Festbeträge
In der Gesundheitswirtschaft:
Festbeträge sind Höchstbeträge für die Erstattung von Arzneimitteln durch die gesetzlichen Krankenkassen. Das bedeutet: Die Krankenkassen zahlen nicht automatisch jeden Preis, sondern nur bis zu einem maximalen Preis – dem Festbetrag. Diese Festbeträge werden für Gruppen, bestehend aus mindestens drei vergleichbaren Arzneimitteln, festgesetzt. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis über dem Festbetrag liegt, muss der Patient diesen Differenzbetrag zusätzlich zur gesetzlichen Zuzahlung entrichten (die Zahlung dieses Differenzbetrages wird auch Aufzahlung genannt). Das gilt auch für Patienten, die von der Zuzahlung befreit sind. Der Arzt ist verpflichtet, die Patienten in diesem Fall vorher darüber zu informieren.
Festbeträge wurden in Deutschland mit dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) 1989 eingeführt. Die Umsetzung der Festbetragsregelung setzt sich aus zwei aufeinander aufbauenden Verfahrensschritten zusammen:
In einem ersten Schritt erfolgt die Festbetragsgruppenbildung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Die Festbetragsgruppenbildung beinhaltet eine Aufstellung von Arzneimitteln:
• mit demselben Wirkstoff (Stufe 1), z. B. Diclofenac
• mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen (Stufe 2) z. B. ACE-Hemmer, sowie
• therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen (Stufe 3) z. B. ACE-Hemmer-Kombinationen.
Außerdem sind in den G-BA-Vorgaben die notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder andere geeignete Vergleichsgrößen für die Festsetzung der Festbeträge enthalten. Die beschlossenen Festbetragsgruppen werden im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Nachdem die Festbetragsgruppen festgelegt sind, werden in einem zweiten Schritt von den Spitzenverbänden der Krankenkassen die Festbeträge festgesetzt. Beide Verfahrensschritte beinhalten Anhörungen von Sachverständigen inklusive Derjenigen aus der Industrie.
Die Festbetragsregelung erfuhr im Laufe der letzten Jahre einige Änderungen, so z. B. mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG 2004) und mit dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG 2006).
Im Jahre 2004 wurde beschlossen, patentfreie und patentgeschützte Arzneimittel in gemeinsamen Festbetragsgruppen – in politischen Diskussionen auch „Jumbo-Gruppen“ genannt – zusammenzufassen. Das bedeutet, es entsteht eine gemeinsame Gruppe mit einem Festbetrag in der Nähe der Generika-Preise. Folge: Die mit hohem finanziellem Aufwand erforschten und entwickelten Innovationen müssen im Preis erheblich abgesenkt werden, damit sie zum Festbetrag verfügbar sind und ohne Aufzahlung für die Patienten verordnet werden können.
Zum 1.5.2006 kamen mit dem AVWG weitere Modifikationen hinzu:
• Die Festbetragsfestsetzung wird in allen Stufen (wie bislang schon bei den Festbeträgen der Stufe 1) im unteren Preisdrittel der in der Gruppe befindlichen Arzneimittel angesetzt. Voraussetzung für diese Festbetragsfestsetzung ist aber, dass je ein Fünftel der Packungen und Verordnungen zum neuen Festbetrag verfügbar sein müssen.
• Die Spitzenverbände der Krankenkassen können Arzneimittel, deren Apothekeneinkaufspreis einschließlich Mehrwertsteuer um mindestens 30 % niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, von der Patienten-Zuzahlung freistellen, wenn hieraus insgesamt Einsparungen für die gesetzliche Krankenversicherung zu erwarten sind.
Nachdem in Deutschland auch innovative, patentgeschützte Arzneimittel in die Festbetragsregelung aufgenommen wurden, bleibt die freie Preisbildung für patentgeschützte Arzneimittel zwar formal bestehen. Jedoch besteht für die Unternehmen ein erheblicher ökonomischer Druck, die Preise auf Höhe des Festbetrags anzusetzen.
Auch in anderen Ländern gibt es ähnliche Systeme zur Arzneimittel-Ausgaben-Steuerung, die auf Höchst- oder Referenzpreisen basieren.
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