft, sondern der Geldzins abzuschaffen ist, um die Ausbeutung der Lohnarbeiter durch den Kapitalzins (Profit) zu überwinden. Zur Umverteilung des Unternehmergewinns empfiehlt sich, den Arbeitern die Chance zu geben, selbst Unternehmer zu werden und/oder Genossenschaften zu gründen. Der Boden muß sozialisiert werden.“ Ziel ist die „Arbeiterselbstverwaltung. Bedürfnisproduktion, Abschaffung des Geldes. Humanisierung der Arbeitswelt, Ausnutzung der technischen Mittel und wirtschaftliche Koordination nach dem Räteprinzip“.



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