Organisationsentwicklung
a) als verhaltenswissenschaftliches Konzept:
"Ganzheitliches" Konzept zur Veränderung von Organisationen (Strukturen, Prozesse, des Verhaltens der Organisationsmitglieder, der Kultur), das mit Unterstützung von Methodenexperten und über gruppendynamische Prozesse den Mitgliedern der Organisation hilft, ihre Probleme zu erkennen und zu lösen. Träger der Veränderung sind also die Organisationsmitglieder selbst. Damit unterscheidet sich Organisationsentwicklung grundlegend von der klassischen Organisationsuntersuchung und -beratung, wo Veränderungsvorschläge von internen oder externen Fachleute entwickelt werden und die Realisierung oft hinter den Vorschlägen zurückbleibt.
b) als (nur) umfassendere Organisationsänderung:
Heute wird "Organisationsentwicklung" in der Verwaltung oft eher untechnisch verwendet als umfassendere Reorganisation, bei der die Mitarbeiter einbezogen werden.
(OE) Im Begriff “Organisationsentwicklung” (OE) oder “Organization Development” (OD) ist “Organisation” als allgemeine hezeicnnung tur ein soziotecnniscnes System zu verstehen.
Organisationsentwicklung bezeichnet den bewußt beabsichtigten und entsprechend geplanten und durchgeführten Wandel von Organisationen und der Verhaltensmuster, Einstellungen und Fähigkeiten ihrer Mitglieder. Ziele der Organisations-Entwicklung sind:
(1) Ziele für die Erhaltung der Organisation:
· Entwicklung eines vertrauensvollen Klimas in der gesamten Organisation,
· Entwicklung offener - Kommunikation,
· offene Konfliktaustragung,
· Förderung von Kooperation und - Teamarbeit,
· Entwicklung der Fähigkeit zur organisatorischen Revitalisierung.
(2) Ziele für den Erfolg der Organisation:
· Partizipative Formulierung klarer Organisationsziele,
· Identifikation mit Organisationszielen,
· Schaffung eines positiven Klimas für Problemlösungen,
· Steigerung der Fähigkeit zur Innovation (nach außen und innen),
· Effiziente Nutzung aller Ressourcen der Organisation.
· Ziele für die Mitarbeiter,
· Kompetenz im zwischenmenschlichen Bereich,
· Selbstkontrolle und Selbstbestimmung,
· Entfaltung der gesamten Persönlichkeit,
· Offenheit gegenüber Wandel.
Eine verbreitete Auffassung geht dahin, dass Organisationen als künstliche Organismen ebenso wie die natürlichen Organismen bestimmte Lebensphasen durchlaufen, in denen typische Probleme auftreten. Ein solches Phasenmodell stammt vom Nederland Pädagogisch Instituut (NPI), das drei aufeinanderfolgende Entwicklungsphasen unterscheidet:
· Pionierphase: Die Entwicklung einer Organisation beginnt mit der Pionierphase, die durch die Persönlichkeit, die Ideen und die Tatkraft des Pionierunternehmers geprägt ist. Die Verhältnisse sind übersichtlich und durch den engen Kontakt mit den Mitarbeitern funktioniert die Organisation auf der Basis persönlicher Entscheidungen und Absprachen.
· Organisationsphase: Ist das nicht mehr
möglich, so tritt eine neue Phase ein, in der das Betriebsgeschehen durch ein System von Regeln bestimmt wird. Systematische Planung, effiziente Arbeitsmethoden und rationelle Organisation halten ihren Einzug. Individuelle Aktivitäten werden in spezialisierte Funktionen und Abteilungen aufgeteilt, deren Verbindung untereinander durch Koordination gewährleistet wird. Das bedeutet Gewinn an Ordnung, Übersicht und Vorausschau und damit erhöhte Produktivität. Die Menschen, die in der Pionierzeit noch eine persönliche Beziehung zu ihrer Arbeit hatten, werden Instrument und “Produktionsfaktor”. Der Raum für persönliche Bedürfnisse und individuelle Entwicklung wird kleiner. Als Gegengewicht entsteht die betriebliche Fürsorge und die Sorge für das gute Betriebsklima. Ist die Produktivität in technischer Hinsicht gesteigert, bahnt sich eine Krise an, die zur dritten Entwicklungsphase führen kann.
· Integrationsphase: In dieser Phase wird die Organisation ein “dynamisches System”, in dem Mensch und Arbeit zur Integration gelangen müssen. Diese Integration wird ermöglicht durch die Ausgestaltung einer “Betriebspolitik”, die jeder einzelne gut kennen und verstehen muss, damit er Entscheidungen treffen kann.
Für die Organisationsentwicklung als dem geplanten Wandel ist der natürliche Wandel von grundlegender Bedeutung. Je nachdem, in welcher Entwicklungsphase sich ein konkretes Unternehmen gerade befindet, können nämlich andere OE-Maßnahmen angebracht sein.
Nach dem Gleichgewichtsmodell von Kurt Lewin gibt es in jeder Situation gleichermaßen Kräfte, die auf einen Wandel drängen, und Kräfte , die das Bestehende stabilisieren wollen. Gleichgewicht besteht, wenn die Summe dieser Kräfte gleich ist. Dieses Gleichgewicht muss hergestellt werden, weil weder die stabilisierenden noch die progressiven Kräfte dominieren dürfen.
Wenn die stabilisierenden Kräfte dominieren, droht Erstarrung; wenn die progressiven Kräfte dominieren, droht permanente Unruhe aufgrund laufender Veränderungen. Die Veränderung eines Gleichgewichtszustands erfordert dreierlei:
(1) Auftauen (unfreezing) des gegenwärtigen Gleichgewichts,
(2) Bewegen (moving) zum neuen Gleichgewicht,
(3) Einfrieren (freezing) des neuen Gleichgewichts.
Eine Erweiterung dieses Modells haben R. Lippitt, B. Watson und R. Westley vorgenommen, indem sie den OE-Berater (Change Agent) mit einbezogen. Er ist ein verhaltenswissenschaftlich geschulter, meist externer, Berater. Das erweiterte Modell enthält fünf Phasen, wobei innerhalb der dritten Phase wiederum drei Stufen unterschieden werden.
(1) Entwicklung eines Bedürfnisses nach Wandel bei den Betroffenen (“Auftauen”),
(2) Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zum Change Agent,
(3) Durchführung des Wandels (“Bewegen”) mit den Teilphasen,
· Identifikation des System-Problems,
· Prüfung von alternativen Lösungen,
· Realisierung des Wandels,
(4) Generalisierung und Stabilisierung des Wandels (“Einfrieren”),
(5) Abbau der Beziehung zum Change Agent, um Abhängigkeit zu vermeiden.
In eine andere Richtung geht das Modell von H. J. Leavitt. Es versteht eine Organisation als ein System, in dem Menschen im Rahmen von Strukturen mit Technologien versuchen, Aufgaben zu bewältigen. Die vier Systemvariablen stehen dabei in einem wechselseitigen Verhältnis, wie die folgende Abbildung zeigt:
Soll nun eine bestimmte Aufgabenstellung anders als bisher bewältigt werden, so kann die Veränderung an jeder der drei übrigen Variablen ansetzen. Dementsprechend findet man in der Literatur häufig die Unterscheidung in personale, strukturelle und technologische Ansätze der Organ isationsentwicklung.
Die bekannteste derartige Systembetrachtung ist das 7-S-Modell, aus den Vorarbeiten der damaligen McKinsey-Berater Thomas J. Peters und Robert H. Waterman bei ihrer Suche nach den Erfolgsursachen erfolgreicher Unternehmen entstand.
Im OE-Prozess können verschiedene Phasen unterschieden werden. Fast allen OE-Programmen liegt das Aktionsforschungsmodell zugrunde, das grundsätzlich aus einer ersten Diagnose, dem Sammeln von Daten durch das Klientensystem, dem Datenfeedback an das Klientensystem, der Untersuchung der Daten durch das Klientensystem, der Handlungsplanung und der Durchführung der Maßnahmen besteht. Als weitere Phase läßt sich die Prüfung des neuen Istzustands unter dem Aspekt der gesetzten Ziele hinzufügen.
Nach Lawrence und Lorsch läuft der OE-Prozess in folgenden vier Phasen ab:
(1) Diagnose: Der Ist-Zustand und die Umweltfaktoren werden analysiert und das Ausmass der Abweichung vom gewünschten Soll-Zustand ermittelt.
(2) Aktions-Planung: Eine bestimmte Veränderungsstrategie wird ausgewählt.
(3) Implementation: Die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie in die Realität werden ergriffen und das neue Handeln eingeübt.
(4) Evaluation: Der neu entstehende Ist-Zustand wird daraufhin geprüft, ob er dem gewünschten Soll entspricht. Dies kann zugleich die erste Phase eines neuen OE-Prozesses sein.
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