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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Job-Aqtiv-Gesetz

Seit Beginn 2002 ist das Job-Aqtiv-Gesetz in Kraft. Mit diesem Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente wird das Arbeitsförderungsrecht durchgreifend reformiert. Aqtiv steht für Aktivieren, Qualifizieren, Trainieren, Investieren und Vermitteln - zwischenzeitlich hat sich die Schreibweise "Job-Aktiv-Gesetz" durchgesetzt. Kernaufgabe der aktiven Arbeitsförderung ist es einerseits, Arbeitslosigkeit zu verhindern, bevor sie entsteht und es gilt, Arbeitslose so schnell wie möglich wieder in das Erwerbsleben zu integrieren.

Im Idealfall sollte aktive Arbeitsmarktpolitik vorausschauend und antizyklisch agieren. Auf diese Ziele ist die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ausgerichtet. Mit dem Job-Aqtiv-Gesetz wird die vorwiegend rückwärtsgewandte, nur reagierende Ausrichtung des bis dahin geltenden Arbeitsförderungsrechts durch deutlich präventivere Ansätze, insbesondere im Bereich der Vermittlung und Beratung ersetzt. Damit sollen Beschäftigungsmöglichkeiten konsequent genutzt und Arbeitslosigkeit, insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit, abgebaut oder vermieden werden.

Intensivierung der Arbeitsvermittlung

Die Vermittlung wird verstärkt präventiv eingesetzt. Sie soll bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit beginnen, damit schon die Zeit nach der Kündigung intensiv genutzt werden kann, um eine Arbeitslosigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen. Spätestens soll die Vermittlung zu Beginn der Arbeitslosigkeit einsetzen.

BewerberprofilZur Steigerung der Effizienz des Vermittlungsprozesses haben die Arbeitsämter zu Beginn der Vermittlungstätigkeiten zusammen mit dem Arbeitsuchenden dessen Bewerberprofil umfassend zu ermitteln (Profiling). Darin sind die Stärken und Schwächen des Arbeitsuchenden festzuhalten und eine individuelle Chancenprognose zu erstellen. Inhalt des Profiling ist die Feststellung von beruflichen und persönlichen Merkmalen wie Kenntnisse, Qualifikation, Berufserfahrung, Aktualität der Kenntnisse, Weiterbildungsfähigkeit und -bereitschaft. Ziel ist, den konkreten individuellen Bedarf an notwendiger Hilfestellung zu ermitteln. Die aus dem Profiling abzuleitende individuelle Vermittlungsstrategie ist in einer Eingliederungsvereinbarung festzuhalten. Diese enthält die auf die individuelle berufliche Situation zugeschnittenen Schritte zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ebenso wie die vom Arbeitsuchenden geforderten Aktivitäten (z.B. Weiterbildung) für einen bestimmten Zeitraum. Sie soll den Grundsatz des Fördern und Fordern konsequent und fair umsetzen. Auch bei Ausbildungsuchenden ist stets ein Profiling durchzuführen. Eine Eingliederungsvereinbarung ist hingegen zwingend nur in den Fällen abzuschließen, in denen die Vermittlung einer Ausbildungsstelle auf Schwierigkeiten stößt.

Arbeitslose, deren Eingliederung voraussichtlich erschwert ist oder die nicht innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung aufgenommen haben, sind vom Arbeitsamt verstärkt vermittlerisch zu unterstützen. Darüber hinaus wird ihnen ein Rechtsanspruch auf Beauftragung eines Dritten (also privater) mit seiner Vermittlung eingeräumt. Dennoch bleibt die Gesamtverantwortung weiterhin beim Arbeitsamt. Um Langzeitarbeitslosigkeit so weit wie möglich zu vermeiden, ist künftig der Einsatz aller arbeitsmarktpolitischen Instrumente ohne die Einhaltung von "Wartezeiten" möglich.

FrauenförderungFrauen sollen an den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung mindestens dem Frauenanteil an den Arbeitslosen entsprechend beteiligt werden. Eine überproportionale Frauenförderung kann bis zur Herstellung der völligen Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt erforderlich und gerechtfertigt sein. Die Erstattung von Kinderbetreuungskosten bei einer Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie Trainingsmaßnahmen wird von bisher 120 Mark monatlich je Kind auf 130 Euro angehoben. Die Möglichkeiten des Bezugs von Teilunterhaltsgeld und der Förderung von Teilzeitweiterbildung werden erweitert, so dass eine flexible Auswahl geeigneter Weiterbildungsformen möglich ist.

Förderung der Berufsausbildung

Die Förderung einer beruflichen Ausbildung, die vollständig im Ausland absolviert wird, ist künftig nicht mehr auf Grenzpendler beschränkt und nicht mehr davon abhängig, dass eine entsprechende Ausbildung im Inland nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Sie wird auf die übrigen Mitgliedsstaaten der EU erweitert. Die Phasen betrieblicher Praktika während der Ausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung werden auf sechs Monate je Ausbildungsjahr begrenzt, um der Gefahr zu begegnen, dass Betriebe nicht selbst ausbilden. Finanzielle Nachteile, die Bildungsträgern durch eine vorzeitige Vermittlung von Teilnehmern an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen in eine Ausbildung entstehen, werden ausgeglichen, wenn eine Nachbesetzung des frei gewordenen Platzes nicht möglich ist.

Folgende Kostenübernahme sind als Anzeiz für Aus- und Weiterbildung möglich:

  • Arbeitgeber können durch einen Eingliederungszuschuss für jüngere Arbeitnehmer gefördert werden, wenn sie arbeitslose Jugendliche ohne Berufsabschluss, für die eine Erstausbildung nicht mehr in Betracht kommt, oder Absolventen einer außerbetrieblichen Ausbildung einstellen.
  • Träger von berufsvorbereitenden Maßnahmen und Arbeitgeber können durch Zuschüsse zu den Kosten eines sozialversicherungspflichtigen Betriebspraktikums gefördert werden.
  • Träger von Maßnahmen zur Aktivierung Jugendlicher, die durch die Förderangebote des Arbeitsamtes nicht erreicht werden, können durch Zuschüsse von bis 50 Prozent der Maßnahmekosten gefördert werden, wenn Dritte (in der Regel die Kommunen) sich an der Finanzierung hälftig beteiligen.
  • Zur besseren Eingliederung von Jugendlichen in Beschäftigung (z.B. durch Maßnahmen zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten oder zur sozialpädagogischen Begleitung) können Maßnahmeträger durch Zuschüsse zu den Kosten (Sach- und Personalkosten) gefördert werden.
  • Jugendliche, die ihren Hauptschulabschluss im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nachholen, werden durch Berufsausbildungsbeihilfe gefördert.
  • Um den Übergang von Jugendlichen aus einer außerbetrieblichen in eine betriebliche Berufsausbildung zu unterstützen, können seit 1. Januar 2002 Träger von Maßnahmen der außerbetrieblichen Ausbildung (Benachteiligtenförderung) durch eine "Vermittlungsprämie" von 2000 Euro gefördert werden, wenn Jugendliche vorzeitig aus der Maßnahme in eine betriebliche Ausbildung wechseln.

Weiterbildung

Zur Schaffung zusätzlicher Anreize für die Nachqualifizierung ungelernter bzw. geringqualifizierter Arbeitnehmer im Rahmen eines weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses können Arbeitgeber für die Zeit der Freistellung des Arbeitnehmers durch einen Zuschuss zu den Lohnkosten gefördert werden. Entsprechend einem Bündnisbeschluss soll die Qualifizierung älterer Arbeitnehmer in kleinen und mittleren Unternehmen befristet für vier Jahre durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt. Die auslaufende Sonderregelung, die in gesetzlich geregelten Berufen (insbesondere in Gesundheitsfachberufen) eine Umschulung auch dann ermöglicht, wenn eine Verkürzung im Vergleich zur Erstausbildung nicht möglich ist, soll durch eine Neuregelung ersetzt werden. Bildungsträger und Arbeitsämter werden verpflichtet, gemeinsam maßnahmebezogene Eingliederungsbilanzen, die Auskunft über den Eingliederungserfolg geben, zu erstellen. Finanzielle Nachteile, die Bildungsträgern durch eine vorzeitige Vermittlung von Weiterbildungsteilnehmern entstehen, werden ausgeglichen, wenn eine Nachbesetzung des frei gewordenen Bildungsplatzes nicht möglich ist.

Job-RotationBetriebe, die einem beschäftigten Arbeitnehmer die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung ermöglichen und für diese Zeit einen Arbeitslosen als Vertreter einstellen, können einen Zuschuss erhalten. Die Arbeitsämter erhalten die Möglichkeit, Dritte mit der Vorbereitung und Durchführung der Jobrotation zu beauftragen. Auf diese Art und Weise kann die bereits entstandene Förderstruktur weiter eingesetzt und Bildungs- mit Arbeitsmarktpolitik zusammengeführt werden.

ZeitarbeitDie Arbeitnehmerüberlassung ("Zeitarbeit") wird erleichtert. Die Überlassungsdauer eines Leiharbeitnehmers an einen Entleiher wird von bisher zwölf aufeinander folgende Monate auf 24 aufeinander folgende Monate verlängert. Ab dem 13. Monat muss der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die Arbeitsbedingungen des Entleihbetriebes gewähren, einschließlich des Arbeitsentgelts. Diese Verlängerung ermöglicht den entleihenden Unternehmen Leiharbeitnehmer auch in länger dauernden Projekten zu beschäftigen; dadurch sollen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.

Weitere Bereiche der Förderung

ArbeitsbeschaffungsmaßnahmenBei ABM, die in Eigenregie eines Trägers durchgeführt werden, muss mindestens ein Fünftel der Zeit auf Qualifizierungen oder Praktika entfallen. Eine ABM-Förderung ist künftig ohne "Wartezeit" (bisher sechs Monate) möglich, wenn dies für den Arbeitslosen notwendig ist und andere Formen der Förderung nicht erfolgversprechend sind. Zur Vermeidung von Förderketten müssen nach einer Arbeitsbeschaffungs- oder Strukturanpassungsmaßnahme vor einer erneuten Förderung künftig grundsätzlich drei Jahre vergangen sein. Aus Vereinfachungsgründen für Arbeitsämter und Träger wird neben dem bisherigen Fördersystem ein pauschalierter Lohnkostenzuschuss eingeführt, bei dessen Inanspruchnahme erzielte Einnahmen des Trägers nicht angerechnet werden.

Arbeitslosenversicherung /ArbeitslosenhilfeDer versicherte Personenkreis wird erweitert: - Zeiten des Bezuges einer Rente wegen voller Erwerbsminderung und - Zeiten des Bezuges von Mutterschaftsgeld und der Betreuung und Erziehung eines Kindes bis zum dritten Lebensjahr werden ab dem 1. Januar 2003 in die Versicherungspflicht einbezogen, wenn durch den Bezug der Rente bzw. durch Mutterschaft oder Betreuung/Erziehung des Kindes eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder der Bezug einer Entgeltersatzleistung unterbrochen worden ist. Damit sind die Betroffenen bei Rückkehr auf den Arbeitsmarkt in den Schutz der Arbeitslosenversicherung einbezogen.

Überbrückungsgeld für ExistenzgründerKünftig soll auch der unmittelbare Zugang aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in eine selbständige Tätigkeit unterstützt werden. Bei der Gewährung von Überbrückungsgeld an Existenzgründer wird deshalb auf die bisherige Fördervoraussetzung einer mindestens vierwöchigen Arbeitslosigkeit vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit verzichtet. So können Mitnahmeeffekte vermieden werden.

DruckmittelDie Regelungen zur Sperrzeit bei Arbeitsablehnung werden klarer gefasst: Arbeitslose, die bei einem Arbeitsangebot durch das Arbeitsamt nicht unverzüglich einen Vorstellungstermin mit dem potenziellen Arbeitgeber vereinbaren, einen vereinbarten Vorstellungstermin versäumen oder durch ihr Verhalten im Vorstellungsgespräch eine Arbeitsaufnahme verhindern, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, sollen für die Dauer einer Sperrzeit von regelmäßig zwölf Wochen kein Arbeitslosengeld oder kein Arbeitslosengeld II erhalten.



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