Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) eine der drei Gemeinschaften, durch deren Fusion am 1.1.1967 die - Europäische Gemeinschaft (EG) entstanden ist. Grundlage der EWG, die den zentralen Bestandteil der EG darstellt, ist der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV); der Vertrag verleiht der EWG eigene völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit. Vorgeschichte und Gründung: Mit der Errichtung der EWG wurden neben den ökonomischen Absichten in starkem Maße auch allgemeine politische Ziele verfolgt. Als sich abzeichnete, dass mehrere Mitglieder der OEEC (später: OECD; Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sich nicht in der Lage sahen, die Absicht zur Vertiefung der wirtschaftlichen Integration ihrer Volkswirtschaften auf der Basis einer Zollunion voranzubringen, wurde auf der Konferenz von Messina (1./2.6.1955) von den sechs Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) beschlossen, die Bildung einer sämtliche Wirtschaftssektoren der Teilnehmerstaaten umfassenden Gemeinschaft in die Wege zu leiten. Am 25.3.1957 kam es zur Unterzeichnung der sog. Römischen Verträge (EWGV, Vertrag über die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft EAG, Abkommen über gemeinsame Organe). Die Errichtung der EWG erfolgte zum 1.1.1958. Gründungsmitglieder waren Belgien, BRD, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Die Aufnahme weiterer Staaten erfolgte erst nach der Fusion zur - Europäischen Gemeinschaft. Reformen des EWGV: Obwohl das zentrale Anliegen des EWGV, nämlich die schrittweise Verwirklichung einer Zollunion zwischen den Mitgliedsländern, bereits am 1.7.1968 erreicht wurde, erfolgte die erste Novellierung des EWGV erst 1986/87 durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA). Die zweite grundlegende Novellierung enthält der Vertrag über die Europäische Union (1.11.1993). Aufgaben: Im Unterschied zu der von der EGKS und der EAG angestrebten sektoralen Zielsetzung ist die EWG auf die - Integration der gesamten Volkswirtschaft aller Mitgliedsstaaten gerichtet. Auf der Ebene ökonomischer Zielsetzungen soll durch die Schaffung eines gemeinsamen Marktes nicht nur eine schrittweise Annäherung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten bewirkt, sondern insbes. auch zu einem stetigen und angemessenen Wirtschaftswachstum, zur Wahrung der Preisniveaustabilität, zu einem hohen Beschäftigungsstand und zur Gewährleistung des Zahlungsbilanzgleichgewichts beigetragen werden. Als konstitutive Elemente des gemeinsamen Marktes sieht der EWGV nicht nur die Errichtung einer Zollunion vor, sondern auch Freizügigkeit der Arbeitskräfte, Niederlassungsfreiheit sowie die Beseitigung der Hindernisse für den innergemeinschaftlichen Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Als Konsequenz der Vollendung der Zollunion obliegt der EWG die gemeinsame handelspolitische Kompetenz gegenüber Drittstaaten (gemeinsame Handelspolitik). Der Vertrag leitete die Europäische Agrarpolitik ein. Er sah darüber hinaus eine gemeinsame Verkehrspolitik, gemeinsame Wettbewerbsregeln, Angleichung von Rechtsvorschriften und Ansätze für eine gemeinsame Sozialpolitik vor. Auf Basis des Art. 235 EWGV (sog. Kompetenz-Kompetenz) sind im Laufe der Zeit weitere Aufgabenbereiche hinzugekommen, in denen die EWG ergänzend zu der von den Mitgliedsstaaten betriebenen Politik tätig wird. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um die Regional-, Entwicklungshilfe-, Industrie- und Energiepolitik. Im Zusammenhang mit der EEA sind ferner die Umwelt-, Forschungs- und Technologiepolitik sowie das Ziel des wirtschafts- und sozialpolitischen Zusammenhalts (»Kohäsion«) in den EWGV einbezogen worden. Der im Dezember 1991 in Maastricht vereinbarte, am
7. Februar 1992 unterzeichnete und am 1.11.1993 in Kraft getretene Vertrag über die Europäische Union führte zu einer grundlegenden Reform des (ehemaligen) EWGV. Im Zuge dieser zweiten Novellierung der Gründungsverträge werden nicht nur die bestehenden Gemeinschaftskompetenzen auf vielen Gebieten vergrößert, sondern es werden auch neue Zuständigkeiten der Gemeinschaft geschaffen (insbes. im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion) und substantielle Verantwortlichkeiten auch in nicht ökonomischen Bereichen begründet. Organe: Das Europäische Parlament (bis 1979: »Gemeinsame Versammlung«) sowie der Europäische Gerichtshof (EuGH) fungieren seit dem 1.1.1958 als gemeinsame Organe aller drei Gemeinschaften. Bis zur Fusion von EWG, EAG und EGKS (zum 1.1.1967) wirkten die EWG-Kommission als eigenständiges Exekutiv- und Überwachungsorgan, EWG-Ministerrat als zentrales Entscheidungs- und Rechtsetzungsorgan. Sie sind in der EG-Kommission bzw. im EG-Ministerrat aufgegangen. Außenbeziehungen: Als Folge der für eine Zollunion typischen gemeinschaftlichen Handelspolitik gegenüber der restlichen Welt (z.B. einheitliche Anwendung des gemeinsamen Zolltarifs) sind auf der Grundlage des EWGV im Laufe der Zeit zahlreiche multi- und bilaterale Abkommen mit Drittländern abgeschlossen worden. Schon frühzeitig wurden die Beziehungen zu 18 frankophonen afrikanischen Staaten in Gestalt der beiden sog. Yaounde-Abkommen (1964-69 bzw. 197074) institutionalisiert. Seit 1975 stellen die aufeinanderfolgenden Lome-Abkommen ein zentrales Element der EWG-Außenbeziehungen dar. Das von 1990 bis 2000 laufende Lome-IV-Abkonunen beinhaltet eine breit angelegte wirtschaftliche und finanzielle Kooperation mit 69 Staaten in Subsahara-Afrika sowie im karibischen und pazifischen Raum. Abkonunen beiderseitiger Wirtschaftsbeziehungen wurden ferner mit 12 Mittelmeerstaaten abgeschlossen. Auf der Basis der handelspolitischen Kompetenz der EWG wurden 1973 Freihandelsabkommen mit der Europäischen Freihandelsassoziation vereinbart. Seit 1.1.1994 existieren im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) binnen-marktähnliche Verhältnisse. Literatur: Deutsche Bundesbank (1997)
<< vorhergehender Fachbegriff |
|
nächster Fachbegriff >> |
|
|
|
|